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Verfahren zur Gewinnung von Schwefel aus Schwefelwasserstoff und solchen
enthaltenden Gasen Vorliegendes Verfahren betrifft eine rationelle Gewinnung von
Schwefel aus Schwefelwasserstoff und solchen enthaltenden Gasen durch Umsetzung
mit Lösungen undioder Verbindungen des Schwefeldioxyds, wobei der Schwefel praktisch
quantitativ anfällt.
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Für die Abscheidung von Schwefel aus schwefelwasserstoffhaltigen Gasen
unter Verwendung von wäßrigen Salzlösungen oder organischen Flüssigkeiten, wie aromatischen
Aininen, als Reaktionsmedium sind schon mehrere Verfahren vorgeschlagen worden,
die auf der Umsetzung von Schwefelwasserstoff und Schwefeldioxyd beruhen und unter
der Bezeichnung Polythionatverfahren bekanntgeworden sind. Dabei wird entweder in
einer ersten Stufe ans einem Alkalistilfit, Schwefel und schwefliger Säure ein Alkalipolythionat
hergestellt oder Schwefeldioxyd in einer organischen Base, wie z. B. Diniethylanilin,
gelöst und in einer zweiten Stufe die schwefeldioxydhaltigeVerbindung durch Schwefelwasserstoff
unterSchwefelabscheidung abgebaut. Zur Erzeugung des für das Verfahren nötigen Schwefeldioxyds
wird entweder ein Teil des gewonnenen Schwefels wieder verbrannt oder ein Teil des
Schwefelwasserstoffgases vor der Umsetzung abgezweigt und verbrannt. Während die
erste Stufe infolge der guten Löslichkeit des Schwefeldioxyds in einer Thiosulfatlösung
oder in Aminen mit befriedigender Geschwindigkeit verläuft und dabei das Schwefeldioxyd
bis auf weniger als oj Volumprozent im Endgas aufgenommen wird, verläuft dagegen
die Reaktion des Schwefelwasserstoffes
mit der zuerst entstandenen
Schwefeldioxydverbindung sehr viel langsamer und nimmt mit abnehmender Konzentration
des Schwefelwasserstoffes im Gas noch weiterhin ab, da die Löslichkeit von Schwefelwasserstoff
erheblich geringer ist als die des Schwefeldioxyds. Für eine vollkommene Beseitigung
des #Schwefelwasserstoffes wären deshalb so große Reaktionsräume nötig, daß man
es vorzieht, z. B. bei der Reinigung von Kokereigasen i bis 2 g Schwefelwasserstoff
pro Kubikmeter im Gas zu belassen und auf andere Weise, z. B. durch Trockenreinigung,
zu entfernen.
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Es gibt jedoch außer den Kokerei- und ähnlichen Gasen eine andere
-Gruppe von schwefelwasserstoffhaltigen Gasen, die neben dem Schwefelwasserstoff
nutzbare Gase nicht enthalten, so daß sich die Nachschaltung einer Trockenreinigung
aus wirtschaftlichen Gründen verbietet, und bei denen auf vollkommene Beseitigung
des Schwefelwasserstoffes Wert gelegt werden muß, um die Endgase ohne Belästigung
der Umgebung ins Freie entweichen lassen zu können.
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Derartige Gase, die neben Schwefelwasserstoff insbesondere Kohlensäure
und allenfalls geringe Mengen von :Schwefelkohlenstoff und Kohlenoxysulfid enthalten,
W'urden bisher meist nach dem bekannten Clausverfahren verarbeitet. jedoch auch
dabei fallen Abgase mit einigen Prozenten Schwefelwasserstoff und Schwefeldioxyd
-an, so daß sie einer Nachbehandlung bedürfen, bevor sie ins Freie entweichen können.
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Zwar ist schon vorgeschlagen worden, mit einem Überschuß von H.IS
zu arbeiten und den nach der Reaktion noch vorhandenen Anteil an Schwefelwasserstoff
in den Prozeß zurückzuführen und zu #S 02 zu verbrennen. Dieses bekannte Verfahren
arbeitet aber sehr unrationell, da nur Wasser als Trägerstoff verwendet wird und
man infolgedessen mit außerordentlich verdünnten S02-Lösungen zu arbeiten gezwungen
ist; es muß also entweder mit großen Mengen Wasser oder entsprechend mit nur geringen
Einsatzmengen gearbeitet werden. Auch enthalten die Endgase bei einem solchen Vorgehen
immer noch erhebliche Anteile H, S, die über 1/2 % liegen.
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Das bereits zuvor erwähnte Verfahren, das die Behandlung von aus Kokereigasen
ausgewascheneni H2,S mit in Dimethylanilin gelöstem SO., angibt, arbeitet
zwar auch mit einem Überschuß an H.,S, führt aber den nach der Reaktion vorhandenen
Anteil an H 2S nicht in den Prozeß zurück. Bei diesem Verfahren wird die
Gaswäsche auch in zwei Stufen durchgeführt, doch nur in dem Sinne, daß"mit verdünnterer
und dann mit konzentrierterer S 0.-Lösung gewaschen werden soll. Über die
Art, wie das S 0, gewonnen wird, wird nichts gesagt, offenbar durch Verbrennung
von Schwefel. Da das gereinigte Gas weniger als o,:2 g/ioo ccm organischen Schwefel
enthält, ist anzunehmen, daß der gesamte Schwefelwasserstoff ausgewaschen ist. Deshalb
enthält das Gas auch eine geringe Menge freie schweflige Säure, die durch eine nachträgliche
Wäsche mit Wasser entfernt werden muß. jeden-falls kommt für die Entschwefelung
von Generatorgas, so wie sie gemäß dieser älteren Methode erfolgt, das neue Verfahren
nicht in Frage, da es nicht angeht, das gesamte Gas in der zweiten Stufe zu verbrennen.
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Es wurde nun gefunden, daß man H, S oder solchen enthaltende
Gase unter vollständiger Gewinnung des Schwefels als Elementarschwefel und unter
Erzeugung von Abgasen, die frei von Schwefelwasserstoff sind und weniger also, i
Volumprozent,Schwefeldioxyd enthalten, verarbeiten kann, wenn man die Gas- und Flüssigkeitsmengen
in dem Reaktionsgefäß, in dem die unvollständige Umsetzung des,Schwefelwasserstoffes
mit derSchwefeldioxydlösung bzw. -verbindung stattfindet, so einstellt, daß nur
zwei Drittel bis wenig mehr des Schwefelwasserstoffes umgesetzt werden. Der nicht
verbrauchte Schwefelwasserstoff wird anschließend mit Luft verbrannt und so zur
Rückbildung der Schwefeldioxydlösung bzw. -verbindung verwendet. Dadurch erreicht
man, daß bei der Ausscheidung des Schwefels ein relativ hoher Schwefelwasserstoffteildruck
auch noch am Austritt des Gases aus dem Reaktionsgefäß herrscht und die Reaktion
in ihrem letzten Drittel unterbrochen wird, bevor die Umsetzungsgeschwindigkeit
merklich geringer und der letzte Anteil an Schwefelwasserstoff überhaupt nicht mehr
umgesetzt wird.
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So haben Vergleichsversuche ergeben, daß bei der Behandlung von
je i cbm Gas mit einer dein Schwefelwasserstoffgehalt entsprechenden Menge
Polythionatlösung die in der gleichen Zeit umgesetzten Schwefelwasserstoffinengen
in folgender Weise abnahmen: Bei 2o 1/o H2 S im Rohgas waren nach 2 Min.
15 0/0, nach 4 Min. 18,8 1/o, bei io 1/o H# S im Rohgas waren nach 2 -Min.
7,5 '/0, naill 4 Min. 9,4 '/o, bei 5 % H2 S im Rohgas waren nach 2
3,8 1/o, nach 4 Min. 4,7 %
umgesetzt. Die Entfernung des letzten Viertels
aii,Schwefelwasserstoff erfordert also die gleiche Zeit wie die der ersten drei
Viertel des #Schwefelwasserstofiinhaltes, wobei eine quantitative Entfernung überhaupt
nicht möglich ist. Wird dagegen de r nicht umgesetzte Schwefelwasserstoff zu Schwefeldioxvd
verbrannt, so kann dieses infolge seiner großen Löslichkeit in der aus dem Reaktionsraum
ablaufenden Lösung auch bei starker Verdünnung noch praktisch vollkommen ausgewaschen
werden. Somit wird es durch das Verfahren gemäß der Erfindung gegenüber dem bisher
Bekannten ermöglicht, ohne daß eine besondere Apparatur, wie etwa eine Trockenreinigungsanlage,
nachgeschaltet werden muß, in einem Arbeitsgang den Schwefel quantitativ zu gewinnen
und praktisch H,.S-freie Endgase zu erzeugen.
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Ferner ist es jetzt möglich, den Reaktionsrauni für die Umsetzung
zwischen Schwefelwasserstoff-und Schwefeldioxydlösung bzw. -verbindung entsprechend
kleiner zu halten, ein Umstand, der bei den in Frage kommenden teuren Apparaturen,
es
handelt sich um korrodierende Gase, wesentlich ins Gewicht fällt.
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Um eine Verdürmung der im Kreislauf geführten Lösung durch das bei
der Umsetzun- des Schwefelwasserstoffes mit Schwefeldioxvd entstehende Wasser zu
vermeiden, wird bei Gasen mit mehr als 2o 1/o Schwefelwasserstoff die zur Verbrennung
des nicht umgesetzten Schwefelwasserstoffes nötige Luft zweckmäßigerweise bereits
im Reaktionsraum züib gesetzt, so daß das Reaktionswasser bei der Arbeitstemperatur
von 40 bis 5o' in Dampfform mit dem Gas abgeführt wird. Da auch bei der Verbrennung
des Schwefelwasserstoffes mit Luft Wasserdampf entsteht, wird das den Ofen verlassende
Gas vor dein Eintritt in den Rieselturm abgekühlt und das -esamte Wa,;ser kondensiert.
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Beim Arbeiten mit einer Thiosulfatlösung als Trä-er für das Schwefeldioxvd
hat sich -ezei,-t, daß es von Vorteil ist, die mit Schwefeldioxyd beladene Thiosulfatlösung
möglichst rasch und LI zn vollständig mitSchwefelwasserstoff umzusetzen, da s; ich
bei längerem Stehen der Lösung aus der zuerst Z, l# gebildeten Additionsverbindung
von Schwef eldioxyd und Thiosulfat allmählich Polythionate 'bilden, die wesentlich
langsamer mit Schwefelwasserstoff reagieren. Für die Abscheidung des Schwefels in
gut filtrierbarer Form ist es von Vorteil, in der Lösung dauernd ei neu Gehalt von
mindestens 15 S2O3Z/ im Liter aufrechtzuerhalten.
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Für die Zwecke des vorlie-enden \.'erfalirens haben sieh außer Thiosulfat
und Polythionatlösung zur Bindung des Schwefeldioxyds und Vermittlung (ler Reaktion
desselben mit dein Schwefelwasserstoff die an sich für diesen Zweck bekannten aromatischen
Aminoverbindungen, wie z. B. Dimethvlanilin, als günstig erwiesen, da die Löslichkeit
des Schwefelwässerstoffes in diesen organischen Basen eine wesentlich bessere ist;
es tritt hierdurch eine weitere Beschleunigung des Umsatzes zwischen dem Scli-#v,efel-dioxvd
und dem Schwefelwasserstoff ein.
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Die Ausführung des Verfahrens sei in der Skizze Qrläutert. In dem
Reaktionsgefäß i, x. B. einem Ströderwäscher, wird das bei 2 einsträmende
schwefelwasserstoffhaltige Gas mit der bei 3
zulaufenden, mit Schwefeldioxyd
beladenen Lösung innig "gemischt und die Mengen so eingestellt, daß mindestens zwei
Drittel des Schwefelwasserstoffes, zweckmäßig etwas mehr, umgesetzt werden; es ist
unter Umständen zweckmäßig, den Eintritt des schwefelwasserstoffhaltigen GaseS 2
und der zulaufenden Schwefeldiox dlÖsun- 3 in gleicher y 2D el Richtung vor
sich gehen zu lassen, also im Gleichstrom zu arbeiten. Der ausgefallene Schwefel
und die verbrauchte Lösung werden bei 4 abgezogen und durch Filtration
5 getrennt. Das aus dem Wäscher entweichende Gas, das neben Schwefelwasserstoff
noch Schwefelkohlenstoff oder Kohlenoxydsulfid enthalten kann, wird, mit Luft gemischt,
in dem Ofen 6 zu Schwefeldioxyd verbrannt, im Kühler 7 abgekühlt und
in dem Absorptionsturm 8
mit der von dem Filter ablaufenden Lösung gewaschen.
Diese kehrt in den Kreislauf zurück. Falls in dem Reaktionsgefäß mehr als zwei Drittel
des Schwefelwasserstoffes umgesetzt werden, kann im Ofen noch etwas Starkgas zugesetzt
werden, um die fehlende Schwefeldioxydmenge auszugleichen.