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Verfahren zur Herstellung von Gebilden, wie Fäden und Filme, aus Schwefel
und Stickstoff enthaltenden Cellulosederivaten Es sind- bereits verschiedene Verfahren
zur Herstellung von Schwefel und Stickstoff enthaltenden Cellulosefasern, die sich
mit sauren Farbstoffen färben lassen, bekannt. Alle diese Verfahren gehen von wasserunbeständigen
Cellulosexanthogenaten aus, wobei entweder Cellulosexanthogernatfasern oder Cellulosexanthogenatlösungen
zur Anwendung gelangen. Die Cellulosexanthogenatfasern werden z. B. durch Behandlung
während oder nach deren Herstellung mit Halogenalkylaminen oder auch durch eine
Oxydationsbehandlung mit darauffolgen:der Behandlung mit aliphatiscben Diaminen
in die wasserbeständigen Endprodukte übergeführt. Ausgehend von Cellulosexanthogenatlösungen
werden. die wasserbeständigen Cellulosederivate entweder dadurch erhalten., daß
die Lösungen zunächst mit Halogenalkylaminen umgesetzt und, hierauf koaguliert werden,
oder dadurch, daß sie zunächst koaguliert, z. B. durch Einführung in. ein Ammoniumsalzbad;
und die Koagulate hierauf mit Äthylenimin oder dessen Homologen behandelt werden.
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Es wurde gefunden, daß Schwefel und Stickstoff enthaltende Cellulosederivate,
die eine vorzügliche Affinität für saure und substantive Farbstoffe besitzen, dadurch
erhalten werden können, daß aus Alkalicellulose und Schwefelkohlenstoff in üblicher
Weise hergestellte, in fester Form vorliegende
Cellulosexanthogenate
in Gegenwart wäßriger Lösungen von Stickstoff enthaltenden Verbindungen der allgemeinen
Formel
worin R ein Wasserstoffatom oder einen unsubstituierten oder substituierten, keine
basischen Gruppen enthaltenden Alkylrest und x die Zahl o oder i bedeutet, mit.
chlorierend wirkenden Mitteln behandelt werden.
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Das vorliegende Verfahren läßt sich sowohl unter Erhaltung der Struktur
als auch ohne Erhaltung der Struktur des zur Anwendung gelangenden Ausgangsmaterials
durchführen. Wird unter Erhaltung der Struktur gearbeitet und beispielsweise von
einem Baumwollgarn ausgegangen, so erhält man als Endprodukt ein Baumwollgarn, das
sich äußerlich vom Ausgangsmaterial nicht unterscheidet. Wird nicht unter Erhaltung
der Struktur gearbeitet, so kommen Cellulosexanthogenatlösungen zur Anwendung, die
sich zu beliebig geformten Gebilden, wie Kunstseide, Stapelfasern, Filme und Folien;
verarbeiten lassen.
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Es ist zweifellos als überraschend zu bezeichnen, daß die erfindungsgemäße,
durch Einfachheit und Billigkeit. sich auszeichnende Arbeitsweise zu Schwefel und
Stickstoff enthaltenden Cellulosederivaten führt.
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Zur Herstellung der benötigten Cellulosexanthogenate kommen. als Ausgangsmaterial
ganz allgemein sowohl natürliche als auch künstliche Cellulose- oder Cellulose enthaltende
Materialien in Betracht, wie natürliche Cellulosefasern, insbesondere Baumwälle,
ferner Linters, Zellstoff, sodann Stoffe aus regenerierter Cellulose, wie Viscosekunstseide,
und insbesondere Abfälle aus der regenerierte Cellulose herstellenden oder verarbeitenden
Industrie.
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Die Behandlung mit den Stickstoff enthaltenden Verbindungen kann sowohl
mit anorganischen als auch mit organischen Verbindungen vorgenommen werden; als
anorganische seien die Ammoniumsalze anorganischer Säuren genannt, insbesondere
Ammoniumchlorid, -sulfat, -nitrat und -phosphat, ferner das Ammoniak; als organische
kommen Ammoniumsalze organischer Säuren in Frage, wie Ammoniumformiat, Ammoniumacetat,
Ammoniumtratrat, Ammoniumcitrat und Ammoniumbenzoat, sodann primäre aliphatische
Amine als solche oder in Form ihrer Salze, wie Methylamin, Äthylamin und deren Salze,
ferner in der Alkylgruppe substituierte primäre aliphatische Amine, in freier Form
oder in Form ihrer Salze, wie Oxyäthylamin, Äthoxyäthylamin und Benzylamin und deren
Salze.
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Für die chlorierende Behandlung kommen die verschiedensten chlorierend
wirkenden Mittel in Frage; als besonders geeignet haben sich diejenigen Stoffe erwiesen,
die Salze der unterchlorigen Säure darstellen oder in alkalischer Lösung zu deren
Bildung befähigt sind, wie die Alkali- und Erdalkalihypochlorite, z. B. Natrium-
und Calciumhypochlorit, ferner p-Toluolsulfonchloramidnatrium, p-Toluolsulfondichloramid
und Chlor.
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Die Behandlung des Cellulosexanthogenates mit den wäßrigen Lösungen
der Stickstoff enthaltenden Verbindungen wird vorzugsweise bei Temperaturen zwischen
q.0° und 6o°, diejenige mit den chlorierend wirkenden Mitteln bei Raumtemperatur
vorgenommen. Werden die beiden Behandlungen gleichzeitig vorgenommen, so arbeitet
man vorzugsweise bei Raumtemperatur.
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Kommen Viscose zur Anwendung, die versponnen oder sonstwie geformt
werden sollen, so ist es notwendig, diese zunächst durch Einführung in ein aus einer
Salzlösung bestehendes Fällbad zu koagulieren. Wird als Fällbad eine Lösung eines
Ammoniumsalzes verwendet, so folgt unmittelbar nach der Koagulation die Behandlung
mit dem chlorierend wirkenden Mittel; mit der Koagulation findet also gleichzeitig
die erfindungsgemäß nötige Behandlung mit der wäßrigen Lösung einer stickstoffenthaltenden
Verbindung statt. Kommt hingegen als Fällbad eine nicht Ammoniumsalz enthaltende
Lösung, wie eine Natriumsulfat- oder Natriumehloridlösung, zur Anwendung, so ist
vor der Behandlung mit dem chlorierend wirkenden Mittel diejenige mit der wäßrigen
Lösung der Stickstoff enthaltenden Verbindung einzuschalten. In allen Fällen ist
es vorteilhaft, dem Fällbade eine Säure, z. B. Schwefelsäure oder Essigsäure, zuzugeben,
die eine raschere Bildung des Koagulates bewirkt, somit beispielsweise ein rascheres
Verspinnen gestattet.
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Im weiteren ist es vorteilhaft, in allen Fällen die Endprodukte noch
durch ein natriumbisulfit- oder säurehaltiges Bad zu führen, um die letzten Spuren
von, vorhandenem Hälogen zu entfernen.
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Die neuen Cellulosederivate besitzen nicht nur eine vorzügliche Affinität
für saure und substantive Farbstoffe, sondern lassen sich auch durch die meisten
Acetatkunstseidenfarbstoffe färben. Gegenüber verdünnten Säuren sind sie auch in
der Wärme beständig, während sie gegenüber verdünnten Alkalien, wie Natronlauge,
nur in der Kälte und gegenüber schwächer wirkenden alkalisehen
Mitteln,
wie Natriumcarbonat, Natriumsulfit, Natriumsulfid, Ammoniak, - bis zu Temperaturen
unterhalb 6o-bis 7o° beständig sind. ' Beispiel i ioo Teile Baumwollgarn --werden-
in 2ooo Teilen einer Lauge, bestehend aus 30o Teilen Natriumcarbonat, i50 Teilen
Natriumhydroxyd und i 55c) - Teilen Wasser, während 1/2 Stunde-,imprägniert, abgeschleudert
und in überschüssigem Schwefelkohlenstoff unter leichter Bewegung während 2o bis
24 Stunden xanthogeniert. Das -vom überschüssigen Sulfidierungsmittel befreite Garn
.wird: nun in einer- Lösung von Zoo Teilen Ammoniumchlorid in 2ooo-Teilen. Wasser,
welcher rasch Zoo Teile Natriumhypochloritlösung von io Gewichtsprozent - an aktivem
Chlor zugefügt worden ist, während 2o bis .6o Minuten umgezogen, hierauf gründlich
gespült, kurze Zeit in natriumbisulfithaltiges Wasser eingelegt, nochmals gespült
und getrocknet. Es hat eine Gewichtszunahme von durchschnittlich 2o % stattgefunden.
Die Faser enthält ungefähr 1,7'5% Stickstoff und ungefähr 9 % Schwefel.
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An Stelle von. Ammoniumchlorid kann auch Ammoniumsulfät und für Natriumhypochlorit
auch Chlorkalk verwendet werden.
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Beispiel e ioo Teile Baumwollgarn werden wie - in Beispiel i alkalisiert.und
in Schwefelkohlenstoff xanthogeniert. Das so vorbereitete Material legt man nun
in 2ooo Teile einer 2- bis 3prozentigen wäßrigen: Ammoniaklösung ein, welcher. zuvor
Zoo Teile Natriumhypochloritlösung von 13;5 Gewichtsprozent an aktivem Chlor zugesetzt
worden sind. Nach 1/2 Stunde wird das Garni gespült, gesäuert, nochmals gespült
und getrocknet.
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Das Garn kann vor der Behandlung mit der ammoniakalischen Lösung auch
durch eine gesättigte wäßrige Natriumsulfatlösung geführt werden. Es wird dann,
ein ähnliches Resultat erhalten.
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An Stelle von: verdünnten Ammoniaklösungen können auch konzentrierte,
beispielsweise 15- bis 25%ige wäßrige Ammoniaklösungen verwendet werden. Beispiel
3 Viscose mit einem Gehalt von 80/, Cellulose läßt man aus einer Filmgießmaschine
in ein Bad, eintreten, welches. aus einer 4o- bis 45%igen wäßrigen Ammoniumsulfatlösung
besteht. Es erfolgt schon bei Raumtemperatur, jedoch bedeutend rascher bei 6o°,
Koagulation zu einem aus Cellulosexanthogenat -bestehenden Film. Dieser wird nun
in ein zweites Bad aus verdünnter, wäßriger Natriumhypochloritlösung, die beispielsweise
3 g .aktives Chlor* im Liter enthält, eingeführt, worin die -Umsetzung zu dem wasserunlöslichen,
Schwefel und Stickstoff enthaltenden Cellulosederivat vor -sich geht. Es folgt ein
weiteres - -Bad aus 5%iger Schwefelsäure, worin der Film abgesäuert wird. Es tritt
dabei in 'der Regel eine Trübung des Films ein; die aber rasch verschwindet. Nach
gründlichem Spülen in fließendem Wasser kann noch in i%iger wäßriger Glycerinlösung
nachbehandelt werden, wodurch dem Produkt etwas geschmeidigere Form erteilt wird.
Der Film wird hierauf in üblicher Weise getrocknet.
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Beispiel 4 Viscose mit einem Cellulosegehalt von 8 % und, einer Chlorämmonzahl-von:
9 bis. 12 (vgl. Hottenroth, Die Kunstseide, 2. Auflage, 1930, Seite 307/0s)
wird in ein Fällbad, welches aus 40%iger wäßriger Ammoniumsulfatlösung besteht und
eine Temperatur von 25 bis 4o° aufweisen kann, bei einer Fällstrecke von 15 cm und
einer Abzugsgeschwindigkeit von 6o rn/Minute gesponnen. Das erhaltene Faserbündel
wird von der Galette abgenommen und bei einem Flottenverhältnis von ungefähr i ::z5
in einem Bad, welches 8 bis io g aktives Chlor (als Natriumhypochlorit) und 2 g
Natriumhydroxyd im Liter Wasser enthält, behandelt, bis die Umsetzung zu dem Schwefel-
und Stickstoff enthaltenden, wasserbeständigen. Cellulosed-erivat stattgefunden
hat. Die Faser wird hierauf abgequetscht und in einem Bad aus 5%iger Schwefelsäure
gesäuert, gründlich gespült und zweckmäßig entschwefelt. Dieses geschieht entweder
durch eine kurze Behandlung (5 Minuten) in einer i%igen wäßrigen Natriumsulfidlösung
bei 40° oder, in einer 2%igen wäßrigen Natriumsulfitlösung bei 5o bis 6o° während
1/2 Stunde. Es folgt ein nochmaliges Spülen und Trocknen. Die Faser enthält etwa
2,o 0% Stickstoff und etwa 4,8 % Schwefel chemisch gebunden. Es erweist sich ferner
als vorteilhaft, das Fällbad in 'saurer Form anzuwenden, beispielsweise die Viscose
unter sonst gleichen Bedingungen in, eine Lösung zu spinnen, welche neben 35 bis
40 "/o Ammoniumsulfat noch 5 0J0 Schwefelsäure enthält. Die Nachbehandlung in der
Natriumhypochloritlösung hat dann aber sofort anschließend zu erfolgen; damit eine
zu weitgehende Zersetzung des Cellulosexanthögenates vermieden wird. Beispiel 5
Viscose von ähnlicher Zusammensetzung wie im Beispie14 wird in ein Fällbad gesponnen,
das 3o0/" Natriumsulfat und, io 0/0 Essigsäure enthält und eine Temperatur von
6o
bis 70° aufweist. Die Fällstrecke beträgt 20 cm und die Abzugsgeschwindigkeit
70 mI Minute. Das erhaltene Faserbündel wird bei einem Flottenverhältnis
von i : 2o in ein; Bad eingebracht, das 5o/oige wäßrige Ammöniaklösung und io g
aktives Chlor (als Natriumhypochlorit) im Liter enthält. Es folgt ein Bad aus verdünnter
Schwefelsäure, anschließend wird gründlich gespült, allenfalls wie in Beispiel q.
entschwefelt, nochmals gespült und getrocknet. An: Stelle der 5o(oigen Ammoniaklösung
kann auch eine verdünnte, z. B. 5- bis 2oo/oige wäßrige Monomethyl- oder Monoäthylaminlösung
verwendet werden.