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Verfahren zur Überführung von tierischen faserhaltigen Ausgangsstoffen
in zerfaserungsfähigen Zustand Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur
Überführung von tierischen faserhaltigen Ausgangsstoffen, wie Felle, Häute, Hautteile,
Spalten, Sehnen, Fleisch, Muskelfleisch, Leimleder, in zerfasierungsfähx;gen Zustand.
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Es sind bereits zahlreiche Vorschläge bekannt, um aus tierischen faserhaltigen
Ausgangsstoffen verschiedenartige, wertvolle Produkte, wie Kunstleder, Textilfasern,
künstliche Wursthüllen und andere Formgebilde, herzustellen. Zur Herstellung ,dieser
Produkte wird im allgemeinen derart verfahren, daß die Ausgangsstoffe einer Behandlung
unterworfen werden, durch die die Fasern und Faserbündel in ihrem Verband gelockert
werden, worauf das gelockerte Material in geeigneter Weise zerteilt und zerfasert
wird. Das hierbei erhaltene Fasermaterial kann entweder als solches weiterverarbeitet
oder auf verschiedene Weise in Formgebilde übergeführt werden.
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So ist in der österreichischen Patentschrift I 12 I22 ein Verfahren-
zur Herstellung von Textilfasern aus Fischhäuten beschrieben, nach dem man die entfleischten
Häute beispielsweise nach einer kurzen Behandlung mit Kalk der Wirkung von Enzymen,
-wie Trypsin, unterwirft. Die Häute werden hierdurch gerockert, worauf sie gegerbt,
getrocknet und zerfasert werden. Nach diesem Verfahren durchgeführte Versuche haben
gezeigt, daß durch enzymatische Behandlung die tierischen faserhaltigen Ausgangsstoffe
zwar bis zueinem@ gewissen Grad abgebaut werden; jedoch sind sie in ihrem Verband
ungenügend gelockert, um in einfacher Weise zerteilt zu werden. Außerdem haben `derart
behandelte Stoffe den Nachteil, daß sie nicht gequollen sind und sich z. B. durch
Pressen durch Düsen nicht formen lassen. d Nach der französischen Patentschrift
764 642 werden zur Weiterverarbeitung auf Formkörper geeignete Fasermassen aus tierischer
Hautsubstanz dadurch hergestellt, daß die gegebenenfalls geäscherten Ausgangsstoffe
mit alkalischen oder sauren, quellend wirkenden Mitteln behandelt werden und das
erhaltene hoch-. gequollene Produkt unter möglichster Vermeidung einer Entquellung
und unter möglichster Erhaltung der Faser mechanisch zerfasert wird. Dieses Verfahren
führt im allgemeinen zum Ziel, nimmt jedoch eine erhebliche Dauer in Anspruch.
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Nach der französischen Patentschrift i72 959 soll jedoch die Behandlung
der Ausgangsstoffe mit alkalischen oder sauren Quellungsmitteln den Abbau der organischen
Substanz beschleunigen und -außerdem den Nachteil haben, daß die Quellungsmittel
ausgewaschen werden müssen. Nach dem Verfahren dieser Patentschrift soll daher der
Aufschluß der tierischen faserhaltigen Ausgangsstoffe ausschließlich
durch
Enzyme durchgeführt werden. lm Gegensatz zu diesen Angaben wird aber im Beispiel
der Patentschrift Haut mit salzsaurem Pepsin, d. h. mit Salzsäure und Pepsin, behandelt.
Versuche haben aber gezeigt, daß man durch Behandlung von trockner, nicht enthaarter
oder frischer, .geweichter und enthaarter Haut- mit Pepsin und Salzsäure zwar ein
gequollenes, aber kein zerfaserbares Produkt erhalten kann. Verwendet man hiergegen
als Ausgangsstoff gekalkte Haut; so erhält man bei anschließender Behandlung mit
Pepsin und Salzsäure ein Produkt, das spwohl gequollen als auch bequem zerfaserbar
ist.
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Das auf diesen Feststellungen aufgebaute erfindungsgemäße Verfahren
zur überführung von tierischen faserhaltigen Ausgangsstoffen in zerfaserfähigen
Zustand besteht nun darin, daß die Ausgangsstoffe in bekannter Weise geäschert und
hierauf sowohl einer an sich bekannten Behandlung mit Quellungsmitteln als - auch
einer an sich bekannten enzymatischen Behandlung unterworfen werden. Durch diese
kombinierte Behandlung werden die Ausgangsstoffe weitgehend gelockert und gleichzeitig
gequollen, wobei die Aufschlußdauer verhältnismäßig kurz ist. Die hierbei erhaltenen
Produkte lassen sich außerordentlich leicht zerfasern, wobei die Fasern weitgehend
igeschont werden können.
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In Ausübung der Erfindung werden kollagenfaserhaltige Ausgangsstoffe,
wie Haut, Sehnen oder entgerbtes Leder, gegebenenfalls zunächst enthaart und dann
geäschert. Die Dauer der Kalkbehandlung kann in Abhängigkeit von den nachfolgenden
Behandlungen in weiten Grenzen verändert werden. Durch die Kallzbehandlung findet
bereits ein gewisser Aufschluß der tierischen Ausgangsstoffe statt.
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Die geäscherten Ausgangsstoffe werden nunmehr gleichzeitig oder aufeinanderfolgend
mit Enzymen und Quellungsmitteln behandelt. Zur Behandlung mit Quellungsmitteln
können die verschiedensten Säuren, insbesondere Salzsäure, schweflige Säure, Ameisensäure,
Essigsäure oder Milchsäure, oder verschiedene alkalische Stoffe, wie Kalkmilch,
Natronlauge oder Ammoniak, verwendet werden. Es können auch verschiedene Quellungsmittel
zusammen und Quellungsmittel verschiedener Konzentration, gegebenenfalls in mehrstufigen
Behandlungen, angewandt werden.
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Die Wahl der zur Auflockerung der tierischen Ausgangsstoffe verwendeten
Enzyme richtet sich nach der Natur der Quellungsmittel.- Werden saure Quellungsmittel
verwendet, so erfolgt die enzymatische Behandlung mit in saurem Medium wirksamen
fettverdauenden Enzymen, wie Pepsin, Papain, Xathepsin. Wird hiergegen die quellende
Behandlung mit alkalischen . Stoffen vorgenommen, so verwendet man in alkalischem
Medium wirksame Enzyme, wie Trypsin, Pankreatin, Erepsin. Schließlich können auch
Behandlungen mit verschiedenen Quellungsmitteln mit Behandlungen mit verschiedenen
Enzymen kombiniert werden, wobei dafür Sorge getragen werden muß, daß in jeder Arbeitsstufe
die Wahl der Enzyme der Wahl des Quellungsmittels in der gleichen oder vorangegangenen
Stufe angepaßt wird.
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Versuche haben gezeigt, daß es von großem Vorteil ist, die enzymatische
Behandlung bei einer ganz bestimmten Wasserstoffionenkonzentration durchzuführen.
Bei überführung der Ausgangsstoffe in zerteilungsfähigen Zustand durch gleichzeitige
oder aufeinanderfolgende Behandlung mit Säuren und in saurem Medium wirksamen Enzymen
ist es zweckmäßig, solche Mengen an Säure zu wählen, daß die Endprodukte pH-Werte
von weniger als 3,2, vorzugsweise 2,5 bis 2,7, aufweisen. Beim Arbeiten. mit - alkalischen
Quellungsmitteln und mit in alkalischem Medium wirksamen Enzymen. ist es hiergegen
empfehlenswert, die Mengen der alkalischen Quellungsmittel so zu wählen, daß die
Endprodukte einen 9,o übersteigenden und vorzugsweise i 2,o betragenden pH-Wert
aufweisen.
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Es wurde weiterhin gefunden, daß es zweckmäßig ist, die kombinierte
Behandlung oder die enzymatische Behandlung allein bei Temperaturen unterhalb 3o°,
vorzugsweise bei i 5 bis 20°, durchzuführen. Diese Feststellung war an sich überraschend,
da im allgemeinen, z. B. in der österreichischen Patentschrift 112 i22, vorgeschlagen
wurde, die enzymatische Behandlung von tierischen faserhaltigen Ausgangsstoffen
bei höheren Temperaturen, z. B. bei 35 bis q.o°, durchzuführen. Versuche haben jedoch
gezeigt, daß die Behandlung bei diesen Temperaturen zu einem zu starken Abbau der
Ausgangsstoffe führt, wobei die Fasern weitgehend geschädigt werden.
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Die erfindungsgemäße Behandlung der tierischen faserhaltigen Stoffe
führt in verhältnismäßig kurzer Zeit zu wenig abgebauten und gleichzeitig hochgequollenen
Massen, die sich unter weitgehender Schonung der einzelnen Fasern in üblicher Weise
zerfasern lassen. Zweckmäßigenveise werden die Bedingungen der quellenden Behandlung
so ge-@wählt, däß man hochgequollene, z. B. 75 0/q an Quellungswasser und mehr enthaltende
Produkte erzielt.
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Die mehr oder weniger Wasser enthaltenden Fasermassen können in bekannter
Weise entweder als solche auf Fasern, insbesondere
Textilfasern,
oder Kunstleder weiterverarbeitet oder in Formgebilde übergeführt werden. Das Formen
der Fasermassen kann z. B. durch Pressen zwischen Walzen oder durch Pressen durch
Loch-, Ring- oder Schlitzdüsen vorgenommen werden. Beispiele 1. 5 kg nasses Leimleder
werden in bekannter Weise mit Ammoniumchlörid entkalkt und dann mit 5 1 Wasser,
welches i o g Trypsin enthält, 3 Tage bei 2o° im Walkfaß b.ehan@elt. Hierauf gibt
man 20o ccm 36%ige Salzsäure zu. Weint das Material gleichmäßig durchgesäuert ist,
wird das Hautmaterial gewaschen, bis die Flotte einen pH-Wert von 2,7 besitzt. Man
erhält 8 kg.
gequollenes Hautmaterial, welches sich gut zerfasern läßt.
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2. 5 kg enthaarte Rindsnackenstücke werden 5 Tage mit 5 1 Wasser,
in welchem 25o ccm 36%ige Salzsäure und 2o-g Pepsin gelöst sind, bei 18° behandelt,
hierauf #m Walkfaß gewaschen, bis -die Flotte einen pH-Wert von 2,5 besitzt. Das
erhaltene Hautmaterial (7,5kg) läßt sich trotz hohen Trockengehaltes ;gut zerfasern.
Die erhaltenen Fasermassen kann man auf Folien, Kunstdarm oder Textilfasern verarbeiten.
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3. 5 kg grüne Kalbsnackenstücke werden 4 Wochen in Kalkmilch
eingefelgt. Dianaeh werden sie entkalkt und dann mit 51 o,2%iger Pepsinlösung, welche
zooccm 36%ige Salzsäure enthält, 7 Tage bei 20° behandelt. Alsdann wird das Material
gewaschen, bis die Flotte einen pH-Wert von 2,7 hat. Dias Material kann dann zerfasert
werden.
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4. 5 kg nasses Leimleder, welches i 4 Tage in Kalkmilch lag,
wird kurz mit Wasser gewaschen und dann 3 Tage mit 5 1 o,2%iger Pankreatinlösung
bei 2o° im Walkfaß behandelt. Nach nochmaligem Auswaschen wird das Material weitere
i 4 Tage in Kalkmilch eingelegt und nun so weit gewaschen, daß es einen pH-Wert
von 9,5 hat. Danach kann das Material zerfasert werden. Die Fasern kann man zu Textilfasern
verarbeiten.