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Selbstladepistole für hülsenlose Munition Waffen für hülsenlose Munition,
also solcher, deren Treibladung nicht in eine unverbrennliche und abdichtende Hülse
eingeschlossen ist, sind sehr alt. Die ersten Hinterlader, Dreyse, Podewils, Chassepot
u. a., verwendeten eine Patrone, die die Treibladung in Papier gewickelt enthielt.
Diese schwache Hülse sollte beim Schuß restlos verbrennen. Einen anderen Weg schlug
eine amerikanische Konstruktion aus dem Jahre 1856 ein. Bei dieser Waffe befand
sich die Treibladung in dem hinten ausgehöhlten Geschoß und wurde durch ein Blättchen
abgeschlossen, das gleichzeitig die Zündpille enthielt. Bei allen diesen Konstruktionen
mußte der entsprechend ausgebildete Verschlußkörper die Abdichtung beim Schuß übernehmen,
da eben eine' abdichtende und gasdichte Hülse nicht vorhanden war. Diese Abdichtung
suchte man auf verschiedenen Wegen zu erreichen: Konus mit Flächendichtung (Dreyse,
Podewils), Kautschukpuffer (Chassepot), Kolbendichtung (amerik. Pistole von z856).
Für Schwarzpulver genügten diese Dichtungen, und man nahm gewisse Nachteile in Kauf,
da die Waffe einen Auswerfermechanismus für die leeren Hülsen entbehren konnte,
die Munition billig, zudem leicht herzustellen war.
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In neuerer Zeit hat man den Gedanken der hülsenlosen Munition mehrfach
wieder aufgegriffen, und zwar für automatische Waffen. Der Fortfall des das Schloß
komplizierenden Auswerfermechanismus wär in erster Linie der treibende Grund für
solche Konstruktionen. Hier mußte man aber mit Nitropulver rechnen, und für deren
Gasdrücke genügten die vorerwähnten Dichtungsmethoden nicht mehr. Man kam auf den
Gedanken, den sich bewegenden Verschluß mit einer an seiner Vorderseite befindlichen,
mit ihm starr verbundenen Metallhülse auszurüsten, welche beim Vorgehen des Verschlusses
die Ladung mit Geschoß aufnahm und in den Lauf schob. Beim Schuß sollte diese Hülse
die Funktion einer Patronenhülse übernehmen, also abdichten dadurch, daß sie sich
durch den Gasdruck fest an die Wandung der Bohrung legte. Es war gewissermassen
eine Dauerhülse, die sich vor jedem Schuß neu lud (schweiz. Patente 93842
und z20 281, deutsches Patent 7909o). Das Wesentliche dieser Konstruktionen besteht
also darin, daß die Entzündung und Verbrennung der Ladung innerhalb der mit dem
Verschlußkolben verbundenen Hülse erfolgt. Beim deutschen Patent 7gogo ist das gleiche
Prinzip vorhanden, nur bewegt sich hier der Lauf beim Schuß nach vorn, während die
Abdichtungshülse stehenbleibt.
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Die erwähnten Anordnungen haben den Nachteil, daß die Dauerhülse durch
die innerhalb ihrer Wandung erfolgende Verbrennung außerordentlich erhitzt wird,
so daß nach wenigen hintereinander erfolgten Schüssen die Gefahr einer vorzeitigen
Entzündung der Ladung auftreten kann und ferner die Zerstörung des
Hülsenmaterials
durch die unmittelbare Einwirkung der Verbrennungsgase in chemischer und thermischer
Hinsicht schnell erfolgen wird. In Erkenntnis dieses Umstandes schlägt das deutsche
Patent 7gogo sogar Platin als Werkstoff für die Dauerhülse vor.
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Die vorliegende Erfindung sucht unter Bete behaltung einer mit dem
Verschluß verbundenen Liderungshülse der vorerwähnten Nachteile dadurch Herr zu
werden, daß sie die Verbrennung der Ladung nicht innerhalb der Hülse, sondern vor
dieselbe verlegt, also von der Aufnahme der Ladung in die Hülse absieht und diese
nur zur Abdichtung des Gasraumes nach hinten benutzt. Zu diesem Zweck ist die Liderungshülse
hinter dem Stoßboden des Verschlußkopfes angeordnet.
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Die Zeichnung zeigt- die Anordnung der Liderungshülse gemäß der Erfindung.
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Der die Zündnadel z enthaltende Verschlußkolben y schiebt beim Vorgehen
die Patrone, ein Geschoß mit verlängertem Mantel, in dem Ladung und Zündung untergebracht
sind, so weit vor, bis der Übergangskonus im Lauf ein Halt gebietet. Dann laufen
der Federkolben f und die mit ihm verbundene Schließfeder s und unter Zusammendrückung
des Gummipuffers q weiter vor, 'so daß die Zündpille angestochen wird. Der Vorderteil
des Verschlußkolbens y enthält den Verschlußkopf u, nur dessen Stoßboden kommt mit
der Flamme in direkte Berührung. Der Stoßboden berührt beim Vorschieben immer nur
den umgebördelten Rand des Geschoßmantels, kommt also mit Ladung oder Zündung nie
in direkte Berührung. Hinter dem Stoßboden liegt, den Verschlußkopf teilweise umfassend,
die Liderungsmanschette n, gewissermassen die Dauerhülse. Zwischen der Liderungsmanschette
n und dem Verschlußkolben y liegen Asbestscheiben. Dadurch, daß der Verschlußkopf
u am Umfang einige achsparallele Nuten trägt und zwischen ihm und der Innenwandung
der Hülse ein Spielraum ist, wird derDruck derexpandierenden Gaseauf derInnenseite
der Hülse n wirksam und drückt diese abdichtend an die Verschlußbohrung. Eine übermäßige
Erhitzung kann nicht eintreten, daher besteht auch nicht die Gefahr der Frühzündung
oder Korrosion.