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Verfahren zur Trennung von Dihydroequilin und östradiol Im Harn trächtiger
Stuten sind von G i r a r d und Mitarbeitern neben Ostron noch weitere östrogene
Wirkstoffe, wie das Equilin und Equilenin, isoliert worden. Zu Beginn der Trächtigkeit
tritt, wie Girard zeigen konnte, in der Hauptsache Östron auf, im weiteren Verlauf
nimmt die Menge der ungesättigteren Verbindungen, der Dehydrierungsprodukte des
Ostrons, zu, so daß gegen Ende der Trächtigkeit das Equilenin in größer Menge im
Harn vorhanden ist. Da das Equilenin einen stärker sauren Charakter besitzt als
die anderen Verbindungen, läßt es sich verhältnismäßig leicht von diesen abtrennen,
dagegen bereitet die Trennung von Ostron und Equilin große Schwierigkeiten.
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Es wurde nun ein Verfahren gefunden, nach welchem diese Trennung außerordentlich
leicht bewerkstellizt werden kann. Man führt nach bekannten Methoden, z. B. mit
Natrium und Alkohol, das östron-Equilin-Gemisch in die entsprechenden Diole über.
Aus diesem Diolgemisch fällt nur das Östradiol, und zwar das trans-Östradiol, mit
Saponinen, z. B. Digitonin, aus. In der Mutterlauge der Digitoninfällung befindet
sich in der Hauptsache das Dihydroequilin neben wenig cis-Östradiol, das man leicht
durch Kristallisation entfernen kann.
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Durch das Verfahren wird also in einfacher Weise eine Abtrennung des
trans-Östradiol, das sich vor allen anderen östrogenen Verbindungen durch seine
besonders hohe Wirksamkeit auszeichnet, von den Begleitstoffen, vor allem dem Dihydroequilin,
das entsteht, wenn man ein unreines, noch Equilin enthaltendes östron der Hydrierung
unterwirft, erreicht. Wenn man berücksichtigt, daß z. B.
im Stutenharn
recht beträchtliche Mengen von Equilin vorkommen, dessen Abtrennung von Östron große
Schwierigkeiten bereitet, wird die technische Bedeutung vorliegender Erfindung,
die es gestattet, auch ein Hormongemisch von Ostron und Equilin zu hydrieren, ohne
erst das Östron rein darzustellen müssen, ohne weiteres klar.
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Es ist bereits aus der Literatur bekannt, daß eine Trennung .mittels:Digitonin
zwischen Cy clopentanopolyhydrophenanthrenderivaten möglich ist, so gelang es (Zeitschr.
für physiol. Chemie, Bd. a37, 1935, S. 59) Dehydroandrosteron von cis-Androsteron
auf Grund der Tatsache, daß letzteres im Gegensatz zum ersten keine unlösliche Additionsverbindung
mit Digitonin bildet, zu trennen. Es handelt sich hierbei um Verbindungen, die im
Ring I hinsichtlich der Stellung der am Kohlensto -ffatom 3 befindlichen Hydroxylgruppe
eine cistrans-Isomerie aufweisen. Die vorliegende Erfindung betrifft jedoch ganz
andere Verbindungen, nämlich solche, bei denen sich die Hydroxylgruppe am Kohlenstoffatom
3 in dem phenolischen Ring A befindet und bei denen also eine Isomerie der Hydroxylgruppe
am Kohlenstoffatom 3 nicht vorkommt. Es können daher die sich bei den beanspruchten
östrogenen Substanzen in ihrem Verhalten gegenüber Digitonin zeigenden Unterschiede
nicht auf eine cis-trans-Isomerie zurückgeführt werden. Das Bestehen derartiger
Unterschiede in dem Verhalten sterisch völlig analog gebauter Stoffe konnte aber
aus der vorbekannten Literatur nicht vorausgesehen werden, sondern muß als vollkommen
neue und überraschende Tatsache gelten. Beispiel o,5gÖstron-Equilin-Gemisch wird
bei ioo° in propylalkoholischer Lösung mit Natrium reduziert. Nach der Reduktion
wird mit verdünnter Schwefelsäure ausgefällt und abfiltriert. Der getrocknete Niederschlag
(o,5 g) wird in 1o ccm 95 %igem Äthylalkohol gelöst und in der Siedehitze mit einer
Lösung von a,5 g Digitonin in 5o ccm goo;'oigem Äthylalkohol versetzt: Schon nach
kurzer Zeit fällt ein dicker Niederschlag aus; man filtriert nach einigen Stunden
ab und wäscht mit viel Äther nach.
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Das abfiltrierte Digitonid wurde zwecks Zersetzung in wenig warmem
Pyridin gelöst und nach dem Abkühlen das Digitonin mit viel Äther ausgefällt.
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Man filtriert ab und wäscht den Äther mehrfach mit verdünnter Schwefelsäure
und anschließend mit Wasser. Der Äther wird mit Magnesiumsulfat getrocknet und verdampft;
den Rückstand kristallisiert man aus verdünntem Methanol um. Man erhält das reine
trans-Östradiol vom Smp. i75°. Die Mutterlauge vom ausgefallenen Digitonid wird
mit Äther versetzt, um das überschüssige Digitonin auszufällen. Man filtriert ab
und wäscht das Filtrat mehrfach mit Wasser. Nach dem Trocknen der ätherischen Lösung
wird verdampft und der Rückstand aus verdünntem Methanol umkristallisiert. Man erhält
das reine Dihydroequilin vom Smp. 175o.
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Anstatt die Umsetzung mit Digitonin in wäßriger, 9o°/oiger alkoholischer
Lösung durchzuführen, kann man auch Alkohol anderer Konzentration verwenden oder
auch andere Alkohole oder sogar andere wäßrige, mit Wasser mischbare organische
Lösungsmittel. Man kann auch das Saponin in fein verteilter Form der Reaktionsmischung
zusetzen, ohne es vorher aufzulösen. Selbstverständlich ist es in diesem Fall notwendig,
die Reaktionsmischung kräftig zu rühren. Die besten Resultate werden jedoch erhalten,
wenn man entsprechend dem obengenannten Beispiel eine Lösung des Ausgangsmaterials
verwendet und das Saponin in alkoholischer Lösung zusetzt. Anstatt das Saponid durch
längeres Stehenlassen aus der Reaktionsmischung auszufällen, kann man auch die Lösung
teilweise oder vollständig zur Trockne eindampfen, wobei im ersteren Fall die Ausfällung
des Saponids erleichtert wird, während im letzteren Fall der trockene Verdampfungsrückstand
in das Saponid und die anderen Bestandteile durch Extraktion mit einem Lösungsmittel
getrennt wird, welches fähig ist, lediglich die anderen Bestandteile der Reaktionsmischung
zu extrahieren, nicht aber das Saponid. Hierzu eignet sich z. B. Äther, doch kann
man auch andere geeignete Lösungsmittel für den gleichen Zweck benutzen.
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Eine weitere Methode der Abtrennung des Saponids aus der Reaktionsmischung
besteht in der Ausfällung des Saponids durch Verdünnung der Reaktionsmischung mit
einer geeigneten Flüssigkeit, die fähig ist, das Saponid zu -fällen. Wasser eignet
sich z. B. als Fällmittel hierfür.
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Man kann die Aufspaltung des Saponids auch durch Behandeln mit anderen
Flüssigkeiten bewirken als mit Pyridin; so kann man andere Pyridine, andere heterocyclische
Basen und auch Xylol oder andere hochsiedende Flüssigkeiten u. dgl. benutzen. Die
Zersetzung des Saponids kann auch bewirkt werden durch Erhitzen mit organischen
Säureanhydriden, z. B. mit Essigsäureanhydrid, wobei bei der Extraktion der Zersetzungsmischung
mit Äther o. dgl. der entsprechende Ester der Oxyverbindung erhalten wird.
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Digitonin hat sich als besonders hervorragendes
Mittel
zur Abtrennung des trans-Östradiols erwiesen, doch kann man auch andere Saponine,
wie z. B. Solamin, Cyclamin, Dioscin u. dgl., hierfür benutzen.
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Die Reduktion des Ostron-Equilin-Gemisches zu den entsprechenden Diolen
kann auch auf andere Art und Weise bewirkt werden als mit Natrium und Alkohol; es
eignen sich hierfür alle solche Reduktionsmethoden, bei denen lediglich die Ketogruppen
der Ausgangsmaterialien zu den sekundären Alkoholgruppen reduziert werden, bei denen
jedoch die Doppelbindungen im Molekül im wesentlichen unangegriffen bleiben.