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Gewinnung von Tonerde aus künstlichen oder natürlichen Alkahaluminiumsilicaten
Es sind bisher zahlreiche Vorschläge bekanntgeworden, aus dem in der Natur reichlich
vorkommenden Ton oder Kaolin reine Tonerde zu gewinnen. Keines dieser Verfahren
konnte jedoch hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit an die alkalischen Verfahren zur
Gewinnung von Tonerde aus Bauxit heranreichen.
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Die zur Gewinnung von Tonerde aus Ton oder Kaolin vorgeschlagenen
alkalischen Verfahren scheitern an dem hohen Kieselsäuregehalt der Ausgangsmaterialien.
Bekanntlich sind auch Bauxite mit mehr als 3% Kieselsäure nicht mehr wirtschaftlich
zu verarbeiten.
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Bei den vorgeschlagenen sauren Verfahren sind nun zwei Umstände von
grundlegender Bedeutung. Es muß einmal die angewandte Mineralsäure restlos und auf
einfachstem Wege zurückgewonnen werden, ferner muß die Entfernung des Eisens ohne
größere Schwierigkeit möglich sein. Die mit starken Mineralsäuren arbeitenden Verfahren
zum Aufschluß von Ton oder Kaolin leiden meist an beiden Mängeln,. es ist schwierig,
die Säure zurückzugewinnen, und schwierig, das Eisen abzuscheiden.
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Das wiederholt vorgeschlagene Arbeiten mit wässeriger schwefeliger
Säure bat hinsichtlich der Rückgewinnung der Säure und der Entfernung des Eisens
wohl Fortschritte gezeigt, der Aufschluß selbst jedoch mußte in kostspieligen säurefesten
Druckgefäßen bei langer Reaktionsdauer (z. B. 2o und mehr Stunden) vorgenommen werden,
um eine Ausbeute an Tonerde von kaum 8o% zu erzielen.
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Eine von Kieselsäure befreite Tonerde ist aber bei diesem Verfahren,
das weiterhin mit teilweiser Abspaltung von SO. und folgendem Erhitzen im
Druckgefäß zur Äbscheidung von monobasischem Aluminiumsulfit arbeitet, nur dann
zu erhalten, wenn durch Auslaugung erhaltene Aluminiumbisulfitlösungen zur Verarbeitung
gelängen, die nur geringe Mengen Kieselsäure enthalten.
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Es ist auch bereits (bekanntgeworden, Alkalialuminiumsilicate mit
Säuren, vornehmlich Salpetersäure, zur Tonerdegewinnung aufzuschließen. So wird
beim trockenen Aufschluß von Bauxit mit Soda der in einer bestimmten Phase der Weiterverarbeitung
entstandene künstliche Natrolith, Na. O . Ale 03 # 3 Si O . # 2 H. O, mit Salpetersäure
im Autoklaven-bei einem überdruck von 5 bis 8 atü und einer Temperatur von i5 o
bis 17 o° C innerhalb 2 bis 4 Stunden behandelt, um die Kieselsäure unlöslich
abzuscheiden. .
Es sind ferner Verfahren bekanntgeworden, Nepheline
und Syenite, also Alkalialuminiumsilicat,e, mit schwefeliger Säure ohne Druck zu
lösen und die gleichfalls gelöste Kieselsäure von der in Lösung befindlichen Tonerde
durch Entsch-vefeln, d. h. durch Abspaltung von SO. bei
55' C, zu trennen. Die Trennung gelingt jedoch nicht beim ersten Male, sie
muß mehrere Male wiederholt werden. Auch enthält die schließlich gewonnene Tonerde
noch bis zu i o o/o Si02.
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Es -wurde gefunden, daß man beliebig hergestellte Alkalialuminiumsilicate
mit wässeriger schwefeliger Säure -ohne Druckgefäß bei Temperaturen unter i oo°
C in Tonerde und Kieselsäure in einem Arbeitsgang zerlegen und den alkalischen Bestandteil
der ternären Verbindung auf einfache Weise zurückgewinnen kann.
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Für den Aufschiuß von Ton oder Kaolin wird nach dem neuen Verfahren
auf bekanntem Wege durch Glühen von Alkaliverbindungen mit Ton ein Glühprodukt hergestellt.
Dieses Glühprodukt entsteht immer dann, wenn das Verhältnis Na20 : A1203 : 2 Si
O2 bzw. 3 Si02 in den Ausgangsstoffen gegeben ist. Diese so entstandenen Alkalialuminiumsilicate
werden bekanntlich sehr leicht und vollkommen von wässeriger und schwefeliger Säure
gelöst. Dabei entsteht Alkalibisulfit, Aluminiumbisulfit und lösliche kolloide Kieselsäure.
Bisher hat die Trennung dieser gelösten kolloiden Kieselsäure von den Aluminiumsalzen
Schwierigkeiten verursacht, sie konnte mit befriedigendem Erfolg nur beim Erhitzen
im Autoklanen bewirkt werden.
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Das Verfahren nach der Erfindung scheidet demgegenüber die Kieselsäure
in einfacherer Weise ohne Autoklanen aus. Zum Verständnis der dabei ablaufenden
Reaktionen sei folgendes angeführt. Erhitzt man die beim Behandeln von Alkalialuminiumsilicaten
mit wässeriger schwefeliger Säure entstandene Lösung auf 95 bis ioo° C, dann fällt
stets ein Niederschlag aus, der auf i A1203 2 Si02 und wechselnde Mengen SO2 enthält.
Dieser Niederschlag ist hi schwefeliger Säure schon in der Kälte leicht -nieder
löslich, wird .er jedoch bei ioo° C längere Zeit, z. B. z bis 3 Stunden, mit Wasser
gekocht, dann -wird er in schwefeliger Säure allmählich unlöslich. Wenn man aber
die Lösung von Alkalialuminiumsilicaten in schwefeliger Säure nicht bei ioo" C,
sondern bei 80°C einige Zeit erhitzt, dann fällt überraschenderweise basisches Aluminiumsulfit
und Kieselsäure nicht im Verhältnis i : 2 aus, es scheidet sich vielmehr überwiegend
Kieselsäure ab. Erfolgt die Ausscheidung aus verdünnter Lösung, dann sind das ausgeschiedene
Aluminiumsalz und die Kieselsäure wieder in wässeriger schwefeliger Säure löslich,
erfolgt jedoch die Ausfällung bei 8o° C aus konzentrierter Lösung, dann wird nur
das zum Teil ausgefallene Aluminiumsalz gelöst, die Kieselsäure bleibt unlöslich
zurück. Eine quantitative Ausscheidung der Kieselsäure erfolgt aber auch in konzentrierter
Lösung nicht, es bleiben etwa 5 bis 9% SiO. in Lösung. Wesentlich besser verläuft
jedoch die Abscheidung der Kieselsäure, wenn man in konzentrierter Lösung bei 8o°
C unter gleichzeitigem Einleiten von gasförmiger schwefeliger Säure arbeitet. Es
fallen dann von der kolloid gelösten Kieselsäure 98 bis 990116 in gut filtrierbarer
Form aus.
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Nach Abfiltrieren der Kieselsäure kann die Lösung von Alkalibisulfit
und von Aluminiumbisulfit in bekannter Weise aufgearbeitet werden. Da aber nach
Abscheidung der Tonerde durch die häufigen Operationen des Filtrierens und Waschens
verhältnismäßig verdünnte Lösungen von Alkalibisulfiten übrigbleiben, die kostspielig
eingedampft werden müssen, so wurde ein neuer Weg gesucht, um Alkali auf ;einfachem
Wege wiederzugewinnen.
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Es wurde weiter gefunden, daß man das verwendete Alkali restlos als
Bisulfit in konzentrierter Lösung erhalten kann, wenn man das fein gepulverte Glühprodukt
in eine gesättigte Alkalibisulfitlösung einträgt, und dann unter *gleichzeitigem
Einleiten von gasförmiger schwefeliger Säure so viel Wasser zusetzt, daß sich das
aus- dem Glühprodukt hinzugekom= mene Alkali als Bisulfit lösen kann. Wird nun diese
konzentrierte Lösung auf ioo° C .erhitzt, so wird das gesamte Aluminium mit der
Kieselsäure ausgeschieden, während das Alkalibisulfit und gleichzeitig auch das
aus dem Ton herrührende Eisen in Lösung verbleibt.
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Die gesättigte Alkalibisulfitlösung braucht nur -wenig eingedampft
zu werden, um das im Glühprodukt enthalten gewesene Alkali als Bisulfit abzuscheiden..
Da man bei dem Verfahren somit Alkalibisulfite zurückgewinnt, stellt man zweckmäßig
die ternäre Verbindung, das Glühprodukt, unter Verwendung von Alkalibisulfiten und
unter Zugabe von etwas Kohle her.
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Das Verfahren nach der Erfindung besteht demgemäß darin, daß künstliche
oder natürliche Alkalialuminiumsilicate mit wässeriger schwefeliger Säure behandelt
werden, die erhaltene, gegebenenfalls vom Ungelösten befreite, konzentrierte Lösung
auf Temperaturen über 70° C, jedoch unter ioo" C, zweckmäßig bei 8o° C erhitzt und
während der Abscheidung der Kieselsäure SO2 durchgeleitet und/oder nach Abscheidung,
der Kieselsäure eingeleitet -wird, worauf die nach Abtrennung der Kieselsäure erhaltene
Lösung nach bekannten Verfahren auf Tonerde verarbeitet -wird,
Das
folgende Ausführungsheispiel gibt eine ausführliche Beschreibung der Erfindung.
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Beispiel Es wird auf bekannte Weise aus- 5_g Ton (Zusammensetzung:
33% A1203, ¢9;300 SiO2, 2,20/10 Fee 03 ), 3,79 Natriumbisulfit und 0,49 Holzkohle
nach gründlichem Vermischen durch Glühen bei 8oo° C ein Glühprodukt. hergestellt.
Die erkaltete lockere Masse wird nun in 20 ccm einer gesättigte. Natriumbisulfitlösung
aufgeschlämmt, mit 5 ccmWasser verdünnt und unter Einleiten von S 02 15 Minuten
bei ioo° C erhitzt.
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Die ausgeschiedene Aluminiumverbindung und die ausgeschiedene Kieselsäure
werden ,abfiltriert, wenig nachgewaschen und die entstandene Lösung von Natriumbisulfit,
die auch das gesamte Eisen enthält, auf kristallisiertes N.atriumbisulfit weiterverarbeitet.
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Der Filterrückstand wird nun mit 5o bis 5 5 ccm Wasser aufgenommen
und durch Einleiten von Schwefligsäuregas in Lösung ge- -bracht. Die entstandene
Lösung von 2o bis 22' B6 hat eine Temperatur von 3o bis. ¢o° C. Die entstandene
Lösung befreit man durch Filtrieren. von Kohle und Quarzsand und erwärmt sie unter
Einleiten von Schwefligsäuregas auf 8o° C. Die Abscheidung der Kieselsäure ist in
ganz kurzer Zeit beendigt, zweckmäßig wird während der Abscheidung gerührt. Unter
dauerndem Einleiten von Schw efligsäuregas wird auf etwa 65° C abgekühlt, um kleine
Mengen ausgeschiedenen basischen Aluminiumsulfites wieder in Lösung zu bringen.
Hierauf -wird von der Kieselsäure abfiltriert und mit wässeriger schwefeliger Säure
nachgewaschen. Die als Nebenprodukt erhaltene sehr reine Kieselsäure kann mannigfaltige
Verwendung finden. Die Lösung von Aluminiumbisulfit kann in bekannter Weise aufgearbeitet
werden, z. B. durch Erhitzen, wobei sich unter Entweichen von SO2 ein unlösliches
basisches Aluminiumbisulfit abscheidet. Dieses filtriert und geglüht, ergibt eine
Ausbeute von 97 bis 98 % Tonerde, die im Durchschnitt noch i bis 2% Kieselsäure
enthält.
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Der Einfluß der Konzentration geht bei obigem Beispiel .aus nachstehendem
hervor. Wird der in konzentrierter Natriumbisulfitlösung ausgeschiedene Niederschlag,
der das gesamte Aluminium und die Kieselsäure enthält, an Stelle in 5o ccm Wasser
in 8o ccm gelöst, so enthält die zum SchluB gewonnene Tonerde statt, wie angegeben,
i bis 2% SiO., etwa 8%. WWerden zum Lösen jedoch noch größere Mengen Wasser verwendet,
beispielsweise ioo ccm, dann steigt der Gehalt an Kieselsäure bis auf i 2 o;o .
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Nach der geschilderten Methode lassen sich ebenfalls natürlich vorkommende
Alkalialuminiumsilicate, wie Sodalith, Nephelin, Leucit, auf Tonerde verarbeiten.