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Herstellung von Tonerde und Tonerdeverbindungen Es ist bereits bekannt,
tonerdehaltige Stoffe vor ihrem Aufschluß mit wäßriger schwefliger Säure zu calcinieren.
Es wurde gefunden, daß hierbei das Arbeiten im Vakuum von grundlegender Bedeutung
ist.
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Nach dem Glühen im Vakuum verbleibt eine eigenartige Verbindung von
Aluminiumoxyd und Kieselsäure, die von schwefliger Säure leichter zerlegt wird als
das durch Glühen der Ausgangsstoffe unter gewöhnlichem Druck erhaltene Gut. Dadurch
gelingt es, einen größeren Teil. des Tonerdegehaltes löslich zu machen.
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Nun wird aber, wenn das Konstitutionswasser von Anbeginn durch Erhitzen
im Vakuum ausgetrieben wird, die Masse durch den entweichenden Wasserdampf stark
zerstäubt. Es ist daher für die technische Durchführung des Verfahrens im allgemeinen
empfehlenswert, dem Glühen unter vermindertem Druck ein Erhitzen bei atmosphärischem
Druck vorausgehen zu lassen, wodurch der Übelstand des starken Zerstäubens vermieden
wird, ohne daß die günstige Wirkung des Glühens im Vakuum beeinträchtigt wäre. Wird
jedoch ein Material verarbeitet, das sein Konstitutionswasser erst bei einer Temperatur
abgibt, die schon nahe an der günstigsten Temperatur für das eigentliche Vorglühen
liegt, so daß es also schwer wäre, zwischen der Vorerhitzung und dem Glühen im Vakuum
eine scharfe Grenze zu ziehen, oder bietet die Durchführung des Vorglühens in zwei
Stufen aus anderen Gründen technische Schwierigkeiten, so ist die Durchführung des
ganzen Glühprozesses im Vakuum vorzuziehen.
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Die so vorbehandelte Tonsubstanz wird nun z. B. durch Schlämmen in
fein verteilten Zustand gebracht und mit wäßriger schwefliger Säure ausgeholt, wobei
man, um eine raschere Lösung und bessere Ausbeute zu erzielen, diese Behandlung
bei erhöhter Temperatur und bei erhöhtem Druck vornimmt. Es hat sich ferner gezeigt,
daß es vorteilhaft ist, diese Extraktion durch aufeinanderfolgende Behandlung mit
Teilmengen der zur Extraktion verwendeten Gesamtmenge von wäßriger schwefliger Säure
durchzuführen, da man auf diese Weise rascher zum Ziele kommt. Die Lösungsgeschwindigkeit
wird nämlich selbst bei Verwendung beträchtlicher Säureüberschüsse bald sehr klein.
Es dürfte dies damit zusammenhängen, daß eine bestimmte Wasserstoffionenkonzentration
für die Lösung der durch Glühen gebildeten Verbindung erforderlich ist. Durch die
Bildung von Aluminiumbisulfit wird die an sich geringe Azidität der schwefligen
Säure so rasch vermindert, daß der Angriff nicht weiter fortschreitet. Daraus ergibt
sich die folgende günstige Arbeitsweise: Man läßt zunächst nur einen Teil der wäßrigen
Lösung von schwefliger Säure auf einen Überschuß von vorgeglühter Tonsubstanz
einwirken.
Nach wenigen Minuten wird die Lösung abgezogen und durch frische Lösung von schwefliger
Säure ersetzt. Diese Behandlung wird so oft wiederholt, bis das vorgeglühte Gut
ausgelaugt ist.
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Die nach beendigter Aufschließung vom Rückstand getrennte, z. B. abfiltrierte
Lösung enthält überschüssiges Schwefeldioxyd, Aluminiumbisulfit, Eisensalze und
lösliche Kieselsäure. Die weitere Aufarbeitung dieser sauren Aufschlußlauge kann
in verschiedener Weise erfolgen.
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Bekannt war, daß es für die Trennung von Eisen Vorteile bietet, die
schweflige Säure aus derlei Lösungen stufenweise auszutreiben. Es wurde nun gefunden,
daß es bei der weiteren Aufarbeitung von sauren Aufschlußlaugen dieser Art im allgemeinen
zweckmäßig ist, die SO,
vorerst nur so weit zu entfernen, daß Niederschläge
aus der Lösung überhaupt noch nicht ausfallen, um die fühlbare Wärme der Lauge im
Aufschlußkessel zur Austreibung der S 02 durch Druckentlastung zu verwerten, zu
welchem Zweck die Lösung z. B. in einen Raum niedrigeren Druckes ausgeblasen werden
kann.
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Ein abgekürzter Arbeitsgang geht wie folgt vor sich: Statt die saure
Aufschlußlauge vom ungelösten Rückstand abzufiltrieren, wird die SO, aus
dem ungetrennten Gemenge von Lösung und Rückstand vollständig ausgetrieben, so daß
sich der Niederschlag von Aluminiumhydroxyd, basischem Aluminiumsulfit und Kieselsäurehydrat
mit dem Rückstand vereinigt, wogegen das Eisen in Lösung bleibt. Die Lösung wird
z. B. durch Filtration vom Ungelösten abgetrennt, worauf man aus dem Gesamtrückstand
die lösliche Tonerde und Kieselsäure durch Lösen mit wäßriger schwefliger Säure
herausholt und die so gewonnene Lösung zwecks Trennung der Kieselsäure von der Tonerde
weiterbehandelt. Hierdurch wird eine Filtration erspart.
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Bei dem beschriebenen Verfahren wirkt die Anwesenheit von Schwefelsäure
und ihren Salzen in allen Stufen schädlich, indem hierdurch die Ausbeute beeinträchtigt
wird. Es empfiehlt sich daher, bei der Ausführung dieses Verfahrens alle Maßnahmen
zu ergreifen, die geeignet sind, die Bildung von Sulfat auszuschließen. So sollen
unter anderem die Ausgangsmaterialien an Eisen in der Form von Ferrieisen möglichst
arm und die verwendeten Wässer möglichst luftfrei sein. Es empfiehlt sich ferner
auch, Katalysatoren, welche die Zersetzung und Autooxydation von Schwefeldioxyd
befördern (wie z. B. Selen, Kupfer usw.), zu vermeiden und gegebenenfalls sogar
Zusätze zur Stabilisierung der schwefligen Säure, wie sie zu diesem Zweck vielfach
vorgeschlagen worden sind (z. B. Glycerin, Phenole usw.), zu verwenden. Da Calcium
und Magnesium fast immer als Carbonate im Ton enthalten sind, daher durch wäßrige
schweflige Säure leicht und vollständig als Bisulfite gelöst und durch Austreiben
der S 02 als Sulfite gefällt werden, sich also genau wie die lösliche Tonerde verhalten,
müssen diese Begleitstoffe, falls sie im Ausgangsmaterial enthalten sind, in anderer
Weise, vorzugsweise durch eine vorgängige Reinigung nach bekannten Verfahren aus
diesem entfernt werden. Sind verhältnismäßig große Mengen von Eisen im Ausgangsmaterial
vorhanden, so ist es zweckmäßig, auch das Eisen vorweg herauszuschaffen. Sonstige
Beimengungen, wie Sand usw., sind vorteilhaft durch Schlämmung zu entfernen.
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Die Schädlichkeit von im Ausgangsmaterial enthaltenen Eisensauerstoffverbindungen
kann aber auch beim Vorglühen durch Reduktion in an sich bekannter Art aufgehoben
werden. Durch die Reduktion der Eisenoxyde wird verhindert, daß bei der Behandlung
mit wäßriger schwefliger Säure Sulfat gebildet wird.
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Ausführungsbeispiele Die optimalen Bedingungen für den Glühprozeß
werden durch Vorversuche mit steigender Glühtemperatur einerseits und mit steigender
Glühdauer andererseits ermittelt.
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r. Behandlung eines Tones, der nach dem Glühen auf x Zoo ° die folgende
Zusammensetzung zeigte: 44,6% Al2O3, 0,8% Fe2O3, 0,3% T'02, 64°/o Si02. Dieser Ton
wurde nach kurzem Erhitzen auf 500' C unter gewöhnlichem Druck einige Minuten
lang in einem Vakuum von io mm Quecksilbersäule bei 70o° geglüht. Von ioo kg dieses
Tons verblieben nach dem Glühen 88,5 kg. Der geglühte Ton wurde fein gemahlen und
mit Wasser angerührt, worauf diese Aufschlämmung in einem säurefest ausgekleideten
Autoklaven mit schwefliger Säure gesättigt und dann 1/2 Stunde auf 170' C erhitzt
wurde. Nach dem Erhitzen wurde ein Teil der schwefligen Säure aus der Flüssigkeit
durch Druckentlastung ausgetrieben und die Flüssigkeit hiernach abfiltriert. Durch
vorsichtiges Erhitzen der klaren Lösung wurde vorerst ein Anteil der Kieselsäure
abgeschieden. Aus dem Filtrat wird durch vollständige Befreiung der Lösung von
SO, ein Gemisch von Aluminiumhydroxyd, basischem Sulfit und etwas Kieselsäure
ausgefällt, das durch Befreiung von der Kieselsäure zu reiner Tonerde verarbeitet
werden kann, aber auch im ursprünglichen Zustand nach dem Calcinieren eine für manche
Zwecke hinreichend reine Tonerde darstellt. So kann z. B. beim Ausgehen von Ton
der angegebenen Zusammensetzung ein Niederschlag erhalten werden, der nach dem Calcinieren
9,17% A12031 7,8% S,02, o,o9% Fe20" o,o2% T,02 und 0,3% S enthält und einen Glühverlust
von o,o9% zeigt.
z. Behandlung eines Schamottetons von der Zusammensetzung:
36,0504 A1203, 48,95 °/o Si O2, 1,26°/o Fe2O3, 1,81°/o Alkalien, 11,92°/o Glühverlust.
Durch Glühen unter gewöhnlichem Druck bei 62o' C und einer Glühzeit von 2o Minuten
wurde ein Produkt erhalten, aus welchem durch schweflige Säure bei 12o bis 150'
C unter Druck 21,2°/o herausgelöst wurden. Der gleiche Ton ergab, bei derselben
Temperatur 1o bis 2o Minuten in einem Vakuum von 38 mm geglüht, einen in schwefliger
Säure löslichen Anteil im Betrage von 29,7°/0.
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Je ioo kg des Tones werden einmal bei gewöhnlichem Druck, das andere
Mal im Vakuum unter den so ermittelten Bedingungen geglüht und hierauf wie folgt
weiterbehandelt: Das mäßig feine Pulver wurde mit Wasser zu einem Brei vermahlen
und mit reinem Wasser auf 3 m3 verdünnt. Diese Aufschlämmung wurde mit schwefliger
Säure bis zu einem Gehalt von ungefähr 6 °/, S OZ gesättigt und hierauf in einem
säurefesten Autoklaven auf 140' C erhitzt. Während der Erhitzungsdauer von 3/4 Stunden
wurde der Inhalt des Autoklaven durch ein langsames Rührwerk in Bewegung erhalten.
Hierauf wurde durch Öffnen eines Ventils ein Großteil der schwefligen Säure in eine
Kolonne abgeblasen und rektifiziert. Die Lösung wurde bei einer Temperatur von 8o'
filtriert und der Filtrationsrückstand mit der gleichen Flüssigkeits- und S 02 Menge
versetzt und neuerlich im Autoklaven aufgeschlossen. In gleicher Weise wurde mit
dem Rückstand noch ein drittes Mal verfahren. Aus den erhaltenen Filtraten wurde
die schweflige Säure unter.Mitverwendung der fühlbaren Wärme der vom Aufschlußkessel
kommenden Lauge abgetrieben und die Tonerde auf diese Art ausgeschieden. Aus der
unter gewöhnlichem Druck geglühten Substanz wurde eine Tonerdeausbeute von 2o,70/,
erhalten, wogegen die im Vakuum geglühte Substanz eine Ausbeute von 290/, ergab.
Die calcinierte Tonerde enthielt 92,50/, A1203, 6,70/, S102 und o,80/, sonstige
Verunreinigungen.