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Verfahren zur Darstellung von 1-Ascorbinsäure Die physiologisch wichtige
i-Ascorbinsäure ist vor kurzem synthetisch aus i-Xyloson (= i-Lyxoson) durch Einwirkung
von Blausäure und nachträgliche saure Verseifung hergestellt worden. Sie hat sich
mit dem in der Natur aufgefundenen Körper als identisch und auch biologisch als
wirksames C-Vitamin erwiesen (Helvetica Chimica Acta 16 [19331, S. 1019).
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Dieses ersteVerfahren hat denVorteil eines sehr allgemeinen Anwendungsbereiches;
es hat bisher in" allen untersuchten Fällen die entsprechenden 3-Ketosäuren bzw.
ihre Anhydride ergeben. Für die spezielle Bereitung der i-Ascorbinsäure hat es dagegen
den Nachteil, daß die nötige Ausgangsverbindung, das i-Xyloson, nur sehr schwierig
zu beschaffen ist. Auf der Suche nach einer technisch besser brauchbaren Methode
wurde nun ein weiterer Weg gefunden, der seiner Natur nach zwar nicht so allgemein
auf alle möglichen Isomeren und Homologen anwendbar, sondern auf ganz bestimmte
Ausgangskörper beschränkt ist; erlaubt - aber, die wichtige i-Ascorbinsäure auf
wesentlich billigere Art herzustellen.
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Das Verfahren zur Darstellung von i-Ascorbinsäure besteht darin, daß
man a-Ketoi-gulonsäure gegebenenfalls nach vorheriger Veresterung mit alkalischen
Mitteln, d. h. solche Verbindungen, welche in wässeriger Lösung alkalisch reagieren
und dann zwecks Freimachung der i-Ascorbinsäure mit Säuren behandelt. Dabei ist
es zweckmäßig, bei Verwendung der Ketosäure in veresterter Form möglichst genau
i Mol des alkalischen Mittels in vorzugsweise wasserfreien Lösungsmitteln anzuwenden.
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Dieselbe Umlagerung der a-Keto-i-gulonsäure vollzieht sich auch bei
saurer Reaktion bei Temperaturen von etwa 6o° C an aufwärts mit rasch steigender
Geschwindigkeit. Das Erwärmen der z-Keto-i-gulonsäure kann ohne weiteren Zusatz
oder nach vorangegangener Verdünnung mit festen oder flüssigen Verdünnungsmitteln
erfolgen. Ferner können auch katalytisch wirksame Zusätze, z. B. organische oder
anorganische Säuren, Salze u. dgl., beigefügt werden.
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Da die i-Ascorbinsäure lange andauerndes Erhitzen schlecht verträgt,
empfiehlt es sich, bei der technischen Durchführung. der Umlagerung; in saurer Lösung
die Behandlung nach Umwandlung eines Teils der a-Ketoi-gulonsäure zu unterbrechen,
die entstandene Ascorbinsäure in geeigneter Weise abzutrennen,
um
sie vor Zersetzung zu schützen, und mit der zurückgewonnenen 2-Keto-i-gu Tonsäure
dasselbe Verfahren zu wiederholen.
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An Stelle von 2-Keto-i-gulonsäure können alle Verbindungen verwendet
werden, die durch Einwirkung von Säuren 2-Keto-i-gulonsäure liefern, z. B. Salze,
Ester und Methylenätherderivate der 2-Keto-i-gulonsäure.
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Ein ähnliches Verfahren ist aus der Literatur als Sonderfall bereits
bekannt. Es betrifft die Umlagerung von 2-Keto-d-gluconsäuremethylester durch alkalische
Mittel in das 3-Keto-d-gluconsäurelacton (Zeitschrift für angewandte Chemie, 46
[1g33], S.399 Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft, 66 [1933J, S. io54).
Es konnte jedoch nicht vorausgesehen werden, daß sich eine analoge Reaktion auch
bei der 2-Keto-i-gulonsäure und ihren Derivaten durchführen läßt, da bisher nur
der obengenannte Sonderfall bekannt war, aus dem nicht ohne weiteres auf das Verhalten
anderer, bisher noch unbekannter Vertreter von 2-Ketohexonsäuren geschlossen werden
konnte. Insbesondere waren noch gar keine Vertreter dieser Körperklasse bekannt
mit einem räumlichen Bau, der die Überführung in z-Ascorbinsäure überhaupt ermöglicht
hätte. Erst die Auffindung eines Verfahrens zur Herstellung der 2-Ketoi-gulonsäure
machte ein solches Ausgangsmaterial zugänglich; es war damit aber über die Möglichkeit
einer Umlagerung noch nichts bestimmt, denn es war nicht vorauszusehen, wie sich
die neue Säure gegen alkalische und saure Mittel verhalten würde, insbesondere auch
nicht, ob sie als freie Säure oder als Lacton stabil und ob sie überhaupt beständige
Ester zu bilden imstande ist.
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In den folgenden Formeln bedeutet R = Wasserstoff, Kation oder Alkyl.
Die i-Ascorbinsäure bildet farblose Kristalle, die bei etwa igo° unter Zersetzung
schmelzen. Der Schmelzpunkt ist etwas verschieden je nach der Erhitzungsart; im
evakuierten Röhrchen ist er noch einige Grad höher. [a] n = + 4g° in Methanol (c
= i'). In Wasser werden wie bei natürlichen Ascorbinsäuren leicht schwankende Werte
gefunden, was durch Zusatz einer Spur Salzsäure vermieden werden kann. Die spez.
Drehung beträgt dann + 24° (c = i). Die synthetische Verbindung stimmt in jeder
Beziehung mit natürlicher Ascorbinsäure überein, insbesondere kommt ihr die Fähigkeit
zu, Skorbut zu verhindern bzw. zu heilen.
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Es ist bereits durch das Patent 648 311 ein Verfahren zur Darstellung
von Saccharosonsäuren und ihren Salzen aus Estern oder Lactonen der Osonsäuren geschützt,
welches darin besteht, daß man auf die in' Alkohol gelösten oder suspendierten Ester
oder Lactone Alkalialkoholate zur Einwirkung bringt und gegebenenfalls aus den so
entstehenden Salzen die Säuren in Freiheit setzt. Bei der Einreichung der Erfindung
für den Schutz dieses Verfahrens waren nur zwei Osonsäuren, nämlich die 2-Keto-d-galactonsäure
(d-Galactosonsäure) und die 2-Ketogluconsäure (Glucosonsäure) bekannt. Die 2-Keto-i-gulonsäure
(i-Gulosonsäure), ihre Salze, Ester usw. sind erst später hergestellt und beschrieben
worden. Dem Begriff Osonsäure kann nur die Bedeutung zukommen, die er am Anmeldetage
nach dem Stande der Technik hatte. Er kann sich somit nicht auf die 2-Keto-i-gulonsäure
erstrecken.
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Beispiel i 5o Teile 2-Keto-i-gulonsäureinethylester werden in 2ooo
Teilen wasserfreiem Methanol heiß gelöst, und nach Vertreibung der Luft durch Stickstoff
oder ein anderes indifferentes Gas wird die heiße -Lösung von 5,7 Teilen Natrium
in etwa Zoo Teilen Methanol unter lebhaftem Schütteln oder Rühren zugegeben. Es
entsteht dabei eine weiße, höchstens schwach gelbe Fällung. Die Umsetzung ist in
wenigen Minuten vollständig. Nun wird ein Überschuß an reinster, eisenfreier Salzsäure
zugegeben (etwa 3o Teile 37°/oige Salzsäure enthaltend). Die Lösung soll jetzt Kongo
kräftig bläuen und eine Probe, mit Wasser verdünnt und etwas Stärkelösung versetzt,
bei der Titration mit Jodlösung einen Wert ergeben, der auf die ganze Menge umgerechnet
etwa 4o Teilen Ascorbinsäure entspricht (i ccm nlio-Jodlösung --- 8,8 ing Ascorbinsäure).
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Das Methanol wird bei schwachem Vakuum abdestilliert, die hinterbleibende
Lösung im Vakuum zur Trockne gebracht. Zur Trennung von Kochsalz wird der Rückstand
mit absolutem Alkohol ausgezogen und die von Natriumchlorid abfiltrierte Lösung
im Vakuum zum Sirup eingedampft, der sehr bald spontan, sonst nach Durchkratzen
kristallisiert. Nach längerem Stehen wird mit Aceton verrieben, --abgesaugt und
mit Aceton nachgewaschen. Aus den Mutterlaugen werden
noch erhebliche
Mengen durch Eindampfen zum Sirup usf. wie oben gewonnen. Ausbeute insgesamt etwa
35 Teile Rohprodukt von neinweißer Farbe. Es ist meist noch wenig kochsalzhaltig
und zeigt einen etwas zu tiefen Schmelzpunkt. Zur Reinigung wird es aus wenig Wasser,
Alkohol oder Methanol umkristallisiert, indem man die Lösungen einengt und die langsam.
abgeschiedenen Kristalle schließlich mit Aceton wäscht. Beispiel 2 3o Teile Diaceton-2-keto-i-gulonsäurehydrat
werden mit i59 Teilen wässeriger o,#znormaler Salzsäure 3 Stunden auf ioo° erhitzt,
wobei in der ersten halben Stunde Aceton entweicht. Die schwach gelbe Lösung wird
im Vakuum zum Sirup eingedampft und, falls keine Kristallisation eintritt, mit einer
Spur reiner 2-Keto-i-gulonsäure geimpft. Nach kurzem Stehen wird mit Aceton durchgefeuchtet,
abgesaugt, mit wenig Alkohol und dann mit Aceton gewaschen. Man erhält 1.4 Teile
2-Keto-i-gulonsäure, die gegen saure Jodlösung inaktiv sein soll, sonst muß sie
nochmals umkristallisiert werden.
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Die Mutterlaugen werden im Vakuum zum Sirup eingedampft, mit wenig
Ascorbinsäure geimpft, der entstehende Kristallbrei mit Aceton befeuchtet und abgesaugt.
Die Ausbeute beträgt 3 Teile Ascorbinsäure.
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Die verbleibenden Mutterlaugen geben bei weiterer Aufarbeitung noch
geringe Mengen von i-Ascorbinsäure und 2-Keto-i-gulonsäure.
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Dieerhaltenen 1q.Teile 2-Keto-i-gulonsäure werden erneut mit der fünffachen
Menge o,2-normaler Salzsäure während 3 Stunden auf ioo° erhitzt. Wenn man, wie'
oben beschrieben, aufarbeitet, so erhält man 2,1 Teile i -Ascorbinsäure und 9,5
Teile 2-Keto-1-gulonsäure.
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Unter Berücksichtigung der jeweiligen zurückgewonnenen 2-Keto-i-gulonsäure
beträgt die Ausbeute an i-Ascorbinsäure bei der Umlagerung auf diese Weise etwa
6o % der Theorie.
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Beispiel 3 Zoo Teile 2-Keto-i-gulonsäuremethylester werden in 2oooTeilen
Wasser gelöst, mit ungefähr Zoo Teilen reinem Calciumcarbonat versetzt und im schwachen
Kohlendioxydstrom 2 Stunden auf 8o° erhitzt. Das ungelöste Calciumcarbonat wird
durch Filtration in Kohlendioxydatmosphäre entfernt und aus der Lösung das Calcium
durch genaue Fällung mit wässeriger Oxalsäure niedergeschlagen, wozu ungefähr ioo
Teile kristallisierte Oxalsäure nötig sind, die in etwa ioo Teilen Wasser gelöst
werden. Die durch Filtration vom Calciumoxalat befreite Lösung wird im Vakuum zur
Trockne gebracht, wobei die rohe i-Ascorbinsäure kristallisiert zurückbleibt. Sie
wird in siedendem wasserfreiem Alkohol aufgenommen, von Verunreinigungen abfiltriert
und scheidet sich nach Einengen der klaren Lösung beim Erkalten rein aus. Die Mutterlauge
der ersten Kristallisation gibt noch einen geringeren zweiten und gegebenenfalls
einen dritten Teil. Die Ausbeute beträgt insgesamt 125 bis 13, Teile, das
sind etwa 75 bis 8o °1o der Theorie. Beispiel q. . ioo Teile 2-Keto-i-gulonsäuremethylester
werden in iooo Teilen wasserfreiem Alkohol gelöst, mit 5o Teilen trockenem Triäthylaniin
versetzt und unter Luft- und Kohlendioxydausschluß 30 Minuten auf 8o° erhitzt.
Nach dem Abkühlen werden 3o Teile Eisessig zugegeben und hierauf lauwarm gesättigte
alkoholische Bleiacetatlösung, bis keine weitere Fällung mehr erfolgt. Die gelblichweiße
Fällung wird auszentrifugiert, mit Alkohol gewaschen, in Wasser,' welches zuvor
mit Kohlendioxyd gesättigt wurde, verteilt und durch Einleiten von Schwefelwasserstoff
zerlegt, bis alle hellen Teilchen verschwunden sind. -:Nach Filtration des Bleisulfids
wird die erhaltene farblose Lösung im Vakuum zur Trockne gebracht, wobei sehr reine
Ascorbinsäure zurückbleibt. Diese wird noch einmal aus Alkohol umkristallisiert.
Bei Mitverwendung der hier zunächst anfallenden alkoholischen Mutterlaugen werden
65 Teile reiner i-Ascorbinsäure erhalten, also etwa 77 % der Theorie. Beispiel
5 ioo Teile 2-Keto-i-gulonsäure werden in 5oo Teilen wasserfreiem Alkohol gelöst,
mit 7 5 Teilen Orthoameisensäureäthylester versetzt und hierauf i Teil trockenes
Salzsäuregas eingeleitet. -Die Mischung wird zunächst bei Zimmertemperatur einige
Stunden stehengelassen, dann 3 Stunden auf 6o° erwärmt und hierauf im Vakuum vollständig
zum Sirup eingedampft, der durch längeres Trocknen im Vakuum von Salzsäure befreit
wird. Hierauf wird er in iooo Teilen mit Stickstoff ausgekochtem Wasser gelöst und
nach Zusatz von 15o Teilen Pyridin in einer Stickstoffatmosphäre 2 Stunden auf 8o°
erhitzt. Es wird im Vakuum zur Trockne gebracht. Falls der hinterbleibende Sirup
wegen zu hohem Pyridingehalt noch nicht kristallisiert, wird nochmals Wasser zugegeben,
dieses wieder im Vakuum abdestilliert und diese Behandlung nochmals wiederholt.
Es tritt dann bald Kristallisation ein, besonders beim Impfen mit Ascorbinsäure;
diese wird nach Verdünnung mit wenig wasserfreiem Alkohol abfiltriert
und
mit der Mutterlauge weiter analog verfahren. Es werden in der Regel ungefähr 2o
Teile i-Ascorbinsäure gleich rein erhalten. Auch die Reinigung über das Bleisalz
wie in Beispiel 4. kann gut angewendet werden, sie gibt dann unmittelbar Ausbeuten
von etwa So Teilen. Es können auch die bei der unmittelbaren Kristallisation verbleibenden
Mutterlaugen mit Hilfe des Bleisalzes weiterverwertet werden. Beispiel 6 roo Teile
2-Keto-i-gulonsäure werden in Soo Teilen Wasser in Kohlendioxydatmosphäre 2 Stunden
lang auf ioo° erhitzt. Die Lösung wird im Vakuum zum Sirup eingedampft und dieser
mit etwas 2-Keto-i-gulonsäure geimpft, wobei er rasch kristallisiert. Die Kristalle
werden abgenutscht und mit etwas Aceton gewaschen. Die Mutterlauge wird im Vakuum
zum Sirup eingedampft, dieser mit etwas Ascorbinsäure geimpft, kristallisieren gelassen,
die Kristalle abgesaugt und mit etwas Aceton gewaschen. Diese Arbeitsweise wird
mit der verbleibenden Mutterlauge nochmals wiederholt. Aus den letzten Mutterlaugen
kann, wie in Beispie1:I beschrieben, noch wenig Ascorbinsäure über das Bleisalz
gewönnen werden. Insgesamt werden unmittelbar durchschnittlich 82,5 Teile reine
2-Keto-i-gulonsäure zurückerhalten sowie etwa 8 Teile reine Ascorbinsäure. Die erstere
dient für einen neuen Ansatz; bei Berücksichtigung der zurückgewonnenen Menge Ausgangsstoff
beträgt die Ausbeute an reiner Ascorbinsäure etwa So °/o der Theorie.