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Verfahren und Vorrichtung zum Entleimen von Ramie- oder ähnlichen
Gespinstfasern Es sind Verfahren zum Entleimen von Pflanzenfasern bekannt, die jedoch
kein befriedigendes Ergebnis zeitigen, da ätzende Flüssigkeiten verwendet werden,
die wohl die Leimschicht an der Oberfläche angreifen und einzelne Fasern loslösen,
jedoch nicht in das Innere des Faserbündels eindringen, es sei denn, daß man die
Ätzwirkung erheblich verlängert, wodurch aber die Faser stark leidet.
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Es ist auch bereits versucht worden, zwecks Gewinnung von Fasern grasähnlicher
Pflanzen durch Einweichen in einer basischen Lösung unter Anwendung einer Säure
gummiartige Pflanzenstoffe herauszulösen und dabei durch mechanisches Mischen alle
Faserbündel mit der Lösung in innige Berührung zu bringen. Auch dadurch sind die
bereits erwähnten Mängel nicht behoben m=orden.
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Endlich ist es auch bekannt, die den Stengel einer Pflanze umgebende
Haut durch fließendes Wasser und einseitiges Bewegen der Stengel abzulösen, ein
Verfahren, das jedoch für das einwandfreie Entleimen von Ramiefasern nicht genügt.
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Untersucht man nämlich nach bekannten Verfahren entleimte Ramiefasern
unter dem Mikroskop, so findet man stets, daß der größte Teil der Fasern noch immer
fest miteinander verbunden ist und nur verhältnismäßig wenig Fasern vom Bündel losgelöst
sind, die zum Teil immer noch Reste der Leimhülle aufweisen.
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Alle diese Mängel sollen nach dem Verfahren gemäß der Erfindung dadurch
behoben werden, daß die Fasern nach kurzem, etwa 25 Minuten langem Einweichen in
einer heißen, zum Sieden gebrachten Lösung von weichem Wasser und zweckmäßig neutraler
Seife in dieser heißen Lösung einer geeigneten Schüttelbewegung unterworfen werden
bzw. daß die Fasern nach dem Herausnehmen aus der siedenden Behandlungsflüssigkeit
erst in kaltem Wasser geschüttelt werden.
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In der Zeichnung ist eine Vorrichtung zur Ausübung des Verfahrens
gemäß der Erfindung in einer Ausführungsform beispielsweise dargestellt, und zwar
zeigen: Abb. i ein Schaubild der Schüttelvorrichtung mit dem Behälter, Abb. 2 einen
Längsschnitt der zusätzlichen Rahmen, die in den Behälter eingeführt werden können,
und Abb. 3 das Schema eines in einem Bottich eingeführten Behälters.
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Gemäß dem Verfahren kann das Entleimen bzw. Entharzen der Fasern auf
verschiedene Weise vor sich gehen, es ist aber stets ratsam, die Faser vorher einige
Stunden in Wasser bei gewöhnlicher Temperatur einzuweichen, wodurch ein verhältnismäßig
großer Teil der Farbstoffe entfernt und das spätere Bleichen der Faser erleichtert
wird.
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Beispielsweise kann die Faser in Wasser von gewöhnlicher oder auch
schon leicht erhöhter Temperatur eingebracht werden, dem etwa ein Gewichtsprozent
neutraler Seife, z. B. eine zur Schafwollwäsche allgemein verwendete Oleinkaliseife,
zugesetzt ist. Die Temperatur dieser Lösung wird nach und nach auf 75° bis 85° gebracht,
in dieser Höhe etwa 1/2 Stunde lang gehalten, worauf die Lösung etwa 3 bis 4 Minuten
gekocht wird.
Danach werden die Fasern aus dem heißen Bad genommen,
in kaltes, möglichst fließendes Wasser getaucht und einer Schüttelbewegung ausgesetzt,
wobei die Faserbündel eifit'; filziges Aussehen annehmen und alle Faset'F: sich
voneinander lösen. In kaum i Minäoist die Arbeit vollendet und die Faser naci>,
gehörigem Ausschweifen, stets unter Schütteln und möglichst in fließendem Wasser,
um auch die letzten zwischen den Faskern v erfangenen Rindenreste zu entfernen,
für das Bleichbad fertig. Durch Zusatz von Chlorkalle zu diesem Bade sollen an den
Fasern gegebenenfalls hängengebliebene Seifenreste ausgeflockt werden, die durch
nochmaliges Waschen entfernt werden können.
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Bei einer anderen Arbeitsweise kann man anfangs, wie oben angegeben,
vorgehen. Nachdem jedoch das Faserbad etwa 1f2 Stunde bei 75° bis g5° gehalten wurde,
beginnt man mit dem Schütteln der Faser im gleichen Bade, wodurch das Gut ein pelziges
Aussehen bekommt und die einzelnen Fasern sich voneinander lösen. Man nimmt sie
hierauf aus dem Seifenbad heraus, spült unter Schütteln in warmem, reinem Wasser
aus und bringt sie hierauf in ein drittes Bad von reinem, warmem Wasser, das unter
fortgesetztem Schütteln bis zum Kochen gebracht wird.
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Hierauf wird in kaltem, möglichst fließendem Wasser nachgespült und
wie oben gebleicht.
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Von den beiden beschriebenen Arbeitsweisen ist die erstere einfacher
und gibt bei besseren Faserqualitäten bessere Ergebnisse.
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Zur Übertragung der Schüttelbewegung auf die gesamte Fasermasse dient
z. B. die nachstehend beschriebene Schüttelvorrichtung, in der jedoch die Faserbündel
derart angeordnet und geschichtet werden müssen, daß eine kräftige und in geeigneter
Richtung erfolgende Schüttelwirkung auf die Fasern ausgeübt werden kann.
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Nach Abb. z besteht die Schüttelvorrichtung im wesentlichen aus einer
runden der zu behandelnden Fasermenge entsprechenden Aufnahmevorrichtung (Korb)
für das Gut, die oben offen und unten mit einem Boden A versehen ist.
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Der obere Ring B der Aufnahmevorrichtung ist mit dem Boden A durch
vier in gleichen Abständen angebrachte Stangen C, C', C", CI" fest verbunden, die
nach unten verlängert sind und als Füße für die Aufnahme dienen, die mit Gummi überzogen
sind. Die Stangen sind untereinander durch kreuzweise verlaufende Streben I versteift.
Das Ganze muß äußerst widerstandsfähig sein und aus einem Werkstoff bestehen, der
die besten Widerstandseigenschaften gegen Schwingungsbeanspruchung aufweist. # Gegen
die Korrosionswirkung des Bleichbades muß die Aufnahme entsprechend geschützt werden.
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Seitlich von zwei einander gegenüber-.s:iehenden Stangen Cund C"'
sind außerhalb d*es:;Korbes Vorrichtungen zur Erzeugung der ttelbewegung angebracht.
Sie bestehen @äüs einem Trägerblock E, E', der fest mit dem Behälter verbunden ist.
In diesem Block ist je eine senkrechte Achse F und F' befestigt, auf der sich in
waagerechter Ebene eine Metallscheibe G und G' frei dreht. Die Ausmaße und das Gewicht
dieser Scheiben werden dem Umfange und dem Gewicht des Behälters entsprechend angepaßt,
um die gewünschte Schüttelbewegung zu erreichen. ' Diese Schüttelbewegung entsteht
durch die exzentrische Anordnung der Scheibe G, G' auf ihrer Achse F, F'; denn je
größer die Exzentrizität ist, desto größer ist die Schüttelbewegung der Scheiben.
Daher sind geeignete Mittel für die Verlagerung der Drehachse der Scheibe vorzusehen,
um das Ausmaß der Schüttelbewegung regeln zu können. Die Drehung der Scheibe erfolgt
mittels Riemenübertragung auf die auf der Scheibebefestigte Riemenscheibe
H und H' oder durch irgendein anderes mechanisches Mittel. Einer schnelleren
oder langsameren Drehung entspricht ein mehr oder weniger kräftiges Schwingen.
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Die gleichmäßige Übertragung der Schüttelbewegung auf die gesamte
Fasermasse in allen ihren Teilen kann auf folgende Weise erreicht werden.
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Der Boden A des Korbes besteht aus einem starken Metallnetz mit sehr
nachgiebigen Maschen. Nach oben hin sind etwa io cm lange StahlnadeIn K mit abgerundeten
Spitzen fest mit dem Metallnetz verbunden. Diese Nadeln, die etwa die Dicke gewöhnlicher
Stricknadeln haben und reihenweise versetzt zueinander angeordnet sind, stehen in
Abständen von je i cm in so vielen Reihen, daß die ganze Oberfläche der Plattform
davon bedeckt wird. Der Abstand der Reihen untereinander beträgt ebenfalls etwa
i cm.
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Zur Beschickung des Behälters werden die zweckmäßig feuchten Fasersträhnen
auf den Boden A gleichmäßig und ohne sie zu drücken bis zur Höhe der Nadelspitzen,
zwischen denen sie festgehalten werden, aufgeschichtet, und zwar so, daß sie quer
zur Schüttelrichtung, also senkrecht zur Achse der Exzenterscheiben zu liegen kommen.
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Nachdem die erste Schicht eingebracht worden ist, wird die zweite
Schicht mit Hilfe eines runden Rahmens L eingelegt. Dieser besteht wie der Boden
A aus einem Metallnetz, auf dem in gleicher Weise jedoch nach oben und unten Nadelreihen
N, N' angebracht sind. Der Rahmen, dessen Durchmesser dem
des
Behälters angepaßt ist, ist mit vier Füßen M und M' versehen, durch die er im richtigen
Abstand von dem darunterliegenden Netz gehalten wird.
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Die Nadeln N' der unteren Seite dringen natürlich in die darunterliegende
Faserschicht ein und verdoppeln so die Anzahl der Überträger der Schüttelbewegung,
deren Wirkung außerdem noch durch die Elastizität des Metallnetzes verstärkt wird.
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Weitere Rahmen können dann mit Fasersträhnen beschickt und in die
Aufnahmevorrichtung eingeführt werden, bis sie gefüllt ist.
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Dann wird die Aufnahmevorrichtung mit geeigneten Vorrichtungen gehoben,
in den die Seifenlösung enthaltenden Bottich O (Abb. 3) gesetzt und in der beschriebenen
Weise verfahren.
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Die Aufnahmevorrichtung kann auch in eckiger Form ausgeführt werden,
wenn diese den gegebenen Verhältnissen besser entspricht.
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Es ist klar, daß sich die Faserstränge, die während des ganzen Verlaufes
der Behandlung zwischen den Schüttelnadeln festgeklemmt sind, nicht verwirren können
und nach Beendigung des Verfahrens als glatte Faserstränge herausgenommen werden
können.
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Das Verfahren kann auch für ramieähnliche Gespinstfasern Anwendung
finden. Durch die zur richtigen Zeit während der Behandlung eingeleitete Schüttelbewegung
reinigen sich die Fasern selbst und lösen sich voneinander.