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Verfahren zur Gewinnung von Äthylendiamin aus seinen Salzen Aus den
Salzen des Äthylendiamins, z. B. dem Hydrochlorid oder -bromid, hat man die freie
Base seither durch Umsetzung mit Alkalihydroxyd erhalten. Hierzu sind von letzterem
verhältnismäßig große Mengen nötig, und die Ausbeuten werden dadurch beeinträchtigt,
daß das entstehende Alkalichlorid bzw. -bromid einen Teil des Äthylendiamins hartnäckig
zurückhält.
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Es wurde nun gefunden, daß man das Äthylendiamin ohne Verwendung von
Alkali leicht und in praktisch theoretischer Ausbeute erhalten kann, wenn man seine
Salze in Gegenwart von flüssigem Ammoniak mit Kohlendioxyd oder Kohlendioxyd abgebenden
Stoffen behandelt, das abgeschiedene, in dem flüssigen Ammoniak schwer lösliche
Carbamat des Äthylendiamins abtrennt und aus ihm das Diamin in Freiheit setzt..
Selbst bei Verwendung von mehr Kohlendioxyd, als zur Bildung des Äthylendiamincarbamates
erforderlich ist, fällt praktisch nur dieses und kaum Ammoniumcarbamat aus. Das
Äthylendiamincarbamat läßt sich in einfacher Weise, beispielsweise durch Erhitzen
mit Wasser, in die flüchtigen Bestandteile Kohlendioxyd und Ammoniak einerseits
und Äthylendiamin-(hydrat) andererseits zerlegen. Als Kohlendioxyd abgebende Stoffe
können z. B. die Kohlensäureverbindungen des Ammoniaks (Carbamat, Carbonat, Bicarbonat
u. dgl.) oder andere Carbonate verwendet werden.
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Man kann das Verfahren unmittelbar anschließend an die Herstellung
des Äthylendiamins ausführen; jedoch können auch in beliebiger anderer Weise erhaltene
Lösungen von Äthylendiamin in flüssigem Ammoniak, in denen hoch Salze, z. B. Ammoniumchlorid,
Ammoniumnitrat u. dgl., enthalten sein können, als Ausgangsstoffe für das Verfahren
verwendet werden.
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Beispielsweise setzt man in einem Rührautoklaven zunächst Äthylenchlorid
bzw. -bromid mit einem Überschuß von Ammoniak um und preßt dann flüssige oder gasförmige
Kohlensäure ein. Man läßt dann unter Rühren auf gewöhnliche Temperatur abkühlen
und filtriert die Lösung des Ammoniumsalzes in flüssigem Ammoniak vom auskristallisierten
Äthylendiamincarbamat unter Druck ab. Das Carbamat ist nach einmaligem Waschen mit
flüssigem Ammoniak praktisch halogenfirei.
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Man kann auch so verfahren, daß man zunächst Äthylenchlorid oder -bromid
mit Ammoniak zur Umsetzung bringt und die Reaktionslösung in einen Rührautoklaven
einfließen läßt, in dem sich festes Ammoniumcarbamat befindet. Nachdem einige Zeit
bei gewöhnlicher Temperatur gerührt worden ist,
arbeitet man in
der oben angegebenen Weise auf. An Stelle von Ammoniumcarbamat können auch Ammoniumcarbonat
oder -bicarbonat verwendet werden, Das Filtrat vom abgeschiedenen Äthyleri,` , diamincarbamat
hinterläßt nach dem AU?-destillieren des Ammoniaks als Rückstatdel: ; etwas Ammoniumcarbamat
und das gesamte vorhandene Chlor bzw. Brom in Form von Anmoniumchlorid bzw. -bromid.
Ammoniak und Ammoniumcarbamat können dem Verfahren wieder zugeführt werden.
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Im allgemeinen ist es vorteilhaft, bei der Umsetzung einen gewissen
Überschuß von Kohlendioxyd zu verwenden.
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Das Verfahren ist nicht nur auf Halogenwasserstoffsalze des Äthylendiamins
anwendbar; es kann z. B. auch das Nitrat angewandt werden. Auch ist die Umsetzung
nicht nur in wasserfreiem flüssigem Ammoniak ausführbar, sondern es können z. B.
auch Mischungen von Ammoniak mit Methanol oder anderen Zusätzen oder Ammoniak mit
geringen Mengen Wasser verwendet werden, dessen Menge jedoch durch die zunehmende
Löslichkeit des Äthylendiamincarbamats begrenzt wird.
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Die Zerlegung des Äthylendiamincarbamats kann man z. B. durch Erhitzen
mit Calciumoxyd oder Calciumhydroxyd vornehmen. Besonders vorteilhaft ist es jedoch,
die Zerlegung, wie oben bereits erwähnt, durch Behandlung mit Wasser bei höherer
Temperatur, insbesondere bei Temperaturen über ioo°, durchzuführen. Es tritt dabei
vollkommene Spaltung ein, und es entstehen einerseits Ammoniak und Kohlensäure,
die als solche bzw. als Ammoniumcarb-amat oder -carbonat flüchtig sind und sich
wieder verwenden lassen, andererseits hinterbleibt eine wäßrige Lösung von Äthylendiamin,
aus der das Wasser leicht durch Verdampfen entfernt werden kann.
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Beispiel i In einem Rührautoklaven wird i Gewichtsteil Äthylendiaminhydrochlorid
in 14 Gewichtsteilen flüssigen Ammoniaks: gelöst, und es werden unter Rühren 3,5
Gewichtsteile Kohlendioxyd eingepreßt. Man rührt, bis die eingetretene Erwärmung
vorüber ist und der Autoklav wieder Zimmertemperatur angenommen hat, was zweckmäßig
durch Kühlung beschleunigt wird. Dann filtriert man das ausgeschiedene Äthylendiamincarbamat
unter Druck ab und wäscht mit 3 Teilen flüssigem Ammoniak nach.
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Aus dem Filtrat werden durch Verdampfen das Ammoniak und das Ammoniumcarbamat
entfernt. Als Rückstand hinterbleibt reines Ammoniumchlorid. Das abfiltrierte Äthylendiamincarbamat
wird mit 6 Gewichtsteilen Wasser mehrere Stunden unter Ersatz des verdampfenden
,ILVassers gekocht, bis alles Ammoniak und öhlendioxyd verflüchtigt ist. Aus der
vereibenden Diaminlösung wird durch Ab-@mpfen des Wassers das Äthylendiaminhydrat
in der berechneten Ausbeute erhalten. Beispiel 2 i Teil Äthylendiamincarbamat, erhalten
durch Einleiten von Kohlensäure in eine Lösung von Äthylendiaminhydrochlorid in
flüssigem Ammoniak und Abfiltrieren, wird in 6 Teilen Wasser gelöst und das Ammoniak
und etwa die Hälfte der Kohlensäure durch Erhitzen unter gewöhnlichem Druck auf
ioo° entfernt. Man erhöht dann die Temperatur auf 15o°, wobei ein Druck von etwa
9 at erreicht wird; bei diesem Druck destilliert man dann die restliche Kohlensäure
mit dem Wasser innerhalb i Stunde ab, und es hinterbleibt Äthylendiaminhydrat.
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Beispiel 3 In einem Rührautoklaven wird i Gewichtsteil Äthylendiaminhydrochlorid
in 7 Gewichtsteilen einer Mischung gelöst, die aus Methano.1 und- Ammoniak im Gewichtsverhältnis
:2 :3 . besteht. Dann werden unter Rühren 1,7 Gewichtsteile Kohlensäure eingepreßt.
Man rührt, bis der Autoklav Zimmertemperatur angenommen hat, filtriert von dem ausgeschiedenen
Äthylendiamincarbamat ab und wäscht mit 3 Gewichtsteilen- einer Methanol-Ammoniak-Mischung
von der gleichen Zusammensetzung nach.
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Das Filtrat hinterläßt nach dem Verdampfen des Ammoniaks Methanol,
Ammoniumcarbamat und reines Ammoniumcblorid.
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Zur weiteren Verarbeitung des Äthylendiamincarbamats auf die freie
Base verfährt man, wie in Beispiel i angegeben.