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Herstellung von Sulfamidsäure, substituierten Sulfamidsäuren und deren
Verseifungsprodukten Amidderivate der Sulfosäuren sind leicht aus den Chloriden
der Sulfosäuren herzustellen, und die Sulfamidabkömmlinge werden daher zur Reindarstellung
und Charakterisierung von Sulfosäuren sowohl als von Aminen häufig gebraucht. Ein
Nachteil dieser Arbeitsweise ist, daß die Sulfamidderivate meistens schwierig spaltbar
sind; es ist hierzu meist längere Einwirkung von starken Säuren oder Alkalien bei
höherer Temperatur nötig, wobei verwickelte zusammengesetzte Körper öfters unerwünschte
weitere Veränderungen erleiden. Emil Fischer (Berl. Ber. 4.8 [i915], S. 36ä) hat
daher vorgeschlagen, die Amidderivate der Sulfosäuren mittels jodwasserstoffsäure
zu spalten, wobei die Sulfosäuren zu Mercaptanen reduziert werden. Aber abgesehen
davon, daß die jodwasserstoffsäure kostspielig ist, gehen bei dieser Arbeitsweise
die Sulfosäuren als solche verloren; das Verfahren ist daher für technische Zwecke
nicht verwendbar.
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Es wurde nun gefunden, daß Amidderivate der Sulfosäuren schon bei
niedriger Temperatur mit überraschender Leichtigkeit durch Chlorsulfonsäure in der
Weise gespalten werden, daß einerseits dieSulfosäuren quantitativ als Sulfosäurechloride
wiedergewonnen werden, die Aminreste aber in Sulfamidsäuren übergehen, die bekanntlich
leicht in Amine und Schwefelsäure zerlegbar sind.
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Da sich der Amidwasserstoff von Sulfamiden einfacher substituieren
läßt als der Wasserstoff des Ammoniaks und die am Stickstoff substituierten Sulfamide
mittels Chlorsulfonsäure in am Stickstoff substituierteSulfamidsäuren übergeführt
werden, aus denen durch unter Umständen sehr leicht vor sich gehendeAbspaltung von
SchwefelsäureAminoverbindungen erhalten werden, läßt sich das erfindungsgemäße Verfahren
zur Durchführung von Synthesen auf verschiedenen Gebieten der chemischen, und chemisch-pharmazeutischen
Technik vorteilhaft verwenden. Von besonderem Vorteil ist hierbei, daß, wie oben
bemerkt, die Sulfosäuren stets als Sulfochloride zurückgewonnen werden, die Sulfochloride
aber leicht wieder zu den gewünschten Sulfamidderivaten regenerierbar sind, z. B.
Benzolsulfochlorid in Benzolsulfamid und dieses mit Chloressigsäure in Benzolsulfamidoessigsäure.
Die einzelnen Verfahren stellen daher Kreisprozesse dar, bei denen nur wohlfeile
Substanzen, wie insbesondere Chlorsulfonsäure, verbraucht werden. Ausführungsbeispiele
I. 95 Gewichtsteile Methansulfosäureamid C H.3 # SO2 . N H2 werden
in 15o Gewichtsteile Chlorsulfonsäure eingetragen. Das Amid löst sich unter Erwärmung
in der Säure auf. Zur Vollendung der Reaktion wird die Mischung einige Zeit auf
6o bis 70° erwärmt,
wobei sich aus der klaren Lösung die in überschüssiger
.Chlorsulfonsäure schwer lösliche Sulfamidsäure ausscheidet. Diese wird nach dem
Erkalten abgesaugt und` mit Chloroform u. dgl. ausgewaschen, Ausbeute 97 Gewichts-:
teile Sulfamidsäure. Die abgesaugte @lüssg` keit wird zur Entfernung der darin noch
ge=,' lösten Chlorsulfonsäure mit Eis geschüttelt; die von der wäßrigen Schicht
abgetrennte und getrocknete Chloroformlösung enthält Methansulfosäurechlorid, das
durch Einleiten der erforderlichen Menge Ammoniak wieder in Methansülfosäureamid
verwandelt wird. Die Umsetzungen entsprechen den Gleichungen CH,SOZ-NH2-@C1S03H=_CH,S02C1
+NH,-SO.jH C H3 S 02C1 -[- 2 N H3 - C H3 S 02 - N H.= + N H Cl. Noch leichter und
ebenfalls quantitativ werden aromatische Sulfamide, wie Benzolsulfamid Ca H5 S 02
N H2, Toluol - p - sulfamid C H3 C,; H4 S 02 - \? H,, m-Nitrobenzolsulfamid N O,
C8 H4 S O= ,; H,, Toluöl-o, p-disulfamid C Fi3 C8 H3 (S (5, \ H,),, beim Eintragen
in Chlorsulfonsäure in der Weise gespalten, daß sich Sulfarnidsäure kristallinisch
abscheidet und die entsprechenden Sulfochloride in Lösung bleiben; bei Toluoldisulfamid
entspricht der Kreisprozeß folgenden Gleichungen: CH.C,;H3-(SO.,NH.=)., -f- 2 C1S03H-_-_
CH"C,3H3(SO.,Cl), + 2 NH.,SO"H CHaCBH; (S0.=Cl), -f- 4 NH3 == CH,C,H3(SO.,NH.,),
+ 2 NH,@Cl. 2. i Gewichtsteil Toluol-p-sulfonmethylamid CH,C,H,S-0,-NHCHg wird in
i bis i,5 Gewichtsteile Chlorsulfonsäure eingetragen und die entstandene Lösung
einige Zeit auf etwa 4o° erwärmt. Die gebildete Methylsulfamidsäure C H3 N H S O3
H scheidet sich hier nicht aus. Man kann hier so verfahren, daß das Reaktionsgemisch
in Eiswasser eingetragen wird, wobei sich Toluolsulfochlorid kristallinisch ausscheidet,
und aus dem Filtrat wird dann in bekannter Weise Methylsulfamidsäure C H,3 N H -
S 03 H isoliert. Noch bequemer kann man so verfahren, daß nach erfolgter Spaltung
des Toluolsulfonmethylamids die entstandene Methylsulfamidsäure aus der Lösung mit
Chloroform, Tetrachlorkohlenstoff u. dgl. ausgefällt und abgesaugt wird; die Chloroformlösung
wird dann durch Waschen mit Eiswasser von überschüssiger Chlorsulfonsäure befreit
und hinterläßt reines Toluolsulfochlorid in der berechneten Menge.
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In analoger Weise können höhermolekulare Monoalkylsulfamidsäuren hergestellt
werden: z. B. 4oo Gewichtsteile Toluol-p-cetylsulfamid C18 H32 N H - S 02 C_, H7
, Schmelzpunkt 87 bis 88°, werden mit 400 Gewichtsteilen Chlorsulfonsäure bei Chloroformverdünnung
einige Zeit erwärmt, wobei allmählich 22o Gewichtsteile Cetylsulfamidsäure C18 H33
N H - S 03 H in farblosen Kristallen ausgeschieden werden. Die abgesaugte
Mutterlauge gibt bei gleicher Behandlung wie oben igo Gewichtsteile Toluölsulfochlorid,
das leicht wieder in das Ausgangsmaterial zurückverwandelt werden kann. Die Cetylsulfami@ds'iiure
hat ebensowenig wie die Sulfamidsäure selber einen scharfen Schmelzpunkt, sondern
zersetzt sich bei i8o bis igo° unter Gasentwicklung. Die Säure und ihre Salze sind
in Wasser weit weniger löslich als die Sulfamidsäure und deren niedrigermolekularen
Abkömmlinge: die wäßrigen Lösungen schäumen und haben emulgierende Eigenschaften.
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Sekundäre Sulfamide mit aromatischen Substituenten am N-Atom werden
im allgemeinen nur dann glatt im Sinne des vorliegenden Verfahrens gespalten, wenn
der aromatischeKern in geeigneter Weise substituiert ist: z. B. 382 Gewichtsteile
Toluol-p-su1-fonpikrylainid (N O,)3 C, H2 N H - S O, C, H; , farblose, sehr bitter
schmeckende Tafeln, Schmelzpunkt 171', werden in 4oo Gewichtsteile Chlorsulfonsäure
eingetragen und einige Zeit auf So bis 70° erwärmt. Durch Zusatz von Chloroform
wird Pikrylsulfamidsäure ausgeschieden, die schon bei Behandeln mit Alkoholäther
alkoholytisch in Pikramid verwandelt wird; Ausbeute an Pikramid 2io Gewichtsteile.
Aus 'der Chloroformlösung werden in gleicher Weise wie oben igo Gewichtsteile Toluolsulfochlorid
gewonnen, die alsbald wieder in. das Ausgangsmaterial zurückverwandelt werden können.
Die Umsetzungen vollziehen sich nach den Gleichungen (NO.,)3Cr;H,NH-SO.IC7H7+CIS03H
-(NO,)3CBH.=NH-S03H+CIH7SOIC1 (NO.,)3CBH.=NH: SÖ3H +C,H;,OH---(NO,)3CBH"NH.= +C.=HzOS03H.
3. i Gewichtsteil Toluol-p-sulfonaminoessigester C, H7 S 0, N H C H2 C 0 0 C2 H5
wird .in i bis 1,5 Gewichtsteile Chlorsulfonsäure eingetragen, kurze Zeit erwärmt,
nach einiger Zeit die Mischung mit Eiswasser zersetzt, das quantitativ ausfallende
Toluolsulfochlorid abgesaugt, die wäßrige Flüssigkeit eingedampft, bis sie keine
Salzsäure mehr enthält, die
Schwefelsäure mit Calcium- oder Bariumhydroxyd
ausgefällt: das Filtrat hinterläßt beim Eindampfen Glykokoll in der berechneten
Menge gemäß den Bildungsgleichungen a) C; H-SO.,NHCH.,COOC,H" -f- C1SO,H - C,H,SO.,C1
+ H03SNHCH,COOC.=H.
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b)- H O, S N H C H.= C O O C., H. + 2 H.= 0 = S 04 H, -+- C., H5 O
H -E- N H.= CH.= C O O H. Auch hier kann zweckmäßig der nach Gleichung a) entstandene
Sulfamidoessigester H O, S N H C H2 C O O R aus der Reaktionsmischung durch Zusatz
von Chloroform, Tetrachlorkohlenstoff u. dgl. ausgefällt und `regbenenfalls wie.
oben durch Hydrolyse auf Glvkokoll verarbeitet werden.
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4.. i Gewichtsteil Toluol-p-sulfonanlinoessigs äure wird in i bis
1,5 Gewichtsteile Chlorsulfonsäure eingetragen; dabei spalten sich, selbst wenn
die Chlorsulfonsäure mit Chloroform verdünnt ist, auf je 229 Gewichtsteile Toluolsulfonaminoessigsäure
je i2 Gewichtsteile Kohlenoxyd ab, ein Vorgang, der durch die weiter 'unten gegebenen
Gleichungen klargelegt wird. Nach Aufhören der Gasentwicklung wird der entstandene
Niederschlag, welcher aus Sulfamidsäure besteht, abgesaugt, das Filtrat in Eiswasser
eingetragen, das abgeschiedene Toluolsulfochlorid (o,8 Gewichtsteile) abgesaugt;
die wäßrige Flüssigkeit enthält nach Entfernung der Salzsäure und der Schwefelsäure
Aminoessigsäure, Formaldehyd und Ammoniumbisulfat, Bestandteile, die in bekannter
Weise voneinander getrennt werden:
Wie die freie Toluolsulfonaminoessigsäure verhält sich auch deren Chlorid gegen
Chlorsulfonsäure: es spaltet sich gleichfalls auf 2 Mol i Mol Kohlenoxydab, und
auch die anderen Spaltprodukte sind die gleichen, ein Hinweis dafür, daß jenes Chlorid
wahrscheinlich ein Zwischenprodukt obiger Reaktionsfolge ist.
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i Gewichtsteil Toluol - p - sulfonaminoac2tvlaminoessigsiiur. C; H7S02
N HC'H@CO# N I-1 (' H._, C O O H wird in i bis i ,5 Gewichtsteile Chlorsulfonsäure
eingetragen und kurze Zeit gelinde erwärmt; hier entwickelt sich kein Kohlenoxyd.
Die entstandene Lösung erstarrt bei Abkühlung zu einem Kristallkuchen; dieser wird
in Eiswasser eingetragen, das ausfallende Toluolsulfochlorid abgesaugt, die Lösung
durch Einengen im Vakuum von Salzsäure befreit, die Schwefelsäure ausgefällt, die
filtrierte Mutterlauge konzentriert und mit Alkohol gefällt; man erhält so in der
berechneten Menge das Dipeptid Glycylglycin NH.,CH,CONHCH,COOH. Auch hier kann wie
bei den vorigen Beispielen so verfahren werden, daß aus der Reaktionsflüssigkeit
mit Chloroform u. dgl. zunächst das Sulfamidoacetylglycin H03S NHCH,CO N HCH,COOFl
ausgefällt wird, welches dann gegebenenfalls auf Glvclglycin verarbeitet wird.
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6.' io Gewichtsteile Ditoluol-p-sulfon-x, ;1-diacipiperazin
Schmelzpunkt 2.73° u. Z., werden in 2o bis 25 Gewichtsteile Chlorsulfonsäure bei
etwa io° eingetragen und das Gemisch nach einigem Stehen in Eiswasser eingerührt,
das ausgeschiedene Toluol-p-sulfochlorid abgesaugt, aus dem Filtrat die Schwefelsäure
ausgefällt und die noch salzsaure Lösung eingeengt, bis sich nach den Gleichungen
gebildetes Glycylglycinchlorhydrat, Ausbeute q. Gewichtsteile,
ausgeschieden hat. Letzteres kann in bekannter Weise in a; y-Diacipiperazin übergeführt
werden.
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Auch hier kann zweckmäßig so verfahren werden, daß die a, y-Diacipiperazin-N-disulfosäure
(s. o.) aus der Reaktionsmischung mit Lösungsmitteln, wie Chloroform, Tetrachlorkohlenstoff
u. dgl., ausgefällt und abgetrennt wird, welche dann hydrolytisch oder alkoholytisch
leicht und quantitativ in Schwefelsäure und reines a, y-Diacipiperazin
das auskristallisiert, zerlegt wird.
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In gleicher Weise kann das a, y-Diacipiperazin aus D@ibenzolsulfon-a,y-diacipiperazin
bereitet werden. Die dabei zurückgewonnenen Chloride, Toluol-p-sulfochlorid oder
Benzolsulfochlorid, lassen sich wieder vollständig in die Diarylsulfon-«, y-diacipiperazine
zurückführen, so daß durch diese Kreisverfahren das a, y-Diacipiperazin wohlfeil
zugänglich ist, während es bisher ein kostspieliges Präparat war.