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Verfahren zur Herstellung von weißem Leder Es ist bereits bekannt,
Häute und Felle durch Behandlung mit Aldehyden, insbesondere Formaldehyd, zu gerben.
Bei einer solchen Behandlung erhält man jedoch ein flaches Leder. Das gleiche gilt
für die Behandlung von Hautblößen mit einer Formaldehydlösung, der man Stickstoffbasen
zugesetzt hat. Eine solche Lösung wirkt, infolge der Bildung von Aminkondensationsprodukten,
wie Hexamethylentetramin u. dgl., ebenso wie eine verdünnte Formaldehydlösung.
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Man hat auch bereits versucht, durch Behandlung der Hautblößen mit
Wasserglas und nachheriger Zugabe eines geeigneten Fällungsmittels, z. B. Essigsäure,
die Gerbung durchzuführen. Diese Gerbmethode hat sich, infolge der plötzlichen Fällung
der Kieselsäure innerhalb der Felle, als völlig unbrauchbar erwiesen.
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An sich wirkt Wasserglas bekanntlich nicht gerbend, wohl aber aus
Wasserglas durch Zusatz von Säure ausgefällte Kieselsäure, die bei ihrer Entstehung
in kolloidaler Form vorliegt.
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Die Gerbung mit dieser kolloidalen Kieselsäurelösung verläuft sehr
langsam, dabei wird infolge der fortschreitenden Fällung der Kieselsäure diese Lösung
unbrauchbar, bevor die Felle durchgegerbt sind.
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In gepickelten Blößen wird die Kieselsäure durch das Salz des Pickels
noch schneller ausgefällt, wodurch sich die Poren verstopfen und die weitere Gerbung
verhindert wird. Bei ungepickelten Blößen verursacht die freie Säure der Gerblösung
eine Säureschwellung.
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Däs mit Kieselsäure allein hergestellte Leder ist hart und flach und
entspricht daher nicht den Anforderungen des Handels.
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Andererseits besitzt ein mit angesäuerter Wasserglaslösung hergestelltes
Leder eine sehr klare weiße- Farbe, so daß man sich eifrig bemüht hat, diese Gerbmethode
durch eine Vorbehandlung der Hautblößen zu verbessern, insbesondere durch eine Vorbehandlung
mit Aluminiumsalzen. Diese Methode arbeitet zu langsam und ergibt kein glattes Leder,
da bei der Nachbehandlung mit Kieselsäure eine starke Schrumpfung des Narbens eintritt.
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Eine Vorbehandlung mit Chromsalzen ergibt wohl ein Leder von an sich
zufriedenstellender :Qualität, jedoch nicht von weißer Farbe, so daß also durch
diese Vorbehandlung gerade der durch die Kieselsäuregerbung erreichte Fortschritt
hinsichtlich der Erzielung eines besonders klaren, weißen Farbtones verlorengeht.
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Es wurde nun gefunden, daß man ein Leder von vorzüglichen Eigenschaften
hinsichtlich Elastizität und Widerstandsfähigkeit erhält, wenn man die Kieselsäuregerbung
mit der Formaldehydgerbung kombiniert, indem man die gerbfertigen Hautblößen zunächst
mit einer Formaldehydlösung vorbehandelt, d. h. leicht vorgerbt, also nicht vollständig
durchgerbt, und sodann, gegebenenfalls nach
Erhöhung der PH-Zahl
auf 7 bis 9,8 unca nach dem Ä.uswäschen -mit Nasser, mit einer angesäuerten Wasserglaslösung
nachgerbt, wom durch erst die-' eigentliche Durchgerbung' er-. reicht wird. ' Durch
diese Kombinationsgerbung erhält man weiße Leder, die alle Eigenschaften des auf
dem Markte befindlichen Leders aufweisen, und insbesondere einen hohen Schrumpfungsgrad
(85° C) besitzen und besonders wasserfest sind.
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Will man ein Leder von besonderer Weichheit erzeugen, so empfiehlt
es sich, die mit Formaldehyd vorbehandelten Hautblößen mit Alkalilö.sungen auf die
PH-Zahl von 7 bis 9,8 einzustellen. Man kann hierfür Natriumcarbonat-, Borax- oder
Bicarbonatlösungen verwenden. Je größere Mengen Formaldehyd in der Faser fixiert
werden und je höher der pH-Wert des Felles ist, desto weicher fällt das Leder aus.
Die Behandlung mit Alkalien ist aber, wenn die besondere Qualität ,des Endproduktes
es nicht erfordert, nicht unbedingt notwendig. Man kann also nach der Formaldehydbehandlung
die Blößen sofort mit Wasser auswaschen und mit einer angesäuerten Wasserglaslösung
nachbehandeln. Je nach der gewählten Variation erhält man entweder ein Oberleder
oder ein Sohlenleder.' Die für die Gerbung verwendete Kieselsäurelösung muß einen
geringen SäureÜberschuß aufweisen. Durch die vorausgegangene Behandlung mit Formaldehyd
sind die Hautfasern so weit unempfindlich gemacht, daß sie durch die in der Wasserglaslösung
vorhandenen freien Säuren, z. B. Salzsäure, Schwefelsäure oder organische Säuren,
nicht angegriffen werden.
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An Stelle von angesäuerten Wasserglaslösungen kann man auch jede auf
anderem Wege, z. B. durch Dialyse, hergestellte kolloidale Kieselsäurelösung für
die Gerbung benutzen. Je mehr Kieselsäure das Fell. aufgenommen hat, desto weicher
ist seine Qualität.
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Es hat sich als besonders vorteilhaft erwiesen, die mit Formaldehyd
und angesäuerten Wasserglaslösungengegerbten Leder noch mit einer Natriumsulfitlösung
nachzubehandeln, da hierdurch die Reißfestigkeit des Leders wesentlich :erhöht wird.
Durch die Nachbehandlung mit Natriumsulfitiösungen will man :einerseits die Säure
im Leder neutralisieren, anderseits erhöht man .die Aufnahmefähigkeit der Kieselsäure
durch die Haut und bindet denk der Haut noch vorhandenen ungebundenen Formaldehyd.
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Ausführungsbeispiel Die Häute werden zunächst in bekannter Weise gebeizt
und dann gepickelt. Eine Pikkelung ist jedoch nicht unbedingt notwendig. Hierauf
werden die Felle in ein Formaldehydbad folgender Zusammensetzung ins Faß ge--brächt:
85 % Wasser und 2 % Formaldehyd ;,(bezogen auf das Blößengewicht). , 'Man läßt das
Faß während einer Stunde laufen und fügt dann allmählich im Laufe von ungefähr 4
Stunden eine 3,5 - 4,o n-Na2 C OB-Lösung hinzu, bis die Felle einen konstanten
pH-Wert erreicht haben, der beispielsweise für ein weiches Oberleder zwischen 7
und 9,8 liegt.
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Sobald der gewünschte pH-Wert erreicht ist, läßt man das Gerbfaß noch
2 Stunden laufen. Hierauf läßt man die Häute in der Brühe noch etwa 12 Stunden liegen.
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Hierauf läßt man das Faß io Minuten laufen, spült ungefähr i Stunde
lang in fließendem Wasser aus, nimmt die Häute aus dem Faß, reckt dieselben aus;
falzt und wiegt für die darauf nachfolgende Gerbung mit der angesäuerten Wasserglaslösung.
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Die zum Gerben verwendete Wasserglaslösung wird in der Weise hergestellt,
daß man zu einer verdünnten Salzsäurelösung unter Bewegung eine Natriumsilicatlösung
_ zusetzt, welche nach folgenden- Gewichtsverhältnissen hergestellt ist: 62,5,%
Wasser (bezogen auf das Falzgewicht) und eine solche Menge Natriumsilicat, daß der
Si02-Gehalt der Lösung 7, 5 % des Falzgewichtes der Haut beträgt.
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Die Menge der benötigten Salzsäure hängt von der Alkalimenge des angewandten
Silikates ab und kann auf Grund einer vorangegangenen Analyse des letzteren errechnet
werden. Man muß so viel Salzsäure anwen den, daß in der hergestellten Gerbbrühe
o, i 5 bis o,2o Mol freie Salzsäure pro Liter vorhanden sind.
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Zu dieser angesäuerten Wasserglaslösung werden nun die mit Formaldehyd
vorbehandelten Blößen gegeben und das Faß weitere 4 Stunden bewegt. Hierauf setzt
man Natriumsulfit in einer Menge von 2 % (bezogen auf das Falzgewicht) zu, läßt
das Faß noch eine weitere Stunde laufen, spült hierauf die Häute mit -fließendem
kaltem Wasser gut nach und richtet die Leder in der allgemein üblichen Weise zu.
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Die so behandelten Häute enthalten ungefähr i51% Si02 (bezogen auf
das trockene Gewicht derselben) und besitzen die Eigenschaften von gutem Oberleder.
Die Schrumpfungstemperatur beträgt 85°G. Bei der Herstellung von weißem Leder ist
naturgemäß darauf zu achten, daß für die Fettung ein farbloses Fett oder ein solches
von heller Farbe angewendet wird.
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Soll das Verfahren für die Herstellung
von Sohlenleder
benutzt werden, so ist eine größere Menge Kieselsäure anzuwenden, so daß die von
den Häuten aufgenommene Si02-Menge etwa 15 bis 20 % des trockenen Gewichtes beträgt.