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Vorrichtung zur Herstellung von jacquard-Drehergeweben Zur Herstellung
von Drehergeweben mit Jacquardmustern war bisher eine verhältnismäßig umfangreiche
jacquard-Drehervorrichtung erforderlich. Die Platinen der Jacquardmaschine mußten
in drei hintereinander angeordnete Harnische eingalliert werden. Die Harnischvorrichtung
zerfiel in einen Hinter- oder Heberharnisch, der tiefer gestellt war, einen Grundharnisch
in der Mitte und einen Dreherharnisch mit jacquard-Dreherhelfen vorn. Bei dieser
Anordnung wurden die Grundkettenfäden nur in den Grundharnisch, die Dreherkettenfäden
in alle drei Harnische nacheinander und dabei im Dreherharnisch unter den Grundkettenfäden
links oder rechts kreuzend eingereiht.-Die Ganzdreherbildung entstand durch Betätigung
des vorderen Dreherharnisches, während im Grundharnisch alle Helfen unten waren.
Um dabei für die Fachbildung des Dreherharnisches die nötige Fadenlänge zu schaffen,
mußten gleichzeitig die entsprechenden Helfen des Hinterharnisches, der sonst besonders
tief steht, mit in die Höhe gehen; dadurch wurde die zur Kreuzung der Dreherkettenfäden
fehlende Länge nachgelassen.
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Diese Jacquard-Drehervorrichtung war verhältnismäßig kompliziert und
besaß mehrere schwerwiegende Nachteile, so daß sie sich nicht recht durchzusetzen
vermochte.
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Am unangenehmsten fiel dabei ins Gewicht, daß für die Herstellung
des Gewebes nur die Hälfte der Platinenzahl zur Verfügung stand, da ja je 1/4 der
verfügbaren Platinen durch den Dreher- und Hinterharnisch in Anspruch genommen wurden.
Die Jacquardmaschine war also zu 50 % mit Nebenarbeiten belastet.
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Andere Gewebe als Dreherwaren mit diesem komplizierten dreiteiligen
Harnisch herzustellen, ist praktisch unmöglich. Dies wäre so umständlich und teuer,
daß niemand diese Ware bezahlen könnte. Die Folge ist, daß alle derartig vorgerichteten
jacquardwebstühle in praxi nur für Jacquard-Drehergewebe benutzbar sind, sonst aber
brach liegen und totes Kapital darstellen.
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Die neue Vorrichtung hat die Beseitigung der oben geschilderten Mängel
zum Ziel, indem sie ermöglicht, Jacquard-Drehergewebe unter Verwendung einer normalen
einteiligen Harnischvorr ichtung herzustellen.
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Erreicht wird dies dadurch, daß die jeweils erforderliche Anzahl von
Dreherhelfen unter gleichmäßiger Verteilung auf die Gesamtplatinenzahl an die betreffenden
Platinen neben den Harnischschnüren angeschlungen werden, während die zu diesen
Platinen gehörenden Harnischschnüre während der Verwendung der jacquardvorrichtung
zur Herstellung von Jacquard-Drehergeweben unbenutzt leer bleiben. Zur Führung der
Dreherhelfen dient eine mit dem Chorbrett der Jacquardvorrichtung verbundene Chorbrettleiste;
ferner wird. der Hinterharnisch durch einen tiefgestellten, in bezug auf den Platinenboden,der
Jacquardinaschine
ortsfesten Helfenschlingenschaft ersetzt, durch
dessen bewegliche, federbelastete Helfenschlingen die einzelnen Dreherfäden hindurchgezogen
sind.
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Die beiliegenden Abbildungen (Fig. i bis .1) sind beispielsweise auf
eine Jacquardmaschine mit 400 Platinen und einteilig, geradedurch gallierte Harnischvorrichtung
abgestellt.
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Fig. i zeigt in Grundstellung die Anordnung der einzelnen Elemente.
In die Harnischhelfen a sind vier Grundkettenfäden b
und drei Dreherkettenfäden
c nacheinander eingezogen. Innerhalb der durch die Praxis gezogenen Grenzen ist
hinsichtlich der Anzahl von Grundketten- und Dreherkettenfäden, aus denen sich eine
Dreherschnur zusammensetzen soll, jede gewünschte Kombination möglich. Zugleich
ist ersichtlich, daß die Grundkettenfäden b nur in die Harnischhelfen a, die Dreherkettenfäden
c aber zuerst in die Schlingend des Helfenschlingenschaftes e, dann in die
Harnischhelfen a und schließlich in die Dreherhelfe f bzw. in deren Schlinge g eingezogen
sind.
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Es ist erkenntlich, daß die Schlingen d in ihren Führungsaugen frei
nach oben und unten beweglich sind und zugleich mit Hilfe ihrer Gewichte jeden Dreherfaden
c in seiner Spannung auf das genaueste regeln. Die Lokkerung undStraffung einzelnerDreherfäden
c, die sich sonst durch das verschiedene Einarbeiten dieser Dreherfäden c und ihrer
verschiedenen Länge infolge der besonderen Fachbildung nicht vermeiden lassen, werden
durch diese selbsttätige Regulierung aufgefangen und gegeneinander ausgeglichen,
so daß alle Dreherfäden c immer gleichmäßige Spannung aufweisen und dadurch Wehfach
und Gewebe immer rein sind.
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Der Helfenschlingenschaft e ist bei einer Hochfach-Jacquardmaschine
unmittelbar hinter dem Harnisch an Stelle des früheren Hinterharnisches tiefer-
und stillstehend angeordnet. Bei einer Hoch- und Tieffach-Jacquardmaschine ist eine
absolute ortsfeste Anbringung des Helfenschlingenschaftes e nicht möglich, da dann
bei der Bildung des Tieffaches die Schlingend auf -den Führungsaugen vorzeitig aufsitzen
würden, was ein Lockerwerden der Dreherkettenfäden c zur Folge hätte. Um daher die
Wirkung des Helfenschlingenschaftes e zu gewährleisten, muß sich der Helfenschlingenschaft
e im gleichen Maße nach abwärts bewegen, was am einfachsten dadurch zu erreichen
ist, daß der Helfenschlingenschaft e an dem Platinenboden der Hoch- und Tieffach-Jacquardmaschine
angehängt wird. In bezug auf den Platinenboden der Jacquardmaschine ist also der
Helfenschlingenschaft e doch gleichwohl feststehend angeordnet. Bei dichterer Ware
können mehrere Helfenschlingenschäfte verwendet «erden, die aber als einer gelten.
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Die Schlinge g der jacquard-Dreherhelfe f ist ebenfalls mit Gewicht
versehen und in zwei Führungsaugen nach oben und. unten derart beweglich, daß sowohl
jeder in ihr eingezogene Dreherkettenfaden c oder alle zusammen sowie auch die Jacquard-Dreherhelfe
f selbst durch die Führungsaugen die Schlinge g heben können. In der Schlinge g
sind alle Dreherkettenfäden c zusammen eingezogen, auf dem hinteren Helfenschlingenschaft
e hat jeder Dreherkettenfaden c eine besondere Schlinge d.
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Ferner bedeuten h die Weblade mit Wehblatt, i den Streichbaum, k die
Dreherwelle, welche nach oben und unten beweglich ist, um neben den Schlingen d
die Spannung der Dreherkettenfäden c im groben zu regeln.
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Ferner sind in Fig. i ersichtlich das Chorbrett l mit einer vorn angebrachten,
in der angedeuteten Weise mit Löchern versehenen Leiste in, der Platinenboden n
der Jacquardmaschine und die in der vorderen rechten Ecke des Platinenbodens markierte
erste Platine o. Weiter ist die Art des benutzten Harnischeinzuges (geradedurch),
. der einfachsten einteiligen Gallierung, durch Bezeichnung der Platinen i ... 8,
385 ... 392, 393 ... 400 kenntlich gemacht.
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Die bildliche Darstellung beschränkt sich auf die Platinen i bis B.
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Ohne nun den eben bezeichneten Harnischeinzug auch nur im geringsten
zu stören, ist an der achten Platine eine zweite Harnischschnur angeschlungen, die
durch das entsprechende Loch der Leiste -in geführt wird und die Jacquard-Dreherhelfe
f trägt. Wird also durch die Jacquardmaschine die achte Platine jetzt angehoben,
so zieht sie sowohl die achte Harnischhelfe als auch die Jacquard-Dreherhelfe (hoch.
Soll nun jacquard-Dreherware hergestellt werden, so werden in die Jacquard-Dreherhelfe
f Kettenfäden eingezogen, während die achte Harnischhelfe leer bleibt. Soll dagegen
lediglich einfache Jacquardware gewebt werden, so wird beim Einzug der Kettenfäden
nur die achte Harnischhelfe berücksichtigt, soweit dies die Dichte des Gewebes überhaupt
erforderlich macht, und die Jacquard-Dreherhelfe f bleibt leer.
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Vermöge dieser neuartigen Gallierung können sowohl jacquard-Urehergewebe
als auch bei Bedarf einfache Jacquardware auf derselben Maschine hergestellt werden,
ohne daß, abgesehen von der Wegnahme des Helfenschlingenschaftes, was ja im Handumdrehen
zu bewerkstelligen ist, die geringste Veränderung notwendig wäre.
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Bei den vorliegenden Abbildungen ist vorgesehen,
daß
an jeder achten Platine eine Jacquard-Dreherhelfe f angeschlungen ist. Das sind
auf 400 Platinen erst 50 Jacquard-Dreherhelfen. Für die Praxis dürfte dies
in den allermeisten Fällen genügen. Von acht Platinen stehen dann immer noch sieben
sowohl für eine Dreherschnur als auch für die Jacquardmüsterbildung zur Verfügung,
wohingegen-beim dreiteiligen Harnisch von acht Platinen zu diesen Zwecken nur vier
verfügbar sind.
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Während also beim dreifachen Harnisch die Jacquardmaschine zu 5o°/,
mit Nebenarbeiten belastet ist, ist dies bei der vorliegenden Vorrichtung durch
die gleichzeitige Ersetzung des früheren Hinterharnisches durch den Helfenschlingenschaft
nur noch zu 121'20'o der Fall. Solche geringe Belastung dürfte jedoch kaum noch
ins Gewicht fallen.
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Sollten aber 5o Jacquard-Dreherhelfen pro Chor einmal doch nicht ausreichen,
das dürfte nur in den allerseltensten Fällen in Frage kommen, nämlich, wenn Dreherschnuren
von vier und weniger Kettenfäden benötigt werden und außerdem zwei von diesen in
dasselbe Rohr im Blatt einzuziehen sind, so läßt sich ohne Schwierigkeiten auf eine
Reihe von acht Platinen noch j e eine jacquard-Dreherhelfe auf die geschilderte
Weise nachgallieren. Die Belastung der Jacquardmaschine ist dann auch noch in diesen
seltensten Fällen auf 25°o reduziert. Sobald diese zusätzlichen Jacquard-Dreherhelfen
nicht mehr gebraucht werden, sind sie schnell und bequem wieder auszuhängen und
die entsprechenden Harnischhelfen wieder verfügbar, ohne daß dadurch der einteilige
Harnischeinzug irgendwie gestört würde.
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Zu erwähnen ist auch noch, daß sich bei Anwendung dieser Vorrichtung
die Anfertigung der zur Herstellung der Jacquardkarte notwendigen Schlagpatrone
insofern vereinfacht, als nunmehr die Dreherbindung durchgängig gleich an der entsprechenden
Stelle der Patrone gesetzt werden kann, während früher beim dreifachen Harnisch
die Grundware auf die Platinen i o i bis 300 gezeichnet wurde und dann die
Bewegungen des Dreherharnisches auf die Platinen i bis ioo, die des Hinterharnisches
auf die Platinen 3o1 bis 400, umgezählt werden mußten. Dies bedeutet zugleich auch
die Beseitigung einer unangenehmen Fehlerquelle.
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Fig:2 stellt ein Fach mit Leinwandbindung dar, an deren Stelle selbstverständlich
jede andere Bindungsart treten kann. Es ist zugleich ersichtlich, daß die Schlinge
g der in Ruhe befindlichen jacquard-Dreherhelfe f und die Schlingend des Helfenschlingenschaftes
e
der gewünschten Bewegung aller Kettenfäden durch den Harnisch Raum geben.
Fig. 3 zeigt ein Ganzdreherfach mit angehobener jacquard-Dreherhelfe f und infolgedessen
auch der leer bleibenden Harnischhelfe 8a. Sonst befinden sich alle Harnischhelfen
a unten, wodurch bewirkt wird, daß die Dreherkettenfäden c unter den in Ruhe befindlichen
Grundkettenfäden b hinweg nach oben kreuzen und das Dreherfach bilden. Die Schlingen
d des Helfenschlingenschaftes e geben nach oben nach, so daß die Dreherkettenfäden
c die zur Kreuzung erforderliche Länge bekommen. Es wird dadurch verhindert, daß
die Grundkettenfäden b mit hochgerissen werden, wodurch die Fachbildung unmöglich
gemacht würde.
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Fig. q. zeigt ein Rückdreherfach mit den eingewebten zwei Schüssen
des Ganzdreherfaches. Es ist ersichtlich, daß die Rückführung der Dreherbewegung
durch Anheben der Dre-herkettenfäden c im Harnisch bewirkt wird. Die Jacquard-Dreherhelfe
f befindet sich dabei in Ruhestellung.
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Es erhellt weiter, daß die in den Fig. 2 bis q. dargestellten Webfächer
vermöge der Jacquardwirkung zu gleicher Zeit nebeneinander auftreten können.
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Da jede jacquard-Dreherhelfe f für sich nach Belieben betätigt werden
kann, ist es möglich, zu gleicher Zeit die verschiedensten Dreherarten herzustellen.
Läßt man dabei noch alle Dreherkettenfäden c die Rückdreherbewegung (vgl. Fig. q.)
nicht auf einmal, sondern einzeln nacheinander ausführen, so lassen sich hierbei
Effekte erzielen, deren Aussehen das betreffende Gewebe den Wirkwaren ähnlich sehen
läßt.
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Zusammenfassend ist daher nochmals zu betonen, daß der Fortschritt
dieser Vorrichtung darin besteht, daß sowohl der frühere Dreherharnisch als auch
der frühere Hinterharnisch in Wegfall kommen und somit eine einteilige normale jacquard-Harnischvorrichtung
Verwendung finden kann. Lediglich r212 °/o ihrer Platinen können nicht für die Grundware
verwendet werden.