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Verfahren zur Herstellung von härtbaren Kondensationsprodukten eiweißähnlicher
Art auf Harnstoff-Formaldehyd-Basis Im Patent 587 643 ist gezeigt worden, däß man
zu eiweißähnlichen Produkten kommt, wenn man Harnstoff und Formaldehyd mit Hilfe
von Sulfiden bzw. sulfidischen Schwefel enthaltenden Substanzen kondensiert.
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Im weiteren Verlaufe der Arbeiten hat sich gezeigt, daß es bei der
Herstellung dieser Verbindungen günstig ist, von Verhältnissen Harnstoff zu Formaldehyd
auszugehen, die größer sind als i Mol Harnstoff zu 2 Mol Formaldehyd oder, praktisch
gesprochen, größer sind als ein Teil Harnstoff zu 21/2 Teilen q.o°/oigem Formaldehyd.
Dabei hat sich das Verhältnis von i Teil Harnstoff zu q. Teilen Formaldehyd, 4o°/oig,
unter Verwendung von mindestens 2 Teilen Schwefelainmoniumlösung am günstigsten
erwiesen. Bei der Kondensation dieses Verhältnisses der Substanzen in der Wärme
erhält man als Endprodukt Sirupe, hier kurz Sulfinsirup genannt, die wasserunlöslich
sind und die ihre Sirupkonsistenz beim Aufbewahren in keinem Falle ändern. Die mit
mehr als 2 Mol Formaldehyd erhaltenen Sulfinsirupe besitzen. ein opakes Aussehen,
vergleichbar Flüssigkeiten, welche kolloidale Niederschläge enthalten. Die Ausbeuteverhältnisse
sind sehr günstige, da j a der Formaldehyd infolge seiner Umwandlung und Festhaltung
durch die sulfidischen Substanzerz nicht in der Lage ist, zu entweichen, wie dies
bei der Herstellung der FormaIdehyd-Harnstolf-Kondensationsprodukte der Fall ist.
Die Ausbeuten des hier niedergelegten Verfahrens betragen zwischen 22o und
250 °/o, berechnet auf die Menge des verwendeten Harnstoffs. Das Verhalten
dieser Sulfinsirupe ist nach mehreren Richtungen hin interessant und überraschend.
Sie haben die Eigenschaft, sich in der Wärme mit Säureanhvdriden unter stürmischer
Reaktion eine klare Lösung zu geben, und, sich rasch verdickend, zu einer kristallklaren,
höchst lichtbrechenden festen gummiartigen Masse zu erstarren. Diese gummiartige
Masse, welche noch mit dem Fingernagel eindrückbar ist, gewinnt beim Liegen oder
beim Einbringen in erwärmte Medien, z. B. warme Luft, bedeutend an Härte, so daß
sie mit dem Nagel nur noch schwer eindrückbar ist, dabei aber eine eigenartige Elastizität
bewahrt, die gestattet, daß äußere oberflächliche Eindrücke nach kurzer Zeit wieder
verschwinden. Obwohl die Masse beim Hinfallen verhältnismäßig schwer zerbricht,
ist sie doch gegen rohere Gewalt ziemlich spröde, wobei aber immer wieder auch bei
den Splittern die Biegsamkeit in Erscheinung tritt. Ganz überraschend aber ist ihre
Bearbeitbarkeit
mit Werkzeugen. So läßt sie sich z. B. mit dem
Messer wie Bienenwachs schneiden oder mit dem Stahl bearbeiten, wobei sie Späne
von selten beobachteter Länge ergibt. Durch Zusätze von sogenannten Erweichungsmitteln,
wie sie allgemein in der Industrie der plastischen Massen verwendet werden, wie
z. B. Glycerin, Triphenylphosphat und andere mehr, erhält und bewahrt die Masse
eine celluloidähnliche Biegsamkeit.
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Die Produkte zeigen außerdem noch insofern eine auffallende Ähnlichkeit
mit Kunsthorn aus natürlichem Eiweiß, als Wasser tropfen, auf die Oberfläche aufgebracht,
nach einiger Zeit dieselben Erhöhungen zeigen, wie dies z. B. bei einem Caseinkunsthorn
der Fall ist. Wie dort, so behalten auch hier diese Erhöhungen ihren vollkommenen
Glanz und gehen auch nach einiger Zeit durch den Trokkenprozeß mehr oder weniger
vollständig zurück.
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Die andere überraschende Eigenschaft dieser Sulfinsirupe ist die,
daß sie in der Lage sind, Formaldehyd aufzunehmen und anscheinend zu binden. Mischt
man dieselben mit z. B. einigen Prozenten Formaldehydlösung und erwärmt sie oder
bringt sie zuin Kochen, so tritt eiste ruhige Reaktion ein, verbunden mit einem
Kiarerwerden des Sirups und einer Verdickung bis zu einem dünnen Gel. Auch dieses
Gel ist unverändert haltbar und unterscheidet sich somit auch hierdurch in seiner
Lagerfähigkeit vorteilhaft von den Kondensationsprodukten, die aus Harnstoff und
Formaldehyd hergestellt sind. Gibt man zu einer solchen Mischung oder Verbindung
von Sulfinsirup und Formaldehyd nun Säureanhy dride, z. B. Essigsäureanhydrid, so
findet dieselbe stürmische Reaktion, wie oben beschrieben, statt, die Flüssigkeit
klärt sich bis zu diamantartigem Lichtbrechungsvermögen und erstarrt ummittelbar
nach dem Ausgießen ebenfalls zu einer gummiartigen, absolut glasklaren Masse. Beim
Liegen an der Luft oder beim Einbringen in erwärmte Medien. z. B. erwärmte Luft,
findet auch hier eine beträchtliche Härtung statt, die in diesem Falle zu einer
noch härteren und widerstandsfähigeren Masse führt wie die vorher beschriebenen.
Verloren geht hierbei nur jene innere Elastizität, die einen Ausgleich von Oberflächeneindrücken
gestattet, sowie jene bienenwachsartige Schneidbarkeit mit Instrumenten. Dagegen
verbleibt eine hohe Festigkeit und eine immer noch kunsthornähnliche Bearbeitbarkeit
durch Schneidwerkzeuge.. Es war nicht vorauszusehen, daß diese auf dem Wege über
das Sulfin hergestellten Harnstoff-Sttlfin-Kondensationsprodukte in der Lage sind,
noch Formaldehyd aufzunehmen und damit neue wertvolle Massen zu bilden. Am besten
geeignet hat sich bis jetzt der Zusatz von 7 01, Formaldehyd in 4o°joiger
Lösung zu dem fertigen Sulfinsirup erwiesen. Dabei hat sich gezeigt, daß Zusätze
von 5 °1o Anhydrid z. B. Massenergeben, welche die Klarheit billigen Glases, also
noch eine geringe Opaleszenz besitzen, während die höchste Brillanz bei einem Zusatz
von 2o °/a Anhydrid, insbesondere Essigsäureanhydrid erreicht wird. Der aufdringliche
und unerträgliche Geruch des Essigsäureanhydrids z. B. vermindert sich im Endprodukt
selbst bei hoher Zugabe so überraschend und ist insbesondere nach der Reaktion nur
mehr in so stark verringerter Weise zu bemerken, daß der Gedanke nicht von der Hand
zu weisen ist, daß diese Sulfinsirupe mit Anhydriden irgendwelche Bindungen eingehen.
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Die auf solche Weise hergestellten glasklaren Produkte besitzen auch
die Fähigkeit, sich vor ihrer vollständigen Erhärtung durch Hitze und Druck in zusammenhängende
Preßstücke umformen zu lassen, wobei selbstverständlich Farb- und Füllstoffe und
die übrigen gebräuchlichen Zusätze zu plastischen Massen zugegeben werden können.
Die erfindungsgemäß erhaltenen umgewandelten Produkte sind vor ihrer endgültigen
Härtung ausgezeichnete Plastizierungsmittel für alle Arten von plastischen Massen.
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Ganz besonders interessant ist das Verhalten der Sulfinsirupe Ammoniumsalzen,
insbesondere Rhodanammonium gegenüber, den sogenannten Schnellhärtern für Harnstoff-Formaldehyd-Kondensationsprodukte.
Es ist durch die Patentliteratur bekanntgeworden, daß Rhodanammonium z. B. direkt
als ein Kontaktgift für die Plastizität der Formaldehyd-Harnstoff-Kondensationsprodukte
anzusehen ist, insofern, als es in der Kälte zugesetzt, eine langsame, in der Wärme
aber eine spontane Erhärtung (Polymerisation) dieser Kondensationsprodukte herbeiführt.
Im Gegensatz hierzu bewirken Lösungen von Ammoniumsalzen, also den sogenannten Schnellhärtern,
insbesondere von Rhodanammonium, den Sulfinsirupen zugesetzt, nicht nur keine Erhärtung,
sondern sogar ein Löslichwerden des wasserunlöslichen Sulfinsirups in Wasser und
auch Alkohol, so daß erst wieder bei großer Verdünnung des Rhodanammonium enthaltenden
Sulfinsirups Niederschläge entstehen. Selbst bei hohen Dosen bewirken diese Schnellhärter
bei gewöhnlichen Drucken keine Erhärtung der Sulfinsirupe. Unter gleichzeitiger
Anwendung von Hitze und Druck wirken die Schnellhärter dagegen schwach kondensierend,
d. h. gelatinierend auf die Sulfinsirupe ein.
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Blitzartig ändert sich das Bild, wenn dein z. B. Rodanammonium enthaltenden
Sulfin-
Sirup eine Kleinigkeit Formaldehyd, sei es in Lösung oder
als Polymeres oder in sonstiger Form, zugesetzt -wird. Bei der Erwärmung dieses
Gemisches tritt eine spontane Reaktion ein, und die Flüssigkeit erstarrt zu einer
gummiartigen Gelatine, die für Gieß- oder Preßzwecke, im richtigen Moment verwendet,
brauchbar ist. Bereits Bruchteile von Prozenten von Formaldehyd lassen die Reaktion
erkennen, sie ist bereits stürmisch bei 3 0lo Formaldehydzusatz in handelsüblicher
Lösung. Auch dieses Verhalten beweist, daß diese Sulfinsirupe neuartige Verbindungen
darstellen, wie sie nach dem bisherigen Stande der Technik nicht vorherzusehen waren.
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Ein Zerreißen oder Blasigwerden der nach dieser Erfindung hergestellten
glasklaren oder gefüllten gehärteten Kondensationsprodukte konnte bisher nicht festgestellt
werden. Sie wi Aderstehen Erwärmung, Austrocknung im Schwefelsäureexsilckator, andauernder
Einwirkung erwärmter Luft usw., so daß ihre Verwendbarkeit tatsächlich keinen Grenzen
zu unterliegen scheint. Es dürfte die Annahme nicht von der Hand zu weisen sein,
daß der Schwefelgehalt und die eigenartige Form, in welcher der Schwefel gebunden
ist, die Grundlagen für die ungewöhnliche Beständigkeit und Bearbeitungsfähigkeit
dieser Produkte bilden. -Auch nach vorliegender Erfindung hat sich entsprechend
dem Anspruch 5 des Hauptpatents das Arbeiten mit Kondensationsmitteln in vielen
Fällen als vorteilhaft erwiesen. Beispiele i. 15 kg Harnstoff werden mit
6o 1 Formaldehyd, 4001oig, in einem doppelwandigen mit Dampf heizbaren Aluminiumkessel,
der mit einem Abzug versehen ist, übergossen und durch Rühren möglichst nahezu gelöst.
Auf diese Menge benötigt man 17,41 Schwefelammoniumlösung von etwa 39 0/0 oder eine
entsprechend größere Menge niedrigeren Prozentgehalts. Die Zugabe des Schwefelammoniums
geschieht auf folgende Weise: Zuerst werden unter Umrühren 81 desselben in nicht
zu schnellem Strahle zugegeben: Dann, erhitzt man die Flüssigkeit nahezu bis zum
Kochen. Wenn Trübungen entstehen, so setzt man die Zugabe einige Minuten aus und
fängt bereits an, den Kessel mit Dampf zu erhitzen, wobei die Trübung sofort wieder
verschwindet. Eine Ausscheidung von festen Substanzen infolge zu schneller Zugabe
des Schwefelammoniums darf unter keinen Umständen erfolgen. Nach der Zugabe der
81 Schwefelammonium bringt man zum Kochen und hält die Flüssigkeit einige Minuten
im Sieden. Nunmehr dreht man die Heizquelle ab und wartet, bis die kochende Flüssigkeit
sich beruhigt hat. Dann gibt man in kleinen Portionen den Rest des Schwefelammoniums
zu. Am besten bewährt hat sich dafür die Zubringung unter die Oberfläche der Flüssigkeit
vermittels eines in dieselbe - eintauchenden Glasrohres. Zu diesem Zweck gibt man
die ganze Menge Schwefelammonium in ein Standgefäß, welches durch ein Rohr, am besten
Glasrohr, io cm in die Flüssigkeit eintaucht. Man läßt alsdann die ersten 81, wie
bereits gesagt, nicht zu schnell zufließen und hat es dann in der Hand, durch Drehung
des Hahnes des Standgefäßes die Zugabe der. restlichen Mengen von Schwefelammonium
so zu regeln, daß eine entstehende Trübung immer wieder verschwindet. -Nach der
vollständigen Zugabe des Schwefelammoniums kocht man die Flüssigkeit bis auf % des
Gesamtvolumens ein. Aufsicht ist dabei nicht notwendig, da weder ein Schäumen noch
Übersteigen der Flüssigkeit stattfinden kann. Der so-erhaltene Sirup ist entweder
klar oder schwach milchig getrübt oder wird es beim Erkalten. Er ist in diesem Zustand
praktisch wasserfrei; die Ausbeute beträgt das 2,85-fache des angewendeten Harnstoffs.
Der Sirup ist unbegrenzt lagerbar; es ist vorteilhaft, ihn in einem Gefäß mit doppelter
Wand aufzubewahren, die mit heißem Wasser gefüllt werden kann. Er wird dann ziemlich
leichtflüssig und läßt sich gut aus dem Kessel entnehmen.
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2. i kg Sirup, wie er nach Beispiel i hergestellt worden ist, wird
niit 50 g Rhodanammonium und Zoo ccm Wasser erhitzt. Es bildet sich eine nahezu
klare Lösung, die nicht gelatiniert.
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3. i kg Sirup, hergestellt nach Beispiel i, wird mit ioo ccm Essigsäureanhydrid
vermischt und erwärmt. Der Sirup wird glasklar und verwandelt sich in eine glasklare
Gallerte, die durch Wärme gehärtet werden kann.
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4. i kg des nach Beispiel i erhaltenen Sirups wird mit 400 ccm 4o%igen
Formaldehyds auf 70° erwärmt und 24 Stunden sich selbst überlassen. Die so erhaltene
Flüssigkeit wird dann mit 4oo g Cellulosepulver vermischt, bei etwa 6o° getrocknet
und heiß gepreßt. Man erhält eine plastische Masse.