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Verfahren zur Herstellung von Sulfonsäuren des Kautschuks . Man hat
schon auf die verschiedenste Weise versucht, Kautschuk zu sulfonieren. - Diese Versuche
sind aber bis jetzt ergebnislos verlaufen, da unter dem Einfluß des Sulfonierungsmittels
der Kautschuk entweder unter Verschiebung der Doppelbindung des Moleküls isomerisiert
und cyclisiert oder durch: den oxydierenden Einfluß der Schwefelsäure zu kohligen
Produkten abgebaut wurde. In keinem Falle konnte man eine Sulfonierung des Kautschuks
oder gar wasserlösliche Sulfonsäuren desselben erhalten.
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In dem Hauptpatent 550243 ist ein Verfahren zur Gewinnung .echter
Sulfonsäuren aus ungesättigten aliphatischen und hydroaromatischen Kohlenwasserstoffen
oder deren Derivaten beschrieben, bei dem man letztere mit Chlorsulfonsäure oder
rauchender Schwefelsäure in Gegenwart niedrigmolekularer Ester oder Äther oder mit
Chlorsulfon.säureester oder diese bildenden Substanzen behandelt, wobei man in den
Fällen, in denen Hydroxylgruppen enthaltende Verbindungen verarbeitet werden, einen
überschuß über die zur Bildung von Schwefelsäureestern erforderliche Menge ,an sulfonierenden
Mitteln verwendet.
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Es wurde nun gefunden, daß man in einfacher und vorteilhafterWeiseNaturkautschuk
sulfonieren und- dadurch wasserlösliche Sulfonsäuren herstellen kann, wenn man diesen
mit Schwefeltrioxydoder solches ,abgebenden Mitteln in. Gegen-wart, niedrigmalekularer
Ester oder Äther behandelt. - -- - -Die Sulfonierung des Kautschuks vollzieht sich
außerordentlich 'einfach und glatt. Zu Kautschuklösungen; wird z#. B. Chlorsulfonsäure
oder Oleum in Gegenwart eines Äthers oder Esters unter Rühren langsam hinzugegeben.
Der Kautschukkohlenwasserstoff- wird sofort sulfoniert und fällt in dem Maße, wie
die Su1-fonierung fortschreitet, aus dem Reäktionsge# misch als gequollene, kautschukartige
Masse aus-.
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Die auf diese Weise erhaltenen Kautschuksulfonsäuren sind im isolierten,
trockenen Zuständeamorphe, hornartige Körper. Sie lösen sich in Wasser; Methyl-
und Äthylalkohol zu mehr oder minder viscosen, infolge ihres hochmolekularen Charakters
kolloiden Flüssigkeiten; die wä.ßrige Lösung reagiert stark sauer. In Kohlenwasserstoffen,
wie Benzin, Benzol, gechlorten Köhlenwass:erstoffen, sind sie unlöslich. Geben -verseifende
Agenzien sind die Sulfonsäuren beständig.- Z. B. wird beim. Kochen mit Salzsäure
keine Schwefelsäure abgespalten. Die Salze dieser Säuren mit Alkalien, Erdalkalien,
Schwermetallen, organischen Basen sind ebenfalls wasserlöAich:
Man
kann die Zusammensetzung und Eigenschaften {Gehalt an Sulfogruppen, Molekülgröße,
Viscosit,ät) dieser Sulfonsäuren weitgehend dadurch ändern, daß man den Kautschuk
vor der Sulfönierung in geeigneter Weise vorbehandelt, sei es, daß' man durch Isomerisierung
oder Cyclisierung einen Teil der im Molekül vorhandenen Doppelbindungen entfernt,
sei es, daß man durch Totmastizieren oder thermischen Abbau das große Molekül beliebig
verkleinert.
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Beispiel i Zu 34o Gewichtsteilen wenig mastiziertem Rohkautschuk (Crepe),
gelöst in 3ooo Gewichtsteilen Äther, läßt man 6oo Gewichtsteile Chlorsulfonsäure,
gelöst in i5oo Gewichtsteilen Äther, unter Rühren langsam zulaufen. Ohne wesentliche
Temperaturerhöhung scheidet sich das Sulfonierungsprodukt des Kautschuks aus dem
Reaktionsgemisch rasch als eine fast farblose gequollene Masse quantitativ aus.
Im Äther verbleiben Reste von unverbrauchter Chlorsuffonsäure, Salzsäure und Spuren
organischer Substanz. Das gequollene zähe Reaktionsprodukt wird vom Äther durch
Abgießen getrennt und mehrfach mit frischem Äther durchgeknetet, bis in der Waschflüssigkeit
keine freie Schwefelsäure und Salzsäure nachweisbar sind, und im Vakuum bei Zimmertemperatur
vom Äther befreit. Es stellt dann .eine amorphe, schwach gefärbte, spröde Masse
dar, die in feuchter Luft weich und zähe wird.
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Beispiel 2 Zoo Gewichtsteile totmastizierter Rohkautschuk (Crepe)
werden in 8oo Gewichtsteilen Äther gelöst. Zu dieser Lösung wird langsam unter Rühren
ein Gemisch von 4oo Gewichtsteilen Chlorsulfonsäure in iooo Gewichtsteilen Äther
gegeben. Das ausgeschiedene, fast farblose Reaktionsprodukt wird in Methylalkohol
gelöst. Aus dieser Lösung werden die Kautschuksulfonsäuren durch Eingießen in Petroläther
wieder ausgefällt. Zur weiteren Reinigung wird die Umfällung noch einmal wiederholt.
Die isolierten Sulfbnsäuren lösen sich. etwas schneller in Wasser wie die, welche
nach Beispiel i gewonnen werden. In gleich konzentrierter Lösung geben die Sulfonsäuren
nach Beispiel 2 weniger viscose Lösungen.
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Beispiel 3 Zoo Gewichtsteile mastizierter Rohkautschuk (Crepe) werden
in einem Tiegel unter ständigem Durcharbeiten langsam auf 200° erhitzt. Diese Temperatur
wird sodann noch etwa 30 Minuten gehalten. Nach dem Erkalten wird die fadenziehende,
hochviscose, teilweise abgebaute Kautschukmasse in i8oo Gewichtsteilen Amylacetat
gelöst. Zu dieser Lösung werden 40o Gewichtsteile Chlorsulfonsäure in Amylacetat
langsam unter Rühren hinzugegeben. Die Kautschuksulfonsäuren fallen aus dem Reaktionsgemisch
aus. Sie können, wie in Beispiel i oder 2 angegeben, weiter gereinigt werden. Im
isolierten trockenen Zustand sind sie sehr leicht wasserlöslich und geben relativ
dünn viscose Lösungen.
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Beispiel 4 68o Gewichtsteile wenig mastizierter Rohkautschuk (Crepe)
werden in 3ooo Gewichtsteilen Äther gelöst. Zu dieser Lösung läßt man 40oo Gewichtsteile
2o%iges Oleum, gelöst in --ooo Gewichtsteilen Äther, langsam unter Rühren zulaufen.
Die Kautschuksülfonsäuren scheiden sich nach Zugabe der ätherischen Oleumlösung
sofort aus und werden in der in. Beispiel i oder 2 angegebenen Weise von überschüssiger
Schwefelsäure befreit. Die Kautschuksulfonsäuren lösen sich in Wasser zu hochviscosen
Lösungen.
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Beispiel 5 25o Gewichtsteile Crepekautschuk werden unter Anwendung
von 125 Gewichtsteilen eines Nickelkatalysators, der auf einem Trägerstoff
verteilt ist, und i25 Gewichtsteilen, Cyclohexan im Autoklaven mit Wasserstoff eine
Stunde lang bei 28o° der katalytischen Hydrierung unterworfen. Die Lösung wird hierauf
vom Katalysator abfiltriert und das Cyclohexan abdestilliert, wobei eine schwach
gelbliche, zähe, hochviscose Masse erhalten wird. Der auf diese Weise erhaltene
partiell hydrierte Kautschuk wird in 75o Gewichtsteilen Äther ;aufgenommen. In die
ätherische Lösung läßt man bei etwa 5 bis io° eine Mischung von 148 Gewichtsteilen
Chlorsulfonsäure in Äther einfließen. Nach etwa 2ostündigem Stehen wird das Gemisch
mit Eiswasser zersetzt und mit Natronlauge neutralisiert. Nach Abdestillieren des
Äthers wird die wä.ßrige Lösung zur Trockne verdampft. Man erhält so das Natriumsalz
der Sulfonsäure eines partiell hydrierten Kautschuks, das in Wasser sehr leicht
löslich ist.
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Beispiel 6 68 Gewichtsteile eines Cyclokautschuks, der durch längeres
Erhitzen von Crepekautschük auf 25o° erhältlich ist, werden in Zoo Gewichtsteilen
Äther gelöst. In diese Lösung läßt man eine Mischung aus 4o Gewichtsteilen Chlorsulfonsäure
und i oo Gewichtsteilen Äther einlaufen. Das Reaktionsgemisch bleibt dabei homogen.
Nach kurzem Stehei ist die Sulfonierung beendet und das Cyclisi:erungsprodukt
in
eine wasserlösliche Sulfonsäure übergeführt. Durch Eingießen der Masse in Wasser,
Neutralisieren mit NTatronlauge und Abdampfen des Äthers wird das Natriumsalz der
Cyclokautschuksulfonsäure im Gemisch mit geringen Mengen Natriumchlorid und Natriumsulfat
erhalten; es ist in Wasser leicht löslich, jedoch nicht hygroskopisch.
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Beispiel 7 In 8ooGewichtsteilen einer 6,8%igenÄtherlösung von Hevea-Kautschuk
werden i 6o Gewichtsteile Chlorsulfonsäuremethylester eingetragen, und das Reaktionsgemisch
wird anschließend auf dem Wasserbade erwärmt. Im Verlauf von i Stunde scheiden sich
die Kautschuksulfonsäuren als eine in Äther gequollene Masse vollständig ab. Sie
kann durch Lösen in Methylalkohol und Umfällen in Äther gereinigt und dann bei Temperatur
im Vakuum vom Lösungsmittel befreit werden.
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Beispiel 8 In 38o Gewichtsteilen Diäthyläther werden unter Kühlung
izo Gewichtsteile zooi'öiges Oleum gelöst; hierauf läßt man diese Lösung in 8oo
Gewichtsteile einer ao,loigen ätherischen Lösung von entharztem Ficus-elastica-Kautschuk
einfließen. Die Sulfonsäuren scheiden sich sofort aus und werden in geeigneter Weise
vom Äther und von unverbrauchtem Sulfonierungsmittel befreit.
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Bei der Herstellung von Sulfonsäüren aus Guayule-Kautschuk, Guttapercha,
Balata usw. kann man in ähnlicher Weise, wie sie in den vorstehenden Beispielen
beschrieben ist, verfahren. Die Kautschukarten können hierbei in gereinigtem (harz-
und eiweißfreiem) oder nichtgereinigtem Zustande verwendet werden.