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Verfahren zur beschleunigten Durchführung der Flachsröste Einer der
ältesten Bearbeitungsvorgänge in der Textilindustrie ist das Aufschließen von Flachsstroh
durch Einleiten einer Gärung. Dieser Vorgang wird entweder durch Lagern des Flachsstrohes
auf freiem Felde bewerkstelligt (Tauröste) oder das Stroh wird in stehendes oder
langsam fließendes Gewässer eingelegt (Wasserröste). In jedem Falle tritt eine Reihe
sich ablösender Gärungsvorgänge ein, wobei die das Faserbündel einschließenden Inkrusten
etwa bis zu den Pektinen und wahrscheinlich auch ein Teil der Lignine durch Vergärung
abgebaut werden. Die Faser, welche dann in der Hauptsache nur noch Fett- und Harzsäuren
enthält, löst sich von dem Holzstengel ab und wird dem b@ekannten weiteren Verarbeitungsprozeß
(Brechen, Hecheln, Kämmen usw.) zugeführt.
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Vorschläge, diesen Gärungsprozeß abzukürzen und besonders die oft
auftretenden schädlichen Nebengärungen abzustellen, sind verschiedentlich gemacht
worden. Eine chemische Methode, die mit alkalischem oder saurem Aufschluß arbeitet,
hat bisher keine größere Anwendung gefunden. Die Erforschung der bakteriellen Seite
des Röstvorganges hat zur Auffindung einer Reihe von Bakterien geführt, von denen
einzelne als zu einer verbesserten Durchführung der Röste geeignet empfohlen werden.
Aber auch diese Versuche haben bisher noch keine praktische Bedeutung erlangen können,
weil sie einen bestimmten Bazillus als den für den Röstvorgang entscheidenden ansehen
und daher nur Kulturen dieses einen Bazillus zur Röste verwenden.
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Es wurde nun gefunden, daß der Röstvorgang nur dann befriedigend und
vor allen Dingen auch rasch abläuft, wenn eine Reihe verschiedener, zivechmäßig
aufeinander eingestellter Bakterienarten nebeneinander und miteinander auf den Flachsstengel
einwirken, und zwar wurde gefunden, daß Bakterien der Mesentericusgruppe, indolbildende
und nichtindolbildende Bakterien der Coligruppe sowie Sproßpilze in der Röstflüssigkeit
gleichzeitig vorhanden sein müssen, um einen befriedigenden Ablauf der Röste zu
gewährleisten.
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Das neue Verfahren besteht nun darin, daß der natürlichen Wasserröste
eine Kombination von Bakterien der Mesentericus: gruppe, indolbildende und nichtindolbildende
Bakterien der Coligruppe sowie Sproßpilze oder, falls die eine oder die andere dieser
Bakterienarten bereits in genügender Menge in der Röste vorhanden ist, die im Einzelfall
fehlenden dieser Bakterienarten zugefügt werden. Durch den Zusatz dieser Kombination
von Bakterien wird der Gehalt der Röste gerade an diesen für den Röstvorgang wesentlichen
Bakterien über die nororaler
Weise in der Röste vorhandene Menge
erhöht und hierdurch erreicht, daß die Röste in erheblich kürzerer Zeit, umd zwar
in weniger als der `Hälfte der bei einer gewöhnlichen Wasserröste erforderlichen
Zeit, durchführbar ist. Das Verfahren stellt daher einen bemerkenswerten technischen
Fortschritt dar.
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Zur Gewinnung der der Röste zuzusetzenden Bakteriengruppen werden
zunächst aus einer großen Anzahl von Rösten die einzelnejn oben genannten, für den
Röstvorgang wesentlichen Bakterienarten herausgezüchtet und die so erhaltenen Kulturen
an künstlichen Rösten mit entkeimten Leinstengeln auf ihre Röstwirkung allein und
in Kombination mit anderen Kulturen geprüft, so daß die bezüglich ihrer Röstwirkung
besten Kulturen und de zweckmäßigste Kombination festgestellt werden können. Die
so auf ihre Röstwirkung geprüften Bakterienkulturen werden in der üblichen Weise
auf Nährböden, am besten unter Mitverwendung von Abkochungen aus Leinfasern gezüchtet.
Als Zusatz zur Röste gelangen dann entweder diese flüssigem Kulturen zur Verwendung,
welche die Bakterien mit ihren Fermenten enthalten, oder die von festen Nährböden
erhaltenen Bakterienrassen. Man kann die Kulturen auch in bekannter Weise an Trägersubstanzen,
z. B. Bolus, antrocknen und auf diese Weise lange Zeit haltbare und bequem zu handhabende
Präparate herstellen.
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Bei der Anwendung des Verfahrens wird in gleicher Weise wie bei der
beschriebenen Auslese der einzelnen Bakteriengruppen ermittelt, ob durch Zusatz
einzelner der genannten Bakterienarten der Ablauf des Röstvorganges beschleunigt
werden kann. Es hat sich jedoch als zweckmäßig erwiesen, im allgemeinen eine Kombination
der erwähnten Gruppen von zwei verschiedenen Colibakterien, Spaltpilzen und Mesentericusbakterien
etwa in - einem Verhältnis i : i o : a der natürlichen Röste zuzugeben, und zwar
z. B. pro Liter Röstflüssigkeit etwa i bis a g eines an Bolüs angetrockneten Präparates
mit einem Bolusgehalt von etwa z5- %. Diese Kombination bewirkt, in diesen Mengen
zugesetzt, die geschilderte Beschleunigung des Röstvorganges, so daß es im allgemeinen
einer besonderen Untersuchung der Röste nicht bedarf. In Sonderfällen kann es zweckmäßig
sein, den Gehalt der Röste an den einzelnen Bakterienarten festzustellen und auf
Grund dieser Ermittlungen die anzuwendende Kombination einzustellen.