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Verfahren zur ununterbrochenen Darstellung von Dichloräthylen aus
Acetylen und Chlor In den Patentschriften 254 o69 und 264 oo6 sind Verfahren beschrieben,
nach denen man eine Vereinigung von Chlor und Acetylen zu Dichloräthylen (neben
kleineren Mengen Acetylentetrachlorid) erzielt, indem man die Gase bei höherer Temperatur
unter Verwendung von Katalysatoren oder von kapillaren oder engen Räumen zur Reaktion
bringt.
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Die Patentschrift 254o69 gibt an, daß bei Verwendung von Eisen schon
bei Zimmertemperatur eine glatte Vereinigung erfolgt, während bei Anwendung von
Kohlenstoff in Form von Koks, Holz- oder Retortenkohle eine Temperatur von mindestens
14o' benötigt wird.
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Es wurde nun gefunden, daß bei Anwendung einer hochaktiven Kohle,
wie sie nach bekannten Verfahren hergestellt werden kann, eine Vereinigung der beiden
Reaktionskomponenten Acetylen und Chlor zu Dichloräthylen neben Acetylentetrachlorid
schon bei Zimmertemperatur erzielt werden kann.
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Infolge dieser günstigen katalytischen Wirkung der hochaktiven Kohle
bei gewöhnlicher Temperatur tritt die bei Anwendung von Eisen als Überträger oder
beim Arbeiten bei höherer Temperatur regelmäßig beobachtete Bildung von unverwertbaren
Kondensations- und Polymerisationsprodukten fast ganz zurück. Die Bildung von Ruß
kann, obgleich sie nur noch in minimalem Umfang auftritt, wenn man die Mischung
der Gase erst in der Kontaktkohle vor sich gehen läßt, ganz vermieden werden, und
zwar dadurch, daß man, ähnlich wie in der Patentschrift 204 883 angegeben, die Vermischung
der Reaktionsgase innerhalb einer der aktiven Kohle vorgeschalteten Schicht eines
indifferenten Stoffes, wie z. B. in einer Sandschicht, geschehen läßt.
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Es kann sowohl so gearbeitet werden, daß man als Reaktionsgase ein
Gemisch aus Chlor und einem erheblichen überschuß an Acetylen verwendet, als auch
so, daß ein Gemisch von wenigstens i Vol. Acetylen auf i Vol. Chlor mit einem Inertgas,
und zwar im Verhältnis von etwa i bis i o Vol. Inertgas auf 4 Vol. Reaktionsgas
zur Verwendung kommt.
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Das überschüssige Acetylen kann nach neuem Zusatz entweder in einer
zweiten Apparatur weiterverarbeitet oder in den gleichen Apparat zurückgeführt werden.
Beispiel Zur Durchführung der Reaktion wird vorteilhaft ein senkrecht stehender
Apparat, ähnlich dem in der Patentschrift 204883 zur Darstellung von Acetylentetrachlorid
beschriebenen, verwandt. In seinem unteren Teile enthält dieser, auf einem Siebboden
gelagert, die hochaktive Kohle, während der obere Teil ebenso wie die Zuführungsstutzen
für Acetylen und Chlor zur besseren Vermischung der Gase vorteilhaft mit Sand gefüllt
ist. Das beispielsweise durch einen Ventilator oder durch eine Pumpe rundgeführte
Gasgemisch, das nur einige Prozent Chlor enthält, durchstreicht daher die Sandschicht
und die Kontaktkohle von oben nach unten und führt
das gebildete
Dichloräthylen und Acetylen tetrachlorid mit sich fort, welche Erzeugnisse man dem
Gasgemisch - beispielsweise in einer mit Acetylentetrachlorid beschickten Waschvorrichtung
oder ohne eine solche -durch starke Abkühlung als Chlorierungsprodukte entzieht.
Das Reaktionsprodukt hat eine schwachgelbe bis wasserhelle Farbe, woraus man schon
schließen kann, daß es Polymerisations- und Kondensationsprodukte nur in kleinsten
Mengen enthält. Bei der fraktionierten Destillation des Produktes im großen hat
sich überdies ergeben, daß der im Destillierapparat verbleibende Rest aus Acetylentetrachlorid
besteht und nennenswerte Beimengungen von Kondensations- oder Polymerisationsprodukten
nicht enthält. Die Ausbeute ist daher annähernd quantitativ. Auch die Mengen an
Chlor und Acetylen., die in gleich großen Volumen dem im Kreislauf geführten und
in der Hauptsache aus überschießendem Acetylen bestehenden Gasgemische dauernd zugeführt
werden, entsprechen zahlenmäßig dem jeweils gebildeten Gasgemisch von Dichloräthylen
und Acetylentetrachlorid. Nach Abscheidung des Chlorierungsproduktes enthält das
Gasgemisch nur noch Acetylen, Spuren Salzsäure und etwa unverbrauchtes Chlor. je
nach der Verdünnung des Chlors in dem aus Chlor und Acetylen bestehenden Reaktionsgemisch
durch überschießendes Acetylen variiert die Zusammensetzung des Chlorierungsproduktes,
so daß man bei starker Verdünnung des Chlors im Gasgemisch wesentlich Dichloräthylen
erhält, während bei schwächerer Verdünnung der Acetylentetrachloridgehalt ansteigt.
Man kann aber auch leicht Chlorierungsprodukte einer mittleren Zusammensetzung gewinnen,
die beispielsweise zu 65 % aus Dichloräthylen und zu etwa 35 % aus Acetylentetrachlorid
bestehen. Die Reaktion verläuft @exotherm und kann schon bei gewöhnlicher Temperatureingeleitet
und in kleineren Laboratoriumsapparaten, bei langsamem Arbeitsgang auch bei dieser
Temperatur durchgeführt werden. jedoch je nach der Wahl der Betriebsapparatur, der
Art des Arbeitens - z. B. mehr oder weniger schneller Kreislauf des Gasgemisches,
mehr oder weniger starke Abkühlung des letzteren zwecks Ausscheidung der gebildeten
Chlorierungsprodukte oder Abscheidung derselben mittels eines hochsiedenden Lösungsmittels
- sowie je nach der prozentualen Zusammensetzung des Chlorierungsgemisches, das
aus Körpern von verschiedenen Bildungswärmen besteht, kann die Temperatur in größeren
Reaktionsgefäßen auch ansteigen.
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Vergleichsversuche zwischen aktiver Kohle als Katalysator einerseits
und Eisen bzw. Holz- und Retortenkohle andererseits haben zu folgendem Ergebnis
geführt: i. Aktive Kohle (Es wurde käufliche aktive Kohle verwendet.
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Die Korngröße betrug i bis 2 mm im Durchmesser.
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Herstellerin: I. G. Farbenindustrie Aktiengesellschaft, Leverkusen-I.
G.-Werk. Die Kohle wurde im Jahre 192 i bezogen.
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Die Maße des Reaktionsgefäßes betrugen: Länge = 5oo mm, Durchmesser
= 3 5 mm.
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Als Material für die Apparatur wurde Glas und Blei verwendet.
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Die Länge der Kohlenschicht betrug etwa 420 mm.) Die Anfangstemperatur
liegt bei aktiver Kohle bei io bis 2o°, die günstigste Arbeitstemperatur bei etwa
q.o bis 5o°. Beim Arbeiten mit einem Gasgemisch von z. B. 9o bis 95 % Acetylen und
5 bis io % Chlor bei einer Reaktionstemperatur von q.o bis 50° und einer Strömungsgeschwindigkeit
von 0,5 bis i,o m/Sek. besteht das gebildete Rohprodukt aus durchschnittlich
9o % niedrigsiedendem Dichloräthylen (Siedepunkt q.8°) und io % Acetylentetrachlorid.
Hochsiedende Polymerisationsprodukte fallen nicht an. Die Ausbeute auf 11
des Katalysators beträgt etwa 20 g/Std. Rohprodukt. 2. Eisen Bei Verwendung von
Eisen als Katalysator kann man ebenfalls bei niedrigen Temperaturen arbeiten. Die
Anfangstemperatur liegt bei etwa io bis 20°. Unter den bei aktiver Kohle angeführten
Arbeitsbedingungen ergaben bei Reaktionstemperaturen von q.o bis 5o° durchgeführte
Vergleichsversuche etwa 25 % Dichloräthylen; der Rest besteht aus Acetylentetrachlorid
und hochsiedenden Polymerisationsprodukten, die bei höheren Arbeitstemperaturen
wesentlich ansteigen. Die Ausbeute auf 11 des Katalysators beträgt etwa i
5 g/Std. Rohprodukt. Ausbeuten von etwa 8o % werden erst bei etwa i 5o bis 200°
@erhalten; hierbei bilden sich aber wesentliche Mengen von Polymerisationsprodukten,
und das gebildete Dichloräthylen besteht aus einem Gemisch von hochsiedendem (Sdp.
6o°) und niedrigsiedendem (Sdp. q.8°). 3. Holz- und Retortenkohle Bei Hdlz- und
Retortenkohle liegt dagegen die Anfangstemperatur bei etwa 13o° und die günstigste
Arbeitstemperatur bei 16o bis igo°, welche durch. Zuführung von äußerer Wärme erzielt
werden muß. Bei Temperaturen unter etwa 13o° tritt überhaupt keine Reaktion
ein,
während bei Temperaturen -über 2oo° der Zerfall des Acetylens bereits stört. Es
wurde festgestellt, daß innerhalb dieses TemperaturIntersTalls die Ausbeute an Dichloräthylen
mit steigender Temperatur zunimmt bis zu etwa 9o %, und zwar besteht das gewonnene
Dichloräthylen etwa zu je 5o % aus hoch- und niedrigsiedendem Dichloräthylen.
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Aus diesen Versuchen ergibt sich also, daß bei Anwendung von aktiver
Kohle als Katalysator bei der Herstellung von Dichloräthylen aus Acetylen und Chlor
folgende Ergebnisse erreicht werden a) Es werden bei niedriger Temperatur höchste
Ausbeuten an Dichloräthylen erzielt. b) Bei aktiver Kohle wird unter ioo° überraschenderweise
nur das niedrigsiedende Dichloräthylen (Sdp. q.8°) gebildet, während bei allen anderen
Katalysatoren bei allen angewendeten Temperaturen stets Gemische der beiden stereoisomeren
Formen entstehen. c) Bei Anwendung von aktiver Kohle werden keine hochsiedenden
Polymerisationsprodukte gebildet.