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Verfahren zur Herstellung von Platzpatronen Die Herstellung von Platzpatronen
für Selbstladewaffen bereitete bisher insofern ziemliche Schwierigkeiten, als die
schwache Vorlage des im Interesse einer guten Zersplitterung .und Zerstäubung aus
leichtestem Material, wie Holz, Papier, Nitrocellulose, Celluloid usw., bestehenden
Geschosses eine regelrechte Verbrennung des Pulvers nicht zuläßt, und daher in der
Waffe nicht der Druck zustande kommt, der für die V erschlußbetätigung notwendig
ist.
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Zwei. prinzipielle Wege sind zur Vermeidung dieser Übelstände bisher
mit teilweisem Erfolg beschritten worden.
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Der erste strebt eine Beschwerung der leichten Geschoßhülse an durch
Füllung mit einem fein verteilten oder körnigen, schweren Material, z. B. 31etallpulvern,
das entweder eingepreßt oder auch nur lose eingefüllt wird. Derartige Geschosse
bewirken wohl eine durchaus ordnung sgemäße Funktion des Verschlusses, bieten jedoch
keinerlei Gewähr für vollständige Zerstäubung, da das vorher oder beim Schusse hochkomprimierte
körnige :Material oft so zusammengeschossen wird, daß es als zusammenhängendes Stück
oder wenigstens in Form sehr grober Brocken den Lauf verläßt und dann noch auf große
Entfernung hin schwerste Verletzungen herbeiführen kann. Besonders nach etwas längerer
Lageruni derartiger Geschosse tritt diese Erscheinung als Regel auf. Auf dieser
Basis hergestellte Platzpatronen sind also praktisch nicht verwendungsfähig.
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Der zweite Weg besteht in der Verwendung einer sehr großen Ladung
eines höchst brisanten und energiereichen Pulvers, mit dem nicht nur die Patronenhülse,
sondern auch das hohle Geschoß ausgefüllt ist, und das durch eine besonders starke
Zündung zur ausgesprochenen Detonation gebracht wird. Dieses Verfahren bewährt sich
ganz gut bei kleinkalibrigen Waffen mit relativ schwachen Ladungen und unverriegeltem
Verschlusse, z. B. bei kleinkalibrigen Pistolen mit leichten Federverschlüssen,
ist aber für größere Kaliber mit verriegelten schweren Verschlüssen aus dem Grunde
nicht anwendbar, weil die hier not-«-endigen großen Pulverladungen die Waffe unter
allen Umständen zerstören würden.
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Gemäß vorliegender Erfindung werden alle diese Schwierigkeiten dadurch
beseitigt, daß man im Sinne des erst beschriebenen Weges ein schweres Geschoß herstellt,
die Beschwerung aber nicht wie bisher mit inerten Stoffen bewerkstelligt, sondern
mit explosiven, spezifischschweren Materialien. Ein derartiges Geschoß verhält sich
bei der Schußentwicklung anfangs genau so wie die mit inerten Stoffen beschwerten
Geschosse, ermöglicht also durch die schwere Vorlage ohne übermäßige Ladung und
damit ohne Gefahr für die Waffe den für die Funktion
des Verschlusses
gerade notwendigen Maximaldruck. verhindert aber zuverlässig Kugelschüsse oder Brockenbildung,
da ja die beschwerende -Masse durch ihre Explosion oder Verbrennung noch innerhalb
des Laufes sicher beseitigt und auch die eventuell benutzte Geschoßhülse durch diese
Explosion völlig zerstäubt wird. Das Verhalten dieser Geschosse ist in dieser Hinsicht
so ausgezeichnet, daß man beim Beschuß eines Papierbogens schon in zwei -Meter Entfernung
von der Laufmündung keine Splitterwirkung mehr nachweisen kann. während die üblichen
Platzpatronen für nicht repetierende Waffen und die oben beschriebenen Platzpatronen
mit Überladung noch bis zehn -Meter das Papier durchschlagende Splitter ergeben.
Neben diesen hoch einzuschätzenden Vorteil, besonders hinsichtlich Pistolenmunition,
tritt noch der wichtige Umstand, daß das Geschoß unter allen Umständen auch dann
noch völlig zerstäubt wird, wenn die Pulverladung aus irgendeinem Grunde, z. B.
Versehen bei der Ladung, zu schwach ist. Bei allen übrigen Platzpatronen werden
die Geschosse bei zu schwacher Ladung entweder gar nicht oder nur sehr unvollkommen
zerlegt, was ein ernstlich zu berücksichtigendes Gefahrenmoment darstellt.
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Die vorliegende neue Anordnung stellt somit einen wesentlichen Fortschritt
auf dem Gebiete dar, wobei noch hinzukommt, daß keinerlei Spezialpulver oder Zündungen
benötigt werden, die Herstellung der Patronen daher in keiner Weise schwieriger
oder teurer wird.
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Die praktische Ausführung dieses neuen Prinzipes erfolgt in der Weise,
daß man die üblichen leichten Geschoßhülsen aus Holz, Papier, Nitrocellulose, Celluloid
usw. mit den betreffenden schweren und explosiven Stoffen in losem, gekörntem oder
gepreßtem Zustand füllt.
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Die' Auswahl dieser explosiven Stoffe bietet einen weiten Spielraum.
Es eignen sich nicht nur einheitliche Explosivstoffe von hohem spezifischem Gewichte
hierzu, sondern auch geeignete -Mischungen aus leichten Explosivstoffen mit spezifisch
schweren, nicht unbedingt explosiven Stoffen, vorausgesetzt natürlich, daß durch
das -Mischungsverhältnis die Explosivität der -lasse noch gewahrt bleibt.
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Als einheitliche, schwere Explosivstoffe kommen in erster Linie die
-Metallsalze, vornehmlich die Bleisalze von Nitrokörpern, in Frage, z. B. Bleitrinitroresorcinat,
basisches Bleipikrat u. a. in., und zwar mit Rücksicht auf die manchmal zu
heftige Wirkung der reinen Stoffe zweckmäßig verdünnt durch Zusatz anderer schwerer
Stoffe entweder inerten Charakters, wie z. B. Blei oder anderer Metallpulver, oder
besser noch mit reaktiven Ei;enschaften, z. B. Bleioxyd oder insbesondere Bleisuperoxyd.
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Umeiner Entmischung vorzubeugen, werden derartige Mischungen am besten
unter Verwendung eines Bindemittels hergestellt, wofür sich neben Gummi - usw. am
zweckmäßigsten die selbst explosive Nitrocellulose erweist, und zwar in gelatiniertem
Zustande.
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-Nachstehend ein derartiges bewährtes Mischungsbeispiel:
-Nitrocellulose ........... .. 15 0 o |
Bleitrinitroresorcinat ........ 13 0 o |
Bleisuperoxyd ............. ; o ° o |
Sehr gut wirkende -Mischungen aus leichten Explosivstoffen und spezifisch schweren
Zusätzen sind mit -Metallpulvern oder besser noch mit Bleisuperoxyd beschwerte NTitrocellu@ose-und
N itroglycenn-Nitrocellulose-Pulver, z. B.
Nitrocellulose .......... 3o bis 5o0 a |
Bleisuperoxyd.......... ; o bis5o ° n |
Recht geeignet ist auch das durch -Nitrierung von Hexamethylentetramin erhaltene
Ccclotrimethylentrinitramin, das infolge seines hohen spezifischen Gewichtes auch
ohne Zusätze im gepreßten Zustande verwendet werden kann, besser aber noch in Mischung
mit -Nitrocellulose und Bleisuperoxyd.
Nitrocellulose .............. io ° o |
Cyclotrimethy lentrinitramin . . 36 0;'o |
Bleisuperoxy d ...... . ...... 54" o |
Derartige Geschosse können naturgemäß auch für die Platzpatronen nichtautomatischer
«-affen Verwendung finden.