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Herstellung von konzentrierter Salpetersäure Das Überführen von Stickoxyden
in Salpetersäure mittels Wasser wird gewöhnlich in großen gefüllten Türmen durchgeführt.
Die große Bemessung dieser Türme wird durch den eigenartigen Reaktionsverlauf bedingt.
Die Umwandlung von Stickoxyden in Salpetersäure durch Reaktion mit Wasser erfolgt
in zwei Phasen: 3N02+H@O=2HN03+NO (z) 2N0 "-0.=2N0. (2) Die erste Phase ist eine
Gleichgewichtsreaktion, die von dem Säuregehalt des absorbierenden Mediums und der
Temperatur abhängt. Die zweite ist nicht umkehrbar bei den gewöhnlichen Absorptionstemperaturen.
Sie ist viehmehr .eine Zeitreaktion, die viel Zeit verlangt, um einen praktisch
bedeutsamen Umfang anzunehmen, und daher die große Bemessung des bei gewöhnlichem
Atmosphärendruck arbeitenden Systems zur Absorption der Stickoxyde bedingt.
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Man hat zwar schon vorgeschlagen, die abwechselnde Oxydation und Oxydation
unter höheren Drucken .als Atmosphärendruck durchzuführen. Man hat aber dabei bisher
immer nur die gleiche Apparatur wie beim Arbeiten ohne Überdruck verwendet, nämlich
gefüllte Türme. Die Größe des Systems verringert sich dabei zwar im Verhältnis zum
Quadrat des Arbeitsdruckes; jedoch bleibt es auch beim Arbeiten bei höherem als
Atmosphärendruck, obschon dabei. die Größe des Turmes erheblich herabgesetzt werden
kann, gleichwohl ein unpraktisches Verfahren, und die Konzentration der erzeugten
Säure bleibt niedrig. Ein weiterer Übelstand ist dabei die komplizierte und kostspielige
Einrichtung, die ein solches Verfahren erfordert, wie auch allgemein das Arbeiten
in gefüllten Türmen schon aus dem Grunde zu beanstanden ist, daß die Menge des dem
Absorptionssystem zugeführten Wassers- vergleichsweise gering ist und dies eine
ungleiche Verteilung des Absorptionsmittels zur Folge hat.
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Erfindungsgemäß erzielt man eine höhere Ausbeute an konzentrierter
Säure, als dies nach dem üblichen Verfahren der Absorption von Stickoxyden in Wasser
möglich ist, dadurch, daß man unter Durchführung der Absorption und Oxydation unter
Drucken von über 3,5 Atm. eine in Absorptions- und Oxydationsräume unterteilte Kolonne
von an sich bekannter Konstruktion verwendet, wobei man die Oxydationsperioden durch
entsprechende Geschwindigkeitseinteilung des die Kolonne durchlaufenden Gasgemisches
zweckmäßig nicht kürzer als 3 Sekunden bemißt und in dieser Weise in wenigstens
zehn getrennten Absorptions- und Oxydationsstufen arbeitet. Man erreicht auf diese
Weise eine wesentliche Vereinfachung und demgemäß Verbilligung der Apparatur bei
gleichzeitiger Erhöhung ihrer Dauerhaftigkeit. Das neue Verfahren ist insbesondere
dann angezeigt, wenn es sich um die Erzeugung von konzentrierter Salpetersäure handelt.
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Bei der Durchführung desselben wird mit
einer Reihe
einzelner Posten Salpetersäure verschiedener Stärke gearbeitet; die in der Reihenfolge
geringer werdender Konzentration angeordnet sind und in denen Untersalpetersäure
,aus dem solche enthaltenden Gas aufgenommen wird, das der Reihe nach durch die:
einzelnen Säureposten; mit dem von stärkster Konzentration beginnend, geleitet wird.
Konzentrierte Säure wird dabei vom ersten Posten oder Säurebehälter abgezogen, und
jeder Posten oder Behälter wird allmählich mit schwächerer- Säure vom nächstfolgenden
Behälter beliefert, während der letzte Behälter mit Wasser beschickt wird. Die Tiefe
aller dieser Flüssigkeitsposten wird zweckmäßigkonstant gehalten. Das Stickstoffdioxyd
wird durch Oxydation von Stickoxyd erhalten, und jeder Absorption geht ein Oxydationsvorgang
voraus. Die Wechselvorgänge dieser unter erhöhtem Druck durchgeführten wechselnden
Oxydation und Absorption werden so lange wiederholt, bis praktisch alles Stickoxyd
absorbiert ist.
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Die für das Verfahren benötigten, Stickoxyd enthaltenden Gase können
beliebiger Herkunft sein. Man kann die nach dem sogenannten Lichtbogenverfähren
erzeugten Gase oder auch durch Oxydation von Ammoniak gewonnenes Stickoxyd verwenden.
Bei allen Herstellungsarten von Stickoxyd findet sich gewöhnlich freier Sauerstoff,
Luft oder anderes' saüerstoffhaItiges Gas damit gemischt, und dieser Sauerstoff
wird. hier für die weitere Oxydation des Stickoxyds zu Stickstoffdioxyd nutzbar
gemacht: Man kann aber auch noch nebenher Sauerstoff oder sauerstoffhaltige Gase
an beliebiger geeigneter Stelle zuführen, um den für die Umwandlung des Stickoxvds
benötigten Sauerstoff zu liefern. Bei praktischer Durchführung des Verfahrens wird
vorzugsweise bei. etwa 7 Atm. gearbeitet. Die Komprimierung der Gase kann in beliebiger
Weise erfolgen. Die Stickoxyde können mit Sauerstoff oder Luft gemischt werden,
und die Mischung wird dann durch Druck- verdichtet. Oft läßt sich das Stickoxydgas
nach Methoden gewinnen,: die, wie der Lichtbogenprozeß oder das Ammoniakoxydationsverfahren,
selbst unter Druck ausgeführt werden. In solchem Falle kann die Umwandlung der Stickoxyde
in Salpetersäure unter Druck sich unmittelbar an die Stickoxyderzeugung anschließen,
ohne daß der Druck unterbrochen wird. Wie bekannt; ist das in dem Gas enthaltene
oder während der Absorption gebildete Stickoxyd unter 'den bei der Absorptionsmethode
auftretenden Verhältmissen in Wasser unlöslich. Um die Stickoxyde für die Erzeugung
von Salpetersäure in vollstem Maße nutzbar zu machen, wird das Gesamtverfahren in
eine Reihe von wechselnden Absorptions- und Oxydationsphasen zerlegt. Für eine wirtschaftliche
Durchführung des Verfahrens kommt es ferner darauf an, daß für die Oxydation des
Stick-oxydszwis c 'hen 7 wei Absorptionsvorgängen eine geringste Zeitspanne
genügt. Diese ändert sich zwar etwas mit dem Arbeitsdruck; allein im allgemeinen
läßt sich mit einem Zeitraum von 5 Sekunden für jede Oxydationsphase auskommen,
doch genügen unter Umständen auch bereits Perioden von 3 bis q. Sekunden. Ebenso
ist es wichtig, daß zur Erzielung hochgradiger (etwa 6oooiger) Salpetersäure eine
-gewisse Anzahl von Absorptions- und Oxydationsphasen dabei nicht unterschritten
wird, und zwar sind mindestens zehn Oxydationsphasen und Absorptionsbehälter nötig,
um befriedigende Ergebnisse zu erzielen. Jede weitere Phase erhöht die Leistung,
und bei 15 Oxydationsstufen und ebensoviel Absorptionsphasen erhält man im allgemeinen
gute Ergebnisse.
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Im folgenden soll das neue Verfahren an Hand der Zeichnung unter Verwendung
von Produkten der Ammoniakoxydation erläutert werden, für die das Verfahren besonders
vorteilhaft ist, und zwar wegen der sehr beschränkten Menge Wasser, die zur Einführung
der Absorptionszwecke verfügbar ist. Auch kann man die Oxydation von Ammoniak leicht
unter dem auch für die Absorptionsphasen geeigneten und die Bildung von Stickoxyden
nicht beeinträchtigenden höheren Druck ausführen. In der auf der Zeichnung schematisch
dargestellten Apparatur drückt der Kompressor i Druckluft durch die mit einem Ventil
versehene Leitung 2 in den Lufttank 3 mit Austrittsleitung 6, die sich mit der Speiseleitung
5 des Arnmoniaktänks q. zu einem gemeinsamen Speiserobr ; vereinigt, das Luft und
Ammoniak in die Mischkammer 8 einleitet. Mit dieser Kammer ist ein Kontaktapparat
9 durch eine ebenfalls mit Ventil versehene Rohrleitung ro verbunden; während ein
Leitungsrohr i i aus dem Kontaktapparat zum Kondensator 12 führt, ,aus dem das flüssige
Kondensat durch ein Rohr 13 abzieht, und eine zweite Leitung 14 zu einer Oxydationskammer
15 führt, in die durch eine mit Ventil ausgestattete Rohrleitung 16 Luft aus dem
Tank 3 eingeleitet werden kann. Das Rohr 17 dient zur Fortleitung des gasförmigen,
das Rohr 18 zur Fortleitung des flüssigen Inhalts der Kammer 15; die Rohre
13 und 18 für die flüssigen Bestandteile vereinigen sich zu einer Leitun- i9, die,
mit Ventil versehen, zu einem oberen Abschnitt der Oxydations- und Absorptionskolonne
2o führt, während das Rohr 17 die Kammer 15 mit dem untersten Abteil 21 der
Kolonne in Verbindung setzt.
Die Kolonne besteht aus Abteilen 22,
die Absorptionsgefäße mit einer Öffnung im Boden 23 bilden, die zu einer Rohrtülle
24 ausgebildet ist, während eine überl.aufwand einen becherartigen Raum 25 absondert,
von dem ein Ablaufrohr 26 zum nächsten, tiefer liegenden Abteil 22 führt. Die überlaufwand
steht niedriger als die Rohrtülle 2q., die durch eine mittels Mutter und Bolzen
28 befestigte Kappe 27 abgedeckt ist, deren Austrittsöffnungen 29 nahe am Boden
23 liegen. Oben und unten ist die Säule durch Kugelschalen 3 o, 3 i abgeschlossen-,
die Schale 3 i ist durch eine Rohrleitung 32 mit einem Säuresammler 33 verbunden,
der ein Abziehrohr 35 und ein, Abzugsrohr 3q., beide mit Ventilen versehen, besitzt,
während die obere Schale 3o ein Gasauslaßrohr 37 trägt. Das oberste Abteil oder
Gefäß 22 nimmt ein Rohr 36 zum Einleiten von Wasser auf. Der ganze Turm ruht auf
einem Bodenstück 38. An geeigneten Stellen sind Manometer 39 und Messer 40 zum Anzeigen
der Gasströmung in die Leitungen eingeordnet.
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Ammoniak unter Druck geht vom Tank q. durch die Rohrleitung 5 und
den Messer 40, um sich im Rohr 7 mit der durch die Leitung 6 zuströmenden Druckluft
zu vereinigen, in die Mischkammer zu gelangen und als Gemisch durch die Leitung
io dem Kontaktapparat 9 zugeführt zu werden. Dampf und Stickoxyde gehen dann weiter
durch die Leitung i i zum Kondensator 12, in dem sich der Dampf verdichtet und dabei
etwas Stickoxyd unter Bildung von Salpetersäure absorbiert. Die flüssige Salpetersäure
scheidet sich _ im Kondensator ab und geht durch die Leitung 13, 19 in den Absorptionsturm,
etwa in dessen Mitte eintretend, während die Gase durch das Rohr 14 in die Oxydationskammer
15 geleitet werden, wozu bei Bedarf noch Luft vom Tank 3 durch die Rohrleitung 16
zugeführt werden kann. In der Kammer 13 angesammeltes Wasser oder flüssige
Salpetersäure gelangen durch die Leitung 18, i9 gleichfalls zum Absorptionsturm.
Die Stickoxydgase werden aus der Oxydationskammer 15 durch Leitung 17 zum untersten
Abteil oder Behälter 21 des Turmes übergeführt und ziehen durch die Rohrtülle 24
des Bodens 23 des untersten Abteils 22 und durch die Öffnungen 29 der Kappe 27 in
das erste Absorptionsgefäß, -wobei sie ihr Stickoxyd an die darin befindliche Flüssigkeit
abgeben. Das noch in den sauerstoffhaltigen Gasen verbleibende Stickoxyd oxydiert
sich im oberen Raume des Behälters 22 zu Stickstoffdioxyd, geht in den nächsten
Behälter 22 über und wird hier wieder durch die skrubberartige Wirkung der Kappe
27 seines Stickstoffdioxyds beraubt. Diese wechselnde Oxydation und Absorption erfolgt
dann weiter in jedem Abteil oder Behälter 22 des Turmes, bis die erschöpften Gase
durch die Leitung 37 fortgeführt werden.
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Dem obersten Behälter 22 wird Wasser durch die Leitung 36 zugeführt,
entweder ununterbrochen oder zeitweise. Dabei läuft dann Flüssigkeit über in den
Nebenraum 25 und durch das Rohr 26 in den nächsten, tiefer stehenden Behälter 22,
so daß der oberste Behälter fast reines Wasser enthält und die folgenden, tiefer
liegenden Behälter Salpetersäure von zunehmender Stärke enthalten bis zu konzentrierter
Säure im untersten Behälter. Luft und Ammoniak in den Tanks 3 und 4. werden unter
höherem als dem Außendruck gehalten, und dieser überdruck wird im ganzen Absorptions-
ünd Oxydationssystem aufrechterhalten. Ein Reduzierventil in der Leitung 37 ermöglicht
im Bedarfsfalle jede beliebige Minderung des Drukkes.
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Die gewöhnlichen Grenzen für den Druck in der Apparatur liegen etwa
bei 51/2 und i o1/2 Atm. Am besten arbeitet man bei einem mittleren Druck von 7
bis 8,5 Atm. Wenn die zu verarbeitenden Stickoxydgase, wie beschrieben, unter Druck
erzeugt werden, bedarf es gewöhnlich keiner weiteren Kompression; nur wenn dieser
Druck geringer ist als der im Turm anzuwendende, wird man die Gase vor ihrem Eintritt
in den Turm noch weiter auf den erforderlichen Druck verdichten. Dasselbe gilt für
die luft- oder sauerstoffhaltigen Gase, die für die Oxydation zur Anwendung kommen;
man komprimiert sie zusammen mit den Stickoxydgasen oder gesondert vor der Mischung
mit diesen.
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Zweckmäßig wird man den Oxydationsraum stets so groß wählen, d:aß
eine Zeitspanne von mindestens 5 Sekunden für den einzelnen Oxydationsvorgang zwischen
zwei Absorptionsvorgängen gegeben ist. Man erhält für die Gewinnung einer Salpetersäure
von über 550;ü eine beste Leistung bei wenigstens zehn Oxy- i dations- und ebenso
vielen Absorptionsstufen. Mit 15 Stufen erhält man ausgezeichnete Erf olge.
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Als Baumaterial für die Apparatur kommen vornehmlich Chromstahllegierungen
in Be- 1 tracht. Sie widerstehen 'sowohl den Drucken als auch dem Säureangriff und
dem der Oxyde.