-
Herstellung von Chlordioxyd. 'In. der Literatur werden zwei Verfahren
zur Herstellung von Chlordioxyd beschrieben.
-
Das eine Verfahren beruht auf der Zersetzung von Chloraten- mit starker
Schwefelsäure. Wegen der damit verbundenen Explosionsgefahr kann diese Herstellungsmethode,
wie sie vorher ausgeführt wurde; nicht zur- technischen Anwendung benutzt werden.
- Dieser Nachteil wird bei dem zweiten Verfahren umgangen, welches darin besteht,
rlaß man organische Reduktionsmittel auf Chlorate einwirken läßt, z: B. Oxalsäure,
nach B r a y (Zeitschrift für physikalische Chemie, Band 54, S. 574) oder 95°10
Ameisensäure, nach H o f man (Berichte, Band 48, S.816).
-
Bei diesen Herstellungsverfahren besteht keine Explosionsgefahr. Sie
sind aber für die technische Herstellung des Chlordioxyds wegen des großen Verbrauchs
an Reduktionsmitteln zu kostspielig (pro Mol. Kaliumchlorat werden nach B r a y
s Vorschrift 4,5 Mol. Oxalsäure,. - nach H o f m a n etwa 5o Mol. Ameisensäure verwendet).
-
Man hat bereits vorgeschlagen, durch Kombination der genannten Verfahren
eine technische Herstellung des Chlordioxyds zu ermöglichen. Durch Einwirkung einer
etwas über dem theoretisch erforderlichen Wert liegenden Menge Reduktionsmittel
und der Menge Schwefelsäure, welche bei der Zersetzung der Chlorate zur Überführung
des Kation in Bisulfat notwendig ist, auf. Chlorate hoffte man, ein billiges Verfahren
zur Herstellung des Chlordioxyds zu erzielen. Außer Ameisensäure und Oxalsäure,
welche wohl brauchbar, aber noch verhältnismäßig teuer sind, hat man Kohlehydrate,
wie Zucker. Holz, Stärke und Gellulose, vorgeschlagen. Die Verwendung dieser letzteren
Stoffe hat aber wieder den Nachteil, die Explosionsgefahr erheblich zu vergrößern
und außerdem die Ausbeute an Chlordioxyd noch erheblich stärker herabzusetzen als
bei Verwendung der. erstgenannten Stoffe. Das in dieser Weise erhaltene Gas enthält
wesentliche 1-Iengen Chlor, da ein Teil der Chlorsäure durch die Reduktionsmittel
unmittelbar zu Chlor reduziert wird, während ohne Anwendung von Reduktionsmitteln
nahezu reines Chlordioxyd erhalten wird. Die Ausbeute an Chlordioxyd bei der Verwendung
von Reduktionsmitteln wird außerdem noch durch den Umstand herabgesetzt, daß die
Schwefelsäure in verdünntem Zustand verwendet werden muß, was die Reduktion der
Chlorsäure zu Chlordioxyd in ungünstiger Weise beeinflußt.
-
Auch hat man vorgeschlagen, mit Sand vermischtes Chlorat, also ein
nicht in Form fester Stücke vorliegendes, sondern nur loses Gemisch beider Stoffe,
mit Schwefelsäure zu zersetzen - (Zeitschrift für anorganische Chemie (rqa5), Band
r¢7, S. 235 ff.). Eine Verminderung der Explosionsgefahr tritt jedoch
in
diesem Falle nur dann auf, wenn man sehr große Mengen des Verdünnungsmittels, verhältnismäßig
stark verdünnte Schwefelsäure, und entsprechend niedrigere Reaktionstemperaturen
anwendet. Solche Maßnahmen veranlassen aber eine schlechte Ausbeute an Chlordioxyd
und machen eine kontinuierliche Darstellung desselben unmöglich. Ferner können dabei
immer noch starke Explosionen auftreten, da .die lose Mischung von Sand und Chlorat
keinen genügenden Widerstand bietet, um kleinere lokale Explosionen in dem Reaktionsgemisch
zu isolieren. Außerdem tritt eine Entmischung der spezifisch sehr verschieden schweren
Bestandteile ein, was besonders bei kontinuierlicher Darstellung kaum zu verhindern
sein dürfte, und diese kann sofort eine heftige Explosion des gesamten Inhalts des
Reaktionsgefäßes verursachen.
-
Die Erfindung bezieht sich nun.auf einbilliges und vollständig ungefährliches
Verfahren zur Herstellung von Chlordioxyd aus Chloraten und Schwefelsäure. Es wurde
gefunden, daß die Explosionsfähigkeit des Chlordioxyds stark von der Temperatur
abhängig ist. Die kritische- Temperatur, unterhalb welcher praktisch -keine Explosion
mehr auftritt, ist etwa 65' C. Nun wird aber eine befriedigende Ausbeute
an Chlordioxyd nur bei Temperaturen erzielt, welche in der Nähe dieser kritischen
Temperatur liegen (z. B. bei etwa 6o° C). Da nun durch die Einwirkung der konzentrierten
Schwefelsäure auf das Chlorat Wärme entsteht, kann bei ,dem bekannten Verfahren
leicht eine lokale Erbitzung bis über die kritische Temperatur hinaus auftreten,
wodurch Explosionen veranlaßtwerden.
-
Die Erfindung gründet sich auf die Erkenntnis, daß diese lokalen Überhitzungen
umgangen werden können, wenn man -das Chlorat, gegebenenfalls unter Zusatz von Wasser
oder einer anderen Flüssigkeit, mit Chloraten und Schwefelsäure gegenüber indifferenten
anorganischen Stoffen in derartiger Weise mischt, daß das Gemisch eine verhältnismäßig
feste, trockene Masse bildet, worauf man dieselbe in Form kleinerer oder größerer
Stücke der Einwirkung von Schwefelsäure aussetzt, welche Körper bei der Einwirkung
der Schwefelsäure ihre Struktur behalten oder jedenfalls sich weniger schnell lösen
bzw. zerfallen, als das Chlorat in @eahtion tritt.
-
Das Verfahren gemäß vorliegender Erfindung kann in verschiedenen,
auf dem ob"uerwähnten Prinzip beruhenden Ausführungsformen durchgeführt werden.
-
Man kann z. B. das Chlorat mit Stoffen mischen, welche mit Wasser
abbinden :und dabei eine harte, feste Masse bilden, wie z. B. Gips. -Auch kann man
fein verteilte Stoffe verwenden, welche, ohne irgendeine Umsetzung zu erfahren,
zu Körpern von genügendem Zusammenhang geformt werden können.
-
`Weiter kann man das Chlorat in Form einer Lösung in porösen Körpern
aufsaugen lassen, die nachher ganz oder teilweise getrocknet: -werden.
-
Die in dieser Weise erhaltene Masse wird nötigenfalls grob zerkleinert
und gibt nun mit .Schwefelsäure, eine gleichmäßige Entwicklung von Chlordioxyd,
wobei Explosionen ganz.@ausgeschlossen sind, wenn die Temperatur unterhalb 65° C
gehalten wird.
-
Bei Verwendung konzentrierter Schwefelsäure kann gegebenenfalls am
Anfang der Reaktion gekühlt werden. Zur -Förderung der Entwicklung des Chlordioxyds
kann man :auch .noch ein den hier verwendeten Stoffen gegenüber indifferentes Gas
.einleiten, wodureh das-Entweichen des Chlordioxyds, welches in Schwefelsäure ziemlich
leicht löslich ist, erleichtert wird; auch wird dadurch das entstandene Chlordioxyd
verdünnt. Weiter kann man dem aus ChlQrat_und-anorganischen Stoffen bestehenden
Gemisch ein oder mehrere Salze zusetzen, welche mit Schwefelsäure indifferente Gase
(z.. B. Kohlensäure) entwickeln, ,wodurch gleichfalls die Entavicklung des Chlordioxyds
erleichtert wird.
-
Die oben beschriebene Ausführungsform vorliegenden Verfahrens, bei
welcher indifferente Gase . eingeleitet werden, kann gegebenenfalls noch dadurch
verbessert werden, daß man das einzuleitende Gas ganz oder teilweise mit gasförmigen,
organischen Reduktionsmitteln, wie Ameisensäure -oder Formaldehyd, sättigt. Es hat
sich überraschenderweise gezeigt, daß--dabei die. mit- der -üblichen Verwendung
der Reduktionsmittel -verbundenen Nachteile, nämlich die geringe Ausbeute an Chlordioxyd
durch. Reduktion: eines Teiles der Chlorsäure zu Chlor, zum größten Teile aufgehoben
.werden. Das in dieser Weise erhaltene Gas enthält 94 bis 96 °'o C10,> und nur 4.
bis 6°%a Cl.
-
Schließlich.kann das vorliegende Verfahren gegebenenfalls -noch durch
zusätzliche Verwendung von Katalysatoren verbessert .werden. Es ist bekannt, daß
kleine Mengen Vanadium- oder - Osmiumoxyd die Reaktion katalytisch beschleunigen.
Ähnliche katalytische Wirkung üben Mangan- und- Eisenoxyd auf die Reaktion aus.
-
Bei dem oben beschriebenen Herstellungsverfahren für Chlordioxyd sind
Explosionen ganz ausgeschlossen. Man kann sogar das nach der Erfindung hergestellte
Gemisch mit Schwefelsäure bis auf roo° erwärmen, ohne
eine Explosion
zu veranlassen, wenn man darauf achtet, daß keine größeren Mengen Chlordioxyd in
unverdünntem Zustand in dem Entwicklungsgefäß vorhanden sind. Es tritt nur eine
stürmische, mit einer starken Gasentwicklung verbundene Reaktion auf, wobei ein
wesentlicher Teil des Chlordioxyds in Chlor und Sauerstoff zerfällt.
-
Beispiele i. 2 Teile Kaliumchlorat werden mit i Teil Gips und Wasser
zu einer Paste gemischt. Nachdem nötigenfalls das überschüssige Wasser 'durch Abtrocknen
beseitigt worden ist, läßt man den Gips abbinden, wodurch eine harte, trockne Masse
entsteht. Diese wird gegebenenfalls grob zerkleinert und nachher zur Herstellung
des Chlordioxyds mit starker, z. B. 75- bis 96o'oiger Schwefelsäure behandelt, wobei
man darauf achtet, daß die Temperatur 65° nicht überschreitet. _ 2. Eine Mischung
von Natriumchlor at und Gips wird mit Natriumbicarbonat oder Kreide und Wasser versetzt.
Die gebildete Masse wird vom überschüssigen Wasser befreit und sich selbst überlassen,
bis sie hart geworden ist. Das erzielte Produkt wird in der in Beispiel i beschriebenen
Weise für die Entwicklung von Chlordioxyd verwendet.
-
3. 2 Teile Kaliumchlorat werden mit i Teil Gips gemischt und in der
in Beispiel i beschriebenen Weise zu festen Stücken geformt. Diese Stücke werden
in dem Apparat für die Entwicklung des Chlordioxyds mit starker, z. B. 75- bis 96@!oiger
Schwefelsäure versetzt; durch die Flüssigkeit leitet man einen gleichniäßigen Luftstrom,
welchen man zuvor durch eine Formaldehydlösung streichen läßt.
-
q.. Ein Gemisch aus 2 Teilen Kaliumchlorat und i Teil Gips versetzt
man mit o,ooo.2"!" Osmiumoxyd. Die Herstellung des Chlordioxyds findet weiter nach
Beispiel i statt.
-
5. Bimsstein wird mit einer konzentrierten wässerigen Kaliumchloratlösung
getränkt und unter Erwärmung getrocknet. Zur Herstellung des Chlordioxyds wird der
getrocknete Bimsstein mit konzentrierter Schwefelsäure behandelt bei einer 65° nicht
überschreitenden Temperatur.
-
Gegebenenfalls kann man die oben beschriebenen Verfahren noch mit
der an und für sich bekannten Verwendung organischer, reduzierender Stoffe kombinieren,
indem man dem Gemisch aus organischem Stoff und Chlorat Oxalsäure, Ameisensäure,
Kohlenhydrate usw. zusetzt. In diesem Falle verwendet man vorzugsweise verdünnte
Schwefelsäure.