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Verfahren zur Darstellung gerbender Stoffe Es wurde gefunden. daß
man Stoffe mit ausgezeichnet gerbenden Eigenschaften erhält, wenn man die Einwirkungsprodukte
konzentrierter Schwefelsäure auf Phenole oder Phenolderivate in Gegenwart von Harnstoff
mit Formaldehyd in stark schwefelsaurer Lösung bei erhöhter Temperatur kondensiert.
Dieses Verfahren unterscheidet sich scharf von bisherigen ähnlichen, beispielsweise
von dem der deutschen Patentschrift a62 558, bei denen ohne Harnstoff gearbeitet
wird. So werden z. B. bei Kondensationen von Phenolsulfonsäuren und Formaldehyd
bei Wasserbadtemperatur ohne Harnstoff wasser-und alkaliunlösliche Harze erzeugt,
während unter denselben Bedingungen bei Anwesenheit von Harnstoff in Alkali leicht
lösliche gerbende Stoffe entstehen.
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Andererseits hat man bereits Phenole mit Formaldehyd bei Gegenwart
von Harnstoff kondensiert, jdoch mit Hilfe sehr geringer Säuremengen, und ist so
zu festen Kunststoffen gelangt, die völlig unlöslich in Wasser und Alkalien sind
und für Zwecke des Gerbens nicht in Frage kommen.
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Die neuen Gerbstoffe gerben in Form ihrer leicht löslichen Salze in
schwach saurer Lösung die tierische Blöße zu einem vollen und weichen Leder von
heller Farbe und von guter Fülle, wie es mit den im Handel befindlichen künstlichen
Gerbstoffen bis jetzt nicht erreicht werden konnte. Sie zeigen die allgemeinenReaktionendergerbendenStoffe:
Leimfällung, Fällung basischerRarbstoffe und blaue Fällung mit Eisenchlorid. Seide
wird von ihnen mit beträchtlicher Gewichtsvermehrung beschwert. Sie können auch
mit andern gerbenden oder nicht gerbenden Stoffen zu Kombinationsgerbungen- vorteilhaft
Verwendung finden.
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Ein wesentlicher Vorteil, der neu hergestellten Gerbstoffe vor den
bekannten synthetischen, besonders denen der Patentschrift 262 558, liegt darin,
daß in schwach saurer Lösung gegerbt werden kann; beispielsweise genügt eine Acidität
von 1 g - etwa 3 ccm o,zn#Natronlauge der konzentrierten Lösung, um den Gerbstoff
voll zur Wirkung kommen zu lassen, und er kann somit ohne weiteres zur sogenannten
"Trockengerbung« verwendet «-erden. Dies ist jedoch keineswegs der Fall mit den
nach der erwähnten Patentschrift hergestellten Produkten, da deren Acidität bekanntlich
wesentlich höher liegt, und die Gerblösung in konzentrierter Form die Blöße auflösen
würde (siehe G r a s s e r, Synthetische Gerbstoffe, 1920, Seite 125,..'r26).
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Auch in der »Beizwirkung« auf Chromleder zeichnen sich die neu erhaltenen
synthetischen Gerbstoffe vor den bekannten Produkten mit Vorteil aus, da sie beim
Überfärben die Farbstoffaufnahme fördern und zugleich vorzüglich egalisieren. In
ihren Eigenschaften kommen sie den vegetabilischen Gerbstoffen näher als die schon
bekannten synthetischen Gerbmittel.
hn Herstellungsverfahren selbst
können an Stelle von Harnstoff auch harnstoffgebende Körper wie Metallcyanamide,
z. B.Kalkstickstoff sowie Ersatzmittel des Formaldehyds Verwendung finden; ferner
können die aus Formaldehyd und Harnstoff vorher erzeugten Kondensationsprodukte
mit Phenolsulfonsäuren und Formaldehyd kondensiert werden.
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Die Arbeitsweise wird an folgenden Beispielen erläutert.
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Beispiel i 2o Teile Phenol oder Kresol und 2o Teile konzentrierte
Schwefelsäure werden einige Zeit auf ioo bis iio' erhitzt, bis das Produkt gut wasserlöslich
geworden ist. Alsdann wird mit 15 Teilen Wasser verdünnt, und nach dem Abkühlen
auf 25' werden io Teile Harnstoff und nach weiteren io Minuten ziemlich rasch 15
Teile 3oprozentiger Formaldehy dlösung zugegeben. Darauf wird die Lösung eine Stunde
lang auf 8o bis go' unter gutem Rühren erhitzt und mit Natronlauge bis zur Erreichung
der Wasserlöslichkeit beim Verdünnen neutralisiert. Die dickflüssige, fast farblose
Masse ist nach dem Verdünnen mit Wasser ohne weiteres als Gerbbrühe verwendbar und
liefert ein schneeweißes volles und weiches Leder. Ein Zusatz von Mineralsäure zur
Gerblösung erzeugt einen weißen .Niederschlag.
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Beispiel 2o Teile gepulvertes Resorcin werden mit 2o Teilen konzentrierter
Schwefelsäure gemischt und auf 8o' erhitzt, bis alles Resorcin in Lösung gegangen
ist. Dann wird mit i5 Teilen Wasser verdünnt und auf 25' abgekühlt. Bei dieser Temperatur
werden e Teile Harnstoff und darauf rasch 14 Teile 3oprozentiger Formaldehydlösung
zugerührt. Der vorübergehend entstandene Niederschlag löst sich in der Wärme rasch
und vollkommen wieder auf. Es wird nochmals eine Stunde auf 8o bis 95' erhitzt
und auf eine praktisch brauchbare schwach saure Reaktion mit -Natronlauge eingestellt.
Die erhaltene dickflüssige gelbe Masse kann mit Wasser verdünnt und als Gerbbrühe
verwendet werden.
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Beispiel 3 ioo Teile Kresol und ioo Teile konzentrierter Schwefelsäure
werden bis zur Wasserlöslichkeit des Reaktionsproduktes erhitzt; darauf wird auf
25' abgekühlt und unter gutem Umrühren mit einer Lösung versetzt, die dadurch erhalten
wurde, daß 2ooTeilehalkstickstoff mit4ooTeilenWasser 2o Minuten gekocht, filtriert,
mit Schwefelsäure versetzt, vom ausgeschiedenen Calcium-Sulfat getrennt und auf
i 5o Teile eingeengt wurden. Beim Zugeben dieser erneut vom ausgefällten Calciumsulfat
abfiltriertenLösung darf die Temperatur der Kondensation nicht über 4o' steigen.
Nach io Minuten werden unter gutem Rühren 6o Teile 3oprozentiger Forinaldehydlösung
zugegeben; darauf wird nochmals 15 Minuten auf 8o bis 95' erhitzt. Das Reaktionsprodukt
fällt unlöslich aus, geht aber bei Zusatz von Alkalilauge wieder in Lösung. Die
freie Mineralsäure wird zur Hauptsache abgestumpft, bis vollständige Wasserlöslichkeit
erreicht worden ist, und wenn nötig, wird nochmals von ausgeschiedenem Gips abfiltriert.
Das Produkt zeigt sehr starkes Leimfällungsvermögen; bei Zusatz von Mineralsäure
tritt eine weiße Fälhzng ein.
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Beispiel 4 io Teile Salicylsäure und 2o Teile konzentrierter Schwefelsäure
werden so lange auf i2o bis 130' erhitzt, bis die Reaktionsmasse gut wasserlöslich
geworden ist. Darauf wird nach Zusatz von io Teilen Wasser auf 4o bis 5o' abgekühlt.
Zu dem ausgeschiedenen dicken Kristallbrei werden 5 Teile Harnstoff und 7 Teile
3oprozentiger Formaldehydlösung zugegeben; darauf wird nochmals 30 Minuten
auf i io bis 120' erhitzt und mit Natronlauge bis zur Wasserlöslichkeit neutralisiert.
Das Produkt ist leicht wasserlöslich und wird durch Zusatz von Leimlösung als dicker
weißer Niederschlag gefällt.
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Beispiel s 2o Teile Phenol oder Kresol werden mit 2o Teilen Schwefelsäure
bis zur Wasserlöslichkeit erhitzt; dann werden 2 -Teile Wasser zugefügt und auf
30' abgekühlt. Man fügt hierauf vorsichtig 4,5 Teile 3oprozentiger Formaldehydlösung
tropfenweise zu, wobei die Temperatur nicht über 30' steigen darf. Ist aller Formaldehyd
zugefügt, so setzt man noch 8 Teile Wasser zu, und gibt das gepulverte Kondensationsprodukt,
erhalten aus io Teilen Harnstoff und io,6 Teilen Formaldehyd mit 2 Teilen Schwefelsäure
(1 :5 Wasser), zu. Die Temperatur wird dann so lange auf 85 bis go' gesteigert,
bis unter gutem Rühren die Hauptmenge des weißen, in den meisten Lösungsmitteln
unlöslichen Kondensationsproduktes in Lösung gegangen ist. Zum Schluß wird in üblicher
Weise anneutralisiert.