-
Darstellung von Alkalicyaniden aus Kalkstickstoff Es ist bekannt,
aus Calciumcyanamid, insbesondere Kalkstickstoff, Blausäure bzw. Cyanide darzustellen,
indem man entweder das Metallcyanamid für sich mit Kohlenoxyd-Wasserstoff-Gemischen
oder im Gemisch mit Alkalicarbonaten bei q.-5o bis 7oo°, d. h. unter ihrer Schmelztemperatur,
behandelt. Im weiteren Ausbau dieser Erfindungsgedanken wurde nun die Feststellung
gemacht, daß sich die Bildung von Cyaniden aus Kalkstickstoff-Allkalicarbonat-Gemischen
allein mit Kohlenoxyd verwirklichen läßt gemäß der Formulierung CaCM, + Na2C03 +
CO = 2 NaCN -a- CaC03 -,L C02 (i) Erläuternd sei hierzu noch bemerkt, daß es sich
bei dem Verfahren in erster Linie um die Behandlung mit Kohlenoxyd allein handelt,
doch kann Kohlenoxyd auch im Gemisch mit Stickstoff und andern Gasen, darunter auch
ganz geringen Mengen Wasserstoff, der aber dann ebenfalls als indifferent anzusehen
ist, angewendet werden.
-
Bei oben angegebener Gleichung wird die Kohlenstoffaufnahme der festen
Phase, die notwendig mit der Umwandlung Cyanamid-Ion-- Cyanid-Ion verknüpft ist,
durch die Gasreaktion 2 CO --> C+ CO2 (2) gedeckt, was dadurch bewiesen wird, daß
der im Ausgangskalkstickstoff vorhandene Kohlenstoff auch am Ende der Reaktion mit
seinem gleichen absoluten Betrage noch vorhanden ist. Die Ausbeuten, die man nach
beiden Modifikationen des Verfahrens erhalten kann, betragen bis über go0;o des
eingebrachten Cyanamid-N als gebundener Cyanid-N.
-
Es wurde weiter die Feststellung gemacht, daß, da Gleichung (2) druckempfindlich
ist, eine Druckerhöhung zu einer Reaktionsbeschleunigung führt, allerdings ist dabei
für Ausschluß von fein verteiltem Eisen, Nickel o.,dgl. zu sorgen. Während nämlich
bei Atmosphärendruck bei den angewandten Geschwindigkeiten und Temperaturen die
Reaktion 2 CO = C -f- C02 nur bis zu dem Betrage verläuft als durch die Umwandlung
Cyanamid-Ion > Cyanid-Ion Kohlenstoff verbraucht wird, können bei höheren Drucken
auch darüber hinausgehende Zersetzungen eintreten.
Man ist bei der
Durchführung vorstehender Verfahren zur Umwandlung von Cyanamid in Cyanid nicht
unbedingt an die ausschließliche Gegenwart von Alkalicarbonaten gebunden, vielmehr
lassen sich die Carbonate zu einem Teil durch andere Salze, z. B. Chloride oder
Sulfate, ersetzen.
-
Es ist schon ein Vorschlag bekannt geworden, die Umwandlung.des Systems
Ba (CN)2 BaCN2+ C nach der Cyanidseite dadurch zu verschieben, daß man das aus Bariumcarbid
oder Bariumcarbidbildungsgemisch bei hohen Temperaturen (i ioo bis i 5o0°) erzeugte
Bariumcyanamid unterhalb i-,oo° mit kohlenstoffhaltigen Gasen behandelt. Es ist
aber keinerlei Hinweis auf das Verhalten des Systems Ca(CN)2 = CaCN2 -f- C bei 450
bis 7oo° bekannt, und in der Tat ist das erfindungsgemäße Verhalten unerwartet gegenüber
den bisherigen Feststellungen (vgl. z. B. K ü h l i n g, Ber. 40, 310; 41,
28; z. angew. Ch. 22, 1o9).
-
Beispiel i Technischer Kalkstickstoff mit 19% Srickstoffgehalt wurde
mit bei 25o° getrockneter Pottasche im Verhältnis i : i Mol. gemischt und 2i/2 Stunden
bei 55o bis 6oo° im Kohlenoxydstrom erhitzt. Das Reaktionsprodukt enthielt bei einer
Gesamtstickstoffausbeute von 96,75% 89,4% des eingebrachten Stickstoffs in Form
von Cyanid gebundenem N. Außerdem waren 2% HCN mit dem Abgas fortgeführt worden.
-
Beispiel 2 Ein Gemisch von technischem Kalkstickstoff mit i9,6% Stickstoff
und getrockneter Soda im Verhältnis i : i wurde bei, 3 Atm. und 6oo° mit Kohlenoxyd
behandelt. Nach i Stunde ergab sich eine Ausbeute von 89,4% Cyanid-N. -_ Beispiel
3 Ein Gemisch von Kalkstickstoff mit Soda und Kochsalz im Verhältnis i.- o,6: 0,4
wurde 2i/2 Stunden lang bei 6oo° im. Kohlenoxydstrom gehalten. Die Ausbeuten bei
Gesamtstickstoffausbeute im festen Produkt von 9538 % waren 8 i,o5 % gebundener
Cyanid-N, 0,53% NH3-N und 2,5% H CN-N im Abgas. Das vorstehende Verfahren unterscheidet
sich von dem in der Literatur bekannt gewordenen Vorschlag, durch Schmelzen von
technischem Kalkstickstoff (CaCN2+C) und Alkalichloriden oder -carbonaten ein sogenanntes
Schmelzcyanid herzustellen, einmal dadurch, daß ihm ein völlig anderer Reaktionsverlauf
zugrunde liegt: es wird bei ihm nämlich der zur Umwandlung des Cyanamidraldikals
in das Cyanidradikal notwendige Kohlenstoff nicht wie bei dem alten Schmelzverfahren
aus dem graphitischen Kohlenstoff, der dem technischen Kalkstickstoff aus Carbid
immer beigemischt ist, entnommen, sondern dieser stammt aus der Kohlenoxydgasphase.
Bei dem alten Verfahren betragen ,die Erhitzungstemperaturen, die zur Erreichung
einer tropfbaren Schmelze notwendig sind, mindestens i ioo°, liegen technisch aber
meistens darüber. Demgegenüber verläuft das neue Verfahren durchschnittlich 300°
tiefer, und zwar deutlich unter dem Schmelzzustand des Gemisches. Die durch dieses
Verfahren erzielten technischen Fortschritte liegen vor allem in der durch die tieferen
Temperaturen bedingte Heizstrom- und Materialersparnis und weiter vor allem in der
Apparaturschonung durch das Vermeiden alkalischer Schmelzen.