-
Durchgehende Einkammer-Druckluftbremse für Eisenbahnfahrzeuge. Im
Hauptpatent sind die Bedingungen für ein gleichmäßiges Bremsen eines Eisenbahnzuges
angegeben, durch das die gefährlichen Auflaufstöße der Wagen verhindert werden.
Diese Bedingungen sind die folgenden: Die Bremsprozente müssen der Nutzlast der
Fahrzeuge angepaßt sein, die Füllzeiten müssen trotz verschiedener Abnutzung der
Bremsklötze gleich sein, und die Bremsen müssen in sämtlichen Wagen gleichzeitig
angezogen werden. Die beiden ersten Bedingungen sind durch die Anordnung nach dem
Hauptpatent erfüllt. Die dritte Bedingung soll dadurch erfüllt werden, daß die Bremsen
der einzelnen Wagen durch Elektromotoren angezogen werden, die gleichzeitig von
der Lokomotive aus eingeschaltet werden. Diese Elektromotoren haben außerdem die
Aufgabe, die Bremskraft entsprechend der gewünschten Verzögerung zu verändern. Es
hat sich nun gezeigt, daß die Elektromotoren die Aufgabe des gleichzeitigen Einrückens
sämtlicher Bremsen nicht erfüllen können. Denn die großen Trägheitsmassen der Motoranker
verhindern eine schnelle und sichere Regelung des Bremsdruckes. Da die Schwingungen
dieser Massen nicht an sämtlichen Bremsen gleichmäßig verlaufen, so werden beim
Anziehen und Regeln der Bremsen an den verschiedenen Wagen auch wechselnde Bremskräfte
und Verzögerungen verursacht. Daraus ergibt sich, daß das gleichzeitige und gleichmäßige
Anziehen der Bremsen nicht erreicht wird.
-
Die vorliegende Erfindung vermeidet diese Mängel, indem sie die Aufgabe
des Motors auf zwei Steuerelemente verteilt. Ein am Bremsventil eines jeden Wagens
vor gesehenes, elektrisch gesteuertes Anlaßventil regelt das Anziehen der Bremse
und wird durch einen auf der Lokmotive befindlichen Schalter gleichzeitig mit allen
übrigen Ventilen im Zuge gesteuert. Bei der Stromunterbrechung, deren Dauer sich
nach der beabsichtigten Stärke der Bremskraft richtet, wird die durchgehende Druckluftleitung.
über ihre ganze Länge gleichzeitig und gleichmäßig in bestimmtem Maße entlüftet,
und das Bremsventil vermittelt das richtige Einstellen des Bremszylinderdruckes
oder der Bremsprozente. Der Stromverbrauch der kleinen, gleichmäßig und ohne schädliche
Massenwirkung und Reibung arbeitenden Steuermagnete beträgt je o,5 Watt. Eine Netzspannung
von 30 Volt reicht für die längsten Züge aus, und die Isolation und die Vereinigung
der elektrischen Kupplung mit der Druckluftschlauchkupplung zwischen den Wagen bereiten
keine Schwierigkeiten. Vor allem aber setzt die Einschaltung der Bremse an allen
Wagen gleichzeitig und gleichmäßig ein, da die Entlüftung durch
die
elektrisch gesteuerten Ventile gleichzeitig beginnt und gleichmäßig vonstatten geht.
-
Das Lösen der Bremse sowie das stufenweise Rückwärtsregeln des Bremsdruckes
wird dagegen durch Einlassen von Druckluft in die Hauptleitung, also durch Druckerhöhung
von der Lokomotive aus, vorgenommen, denn hier ist im Gegensatz zum Anziehen der
Bremse stets so viel Zeit vorhanden, daß das Auffüllen der Hauptleitung allmählich
ohne großen Druckunterschied zwischen dem ersten und letzten Wagen im Zuge erfolgt.
Da die Veränderung des Druckes und die Abnahme der Bremskraft gleichmäßig fortschreitend
von der Lokomotive nach dem Zugende vor sich geht, so wird der Zug immer gestreckt
bleiben.
-
Die vollkommene Regelbarkeit dieses Bremsventils und das Nachfüllen
der Hilfsluftbehälter während des Bremsens selbst vermeiden die große Gefahr, daß
die elektrischen Steuerventile durch ihre schnelle Wirkung und durch übermäßiges
Regeln leicht zur Erschöpfung des Luftvorrats und zum Versagen der Bremse führen.
-
Man hat bereits den Vorschlag gemacht, Einkammer-Druckluftbremsen
dadurch gleichzeitig anzuziehen, daß in der Nähe der Bremsvorrichtung li°gende Abblaseventile
gleichzeitig auf elektrischem Wege; geöffnet werden. Indessen wird durch diese Anordnung
die angestrebte gleichzeitige und gleichmäßige Verzögerung sämtlicher Wagen nicht
erreicht. Denn die vorgeschlagene Bremse ist nicht mit Einrichtungen versehen, durch
die der Bremsdruck sich den verschiedenen Hüben der Bremskolben und den verschiedenen
Wagengewichten anpaßt. Infolgedessen wird bei der vorgeschlagenen Bremse wohl das
Anziehen der Bremse gleichzeitig begonnen. Aber die Bremswirkung bzw. die Verzögerung
an den `Vagen wird je nach der Größe der Kolbenhübe und je nach dem Wagengewicht
sehr verschieden sein. Die gefährlichen Auflaufstöße der Wagen werden mithin nicht
verhindert. Die im vorstehenden angegebene 'Aufgabe der gleichzeitigen und gleichmäßigen
Bremsung wird also bei der vorgeschlagenen bekannten Bremse nicht erreicht. Diese
Aufgabe wird erst durch die neue Anordnung gelöst, bei der die sämtlichen .eingangs
genannten Bedingungen für eine gleichmäßige Br@mswirkung erfüllt sind.
-
Die Zeichnung veranschaulicht ein Ausführungsbeis;fiel in schematischer
Darstellung. Die in der Zeichnung dargestellte Bremse ist für Züge von ungleichem
Wagengewicht oder für solche Züge bestimmt, in denen einzelne Wagen nicht mit Bremsen
ausgestattet sind. Die 'Einrichtung -ist mithin in erster Linie für Güterzüge geeignet.
Findet die Bremse lediglich in solchen Wagen Verwendung, deren Gewicht nahezu gleichbleibt
und die ausschließlich mit anderen Bremswagen zu Zügen zusammengestellt werden,
so kann die Einrichtung fehlen, durch die die Bremse dem wechselnden Wagengewicht
entsprechend eingestellt wird.
-
Wie in der Patentschrift auseinandergesetzt ist, ist die Bedingung
für die Regelung des Bremsdruckes auf gleiche Verzögerung der Wagen unter der Annahme
verschiedener Wagengewichte und verschiedener Hübe der Bremskolben die folgende:
Px'fi+Ack'PY'fi-PIc'f2=O. In dieser Gleichung ist p" der Druck im Bremszylinder,
p,y der veränderliche Druck in der Hauptleitung, pll der Druck im Hilfsluftbehälter,
fi die Fläche eines mit dem Steuerschieber verbundenen Kolbens, auf den der Druck
g, im Bremszylinder übertragen wird, 12 die Fläche eines mit dem Steuerschieber
verbundenen Kolbens, auf den der Druck pl, im Hilfsluftbehälter wirkt, und c der
geringste Druck, auf den beim Bremsen der Druck p., in der Hauptleitung herabgesetzt
werden kann.
-
Die Bremse besteht aus einem Bremszylinder q., einem Hilfsluftbehälter
3 und einer Steuervorrichtung 30, die aus den folgenden Teilen besteht: In einem
mit dem Hilfsluftbehälter 3 durch eine Leitung 32 in Verbindung stehenden Gehäuse
31 ist ein Muschelschieber i angeordnet, der ,eine zum Bremszylinder 4. führende
Leitung 5 und einen Luftauslaß 6 steuert. Der Muschelschieber ist mit einem Kolben
2 verbunden, der das Gehäuse 31 abschließt und unter dem Druck pll im Hilfsluftbehälter
steht. Durch eine Kolbenstange 7 steht der Kolben mit einem zweiten Kolben 8 in
Verbindung, der auf der dem Gehäuse 31 gegenüberliegenden Seite durch Vermittlung
einer Leitung g mit dem Rohr 5 in Verbindung steht und daher unter dem Druck p.,
im Bremszylinder 4. steht. An der Kolbenstange 7 greift ein zweiarmiger Hebel io
an, der auf einem Zapfen 12 gelagert ist und finit einem Kolben 33 in Verbindung
steht, dessen Zylinder 13 durch eine Leitung 34 mit der Hauptleitung 35 in Verbindung
ist und von dieser den veränderlichen, Druck p,y erhält. Der Zapfen 12 läßt sich
in einem Schlitz des Hebels io derart verschieben,- daß die Hebellänge der Arme
des Hebels io sich ändert. Hierzu dient eine Stange i i, die an einer auf einem
Zapfen 36 angeordneten Schwinge 2o angreift.
-
Zu der Steuervorrichtung gehört ferner ein Ventilgehäuse i q. mit
Regelschieber 15-, der mit einem. durch eine Feder. z 6 -helastetzn Kolben
17
verbunden ist. Das Gehäuse 14. steht durch eine Leitung i 8 mit dem Gehäuse 31 in
Verbindung. Außerdem kann sie durch eine Leitung 37 mit der Hauptleitung 35 und
durch einen Kanal ig mit der Außenluft verbunden werden. Das Widerlager der Feder
16 ist an die Schwinge 2o angeschlossen, die mittels einer Spindel 21 von außen
verstellt werden kann. Eine Verstellung der Schwinge hat eine Veränderung der Spannung
der Feder 16 und eine entsprechende Veränderung der Übersetzung des zweiarmigen
Hebels io vom Kolben 33 zur Kolbenstange des Schiebers i zur Folge.
-
'In dem Steuerventil entspricht der unter dem Druck p,- im Bremszylinder
stehende Kolben 8 der Kolbenfläche f 1 des Wertes px # f, Der unter dem Druck ps,
stehende Kolben 33 entspricht dem Werte p,# f,. Demgemäß sind die Flächen der Kolben
33 und 8 gleich. Der Faktor pl,/c wird durch den zweiarmigen Hebelarm in in die
Regelung hinein: gebracht. Da pi, veränderlich ist, ist auch die Übersetzung des
zweiarmigen Hebels entsprechend veränderlich. Der unter dem Druck pl, stehende Kolben
2 entspricht der Kolbenfläche f, der Gleichung. Entsprechend den Vorzeichen der
Gleichung wirken die Kolben 8 und 33 in demselben Sinne, während der Kolben 2 diesen
beiden Kolben entgegengesetzt wirkt. Die Veränderung der Größe p,, erfolgt mittels
des Druckminderungsventils 15, 16, 17, das mittels der Spindel 2 1 durch Veränderung
der Spannung der Feder 16 eingestellt werden kann. Proportional zur Verstellung
des Druckes pl, mittels des Schiebers 15 wird auch das Übersetzungsverhältnis des
zweiarmigen Hebels io geändert.
-
Der Hilfsluftbehälter wird dauernd von der Leitung 35 aus gespeist.
Durch Vermittlung des Druckminderungsventils wird in ihm ein Druck aufrechterhalten,
dessen Höhe sich nach der mittels der Spindel 21 eingestellten Spannung der Feder
16 richtet. Beim Zusammenstellen eines Zuges wird die Feder 16 und gleichzeitig
mit ihr die Übersetzung des Hebels io eingestellt, so daß bei einer Bremsung die
Bremsprozente sämtlicher Wagen gleich sind. Entweicht Luft aus dem Hilfsluftbehälter
; durch Undichtigkeit, so vermindert sich auch der Druck im Gehäuse 14, so daß die
Feder 16 den Kolben 17 und den Schieber 15 nach rechts bewegt und durch die Leitungen
37 und 18 und das Gehäuse 31 Luft zum Hilfsluftbehälter strömen läßt. Ein überschuß
von Luft wird durch die öffnung ig abgelassen.
-
In der Leitung 3.1, und zwar zwischen der Leitung 37 und dem Zylinder
13, liegt ein Abblaseventil 38, welches durch einen Elektromagneten 39 geöffnet
werden kann. dessen Stromkreis zur Lokomotive führt: In -diesem Stromkreis liegen
die Elektromagnete sämtlicher Bremsen des Zuges, so daß diese von der Lokomotive
aus gleichzeitig erregt werden können, um die Ventile 38 zu öffnen. Die hierfür
erforderliche Spannung ist gering, so daß die Leitung in einfacher Weise innerhalb
der Hauptleitung verlegt werden kann.
-
Der Betrieb der Bremsen gestaltet sich folgendermaßen: Um die Bremsen
anzuziehen, werden vom Lokomotivführer sämtliche Ventile 38 mittels der zugehörigen
Elektromagnete 39 gleichzeLig geöffnet. Der Druckabfall erfolgt gleichzeitig
im ganzen Zuge und auf der Lokomotive. Sieht der Lokomutivführer auf seinem Manometer,
daß die gewünschte Druckverminderung eilgetreten ist, so unterbricht er die Erregung
der Elektromagnete gleichzeitig, worauf die Ventile 38 in allen Wagen gleichzeitig
geschlossen werden.
-
Durch das Abblasen der Luft aus der Saugleitung, der Leitung 3¢ und
dem Kolben 13 ist das Gleichgewicht zwischen den Kolben 2, 8 und 33 gestört, da
auf der linken Seite des Kolbens 33 eine Druckverminderung stattfindet. Der Steuerschieber
i bewegt sich nach rechts, so daß Luft aus dem Hilfsluftbehälter 3 und dem Gehäuse
31 durch die Leitung 5 dem Bremszylinder zuströmen kann. Der in diesem entsprechende
Druck p,Y wird auf. die rechte Seite des Kolbens 8 übertragen, so daß die Minderung
des Druckes im Zylinder 13 durch die Drucksteigerung auf der rechten Seite des Kolbens
8 ausgeglichen wird. Mithin entsteht im Bremszylinder ein Druck, der genau der Druckminderung
in der Leitung 35 entspricht. Der Schieber i hält das Rohr 5 so lange offen, bis
genügend Luft in den Zylinder 4. geströmt ist, um den der Druckverminderung in der
Leitung 35 entsprechenden Gleichgewichtszustand herzustellen.
-
Sollen die Bremsen stärker angezogen werden, so wird der Druck in
der Hauptleitung 35 und in den Leitungen 34. durch nochmaliges Öffnen der Ventile
38 auf elektrischem Wege weiter vermindert. Soll die Bremskraft verringert werden,
so steigert man den Druck in der Leitung 35. Durch entsprechende Steigerung des
Druckes auf der linken Seite des Kolbens 33 wird das Gleichgewicht des Steuerventils
gestört, und der Muschelschieber i wird nach links bewegt, bis so viel Luft durch
den Kanal 6 ausgeströmt ist, daß der Gleichgewichtszustand wiederhergestellt ist.
Wird in der Leitung 35 der volle Druck wiederhergestellt, so wird auch die ursprüngliche
Gleichgewichtslage des Steuerventils 6 wiederhergestellt.
-
Bei der Regelung wird der Druck in der Hauptleitung 35 niemals unter
den Höchstdruck
im Hilfsluftheliälter3herabgemindert. Infolgedessen
kann bei jeder Bremsung Luft aus der Hauptleitung in den Hilfsluftbehälter überströmen.
Die Bremse ist infolgedessen unerschöpflich.
-
Um zu verhindern, daß bei Zugzerreißungen i die im Hilfsluftbehälterenthaltene
Druckluft , durch die Leitung 18 und den Auslaß 19 des Gehäuses 14
ins Freie strömt, schließt der Muschelschieber I bei vollkommener Druckentlastung
in der Leitung 35, also in seiner äußersten Rechtsstellung, den Kanal 18
ab.
-
Die Steuerung der Bremse erfolgt durch Druckverminderung in der Hauptleitung
von einem Höchstdruck bis auf einen Mindestdruck, der gleich dem höchsten Druck
in den Hilfsluftbehältern ist, beispielsweise inner= halb der Grenzen von 5 bis
3 Atm. Um zu verhindern, daß durch- die elektrisch gesteuer-. ten Ventile 38 eine
bei unachtsamer Bedienung weitergehende Druckverminderung eintritt, können die Ventile
so ausgeführt sein, i daß sie sich selbsttätig schließen, wenn der zulässige Mindestdruck
(3 Atm.) erreicht ist. Das läßt sich beispielsweise dadurch erreichen, daß eine
Feder bestimmter Spannung das Ventil zu schließen sucht. Wird der Elektromagnet
erregt, so wird das Ventil entgegen dem Druck der Feder durch die Zug< kraft
des Elektromagneten vermehrt, um den auf das Ventil wirkenden Druck der Haupt- E
leitung geöffnet. Ist aber der zulässige Mindestdruck iri der Leitung erreicht;
so erhält der Federdruck-,das' @-Übergewicht; so daß-däs Ventil geschlossen- wird.
Män vermeidet durch diese Anördnüng nicht nur- eine-übermäßige Entleerung der Hauptleitung,
sondern auch eine Kraftvergeudung und Erschöpfung der Bremse, da die Hauptleitung
langer Züge eine recht beträchtliche Druckluftmenge enthält.
-
Es ergibt sich aus dem Vorstehenden, daß die Bedienung der Bremse
durch zwei Hilfsmittel,- nämlich- durch die elektrisch gesteuerten Ventile 38 und
die Einrichtung zur Wiederherstellung des Druckes@in der Leitung35 besteht. Erst
durch die Teilung der Regelvorrichtungen ist mit einfachen Mitteln ein gleichzeitiges
und gleichmäßiges Anziehen der Bremsen erreicht worden.