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Luftbremse, insbesondere für Eisenbahnen. Die Erfindung betrifft Luftbremsen,
insbesondere für Eisenbahnen, deren Bremsventil durch den Druck in der Hauptleitung
und im Hilfsluftbehälter gesteuert wird. Bei den bekannten Einkammerbremsen dieser
Art tritt allmählich eine Erschöpfung des Hilfsluftbehälters ein, wenn die Bremsen,
beispielsweise bei langen Talfahrten, oft schnell hintereinander gelöst und wieder
angezogen werden. Die Ursache hierfür liegt darin, daß der Druck im Hilfsluftbehälter,
der beim Bremsen dem Bremszylinder Luft zuführt, durch jeden Bremsvorgang abfällt,
und der Druck in der- Hauptleitung beim Anziehen der Bremsen bis auf eine unter
dem Druck ün Hilf sluftbehälter liegende Spannung herabgemindert werden muß. Die
Erfindung sucht ein Erschöpfen des Hilfsluftbebälters dadurch zu verhindern, daß
sie die Möglichkeit schafft, dem Hilfsluftbehälterauch während des Bremsens Druckluft
aus der Hauptleitung zuzuführen. Um dies zu erreichen, ist die Anordnung so getroffen,
daß der Hilfslufthehälter auf einen geringeren Druck aufgefüllt
wird,
als bei gelöster Bremse normal in der Hauptleitung herrscht. Durch Abstufung der
Luftpressung der Hauptleitung innerhalb dieses Üherdruckes findet die Regelung der
Luftpressung im Bremszylinder und damit der Bremskraft statt. Daher kann selbst
bei voll angezogener Bremse der Hilfsluftbehälter und Bremszylinder aus der Hauptleitung
nachgefüllt und die höchste Bremskraft gewahrt werden. Auch gewinnt man dadurch
die 'Möglichkeit, selbst an alten Bremsen bei großer Ai>ii,utztrng der Bremsklötze
und großem Kolbenhub die genügende Luftmenge zu liefern, so daß alle Bremsen mit
dem gewünschten Druck angezogen werden. Um dies zu erreichen, wird zwischen die
Hauptleitung und den Hilfsluftbehälter ein Druckminderungsventil eingeschaltet,
das im Hilfsluftbehälter immer nur einen bestimmten, unterhalb des Höchstdruckes
der Hauptleitung liegenden Druck einstellt.
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Die Steuerung der Bremskraft bei der neuen Anordnung geschieht nicht
mehr unmittelbar von der Hauptleitung. sondern unter "Zwischenschaltung einer Regelvorrichtung,
welche die Liftpressung zum Bremszylinder in Abhängigkeit von der durch (las Bremsen
hervorgerufenen Verzögerung selbsttätig einstellt. Zu diesem Zwecke wird ein an
sich bekannter Verzögerungsregler an-(I,eordnet, also ein Regler, der eine in der
Fahrtrichtung bewegliche federbelastete Masse als Regelkörper enthält. Die bei einer
Veränderung der Verzögerung eintretende Verschiebung dieser Masse dient zum Verstellen
(fies Schiebers eines Steuerventils, dessen verschiebbarer Spiegel in bekannter
Weise unter der Einwirkung der Luftspannung im Bremszylinder und einer dieser entgegenwirkenden
£sraft steht.
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Die Anwendung eines solchen Verzögerungsreglers zum Bremsen von Eisenbahnzügen
hat den Vorteil, daß der Bremsdruck nicht lediglich nach der Willkwr des Führers
bemessen wird, sondern nach der angestrebten Verzögerung. Infolgedessen trägt die
neue Anordnung den Schwankungen in den Ladege@vichten (leg \Vagen und der Reibungszahl
Rechnung, die (furch das Breinsklotztnaterial, die spezifische Flächenpressung,
die Klotztemperatur, die Reibungsarbeit und die Fahrgeschwindigkeit bedingt sind.
Bei Regelung des Bremsdrucks ausschließlich durch den Führer ist eine Schwankung
der Bremskraft und der Verzögerung unvermeidlich, wobei es zu unangenehmen Zerrungen
oder Stoßen zwischen den einzelnenWagenimZuge kommt. Damit aber die Bremskraft nicht
vollständig der Einwirkung des Führers entzogen wird, wirkt auf den Verzögerungsregler
ein Druakluftzylinder finit K.)" en, auf den der Druck in der Hauptleitung wirkt.
Durch Veränderung des Druckes in der Hauptleitung innerhalb der im vorstehenden
angegebenen Grenzen läßt sich mittels dieser Einrichtung die Verstellung des Bremsventils
durch die Masse des Verzögerungsreglers derart verändern, daß eine bestimmte Bremskraft
erzeugt wird.
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Auf der Zeichnung ist ein Ausführungsbeispiel der Erfindung für eine
Einkainmerbremse schematisch dargestellt.
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Die Bremsvorrichtung besteht aus einem an die Hauptluftleitung i angeschlossenen
Hilfsluftbeliälter3mit einem Füllventile undeinem Bremsventil 4., einem Steuerventil
g, einem Breniszvlinder io und einem Verzögerungsregler 33.
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Die durch den ganzen Zug laufende Hauptleitung i dient als Speise-
und Steuerleitung für die einzelnen Wagenbremsen. Die Druckluft gelangt aus dem
Hauptluftbehälter der Lokomotive, der dauernd durch eine Pumpe unter einem Druck
von beispielsweise 7 Atni. gehalten wird, über ein Steuerventil mit regelbarem Druck
in die Hauptleitung. Das Reduzier- oder Füllventil 2 speist den Hilfsluftbehälter
3 und hält in ihm dauernd auch während der gewöhnlichen Betriebsbremsung einen Druck
von etwa 5 Atni. (Erst bei Notbremsungen, wenn der Leitungsdruck unter 5 Atm. sinkt,
ist die Verbindung zwischen Hilfsbehälter und Hauptluftbehälter der Lokomotive unterbrochen.)
Der Kolben 5 des Bremsventils 4. steht auf einer Seite unter dein Druck der Hauptleitung
und auf der anderen Seite unter dem Druck einer Feder 6 und der im Luftbehälter
3 befindlichen Luft. Ein Druck von mehr als 6 Atm. in der Hauptleitung bewegt den
Kolben und den Steuerschieber 7 nach rechts, so daß der Bremszylinder io durch die
Rohrleitungen 8 und 21 und durch die Luftwege 29, 28 und 26 im Breinsdruckregler
g des Verzögerungsreglers finit der Außenluft verbunden, und die Bremse gelöst ist.
Ist der Druck in der Hauptleitung niedriger als 6 Atm., so werden Kolben 5 und Steuerschieber
7 durch den Druck der Feder und der im Hilfsluftbehälter befindlichen Druckluft
nach links gestellt, und die Druckluft strömt durch die Rohrleitung 8 nach dein
Bremsdruckregler B.
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Der Muschelschieber i.t des Brenisdruckreglers g gleitet auf einem
Grundschieber 2:I, der unter dem Druck einer Feder 25 und unter <leg im Bremszylinder
und im Zylinderraum 26 herrschenden Luftpressung sich verschieben kann. Da zu jeder
Luftpressung eine bestimmte Durchbiegung der Feder gehört, so wird der Grundschieber
für jeden Bremsdruck eine bestimmte Stellung einnehmen. Der Kanal 2; ini Grundschieber
verbindet
den Hohlraum des Muschelschiebers mit der Außenluft; der
Kanal 28 dagegen den Raum 26 mit dem Raum 29. Durch Verstellen des lfuschelschiebers
mittels der Lenkerstange 30 lassen sich der Bremszylinder und der Kanal 28 mit der
Außenluft durch den Kanal 2,7 verbinden und auch mit dem Raum 29, oder aber
gegen beide ganz absperren, wenn der Steg des Muschelschiebers den Kanal
28 überdeckt und ein zwischen Null und Maximum liegender Bremsdruck konstant
gehalten werden soll. Da der Grundschieber durch die zu steuernde Luftpressung im
Bremszylinder gezwungen ist, stets in die Abschlußstellung zum Muschelschieber zu
kommen, so läßt sich durch einfache Verstellung des Muschelschiebers der Bremsdruck
einstellen. Dieser ist Null, wenn der Muschelschieber rechts steht, hat dagegen
ein Maximum, wenn er, wie dargestellt, ganz links steht, und in den Zwischenstellungen
hat er einen entsprechend abgestuften Wert. Dieses Einstellen des Muschelschiebers
besorgt der Verzögerungsregler statisch zu der beim Bremsen auftretenden Verzögerung
des Fahrzeuges in folgender Weise.
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Der Verzögerungsregler 33 enthält in einem geschlossenen Gehäuse zwei
!um feste Zapfen 31 drehbare Doppelhebel 13, die durch Zahnbogen zwangläufig miteinander
gekuppelt sind, zwei ,auf diese einwirkende Druckfedern 17 und ein auf Kugeln 15
rollendes, in beiden Fahrtrichtungen leicht bewegliches hohlzylindrisches Gewicht
16. Der eine Hebel 13
ist durch die Stange 30 mit dem ' Muschelschieber
14 verbrunden, der andere mit einem Kolben 18, dessen Zylinder durch die Rohrleitung
2o an die Hauptleitung i angeschlossen ist. Die Hebel tragen an den anderen Enden
Druckrollen 32, die sich unter der Kraft der Federn 17 gegen das Gewicht
16 legen. und es in der Mittelstellung zu halten suchen. Wird nach dieser oder jener
Fahrtrichtung gebremst, so sucht das Gewicht unter dem @"erzögerungsdruck in der
Fahrtrichtung vorzueilen, dreht dadurch die Hebel und verstellt den Schieber 14.
Die Größe des Ausschlages und der Schieberverstellung hängt ab von der Massenwirkung
des Gewichts oder der Verzögerung und von der Größe der Luftpressung, die auf den
Kolben 18 wirkt. Je größer diese mit dem Druck in der Hauptleitung übereinstimmende
:Luftpressung ist, um so kleiner wird die Verzögerung; sie ist am größten, wenn
der Druck in der Hauptleitung Null wird.
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In der Lösestellung der Bremse ist der Kolben 5 mit dem Schieber 7
infolge des in der Leitung i herrschenden und auf die linke Seite des Kolbens 5
übertragenen Druckes gegenüber der in den Zeichnungen dargestellten Lage nach rechts
geschoben, so daß die Leitung 8 abgesperrt ist. ;Die Masse 16 des Verzögerungsreglers
und der Muschelschieber 14 befinden sich in der Mittelstellung, und der Grundschieber
24 ist vollkommen nach rechts geschoben. Üun die Bremse anzuziehen; wird durch-
Verminderung des Druckes in der Hauptleitung i der Kolben 5 mit dem Schieber 7 nach
links geschoben. Dadurch strömt Luft aus dem Hilfsluftbehälter 3 durch das Ventil
4 und die Leitu_:ng 8 in den Raum 29, ,und .aus diesem durch den rechts vom Muschelschieber
14 mündenden Kanal 28 in den Bremszylinder. Durch den in dem Raum 26 entstehenden
Druck wird der Grund-Schieber 24 nach links geschoben und der Kanal 28 mehr
oder weniger abgesperrt. Bei eintretender Verzögerung des Zuges bewegt sich die
Masse 16 nach rechts. Diese Bewegung wird durch -die Hebel 13, 13 und die Stange
3o auf den Muschelschieber 14 übertragen, der sichgleichfalls nach rechts bewegt
und den Kanal 29 vollkommen absperrt. Entweicht nun Luft aus dem Bremszylinder,
so wird der Grundschieber 24 inifolge der Verminderung des Druckes im Raum 26 nach
rechts geschoben. Daher ersetzt sich die Luft im Bremszylinder durch den Kanal
28 hindurch, bis dieser wieder abgedeckt wird. Übersteigt die Verzögerung
des durch den Verzögerungsregler eingestellte Maß, so bewegt sich die Masse 16 weiter
nach rechts. Ebenso bewegt sich der Muschelschieber 14 nach rechts, so daß die Mündung
des Kanals 28 unter den Muschelschieber gelangt ,und durch diesen reit dem Kanal
27 und durch den Auslaß 22 mit der Außenluft in Verbindung gelangt. Infolge des
Abströmens der Luft aus dem Bremszylinder wird die Verzögerung wieder auf das gewünschte
Maß herabgesetzt. Sinkt die Verzögerung, so bewegen sich die 1-Iaße und der Muschelschieber
14 nach links. Der Kanal 28 öffnet sich nach dem Raum 29, und D:rucklulft strömt
denn. Bremszvlinder zu, his die Bremskraft das Maß erreicht hat, bei dem die gewünschte
Verzögerung eintritt.
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Das Maß der Verzögerung wird durch den Lokomotivführer mittels des
Kolbens 18 bestimmt. Tritt eine starke Druckverminderung ein, so wird die einer
Verschiebung der :Maße 16 entgegenwirkende Kraft durch den Kolben 18 vergrößert.
Infolgedessen ist eine größere Verzögerung erforderlich, um den Muschelschieber
in dem bezeichneten Beipiel nach rechts zu bewegen. Der Grundschieber 24. wird also
weniger -weit nach rechts geschoben, so daß die für die Höhe der Spannung im Bremszylinder
maßgebende Feder 25 stärker zusammengedrückt, also auf höheren Bremsdruck eingestellt
wird.
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Der Verzögerungsregler wird zweckmäßig
so eingerichtet,
daß für die gewöhnlichen Betriebsbremsungen mit Verzögerungen bis zu i bis 2M/52
eine Druckregelung zwischen 6 und 5 Atm. in der Hauptleitung genügt. Die von der
Bremse hierbei verbrauchte Druckluft wird aus der Hauptleitung sofort ersetzt, und
man braucht nicht mehr eine Erschöpfung des Bremsdruckes, wie bisher bei der Einkammerhremse,
in langem Gefälle zu befürchten.
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Die Verzögerung im Zuge und damit die verschieden hohen Bremsdrücke
der Wagen sind bei dieser statischen Regelung vollkommen zwangläufig mit dem Hauptleitungsdruck
vor- und rückwärts in jeder beliebigen Abstufung regelbar, so daß der Führer den
Zug stets sicher in der Gewalt hat. Die Bremsung eines Zuges nimmt folgenden Verlauf:
Der Führer erniedrigt durch sein Steuerventil den Druck in der Hauptleitung etwas
unter 6 Atm., stellt dadurch die Bremsen auf eine geringe Verzögerung ein, bei der
noch keine Auflaufstöße durch das Nachhinken der letzten Wagenbremsen eintreten,
und geht nach Bedarf langsam mit dem Druck herunter bis auf 5 Atm., wo er die höchste,
normal zulässige Verzögerung von etwa 2 m/s2 erreicht. Um die Verzögerung zu verringern,
ist der Druck in der Hauptleitung wieder zu erhöhen; sie wird bei 6 Atin. zu Null,
so daß sämtliche Bremsen im Zuge wieder gelöst sind.
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Bei einer Notbremsung oder bei Zugtrennungen, wo die Hauptleitung
vollkommen drucklos wird, werden alle Wagen mit der gleichen höchsten Verzögerung
stillgesetzt. Durch die beschriebene Anordnung wird eine beträchtliche Verkürzung
der Bremswege gegenüber den mit anderen Bremsen bisher erreichten erzielt.
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Der Verzögerungsregler 33 ist staub- und wasserdicht abgeschlossen;
bei seinen kleinen Abmessungen läßt er sich ebenso leicht, wie das Bremsventil 4
und Füllventil 2, an jedem Wagen anbringen und auch in bereits vorhandene, finit
Drudkluftbreinse, seien dies Ein- oder Zweikaininerbremsen, einbauen.
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Die Anordnung des Bremsventils 4 ,hat die Wirkung, daß das Steuerventilg
und der Bremszylinder bei gelösten Bremsen vollkommen vom Hilfsluftbehälter abgesperrt
sind. Infolgedessen treten keine Verluste an Druckluft im Hilfsluftbehälter ein.
Fehlt ein solches Bremsventil, so steht der Raum 29 des Steuerventils unter Druck.
Der Kolben i8 ist vollkommen nach links gedrückt und hat den Muschelschieber 14
vollkommen nach rechts gezogen, so daß er den Kanal 28 von dem Raum 29 absperrt
und durch den Kanal 27 mit der Außenluft verbindet. Wenn eine solche Anordnung auch
möglich ist, so ist sie wegen der größeren Verluste an Druckluft doch weniger zweckmäßig.