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Selbsttätige Steuerung für Modellsegelschiffe. Die bisher bekannten
selbsttätigen Steuervorrichtungen für Modellsegelschiffe verfolgen den Zweck, das
Schiff auf einem geraden Kurs zu halten, wenn es vor dem Winde, d. h. mit achterlichem
Winde fährt. Sie treten nur dann in Tätigkeit, wenn das Schiff vom geraden Kurs
abweicht. Für die Fahrt am Winde, d. h. mit seitlichem Winde, brauchen Modellsegelschiffe
kein Steuer, weil hier durch richtige Ausbalancierung des Segelschwerpunktes gegen
den Lateralschwerpunkt eine gerader Kurs ohne Steuer erreichbar ist. Die meisten
Modellsegelschiffe sind ausschließlich für die Fahrt am Winde eingerichtet und deshalb
mit keinem Steuer oder nur mit feststehendem Steuer ausgerüstet.
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Die vorliegende Steuervorrichtung soll auf Modellschiffen, die am
Winde segeln, Verwendung finden. Im Gegensatz zu den schon bekannten Steuervorrichtungen
verfolgt sie den Zweck, dem Schiff nach einer festen oder veränderlich einstellbaren
Zeit, während der das Schiff eine gewisse Wegstrecke zurücklegen soll, eine andere
Kursrichtung zu erteilen. Dieses kann erfolgen entweder einmalig, wodurch das Schiff=
zu seiner Ausgangslinie (z. B. Ufer, zurückkehrt, oder in beliebig häufiger Wiederholung,
wodurch das Schiff einen Zickzackkurs fährt, das heißt es kreuzt.
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Die Betätigung des Steuers erfolgt bei der vorliegenden Steuervorrichtung,
ebenso wie bei mehreren schon bekannten, durch ein Gewicht g (Abb. z und z), das
.als Horizontalpendel an .der Drehachse des Steuers befestigt ist. Bei einer Neigung
des Schiffes fällt das Pendelgewicht nach der tieferen Schiffsseite und dreht das
Steuer. In Erweiterung dieses Gedankens kann bei der vorliegenden Steuervorrichtung
das Pendelgewicht auch an einer besonderen vertikalen oder etwas geneigt stehenden
Achse angeordnet sein (Abb. a), die mit der Achse des Steuers gekuppelt ist. Neuartig
ist bei der vorliegenden Vorrichtung der Gedanke, daß das Pendelgewicht nicht sogleich
bei .eintretender LTberneigung des Schiffes in Wirksamkeit tritt, sondern erst nachdem
es durch eine Zeitauslösung freigegeben ist und ferner daß beim Wechsel der Schiffsneigung
das Pendelgewicht in der Mittellage zunächst wieder festgehalten und erst nach erneutem
Ablauf der eingestellten Zeit wieder freigegeben wird.
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Die Zeitauslösung kann beliebiger Art sein, z. B. ein mechanisches
oder elektrisches Getriebe, Gesperre, Bremsvorrichtung und andere. Für die Versuchsausführung
wurde ein Behälter b gewählt, der um eine parallel zur Schiffsmittellinie gelagerte
Achse pendeln kann und der in der Achsenrichtung in zwei gleiche Hälften unterteilt
ist, die durch einen regulierbaren Abschluß miteinander in Verbin-
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stehen. Der Behälter b ist zum Teil erfüllt mit einem fließenden Inhalt, der je
nach Einstellung des Abschlusses in längerer oder kürzerer Zeit von einer Hälfte
zur anderen überfließen kann. Die Aufhängung des Behälters ist @so gewählt, daß
er bei. betrcebsmäßiger Füllung und geöffneter Durchlaßöffnung sich im labilen Gleichgewicht
befindet. Der gesamte Inhalt wird daher stets in einer der beiden Hälften zusammenfließen,
und diese herabdrücken. Andererseits wird ein Anheben der gefüllten Hälfte nur wenig
über die Horizontale genügen, um den ganzen Inhalt nach der anderen Hälfte überfließen
zu lassen, so da.ß diese herabsinkt. Die Schräglage des Behälters ist derart begrenzt,
daß durch die beim Segeln zu erwartende Schiffsneigung die gefüllte Hälfte des Behälters
bis über die Horizontale gehoben werden kann. Wenn nun die Neigung des Schiffes
einen gewissen Winkel überschreitet, fließt der Inhalt des Behälters nach der tiefer
liegenden Hälfte und bringt sie zum Herabsinken.
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Zum Festhalten des Pendelgewichts in der Mittellage sind am Behälter,
rechts und links von seiner Drehachse, zwei Knaggen k angebracht, die das Pendelgewicht
so lange festhalten, bis einer der Knaggen infolge Schrägstellung des Behälters
so weit herabgesunken ist, daß das Pendel von ihm frei kommt (Abb.3). Benn Wechsel
der Schiffsneigung wird das zurückfallende Pendelgewicht von dem höherstehenden
der beiden Knaggen zunächst in der Mittellage festgehalten und erst nach dem Herabgehen
dieses Knaggens freigegeben.
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Aus baulichen. Gründen ist das freie Ende des Gewichtspendels, das
zwischen den Knaggen gehalten wird, als Querhaupt h ausgebildet. Dadurch erhalten
die Knaggen etwas größere Abmessungen und größeren Abstand vom Drehmittelpunkt des
Behälters.
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Die Wirkung des Pendelgewischtes auf das Steuer kann beliebig ausgestaltet
werden. Wenn das Pendelgewicht an der Achse des Steuers unmittelbar angreift und
nach vorn im Schiff gerichtet ist (Abb. z), so bewirkt sein Ausschlag nach der tiefer
liegenden Schiffsseite (Lee) ein Aufdrehen des Schiffes gegen den Wind (über Stag
gehen). Das gleiche wird eintreten, wenn für das Pendelgewicht eine besondere vertikale
Achse angeordnet und diese mit der Steuerachse im gleichen Sinne drehend gekuppelt
wird (Abb. ¢ und 5). Die Anordnung einer besonderen Pendelgewichtsaclhse hat den
Vorteil, daß man die Wirkung des Steuergewichtes leicht umkehren kann, etwa durch
gekreuztes Gestänge oder gekreuzten Seilzug (Abb.5, wie gestrichelt gezeichnet).
Das Schiff führt alsdann eitre Wendung aus, die es vom Winde abdreht (es halst).
Ferner kann durch Wahl ungleich langer Hebel der Winkel .des Steuers gegenüber dem
des Pendelgewichtes größer oder kleiner gemacht werden.
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Es kann der Fall -eintreten, da3 bei wechselnder Windstärke die -erwartete
Schiffsneigung nicht voll erreicht wird und daß dann die tiefer Liegeende Hälfte
des pendelnden Behälters b nicht so weit aufgerichtet wird, daß ein Überfließen
des Inhalts nach der Leeseite des Schiffes hin eintritt. Es ist ,deshalb eine Einrichtung
geschaffen worden, die den durch die Schiffsneigung erzeugten Aufrichtewinkel des
Behälters vergrößert. Dieses wird durch eine bewegliche Lagerung des Behälters erreicht,
welche den Behälter nach der Leeseite des Schiffes hinübergleiten läßt, wobei er
eine Drehung im aufrichtenden Sinne ausführt.
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Von den vielen Ausführungsmöglichkeiten, z. B. Rollen- oder Schlittenführung
usw., erschien .als der einfachste Weg die Lagerung des Behälters in, einem Rahmen
Y, der um eine tiefliegende Längsschiffsachse dreht und der um einen veränderlich
einstellbaren Winkel a nach jeder Schiffsseite ausschlagen kann (Abb. $). Der Rahmen
wird stets eine Schräglage in bezug auf die Mittschiffsebene einnehmen und bei einer
bestimmten Schiffsneigung mit dem in ihm hängenden Behälter nach der tieferen Schiffsseite
(Lee) überfallen. Der Ausschlagwinkel des Rahmens kann so klein gewählt werden,
daß das Überfallen schon bei geringer Schiffsneigung eintritt. An dein Rahmen sind
ferner veränderliche Anschläge a angebracht, die die Schräglage des Behälters begrenzen
und die beim Überfallen des Rahmens den Behälter zwingen, der Drehung des Rahmeins
zu folgen. Der Behälter wird also außer durch die Schiffsneigung noch durch den
Überfallwinkel 2a aufgerichtet, wodurch ein sicheres Arbeiten der Steuereinrichtung
auch bei geringer Schiffsneigung gewährleistet ist.
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Da nach Vorstehendem die Achse des Behälters b im Schiff keinen festen
Ort mehr hat, sondern mit .dem Rahmen von einer Schiffsseite zur anderen wandern
kann, ist auch die Hemmung oder Auslösung des Gewichtspendels g durch die am pendelnden
Behälter vorgesehenen Knaggen k nicht mehr angängig, weil sonst das Schiffssteuer
keine sichere Mittellage mehr haben würde, da es die Bewegung des Rahmens mitmachen
müßte. Die Halterung des Gewichtspendels in der Mittschiffslage erfolgt nunmehr
durch Anschläge, die einerseits mit festen Punkten des Schiffskörpers im. Verbindung
stehen, innderseits durch die Pendelbewegung des Behälters derart gesteuert werden,
daß sie das
Gewichtspendel zeitweilig freigeben und demnächst wieder
.hemmen.
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Gewählt wurden für die Ausführung zwei einarmige Hebel s, deren Drehpunkte
in der Nähe der Bordwand liegen -und deren freie Enden mit dem pendelnden , Behälter
durch Gelenkstangen gekuppelt sind (Abb.9). In der tiefsten Stellung gibt der eine
Hebel das Gewichtspendel nach der Leeseite hin frei, während der andere Hebel in
seiner höchsten Stellung steht und das Gewichtspendel beim Zurückgehen mittschiffs
festhält. Nach dem Überfallen des Rahmens wird das Gewichtspendel alsdann von beiden
Hebeln in der Mittschiffslage festgehalten.
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Die Einwirkung des Gewichtspendels auf das Steuer ist abhängig von
der Größe seines Eigengewichtes und der Schiffsneigung. Das Gewicht, das erfahrungsgemäß
recht beträchtlich sein muß, bildet eine unerwünschte Belasturig des Modellschiffes.
Es wurde des halb ein ausgeglichenes Steuer gewählt, dessen Druckmittelpunkt mehr
oder weniger vor der Drehachse liegt, ein sogenanntes Balanceruder mit vorlich liegendem
Schwerpunkt. Sobald bei Fahrt dieses Steuer mit nur geringer Kraft ein wenig aus
'der Mittschiffslage gedreht wird, wird es von der Wasserströmung erfaßt und in
die Hartlage gezwungen. Das Zurücklegen nach mittschiffs würde bei Fahrt einen großen
Kraftaufwand erfordern. Da aber das Modellschiff bei der Wendung die Fahrt fast
ganz verliert, ist auch ein Zurückbringen des Steuers nach mittschiffs mit geringer
Kraft möglich. Hieraus ergibt sich eine wesentliche Verminderung des auf das Steuer
wirkenden Pendelgewichtes.
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Der Zweck der vorliegenden Erfindung ist eine Erweiterung des Modellsegelsportes,
dahingehend, daß Modellschiffe, die bisher nur einen geraden Kurs segeln konnten,
nunmehr auch kreuzen können. Abgesehen von den Bestrebungen der Sportvereine, mit
ihren Modellschiffen möglichst große Geschwindigkeiten zu erreichen (Wettsegelfahrten),
wird doch ein wesentlicher Zweck des Modellsegelsportes, namentlich für den Einzelsegler,
in der Beobachtung des segelnden Schiffes und im Studium seiner Segeleigenschaften
bestehen. Eine Beobachtung des Schiffes für längere Zeit war bisher nur möglich,
wenn man dem Modellschiff mit Hilfe eines anderen Fahrzeuges folgte, da das auf
geradem Kurs segelnde Modellschiff sich bald dem Beschauer entzog. Auch war bei
beschränkten Gewässern ein häufiges Umlegen des Schiffes auf einen anderen Kurs
erforderlich. Die vorliegende Erfindung bezweckt, das Modellschiff längere Zeit
in der Nähe des Beschauers verweilen und bei den Wendungen das Spiel der Windkraft
besonders lehrreich in die Erscheinung treten zu lassen.