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Verfahren zur Lösung von Leder, Lederabfällen o. dgl. Es ist bekannt,
daß sich Leder, Lederabschnitte und Lederabfälle sowie Altleder in alkalischen Flüssigkeiten
lösen lassen und daß diese Tatsache sowohl für lohgares als auch rür alaungares
und chromgares Leder zutrifft sowie auch für die nach anderen chemischen Gerbverfahren
hergestellten Lederarten.
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Die Lösung von Leder in alkalischen Flüssigkeiten vollzieht sich beim
offenen Kochen der Lederabschnitte oder Lederabfälle, jedoch nur mit Ätznatron und
Ätzkali restlos, und zwar um so rascher, je mehr überschüssiges _ltzalkali verwendet
wird.
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Trockenes reines Leder hat eineVerseifungszahl von 9o, bezogen auf
KOH, und 68, bezogen auf NaOH. Wenn man aber praktisch, z. B. in Natronlauge, Lederabfälle
löst, so kommt man beim offenen Kochen mit der theoretischen Menge von 68 g NaOH
auf r kg trockene Lederabfälle nur schlecht und langsam ans Ziel, und die dickeren
Lederteile quellen zwar stark auf, aber eine glatte Lösung tritt nicht ein.
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Noch schlechtere Löser sind beim offenen Kochen die Karbonate rles
Natriums und Kaliums (Soda und Pottasche) sowie Ammoniak und Ammoniumkarbonat und
andere alkalisch reagierende Verbindungen, wie z. B. Natriumstilfit, Borax, Wasserglas;
während die stark basischen Erdmetallhydroxyde, der Atzkalk und auch der in jeder
Konzentration lösliche Atzbaryt überhaupt nur einen Teil des Leders aufzulösen vermögen.
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Bei einer Reihe von Versuchen zur Lösung von Leder mit den verschiedensten
Chemikalien unter Druck im Autoklauen wurde nun gefunden, daß im Autoklauen die
Lösung des Leders mit alkalischen Substanzen viel schneller und restloser erfolgt
und sich die dickeren Lederteile ohne vorherige Zerkleinerung; glatt lösen, ferner,
daß man mit viel geringeren Mengen Alkali auskommt als beim Lösen durch offenes
Kochen und daß die Menge der alkalischen Substanzen sogar ein wenig unter der Menge
gehalten werden kann, welche äquivalent ist der nach der Verseifungszahl des Leders
zurAuflösung von roo g Leder nötigen Menge von 6,8 g NaOH.
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Außerdem lassen sich im Autoklauen Lederlösungen von konstanter Trockensubstanz
herstellen, da bei der Lösung ein Einkochen nicht stattfindet, und die erhaltenen
Lederlösungen lassen sich nach Zugabe der nötigen Menge alkalischer Substanzen zur
Auflösung eines weiteren Lederquantums benutzen, so daß man nach mehrmaliger Wiederholung
des Vorganges direkt aus dem Autoklauen hochkonzentrierte Lederlösung erhält und
die Eindampfkosten erspart. Beim offenen Kochen braucht man nämlich etwa die zehnfache
Menge Wasser und den zehnten Teil von beispielsweise NaOH, um ein Quantum Lederabfälle
glatt zu lösen. Geht man mit der Wasser- und Alkalimenge weiter zurück, so erhält
man schlecht filtrable Lösungen, da dieselben gallertartige, schleimige Teile von
ungelöstem Leder enthalten. Im Autoklauen dagegen kommt man beim ersten Ansatz mit
der
etwa siebenfachen Menge Wasser und etwa 6 Prozent von beispielsweise NaOH vom Ledergewicht
aus, und da hier nur Holz- und Schmutzteilchen zurückbleiben, welche sich leicht
abfiltrieren lassen, so läßt sich die Lederlösung direkt oder nach einer Filtrage
zur Auflösung weiterer Ledermengen verwenden und auf diese Weise konzentrieren.
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Auch werden alkalische Substanzen, wie Ammoniak, Ammoniumkarbonat,
Soda, Pottasche, Na Zfi03, Wasserglas, Borax usw., welche beim offenen Kochen nur
sehr schlecht und teilweise lösen, im Autoklaven zu vorzüglichen Lederlösungsmitteln.
Diejenigen alkalischen Substanzen dagegen, die, wie Atzkalk und Ätzbaryt, mit dem
gelösten Leder - nämlich dem Gerbleim - schon unlösliche oder schwer lösliche Verbindungen
bilden, vermögen, wie beim offenen Kochen, auch im Autoklaven nur Teile der Ledersui)stanz
zu lösen.
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Freie Säuren, wie z. B. Milchsäure, Essigsäure, Ameisensäure als auch
neutrale und saure Salze, wie z. B. oxalsaures Ammonium, Kochsalz, NaHS03, Na2S.O3,
vermögen auch im Autokla'ven nur eine teilweise Lösung herbeizuführen, wenn man
eine der Verseifungszahl äquivalente Menge dieser SuLstanzen finit der siebenfachen
.Menge Wasser auf ioo g Leder 3 Stunden lang bei ioo bis i5o° C und o bis 6 Atm.
Druck behandelt. Ebenso verhielten sich wäßrige Lösungen von organischen schwachen
Basen, z. B. Anilin, Nylidin, Toluidin u. dgl. mehr.
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Dagegen zeigte sich, daß, wie die alkalischen Seifen von Ölen und
Harzen oder von hydrierten, oxydierten oder polymerisierten Ölen, Fetten, Fettsäuren,
Harzen und h1 ärzsäuren, auch die sauren Seifen zu Lederlösungsmitteln werden. So
löst beispielsweise eine wäßrige Auflösung von Türkischrotöl, d. h. sulferiertem
Rizinusöl, im Autoklav en unter Druck und Hitze das Leder vollständig auf.
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Gegenüber der bekannten Lösung der Lederabfälle in Alkalien durch
offenes Kochen hat die Autoklavenlösung den Vorteil, daß man hochkonzentrierte Lederlösungen
in kurzer Zeit herstellen kann, daß man zur Lösung Substanzen benutzen kann, die
beim offenen Kochen nur langsam und teilweise lösen., wie z. B. die billige Soda,
das N atriunisulfit und Ammoniak, und daß man restlose Lösung des Leders mit den
geringsten Mengen Alkali erhält, so daß nur Schmutz- und Holzteilchen zurückbleiben
und die Lösung leicht filtrahel wird und neutral ist.
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Daher ist die in vorliegender Anmeldung beschriebene Autoklavenlösung
des Leders in NaOH, KOH, NH40H, Na2C03, K.C03, Ammoniumkarbonat, Natriumsulfit,
Borax, Wasserglas u. dgl. alkalischen Substanzen sowie in alkalischen und sauren
Seifen gegenüber der bekannten Lösung des Leders in freiem Alkali durch offenes
Kochen ein «-esentlicher praktischer Fortschritt.
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Beispiele. i. In 3 8oo kg Wasser werden 30 kg Ätznatron gelöst
und in die heiße Lösung im Autoklaven 5oo kg Lederfalzspäne eingetragen, der Autoklav
geschlossen und bei ioo his i5o° C und o bis 6 Atm. Druck .2 Stunden lang erhitzt.
Die Lösung wird durch ein Drahtsieb filtriert, welches etwa a Prozent von der angewendeten
Ledermenge an Holz-und Schmutzteilchen zurückhält. Die blanke, tiefbraune Lösung
wird in den Autoklaven zurückgebracht, weitere 30 kg Ätznatron in ihr gelöst
und erneut 5oo kg Lederabfälle eingetragen und 2 Stunden bei ioo bis iS0° C und
o bis 6 Atm. Druck erhitzt. Die erhaltene Lösung wird nach Filtrage und Zugabe weiterer
3o kg Ätznatron und 5oo kg Leder ein drittes Mal 2 Stunden wie vorher im Autoklaven
erhitzt. Nach dieser Zeit filtriert marx aufs neue und erhält eine blanke, reine,
schwarzbraune, glänzende, 3oprozentige Lederlösung. _ Man kann auch so verfahren,
daß man nach jeweils i bis 2 Stunden Autoklavenkochmig die heiße Lösung durch einen
Sieb in einen zweiten bzw. dritten Autoklaven drückt un.l die weitere Alkali- und
Ledermenge dort zusetzt, so daß die gewünschte Konzentratioi1 in einer Batterie
von Autoklaven erreicht wird. Auch läßt sich der Vorgang in einem Autoklaven so
vornehmen, daß jeweils nach i- bis 2stündiger Kochung weiteres Alkali und Leder
zugesetzt wird und man nach Er, reichung der gewünschten Konzentration die Klärung
und Filtrage der Lösung am Schlus-,e vornimmt.
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2. In 3 800 kg Wasser werden .4o kg kalzinierte Soda gelöst
und in die heiße Lösung 5oo kg gemahlene Lederabfälle eingetragen und der Autoklav
geschlossen. Bei offenrni Entlüftungsventil wird nun erhitzt, bis die stürmische
Entwicklung der Kohlensäure, die von der Gerbsäure ausgetrieben wird, nachzulassen
beginnt. Dann wird das Ventil geschlossen und i;72 Stunden bei ioo bis i5o° C und
o bis 6 Atm. Druck erhitzt und nach Beispiel i weiter konzentriert und filtriert.
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3. In 3 8oo kg heißes Wasser werden 5oo kg dicke Lederabschnitte aus
Schubfabriken in den Autoklaven eingetragen, ioo kg Amrioniak (Simplex) hinzugefügt,
umgerührt und der Autoklav geschlossen und i Stunde auf ioo l:is 15o° C und o bis
6 Atm. Druck erhitzt. Die blanke, fast restlose Lösung wird analog Beispiel i durch
Zugabe von weiteren
Leder- erler Ammoniakmengen und erneute Erhitzung
im Autoklaven konzentriert und filtriert.
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In genau der gleichen Weise lösen sich l:is auf Schmutz- und Holzteilchen
Lederabfälle im Autoklaven bei ioo bis i5o° C und o bis 6Atm. Druck in folgenden
Mengen alkalischer Substanzen, die dein Ansatz von 6 g \a013 auf ioo g Leder und
etwa
750 g Wasser äquivalent gewählt sind.
3 8oo kg Wasser 5oo kg Leder . .1o kg Ammonkarbonat |
3 8oo - - 500 - - 138 - Porax |
3800 - - 500 - - 5o - Natriumsulfit Na2S03 |
3 8oo - - 500 - - 8o - Wasserglas. |
Für saure Seifen war folgender Lösungsansatz zur vollständigen Auflösung ausreichend:
3 8oo kg Wasser 5oo kg Leder 400 kg Türkischrotöl. |
Dagegen lösten im Autoklaen unter Druck bei ioo bis 15o° C und o bis () Atm. Druck
in 2 Stunden die folgenden Substanzen, wenn man auf ioo g Leder eine Menge verwendete,
die 6 g NaOH äquivalent ist und diese in 75o g Wasser löste, nur folgende Prozentsätze
des Leders
3 8oo kg Wasser 5oo kg Leder 120 kg Ätzbaryt gelöst 39 Prozent |
3800 - - 500 - - 30 - Ätzkalk - 23 - |
3 8oo - - 500 - - 70 - Anilinöl - 21 - |
3800 - - 500 - - 6o - Na2S203 - 24 - |
3800 - - 500 - - 32 - Ameisensäure - 18,5 - |
3 8oo - - 500 - - 68 - 1Nfilchsäure - 27 - |
3 8oo - - 500 - -- 47 - Ammonoxalat - 13 - |
3 8oo - - 500 - - 38 - Kreide - 25 - |
3800 - - 500 - - - Wasser - 12 - |
Es zeigte sich a'-er, daß, wenn der Auroklavenversuch mit Wasser nach Abfiltrage
des gelösten Teiles mit Frischwasser for tgeset.#t wurde und man jeweils 2 Stunden
auf :oo tis i5o° C und o bis 6 Atm. Druck erhitzte und den Versuch mit dem unlöslichen
Teil fünfmal wiederholte, sich stets neue Lederteile lösen, so daß nach fünf Autoklav
enhochungen #,c n je 2 Stunden etwa d.2 Prozent der angewendeten Ledermengen gelöst
waren. Diese Lösungen «-aren hellgelblich, reagierten sauer und enthielten. wie
durch Titration festgestellt wurde, eine solche Menge Säure, die 12,5 kg _NaOH entsprach.
Da für die Lösung von 5oo kg Abfällen
30 kg NaOH nötig sind, so entsprachen
i2,5 kg NaOH 2o8 kg gelöstem Leder, und das sind ,12 Prozent der verwendeten 5oo
leg Lederabfälle.
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Während also mit alkalischen Substanzen die Lösung so erfolgt, daß
ohne jede Spaltung und Ammoniakbildung die Lederabfälle glatt in Gerbleimlösungen
übergehen, tritt bei der Behandlung mit sauren Salzen, Wasser und neutralen Salzen
eine Spaltung unter Säurebildung ein, und die Lösung enthält neben Gerbsäure Leimsubstanz,
jedoch in solcher Form, dali eine Trennung dieser beiden Körper nicht glatt möglich
ist.
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Es sei schließlich noch erwähnt, daß, wenn die Alkalirnenge über die
als Norm zur Lösung von ioo kg Leder festgestellte :Menge von 6 kg NaOH erhöht wird,
man mit den Lederabfällen im Autoklaven gleichzeitig andere verseifbare Substanzen
auflösen kann, wie z. B. Harze, öle, Fette, Fettsäuren, Linoxyn u. dgl. mehr. Auf
diese Weise läßt sich die Eigenschaft der Lederlösung den einzelnen Verschiedenen
Zwecken anpassen, so z. B., wenn nach Patent 363703 Gewebe mit Leder imprägniert
werden soll und ein besonders harter Griff der Ware verlangt wird.
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.4. In 3 8oo kg Wasser werden 37 kg \ a011 gelöst und im Autoklaven
5oo kg Lederabfälle und 5o kg Harz eingetragen, der Autoklav geschlossen und 2 Stunden
auf zoo bis 15o° C und o bis 6 Atm. Druck erhitzt, die Lösung von den Holzteilchen
abfiltriert und nach Beispiel i konzentriert.