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Verfahren zur Herstellung einer hochaktiven Entfärbungskohle. Gegenstand
der Erfindung ist ein Verfahren zur Herstellung einer wohlfeilen Entfärbungskohle
von besonders hoher Entfärbungskraft.
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Bussy (Journ. de Pharm. Bd. 8, S. 257) hat als erster nachgewiesen,
daß beim Glühen stickstoffhaltiger Produkte mit Alkalien Kohlen von hoher Adsorption
gebildet werden und erklärte dieses mit der Bildung von Cyanalkali aus dem Stickstoff
der angewandten Substanz (vgl. auch Glassner und Suida, Jahresber. f. Chem. 1893
S.392). Stickstoffhaltige Ausgangsmaterialien (Blut, Fleisch, Horn u. dgl., Melasse)
stellen, mit Alkalien verkohlt, auch heute die Rohmaterialien zur Darstellung hochwirksamer
Entfärbungskohlen dar.
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Trotz der wertvollen Eigenschaften dieser hochaktiven Entfärbungskohlen
haben die so gewonnenen Produkte infolge ihres hohen Preises keine allgemeine Anwendung
in der Großindustrie gefunden, was darin begründet ist, daß die Ausbeute bei diesem
Verfahren nur sehr gering ist (6 bis 1o Prozent des Ausgangsmaterials) und weil
die als Futterstoffe oder Düngemittel wertvollen stickstoff- oder kohlehydrathaltigen
Materialien zweckmäßiger der Landwirtschaft zugewendet werden.
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Wohl wurde versucht, diese wertvollen Materialien durch minderwertige
Abfallprodukte zu ersetzen (z. B. nach den Patenten 44o63, 44534 136792) doch stehen
diejenigen aus stickstoffhaltigen Materialien (namentlich tierischen Ursprungs)
im Werte an erster Stelle (vgl. H. Köhler, Die Fabrikation des Rußes und der Schwärzen,
Braunschweig, 1912, S. 171, 4. Abs. und S. 17o, Abs. 4). Eine besondere Verteuerung
dieser Produkte wird noch dadurch hervorgerufen, daß beim Glühvorgang die angewendeten
Alkalien ganz oder teilweise in Cyanalkalien umgewandelt werden, deren Gewinnung
gegenwärtig nicht mehr lohnend ist.
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Nach dem vorliegenden Verfahren werden Entfärbungskohlen erhalten,
welche hinsichtlich ihrer Entfärbungskraft und Reinheit allen Anforderungen der
Technik und Wissenschaft entsprechen und im Preise selbst die wohlfeilsten Handelskohlen
(Knochenkohle, Holzkohle) nicht übersteigen.
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Das vorliegende Verfahren besteht darin, daß man Sulfitzelluloseablauge
im eingeengten oder eingedampften Zustande bei Gegenwart von Karbonaten der Alkalien
bei vollkommenem Luftabschluß auf helle Rotglut erhitzt und während des Glühvorganges
die entstehenden Gase absaugt, um eine Drucksteigerung auf alle Fälle zu vermeiden.
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Bei der geschilderten Arbeitsweise werden infolge der Anwesenheit
von schwefliger Säure, welche sich in der Zelluloseablauge in freier Form und an
Kalk gebunden vorfindet, eine Reihe von Übelständen auftreten. So wird durch die
schweflige Säure bereits beim Zusatz des Alkalikarbonats -dasselbe (dem Gehalte
an
freier und halbgebundener Säure entsprechend) in Alkalisulfit
verwandelt, das beim Glühprozeß die Eisenauskleidung des Glühraumes unter Bildung
von Eisensulfiden erheblich angreift. Ferner wird die glühende Kohle die Alkalisulfite
zu Sulfiden reduzieren, was mit einem Verluste an Ausbeute einhergeht. Es wurde
weiter gefunden; daß diese Übelstände dadurch vermieden werden, wenn die in der
Ablauge befindliche freie und halbgebundene schweflige Säure durch Erdalkalihydrat
oder -karbonat neutralisiert wird. Hierbei ist es jedoch nötig, daß, abgesehen von
jener Menge an Erdalkalihydrat oder -karbonat, welche zur Neutralisation der schwefligen
Säure erforderlich ist, noch ein weiterer Zusatz von Erdalkalikarbonat (oder liagnesiumkarbonat)
erfolgt. Nur durch diesen weiteren -Zusatz von Erdalkalikarbonat wird beim Glühen
die Umsetzung des Kalziumsulfites in das Alkalisalz verhindert. Die Temperatur des
Glühraumes darf hierbei den Schmelzpunkt der Masse nicht erreichen. Nach dem Glühen
ist die Kohle von dem Erdalkalikarbonat zu befreien, zwecks Entfernung der Kalkverbindungen
gegebenenfalls mit Salzsäure oder schwefliger Säure zu extrahieren und in üblicher
Weise zu trocknen.
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Falls die Kalkverbindungen für den Anwendungszweck hinderlich sind,
kann zur Vermeidung der nachträglichen Extraktion mit Säure das Verfahren zweckmäßig
derart weiter ausgebildet werden, daß das in der Zelluloseablauge befindliche schwefligsaure
Kalzium vor dem Zusammenbringen mit der Alkalikarbonatlösung entfernt wird.
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Die Filtration der mit Erdalkalihydrat oder -karbonat neutralisierten
Ablauge führt nicht zum Ziele, weil sich das gebildete Erdalkalisulfit infolge der
kolloiden Schutzwirkung der Ablauge nicht in genügendem Maße abscheiden würde. Dagegen
wurde gefunden, daß das Erdalkalisulfit aus der Ablauge entfernt werden kann, wenn
man die Ablauge mit Erda.lkalikarbona.t in großem Überschusse innig vermengt und
unter kräftigem Rühren auf hohe Konzentration eindampft. Beschleunigt wird dieserVorgang,
wenn die freie und halbgebundene schweflige Säure vor dem Zusatz des Erdalkalikarbonats
mit einem Erdalkalihydrat nahezu neutralisiert wird. Will man eine praktisch genommen
aschefreie Entfärbungskohle erreichen, dann wird die mit Erdalkalikarbonat vermengte
Ablauge zur Trockne eingedampft und mit Wasser oder besser mit Alkalikarbonatlösung,
welche (wie oben beschrieben) der Auslaugung des vorangegangenen Fabrikationsganges
entstammt, ausgelaugt und filtriert. Die weitere Bearbeitung ist der früher beschriebenen
Arbeitsweise gleich, nur entfällt die Extraktion mit Säure.
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Nach den oben beschriebenen Verfahren erhält man eine Entfärbungskohle,
welche den höchsten bei amorphem Kohlenstoff bisher erreichten Adsorptiontiter besitzt,
in einer Ausbeute von 24 bis 28 Prozent der eingedampften (karbonatfreien) Zelluloselauge,
eine Ausbeute, welche der an Holzkohle bei der Ofenverkohlung von lufttrockenem
Holz gleichkommt. Da bei dem Verfahren eine Bildung von Cyanalkali aus dem Alkalikarbonat
vermieden wird, so kann dieser teure Stoff nach der Auslaugung stets den weiteren
Fabrikationsvorgängen wieder zugeführt werden. Wie bereits angedeutet, ist daher
beim Glühprozeß Luftzutritt zu vermeiden, weil das glühende Alkalikarbonat den Stickstoff
derselben unter Cyanidbildung aufnehmen würde. Bei richtig geleitetem Glühvorgange
wird eine Probe der ausgelaugten Alkalikarbonatlösung beim Kochen mit Kalilauge,
Eisenchlorid und Eisensulfat und nachträglichem Zusatz von Salzsäure keine oder
nur eine unmerkliche Grünfärbung (infolge spurenweiser Bildung von Berlinerblau)
zeigen. Die Lösung wird ferner farblos oder durch Spuren von Eisensulfiden nur schwach
grünlich gefärbt erscheinen und geringe Mengen (o,2 bis o,8Prozent)Alkalisulfidenthalten.
Diese beiden Stoffe sind durch Karbonisierung mit Kohlensäure oder Alkalibikarbonat
leicht zu entfernen.
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Der Fabrikationsvorgang läßt sich an folgenden Ausführungsbeispielen
erläutern Beispiel i: 4000 kg Sulfitzelluloseablauge werden mit qOO kg Pottasche,
38 kg Kalziumoxyd und 6o kg gemahlenem, ungebranntem Kalk vermengt und eingedampft.
Die trockene Masse gelangt in eine Eisenschale, welche sich in einer auf helle Rotglut
erhitzten geschlossenen Muffel befindet. Nach völliger Entgasung wird das kohlige
Material, z. B. in dem Shanksschen Auslaugungsapparat, erschöpfend ausgelaugt, auf
einer Zentrifuge (oder Filterpresse) nachgewaschen, nach allfälliger Säureextraktion
getrocknet und gemahlen. Die aus dem Auslaugungsapparat abfließende Pottaschelösung
(von etwa 25' B6) wird mit ungefähr 3o kg Kaliumbikarbonat karbonisiert,
geklärt und auf 5o' B6 eingedampft. Die von dem geringen Bodensatz von Kaliumsulfat
abgehobene Pattaschelösung wird den nachfolgend zu verarbeitenden 4000 kg Sulfitzelluloseablauge
zugesetzt. Die Ausbeute beträgt ioo kg hochaktiver Entfärbungskohle.
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Beispiel 2: 4000 kg Ablauge werden mit 38 kg Kalzium-' oxyd und ioo
kg ungebranntem Kalk vermengt und zur Trockne verdampft. Die brüchige Masse wird
mit 645 Liter Pottaschelösung von 45' B6 (welche von dem vorangehenden Fabrikationsvorgange
stammt) über einem Filtertuche ausgelaugt
und die abfließende Lauge,
die etwa 5o bis 52° B6 besitzt, durch Syphons, welche in die Retorten des Glühofens
eingebaut sind, in das Innere der auf helle Rotglut erhitzten Retorten eingeführt.
Der weitere Vorgang ist dem im Beispiel i beschriebenen unter Hinweglassung der
Säureextraktion gleich.