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Verfahren zum Alkalisieren der Ablaugen der Natron- oder Sulfatcellulosefabrikation
zwecks trockener Destillation derselben Der Erfinder hat schon früher (vgl. z. B.
die deutschen Patentschriften 270 929 und 34-17o6) Verfahren zum Alkalisieren
und darauffolgenden trockenen Destillation der Ablaugen der Natron- oder Sulfatcellulosefabrikation
beschrieben, die darin bestehen, daß diese Ablaugen zuerst mit Natronlauge und Kalk
oder Soda und Kalk alkalisiert und darauf in gewisser Weise trocken destilliert
werden. Wenn das Alkalisieren mit Natronlauge und Kalk ausgeführt wird, so erhält
man bei der trockenen Destillation eine sehr hohe Ausbeute an wertvollen chemischen
Produkten, diese Methode des Alkalisierens ist aber teuer. Das Verfahren zum Alkalisieren
mit Soda und Kalk ist dagegen bedeutend billiger, gibt aber nicht so große Ausbeute
an chemischen Produkten bei der trockenen Destillation.
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Vorliegende Erfindung betrifft nun ein Verfahren zum Alkalisieren
der genannten Ablaugen zwecks trockener Destillation derselben, welches mindestens
ebenso billig ist wie das letztgenannte Verfahren und welches gleichzeitig bei der
trockenen Destillation sogar höhere Ausbeute an wertvollen chemischen Produkten
gibt als das erstgenannte Verfahren. Das Verfahren besteht in der Hauptsache darin,
daß das Alkalisieren der Ablaugen der Natron- oder Sulfatcellulosefabrikation mit
Oxyden oder Hydroxyden von Barium oder Strontium oder mit einer Mischung von beiden,
gegebenenfalls in Verbindung mit einem neutralen Stoffe, wie z. B. Kohlepulver,
ausgeführt wird. In gewissen Fällen kann es auch zweckmäßig sein, beim Alkalisieren
Oxyde oder Hydroxyde von Calcium, Magnesium, Aluminium, Zink oder Eisen oder Mischungen
davon zuzusetzen. Nachdem das Alkalisieren auf diese Weise ausgeführt worden ist,
wird die Masse zum geeigneten Trockenheitsgrade eingedampft und nach bekannten Methoden
trocken destilliert, und zwar zweckmäßig in Anwesenheit von Wasserdampf. Bei der
trockenen Destillation bildet sich ein Destillat, welches Methylalkohol, Aceton,
Methyläthylketon, Acetonöle und andere öle sowie Wasserstoffgas enthält und welches
in der unten näher beschriebenen Weise aufgesammelt wird. Aus dem erhaltenen Trockendestillationsrückstand
wird zuerst die darin vorhandene Soda in der Form von Soda oder Natronlauge oder
Mischungen -davon ausgelaugt, worauf der erhaltene, in geeignetem Grade von Soda
befreite Rückstand nach bekannten Methoden gebrannt wird, so .daß man Oxyde oder
Hydroxyde von Barium oder Strontium oder
Mischungen davon, gegebenenfalls
in Mischung mit Oxyden von Calcium, Aluminium usw., erhält, welche zum Alkalisieren
von neuen Mengen Ablaugen wiederum verwendet werden.
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Um den Vorteil dieses neuen Verfahrens gegenüber den früher beschriebenen
Alkalisierungsverfahren klarzustellen, sollen hier einige besondere Beispiele aufgeführt
werden. Beispiel i Alkalisiert man eine Ablauge, welche bei der Fabrikation von
Espartocellulose durch Kochen mit Natronlauge erhalten worden ist, mit einer Mischung
von Bariumoxyd und Calciumoxyd in gleichen Gewichtsmengen auf solche Weise, daß
i kg Ablauge mit 45 °/o Wasser bei etwa 9o° mit einer pulverisierten Mischung von
450 g Bariumhydroxyd und 400 g CaO vermischt wird, so erhält man eine Mischung,
die nach dem Eindampfen und Pulverisieren bei der trockenen Destillation 8o g Ketone
und Alkohole gibt, während dieselbe Ablauge bei Alkalisieren mit Natronlauge und
Kalk nur etwa 4o g derselben Produkte gibt. Beispiel e Alkalisiert man i kg Ablauge,
die bei der Herstellung von Kraftmasse aus Tannenholz durch Kochen mit Natronlauge
erhalten worden ist, mit einer Mischung von 450 g Ba(OH), und 400 g Ca0, so erhält
man bei der trockenen Destillation der daraus erhaltenen eingedampften und pulverisierten
Masse 65 g Alkohole und Ketone, während dieselbe Menge solcher Ablauge bei Alkalisieren
nach dem bekannten Natronlaugekalkverfahren nur etwa 40 g der genannten Produkte
gibt.
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Diese Beispiele zeigen also, daß die Ausbeute an wertvollen chemischen
Produkten beim Alkalisieren und trockener Destillation gemäß der vorliegenden Erfindung
diejenigen Ausbeuten, welche man gemäß den früher beschriebenen Verfahren erhält,
um 6o bis ioo °/a übersteigen. Als ein weiterer praktischer Vorteil des hier beschriebenen
Verfahrens sei erwähnt, daß man beim Mischen von Bariumhydroxyd und Kalk in den
in den obigen Beispielen angegebenen Mengen mit der Ablauge eine Masse erhält, die
in einem mit Dampf erhitzten Mischapparate die Masse ohne Schwierigkeit in körniger,
pulverisierbarer Form gibt, während das alte Alkalisierungsverfahren eine Masse
gab, welche nicht in pulverisierbarer Form eingedampft werden konnte. Dadurch, daß
man die Masse in Pulverform erhalten kann, kann dieselbe in ununterbrochen arbeitenden
Öfen trocken destilliert werden, ohne daß nennenswerte Handarbeit dabei erforderlich
ist. Die größten Nachteile des alten Verfahrens bestanden eben darin, daß dieselbe
allzuviel Handarbeit erforderte, da dieselbe eine ununterbrochene trockene Destillation,
bei der die Masse in ununterbrochener Bewegung gehalten wurde, nicht ermöglichte.
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Da es in der Praxis gleich ist, ob man Barium- oder Strontiumhydroxyd
verwendet, so wird der Einfachheit halber die Ausführung des Verfahrens unter Verwendung
von Bariumhydroxyd beschrieben, welches zur Zeit billiger ist als Strontiumhydroxyd.
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Diejenigen Ablaugen, welche für Behandlung nach dem vorliegenden Verfahren
besonders in Frage kommen, sind solche, welche bei der Herstellung von Cellulose
gemäß dem Natronlauge- oder Sulfätverfahren aus Holz, Stroh, Esparto, Schilf und
ähnlichen faserigen Pflanzenstoffen erhalten werden. Ablaugen, welche bei der Kochung
mit Natronlauge erhalten werden, sind aber zweckmäßiger als solche, die bei Kochung
mit Sulfatlauge erhalten werden, und zwar aus dem Grunde, da der Schwefelgehalt
der Sulfatlauge zur Bildung von Mercaptanen und organischen Sulfiden Anlaß gibt,
welche die erhaltenen chemischen Produkte verunreinigen.
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Zur Behandlung wird die Ablauge in üblicher Weise und auf gewöhnliche
Konzentration, spez. Gewicht von etwa 1,25, eingedampft. Sie hat dann einen
Wassergehalt von etwa 5o °/o, wenn es sich um Holzcelluloseablaugen handelt, und
von 4o und 5o °1o, wenn es sich um Stroh- und Esparatoablaugen o. dgl. handelt,
und eine Trockensubstanzmenge, welche im ersteren Falle etwa 75o kg und im letzteren
Falle etwa 66o kg, pro i ooo kg ganz trockener Rohstoff gerechnet, beträgt. Zu der
auf diese Weise eingedampften Ablauge wird Bariumhydroxyd, am besten in der Wärme,
zugesetzt, so daß dasselbe aufgelöst wird. Statt Bariumhydroxyd kann auch Bariumoxyd
zugesetzt werden. Der Zusatz kann zweckmäßig in einem gewöhnlichen offenen Behälter
mit Rührwerk erfolgen. Was die Menge des zugesetzten Bariumhydroxydes anbetrifft,
so kann dieselbe geändert werden, j e nachdem welches Resultat man bei der trockenen
Destillation zu erhalten wünscht. Sie kann zweckmäßig von i bis 3 Mol. Ba
(OH)" auf i Mol. Na. 0 in der Schwarzlauge gerechnet, wechseln. Ein sehr
gutes Resultat der trockenen Destillation erhält man bei einem Zusatz von 2 Mol.
Ba(OH)2 auf i Mol. Na20. Die trockene Destillation kann durch Zusatz eines neutralen
Stoffes, wie z. B. Kohlepulver, veranlaßt werden, langsamer zu verlaufen. Ein solcher
Zusatz übt auf das Eintrocknen der Masse während der trockenen Destillation eine
günstige Wirkung aus.
Die durch Alkalisieren erhaltene Dicklauge
kann nach den in den deutschen Patentschriften 349 438 und 3.a.¢ 7o6 beschriebenen
Verfahren trocken .destilliert «-erden.
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Da die bisher vorliegende Dicklauge sich schon bei Temperaturen von
ioo bis i5o° zu einer trockenen pulverigen Masse eintrocknen läßt, welche beim Erhitzen
nicht sintert, so kann sowohl das Eintrocknen der Masse wie die trockene Destillation
in einem von außen erhitzten umlaufenden Ofen ausgeführt werden, in welchen die
Dicklauge an einem Ende eingeführt wird, während das Destillat und der Trockendestillationsrückstand
am anderen Ende herausgenommen werden. Ein solcher Ofen muß natürlich luftdicht
geschlossen sein, und der Trockendestillationsrückstand kann daher zweckmäßig durch
einen Wasserverschluß herausgenommen werden.
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Eine betriebssichere Arbeitsweise, welche außerdem bei der trockenen
Destillation eine größere Ausbeute an chemischen Produkten aus dem Grunde gibt,
daß man bei ihr eine geeignete Korngröße der Masse halten kann, wird aber erzielt,
wenn man auf folgende Weise arbeitet. Die obenerwähnte Dicklauge wird zuerst zu
einer körnigen oder pulverförmigen Masse eingetrocknet, welche so stark eingetrocknet
ist, daß dieselbe bei Erhitzung nicht sintert oder schmilzt. Die so erhaltene pulverförmige
Masse kann darauf ohne Schwierigkeit in. einem von außen erhitzten, ununterbrochen
arbeitenden langgestreckten Ofen trocken destilliert werden, durch welchen die Masse
mittels geeigneter Fördervorrichtungen, z. B. solcher, welche nach dem Schneckengangprinzip
ausgeführt sind, vorgeschoben wird.
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Die bei der trockenen Destillation gebildeten organischen Stoffe,
welche hauptsächlich aus Methylalkohol, Aceton, Methyläthylketon, Acetonöl und anderen
Ölen sowie Wasserstoffgas bestehen, entweichen aus dem Ofen zusammen mit Wasserdampf
und werden zweckmäßig erst durch einen Staubausscheider zum Abscheiden des Staubes
geleitet. Hierauf wird das Destillat in einen Kühler geleitet, welcher zur Kondensation
der obenerwähnten Produkte dient, so daß diese von dem hauptsächlich aus Wasserstoff
bestehenden Gase getrennt werden. Das Kondensat wird darauf mittels einer Florentinerflasche
in eine wasserhaltige und in eine ölige Schicht getrennt. Die Öle können durch Hydrieren
in gereinigte Form übergeführt werden. Die wasserhaltige Schicht wird in einer ununterbrochen
arbeitenden Doppelkolonne behandelt, welche das Wasser ausscheidet, und unter der
Voraussetzung, daß die zweite Kolonne mit Ölabscheider versehen ist, ein etwa 9611"i,-es
Konzentrat aus Methylalkohol, Aceton, Methyläthylketon und Acetonöle liefert. Da
die erhaltenen Destillate gewöhnlich Ammoniak enthalten, welches ausgeschieden «-erden
soll, da es sonst die Arbeit in der Kolonne stört, soll man zweckmäßig eine Doppelkolonne
benutzen, in welcher das Ammoniak im zweiten Teile der Kolonne, z. B. mit Schwefelsäure,
gebunden wird. Wenn man Säure zu dem ursprünglichen wasserhaltigen Rohdestillat
zusetzt, so entsteht nämlich in der ersten Kolonne leicht Pechbildung. Dadurch,
daß das Ammoniak erst in der zweiten Kolonne ausgeschieden wird, gelingt es leicht,
dasselbe zu gewinnen. Das aus dieser Kolonne erhaltene Konzentrat kann zweckmäßig
in bekannter Weise mittels starker Natronlauge gereinigt werden, so daß man eine
möglichst große Ausbeute an reinen Produkten erhält. Hierbei erhält man aber sowohl
das Methyläthy lketonwie das Acetonöl-in wasserhaltigem Zustande. Dieses Wasser
kann durch Behandeln mit starker Natronlauge entfernt werden, zweckmäßiger ist die
Behandlung mit ungelöschtem Kalk in einem mit Rührwerk versehenen Behälter.
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Bei der beschriebenen trockenen Destillation erhält man, wie oben
erwähnt, ein Gas, welches hauptsächlich aus Wasserstoff besteht. Da dieses Gas sehr
leicht gereinigt werden kann, so kann dasselbe zweckmäßig zum Hydrieren der bei
der trockenen Destillation erhaltenen chemischen Produkte verwendet werden, so daß
man diese in einer mehr stabilen Form erhält. Das Gas kann aber selbstverständlich
auch zur synthetischen Herstellung von Ammoniak verwendet werden.
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Bei der trockenen Destillation ist es wünschenswert, einen Retortenrückstand
zu erhalten, welcher am besten keine organischen Stoffe enthält, sondern nur aus
Soda und Bariumcarbonat (gegebenenfalls auch Bariumhydroxy d) und geringen Mengen
von Kohle besteht. Aus diesem Retortenrückstande soll nämlich die Soda herausgelöst
werden, so daß man daraus nach geeigneter Kaustizierung Natronlauge zum Kochen von
neuen Mengen vegetabilischer Stoffe zwecks Herstellung von Cellulose erhält. Das
Lösen .der Soda und das Trennen der Sodalösung von dem Bariumcarbonat sowie das
Herstellen von Natronlauge aus der Sodalösung sind leicht auszuführen, wenn der
Retortenrückstand gut verkohlt ist, so daß er keine organischen pechbildenden Stoffe
enthält. Wenn der Retortenrückstand einen so großen Überschuß von nicht an Kohlensäure
gebundenem Barium enthält, daß es zum Kaustizieren der Soda genügt, so erhält man
bei der Auslösung unmittelbar Natronlauge, wodurch kein neuer Arbeitsvorgang zum
Kaustizieren der Sodalösung erforderlich wird.
Das nach dem Lösen
und Ausscheiden der Soda erhaltene- Bariumcarbonat wird dann nach bekannten Methoden
gebrannt, z. B. unter Zuführung einer geeigneten Menge von Wasserdampf, so daß Ba(OH),
direkt gebildet wird. Das regenerierte Bariumhydroxyd oder Bariumoxyd wird dann
innerhalb der Fabrikation zum Alkalisieren . von neuen Mengen Ablaugen verwendet.
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Oben ist beschrieben worden, wie das Verfahren ausgeführt wird, wenn
das Alkalisieren mit Bariumhydroxyd allein ausgeführt wird. Das Alkalisieren mit
Bariumhydroxyd allein hat aber den Nachteil, daß die Ausführung der trockenen Destillation
besondere Aufmerksamkeit seitens der Arbeiter erfordert, da dieselbe geneigt ist,
allzu schnell zu verlaufen. Dieses kann dadurch verhindert werden, daß man bei der
Alkalisierung einen neutralen Stoff, z. B. ' Kohlepulver, zusetzt. Zweckmäßiger
ist es aber, das Alkalisieren mit einer Mischung von Bariumhydroxyd und Calciumhydroxyd
auszuführen. Hierdurch wird die Arbeitsweise nicht geändert, die trockene Destillation
verläuft ruhiger und gewährleistet mit Sicherheit die große Ausbeute an chemischen
Produkten. Es ist auch vorteilhafter, mit großem Überschuß von Kalk zu arbeiten,
denn die Soda bildet beim Lösen aus dem Trockendestillationsrückstand unmittelbar
das Hydroxyd. Auch das Brennen des von der Soda befreiten Trockendestillationsrückstandes
geht leichter, wenn das Bariumcarbonat mit Calciumcarbonat innig gemischt ist.
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Anstatt des Kalkes oder zusammen mit diesem können auch andere Stoffe
als Zusätze verwendet werden, nämlich Oxyde oder Hydroxyde von Magnesium, Aluminium,
Zink, Eisen u. dgl., obgleich die Wirkung derselben schwächer ist als die des Kalkes.