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Verfahren zur Gewinnung von Säuren. Die ungesättigten Kohlenwasserstoffe
der Fettreihe gelten derzeit als unwillkommene Begleiter der gesättigten Kohlenwasserstoffe
in den Mineralölen. Man entfernt sie bei der Raffination der Mineralöle durch die
Behandlung mit Schwefelsäure, wobei die entstehenden sauren Produkte als Säure-Goudron,
Säureharze u. dgl. abfallen und teils zur Wiedergewinnung der darin enthaltenen
Schwefelsäure verwendet, teils verbrannt werden. Besonders im Crack-Benzin, Crack-Petroleum
u#d anderen Produkten dieser Art sind große Mengen ungesättigter Kohlenwasserstoffe
vorhanden, welche den Wert des Benzins und Petroleums herabsetzen, so daß diese
durch die Vercrackung erhaltenen Produkte als minderwertig gelten. Bei dem Verfahren
von Edeleanu werden die ungesättigten Kohlenwasserstoffe durch flüssige schwefelige
Säure entfernt.
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Neben dem Vorkommen der ungesättigten Kohlenwasserstoffe als natürliche
Bestandteile der Erdöle und in den Crackprodulzten und Produkten der sonstigen destruktiven
Destillation derselben entstehen große Mengen ungesättigter Kohlenwasserstoffe,
auch bei der destruktiven Destillation sonstiger Mineralöle, der Braunkohlenteeröle
und ähnlicher Stoffe, so daß die heute bereits in großen Mengen durch die destruktive
Destillation gewonnenen Benzine wegen ihres hohen Gehaltes an ungesättigten Kohlenwasserstoffen
minderwertig sind, solange man diese nicht durch Raffination entfernt, wobei jedoch
große Mengen des Benzins verloren gehen. Auch bei der Karburation von Wassergas
und bei der Erzeugung von Olgas treten diese ungesättigten Kohlenwasserstoffe in
großen Mengen auf und befinden sich teils im Gase als Äthylen, Propylen und ähnliche
nie drig siedende Stoffe, teils im Teer in Form der höheren Glieder der Olefinreihe
und noch wasserstoffärmerer Kohlenwasserstoffe. Ebenso treten diese ungesättigten
Kohlenwasserstoffe auch vielfach bei der Erzeugung von karburiertem Wassergas und
von Olgas aus Braunkohlenteerölen auf. Sie machen nach der heutigen Bewertung alle
diese Teere minderwertig.
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Das vorliegende Verfahren bezweckt die Gewinnung von Säuren aus den
in den Erdölen und in den flüssigen und gasförmigen Produkten ihrer destruktiven
Destillation (wie Crackprodukte), in den natürlichen Erdgasen, in den flüssigen
und gasförmigen Produkten der trockenen Destillation von Kohle, Holz, Torf, bituminösem
Schiefer (Schwelölen, Schwelgasen, Teerölen), besonders auch bei der trockenenDestillation
bei niederer Temperatur, im Vakwün oder mittels Wasserdampf sowie in Produkten der
destruktiven Destillation der Schwelöle und Teeröle, schließlich in karburiertem
Wassergas Olgas, Wassergas- und Olgasteer, Generatorgas, Steinkohlengas u. dgl.
enthaltenen ungesättigten Kohlenwasserstoffen.
Zu diesem Beliufe
werden aus diesen Ausgangsprodukten die ungesättigten Kohlenwasserstoffe in an sich
bekannter Weise durch Anlagerung von Mineralsäuren herausgeholt, worauf das Gemisch
der Säureester unmittelbar der Oxydation unterworfen wird.
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Ein vorzügliches Material bietet sich für die Verarbeitung im Sinne
des Verfahrens in den bei der Raffination von Mineralölen und Produkten aus solchen
mit Schwefelsäure entstehenden Abfällen (Säuregoudron, Säureharz) dar.
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Zweckmäßig geht man dabei wie folgt vor: Die saueren Rückstände (SäuregQudron,
Säureharze) werden in eine abgekühlte Lösung von doppelebiomsaurem Kali in Schwefelsäure
gegossen. Das Gemisch erwärmt sich nach kurzer Zeit von selbst, und es tritt unter
Aufschäumen eine lebhafte Reaktion ein. Die flüchtigen Stoffe werden dabei, wenn
die Erzielung von Fettsäuren angestrebt wird und die Bildung von Aldehyden möglichst
vermieden werden soll, durch einen Rückflußkühler kondensiert und wieder der Oxydation
zugeführt. Die entstandenen flüchtigen Säuren nebst flüchtigen Al-
dehyden,
Ketonen und etwaigen unveränderten Kohlenwasserstoffen werden nach Beendigung der
Reaktion durch Destillation (zweckmäßig mittels Wasserdampf) von den schwer- oder
nicht flüchtigen Stoffen getrennt. Die auf der Oberfläche schwimmenden, in der Hitze
meist flüssigen, beim Erkalten häufig erstarrenden Produkte werden abgeschöpft,
durch Auskochen mit verdünnten Säuren von Chromoxyden be-
freit und (eventuell
nach einem Reinigungsprozeß) durch Kochen mit Alkalien in Seifen überführt, die
in bekannter Weise in reinem Zustande gewonnen werden können. Wird das Oxydationsgemisch
dabei zu höherer Konzentration eingedickt, so können sich auch Anhydride der Säuren
bilden, die jedoch mit Alkallen ebenso die Seifen liefern wie die Säuren selbst.
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In jenen Fällen, wo in irgendwelchen kohlenwasserstoffhaltigen Produkten
nicht genügend ungesättigte Kohlenwasserstoffe vorhanden sind, wie z. B. in Mineralöl-
und Braunkohlenteeröldestillaten, eignet sich die gemäßigte pyrogene Oxydation der
gesättigten Kohlenwasserstoffe mit Eisenoxyd oder anderen Metalloxyden bei Temperaturen
zwischen 3oo und 6oo' C dazu, durch teilweise Oxydation unter Abspaltung
von Wasserstoff die ungesättigten Kohlenwasserstoffe zu erhalten. Dabei können gleichzeitig
Moleküle mit sehr zahlreichen Kohlenstoffatomen in niedrigere Glieder der ungesättigten
Kohlenwasserstoffe gespalten werden. Zweckmäßig wird bei dieser Oxydation gleichzeitig
Wasserdampf mit über das Eisenoxyd geleitet, um das letztere stets wieder zu regenerieren,
es ist ferner vorteilhaft, den dabei abgeschiedenen Kohlenstoff zeitweise durch
Einblasen von Luft wieder zu verbrennen. Bei der Behandlung der Mineralöle oder
ähnlicher Stoffe in dieser Weise sowie -überhaupt bei der destruktiven Destillation
(auch beim gewöhnlichen Crackprozeß) entstehen gleichzeitig gasförnüge ungesättigte
Kohlenwasserstoffe, welche gleichfalls an Mineralsäuren angelagert und zu Säuren
oxydiert werden können.
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Selbstverständlich können an Stelle von Schwefelsäure auch Salzsäure
und andere Mineralsäuren zur Anlag rung an die ungesättigten Kohlenwasserstoffe
dienen, wobei die entsprechenden Ester dieser Säuren entstehen. Der Chlorwasserstoff
kann auch in gasförmigem Zustande eingeleitet werden. Seine Anwendung an Stelle
von Schwefelsäure hat den Vorteil, daß die Reaktion unter geringerer Wärmeentwicklung
und daher unter geringerer Verhamung stattfindet.
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Durch das neue Verfahren ist es ermöglicht, aus den bisher wertlosen
Rückständen der Mineralölraffination sowie aus Wassergasteer, Olgasteer, Braunkohlenteer
u. dgl. Stoffen Säuren zu gewinnen, die in ihren niederen Gliedern (Buttersäure,
Valeriansäure usw.) besonders als Ester, in der Industrie der Riechstoffe Verwendung:finden
können, während die höheren Glieder zweckmäßig durch Kocheir mit Alkalien in Seifen
übergeführt werden.
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Es ist allerdings schon sehr lange bekannt, zur Nachweisung der Olefine
im Leuchtgas diese Kohlenwasserstoffe durch konzentrierte Schwefelsäure oder Chlorgas
zu absorbieren (Muspratt, Technische Chemie 1877, Bd. 4, Spalte 788, Abs.
9 und Spalte 795, Abs. 4). Diese rein analytische Methode hat jedoch
der Technik keine Anregung gegeben. Eine mit dem vorliegenden technischen Verfahren
verwandelte Idee ist der Vorschlag Fritsches (Lunge-Köhler, »Die Industrie des Steinkohlenteers
und des An-imoniaks« i. Bd., S. 166, 167), aus den Koksofengasen vor ihrer
Verbrennung dadurch Äthylalkohol zu gewinnen, daß man sie nach Entfernung der Benzolkohlenwasserstoffe,
des Schwefelwasserstoffes und der Feuchtigkeit mit konzentrierter Schwefelsäure
wäscht, um das Äthylen als Äthylschwefelsäure aufzulösen und beim Erhitzen der Säure
Äthylalkohol in Freiheit zu setzen. Von diesem Vorschlag unterscheidet sich das
Verfahren der französischen Patentschrift 4689,44 nur dadurch, daß es die Äthy1schwefelsäure
durch Verseifen mit Wasser in Äthylalkohol überführen will und daß nach Absonderung
des Äthylens auch noch das zurückbleibende, Methan und seine Homologen durch Einwirkung
von Chlorgas als Chlorsubstitutionsprodukte diminiert werden sollen. Auch das Patent
275049 gehört hierher, nach welchem aus der Äthylschwefelsäure durch Austreiben
des Äthylens im Vakuum und durch Erhitzen des entwickelten Gases im Gemisch mit
Kohlensäure Aldehyd gewonnen werden
soll. »Alle diese bekannten
Verfahren kranken daxan, daß ein ganz bestimmt-es einheitliches Endprodukt, Äthylalkohol
bzw. Aldehyd, gewonnen werden soll, was die technischen Schwierigkeiten bis zur
Undurchführbarkeit steigert. Die falsche Stellung des Problems hat auch die Folge,
daß als Ausgangsprodukte gerade Koksofengase (und zwar ihre äthylenreichsten Anteile)
in Betracht kommen, wobei die Frage der gleichzeitigen Gewinnung von Ammoniak keine
geringe Erschwerung bildet.
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Der erfinderische Gedanke,. das Gemisch der durch Anlagerung von Mineralsäuren
aus den Ausgangsprodukten herausgeholten Säureester unmittelbar der Oxydation zu
unterwerfen, führt in weiterer Folge zu dem Vorschlag, die bei der Raffination von
Mineralölen und Produk.ten aus solchen mit Schwefelsäure entstehenden Abfälle
' in gleicher Weise weiterzuverarbeiten. Wohl war es schon bekannt, daß beim
Raffinationsprozeß von der Schwefelsäure die ungesättigten Kohlenwasserstoffe
-am meisten angegriffen werden dürften und daß bei der Schwefelsäurebehandlung
Äthylschwefelsäuren und neutrale Schwefelsäureester entstehen (Gurwi t s ch, Wissenschaftliche
Grundlagen der Erdölbearbeitung, Berlin 1913). Dennoch hat erst die vorliegende
Lösungsidee in ihrer folgerichtigen Weiterentwicklung zu dem Vorschlag geführt,
aus dieser mit den ungesättigten Kohlenwasserstoffen in Form von Säureestern angereicherten
Abfallsäure durch Oxydation Fettsäuren zu gewinnen, welche durch Kochen mit Alkalien
in Seifen überführbar sind. Die zahlreichen früheren Versuche, die Kohlenwasserstoffe
der Mineralöle in Fettsäuren zu verwandeln, gehen ohne Ausnahme auf die Möglichkeit
los, aus dem Erdöl oder sonstigen Mineralöl, direkt durch einen entsprechend geleiteten
Oxydationsprozeß verseifbare Fettsäuren herzustellen. Dagegen hat bisher niemand
den Ausweg gefunden, die geeigneten Kohlenwasserstoffe (unter denen sich wohl auch
Naphthenkohlenwasserstoffe befinden dürften) als Säureester in Fraktionen von verhältnismäßig
Ideinem Volumen anzureichern und erst diese zu oxydieren. Das zeigt sich am besten,
wenn man die Versuche durchgeht, welche unternommen wurden, tun die sauren Abfälle
der Mineralölraffination nutzbringend zu verwerten. DieVerarbeitung der Reinigungssäure
geht bei all den sehr verschiedenen Verfahren, wie sie in den Handbüchern von Lunge-Köhler
und Engler-Höfer-Singer beschrieben sind, auf die Wiedernutzbarmachung der Säure
aus, sei es in Form von Salzen, sei es durch Abscheidung der Säure in gebrauchsfertiger
Form, während die organischen Begleitstoffe entweder verkohlt oder zur Gewinnung
von Harzersatzmitteln, Asphaltprodukten o. dgl. herangezogen werden. Selbst wo von
einer Oxydation der Abfallsäure die Rede ist, bleibt die Möglichkeit, in dieser
Weise aus ihr hochwertige Produkte abzuscheiden, ungenutzt, wie dies beispielsweise
beim Verfahren der Patentschrift 3577 der Fall ist, wo die Gewinnung einer
harzartigen Masse durch Einblasen von Luft beschrieben ist, welche, mit Kautschuk
zusammengeschmolzen, als Isoliermat, r*al, in Petroleum-Kohlenwasserstoffen aufgelöst,
als Asphaltlack dienen soll. Auch das Verfahren der entsprechenden britischen Patentschrift
1973/1876 bezweckt die Herstellung von Harz geringerer oder größerer Härte durch
Blasen des aus der Abfallsäure durch Zusatz von Wasser ausgeschiedenen Öles. Ein
derartiges Harz oder ein in Alkalien unlösliches verdicktes trocknendes
01 liefert auch das Verfahren der britischen Patentschrift 1921/1877, nach
welchem das Säureharz durch 12 bis 48 Stunden unter gelinder Erhitzung der Einwirkung
der Schwefelsäure ausgesetzt bleibt, wobei SO, abgespalten wird. Auch wenn
dieser Vorgang, wie dies in dieser britischen Patentschrift gleichfalls vorgesehen
ist, durch Zusatz von anderen Oxydationsmitteln, darunter Chromsäure, unterstützt
wird, entstehen also durch die lang andauernde Erwärmung der in den Raffinationsabfällen
enthaltenen Säureester mit überschüssiger Schwefelsäure alkaliunlösliche harzige
Umwandlungsprodukte. Ein anderes Verfahren (S childhaus und Condera, Lunge-Köhler,
i. Bd. S. 878) schlägt die Verkohlung der Abfallsäure unter Einführung von
erhitzter Luft vor, wobei i. schwefelige Säure, und: gasförmige Kohlenwasserstoffe,
2. flüssige Kohlenwasserstoffe und 3. Koks gewonnen werden sollen, so daß
alsö die Säureester wieder in Kohlenwasserstoffe zurückverwandelt werden. Gerade
daß die Versuche zur Verwertung der Abfallsäure so mannigfaltig sind, während doch
der anscheinend so naheliegende Vorschlag, der sich aus der vorliegenden Lös#ngsidee
ergibt, von keiner Seite gemacht wurde, zeigt den erfinderischen Wert dieser Lösungsidee,
die in diese Ausführungsidee ausmündend, zu einer so zweckmäßigen und einfachen
Lösung des Problems führt, die organischen Anteile, die bei der Raffination von
Mineralölen und ihrer Produkte in die Schwefelsäure -übergehen, unter Gewinnung
von wertvollen Säuren nutzbar zu machen.