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Verfahren zur Gewinnung spinnbarer Fasern aus Ginster. Es ist vorgeschlagen
worden, aus grasoller krautartigen Pflanzen Gespinstfasern derart zu gewinnen, daß
die Pflanzen in einer schwach alkalischen Lösung, .z. B. Natronlauge von 5° Be,
eingeweicht und darin, z. B. mittels eines mäßig bewegten Rührwerkes, leicht mechanisch
bewegt werden, damit die Lauge zu allen Teilen der aufgeweichten Gräser o. dgl.
Zutritt findet.
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Dieses Verfahren berücksichtigt wohl die Zartheit dieses nicht zu
den eigentlichen Gespinstfaserpflanzen gehörenden Materials, bleibt jedoch ohne
wesentlichen Einfluß auf Faserpflanzen, wie Ginster, weil dessen Gespinstfasern
konzentrisch im Baste liegen und sehr fest mit dessen Weichteilen durch Pflanzenleim
und andere Stoffe verbunden sind.
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Um das Freilegen oder Aufschließen der Gespinstfasern zu erzielen,
liegt deshalb der Erfindung der Gedanke zugrunde, die die Fasern schlauchartig umgebenden
Weichteile des Ginsters während des chemischen Aufschließens mechanisch, nämlich
durch gegenseitiges Reiben der Baststränge zu zermürben, damit die Aufschließungsflotte
in die Poren oder die durch das Zermürben geschaffenen zahlreichen Öffnungen des
Bastes eindringen, ihn zerstören und die Textilfasern wirksam freilegen kann. Dieses
mechanische Zermürben wird unter Verzicht auf die Benutzung eines Rührwerkes, wie
es bei der genannten Behandlung von gras- oder krautartigen Pflanzen verwendet wird,
durch Rüttel- und Schüttelbewegungen oder durch rotierende und kippend stoßweise
wirkende Kräfte ausgeübt. Dabei muß die Zermürbung des Gutes durch hohe Temperatur
und kräftigen Arbeitsdruck unterstützt werden.
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Die mit .dem mechanischen Zermürben einhergehende chemische Behandlung
des Gutes erfolgt der Erfindung gemäß in der Weise, daß der Bast zum Lockern der
Fasern sowie zur Vorbereitung auf das chemische Aufschließen bis zur vollständigen
Lösung von Pflanzenleim und Gerbsäure in säurehaltigem Wasser unter Druck gekocht
und dann nach vollkommenem Auswaschen aufgeschlossen wird. Die hierbei zum Unterschiede
von ähnlichen Verfahren beobachtete genaue Innehaltung einer Extraktionsperiode
mit darauffolgender, scharf von dieser geschiedener Aufschließperiode unter Anwendung
eines kräftigen Arbeitsdruckes und hoher Temperatur gestattet, spinnbare Ginsterfasern
fabrikmäßig zu gewinnen.
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Das neue Verfahren kann beispielsweise in folgender Weise ausgeführt
werden.
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Der Bast der Ginsterpfllanzen wird in siebartig gelochten Blechkästen
zu Bündeln vereinigt, in einen Kessel eingebracht, in welchen ,diese Kästen auf
Schüttelrosten eingefahren werden; die Schüttelroste werden durch einen außerhalb
des Kessels .befindlichen Antrieb in Schüttel- und Rüttelbewegungen versetzt. Der
Kessel wird darauf geschlossen, und die notwendigen Arbeitsvorgänge können jetzt
nacheinander eingeleitet werden.
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Zunächst sind aus deni Baste der Pflanzenleim und die Gerbsäure mittels
einer Flotte zu entfernen, die z. B. aus kochendem Wasser mit etwa 1/2prozentiger
Schwefelsäure. besteht, wobei gleichzeitig hochgespannter
Dampf
in den Kessel eingeleitet wird. Die Flotte wird in stetige Bewegung gebracht. Gleichzeitig
wird die Rüttel und Schüttelvorrichtung in Tätigkeit gesetzt. Das verhältnismäßig
fest zusammengedrückte Bastgut wird stoßweise hin und her geworfen, sa daß ein stetigdes
Reiben zwiischen den einzelnen Baststrängen stattfindet. Die Extraktion wird so
lange fortgesetzt, bis der Pflanzenleim und die Gerbsäure restlos in der Flotte
aufgelöst sind.
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Nach Beendigung dieser Extraktionsperiode wird die Bastfaser gründlich
mit heißem Wasser durchgewaschen, um die Reste der anhaftenden Schwefelsäure zu
beseitigen; auch bei diesem Vorgange bleibt die Rüttel-und Schüttelvorrichtung wirksam.
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Statt Schwefelsäure können auch andere, _ ähnlich wirkende Chemikalien
(Oxalsäiure o. dgl.) benutzt werden.
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Nach Ablassen des Waschwassers wird in den Kessel die vorbereitete
Aufschließflotte geleitet, bestehend aus kaustischer oder kalzinierter Soda oder
Salzsäure in geeigneter Verdüinnung, z. B. 5° Be, bei Alkalien. Diese Flotte wird
in demn Kessel zum Kochen gebracht, in stetigem Umlauf gehalten und in ihrer Wirkung
durch Einleitung von Dampf mittlerer Spanntng unterstützt; auch hierbei bleibt die
Schüttelvorrichtung in Tätigkeit. Nach Beendigung des Kochens, dessen Dauer und
Flottenzusammensetzung sich nach der Art der Ginsterpflanze richtet, wird die Kochflotte
abgelassen und das Bastgut unter Rütteln und Schütteln mehrfach gründlich ausgewaschen.
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Hiermit ist die Behandlung des Gutes fertig, d. h. die Textilfasern
sind freigelegt und gereinigt und können versponnen werden, nachdem sie aus demn
Kessel entfernt und einer vorsichtigen Trocknung unterworfen worden sind.