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Verfahren zur Herstellung von Celluloseestern. Für die Acetylierung
der Cellulose waren bisher zwei Wege vorgeschlagen. Entweder man behandelte das
Material unter Bedingungen, die jede Formveränderung ausschlossen, acetylierte also
beispielsweise Gewebe, Garne usw., ohne ihre Struktur zu zerstören, oder man ging
so vor, daß man das Acetylierungsgemisch so lange auf Cellulose einwirken ließ,
bis Lösung eingetreten war. Die Lösung galt als Kennzeichen für die vollendete Veresterung
und war nötig, um das entstandene Acetat weiterer Behandlung zugänglich zu machen,
sei es, daß man durch Ausfällung das Acetat in trockene Form überführte, sei es,
daß man das Acetat zuvor durch eine Nachbehandlung in andere Löslichkeitsformen
brachte. Namentlich für letzteres Verfahren ist tatsächlich das Bestehen einer vollkommenen
Lösung Vorbedingung. Lediglich aufgequollene Massen z. B. lassen sich in keiner
Weise in Acetate von höheren Löslichkeitsstufen übersetzen, die die Eigenschaft
gleichmäßiger Löslichkeit und höchster Viskosität der Lösungen besitzen.
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Die vorliegende Erfindung bringt die neue Erkenntnis, daß vollkommene
Veresterung ohne die Vorstufe des fließenden Zustandes zu erreichen ist, daß vielmehr
die wirkliche Verflüssigung bereits ein schädlicher Vorgang ist, der mit der Veresterung
als solcher gar nichts zu tun hat, sondern bereits eine Schädigung des Cellulosemoleküls
bedeutet; die Verflüssigung ist also - ein sekundärer Vorgang, der vermieden werden
muß. Zugleich bringt die Erfindung die neue Erkenntnis, daß durch Vermeidung der
Verflüssigung und der damit verbundenen Schädigung des Cellulosemoleküls Acetate
von so hervorragender Qualität darzustellen sind, wie sie bisher unerreichbar waren.
Diese Qualität findet in einer bisher nie erreichten Viskosität der Acetatlösungen,
ferner einer Zähigkeit und Festigkeit der aus den Lösungen gewonnenen Filme, Lacke
oder Kunstseiden ihren Ausdruck, so daß z. B. ohne jeden Zusatz von Kampfer oder
Ersatzmitteln aus den Acetaten Filme hergestellt werden können, die den höchsten
Anforderungen genügen.
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Zwar -hat man schon früher Acetate hergestellt (vgl. die Patentschrift
i842oic), ohne daß Lösung eintrat. Man hat das erreicht, indem man dem Acetylierungsgemisch
solche Stoffe zusetzte, wie z. B. Benzol, welche es verhinderten, daß die gebildeten
Acetate sich lösen konnten. In Essigsäure aber waren sie löslich, d. h. die Reaktionen,
welche in rein essigsaurer Lösung die Verflüssigung herbeigeführt hätten, waren
durchgeführt, während sie gemäß vorliegender Erfindung vermieden werden. Auch das
Arbeiten bei niedriger, insbesondere gewöhnlicher Temperatur an sich ist bekannt,
wobei jedoch stets die Verflüssigung des Reaktionsgemisches herbeigeführt wurde,
so daß immer in Essigsäure lösliche Celluloseacetate entstanden, Es wurde gefunden,
daß man mit Hilfe schwach wirkender Katalysatoren oder Ge=
mischen
von solchen zu völlig acetylierten Cellulosen gelangen kann, welche sich z. B. dadurch
von den nach den bekannten Verfahren hergestellten unterscheiden, daß sie eine von
diesen- nicht erreichbare Viskosität ihrer Lösungen sowie andere Löslichkeitseigenschaften
zeigen, wenn man die Acetylierung ohne Zusatz von die Auflösung verhindernden Verdünnungsmitteln
bei Temperaturen unter 2o° derart durchführt, daß eine Verflüssigung des Reaktionsgemisches
nicht eintritt, da die hierbei entstehenden Cellulosederivate in Eisessig oder den
Flüssigkeitsgemischen, welche nach der Veresterung ver blieben sind, bei den genannten
Temperaturen im Gegensatz zu den bereits bekannten Esterformen unlöslich sind, obwohl
die ursprüngliche Faserform der Cellulose verschwunden ist. Die Reaktionsprodukte
bilden nach vollständig abgelaufenem Acetylierungsprozeß unverflüssigte, feste,
sehr elastische Gallerten, welche sich selbst in sehr großem Überschuß von kaltem
Eisessig nicht auflösen.
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Alle früher bekannten Triacetate der Cellulose oder substituierten
Triacetate, wie z. B. Sulfoacetäte, sind als in Eisessig lösliche Substanzen beschrieben
und werden in reinen Eisessiglösungen in die weiteren Löslichkeitsformen der Celluloseacetate
übergeführt. Diese Verfahren lassen sich auf die hier beschriebenen Ester nicht
anwenden, da sie selbst beim Erhitzen nur ganz unvollständig und unter Zersetzung
in Essigsäure löslich sind.
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Es wurde dagegen gefunden, daß man die oben beschriebenen hochwertigen
Triacetate dadurch praktisch verwendbar machen kann, daß man die festen Gallerten
in passenden Lösungsmitteln, wie z. B. Phenole, Kresole, gechlorte Kohlenwasserstoffe,
löst und in diesen Lösungen die Ester nach bekanntem Verfahren in andere Löslichkeitsstufen
überführt, sei es unter Zuhilfenahme hydrolytisch wirkender Mittel, sei es ohne
solche durch Erhitzen auf höhere Temperatur in Gegenwart von Wasser, Nach beendetem
Prozeß können die Produkte in bekannter Weise ausgefällt und von den anhaftenden
sauren Substanzen befreit werden. Die so hergestellten Acetate liefern z. B. Filme
und Fäden von bisher unbekannter Festigkeit, Wasserbeständigkeit und Knickfestigkeit,
die in einer sehr hohen, bisher unerreichten Viskosität der Lösungen ihren Ausdruck
findet, welche diejenige der im Handel befindlichen Acetate um das Vielfache übertreffen.
Das aus dem Gummizustand abgeschiedene vollacetylierte Produkt läßt sich auch ohne
die Überführung in andere Löslichkeitsformen verwenden, besonders für sehr widerstandsfähige
Lacke und Polituren.
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In gleicher Weise lassen sich auch solche Cellulosen auf hochviskose
gemischte Säureester verarbeiten, welche vor der Acetylierung einer vorsichtigen
Nitrierung unterworfen wurden.
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Beispiel r.
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5o Teile Cellulose oder schwachnitrierte Cellulose werden unter Einhaltung
einer 2o' nicht überschreitenden Temperatur mit einem wenigstens auf io ° abgekühlten
Gemisch aus Zoo Teilen Essigsäureanhydrid und Zoo Teilen Eisessig und i bis 2 Teilen
Sulfurylchlorid in kleinen Mengen übergossen. Die Reaktion ist beendet, sobald eine
feste Masse gebildet ist, die mit einer gleichen Gewichtsmenge Tetrachloräthan innig
vermischt eine glatte aber sehr zähflüssige Lösung ergibt. Zur Überführung in andere
Löslichkeitsstufen bewirkt man z. B. durch Zugabe von q.5o Teilen Tetrachloräthan
völlige Lösung unter Vermeidung einer Temperaturerhöhung und unterwirft diese Lösung
einem der bekannten Verfahren, indem man z. B. soviel kristallisiertes essigsaures
Natron in 6o Teilen 7o prozentiger Essigsäure löst, als zur Abstumpfung des Sulfurylchlorids
nötig ist und das Gemisch auf zoo° erhitzt, bis die gewünschte Löslichkeit erreicht
ist.
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Beispiele. 5o Teile schwachnitrierte Cellulose werden wie oben mit
einem abgekühlten Gemisch von Zoo Teilen Essigsäureanhydrid, Zoo Teilen Eisessig,
i Teil Chlorzink und i Teil Phosphorpentachlorid langsam unter Innehaltung einer
2o' nicht überschreitenden Temperatur Übergossen und dann wie in Beispiel z weiter
verfahren. Beispiel 3.
5o Teile Cellulose werden mit 25o Teilen Propionsäureanhydrid
und 15o Teilen Propion-oder Essigsäure nebst i,o Teile Phosphoroxychlorid und
0,5 Teile kristallisiertem Zinksulfat bei niederer Temperatur vermischt und
nach Beispiel i weiterverfahren.
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Das Verfahren ist in gleicher Weise verwendbar für die sonstige Acetylierung
der Cellulose, ebenso können an Stelle der Säureanhydride in bekannter Weise Gemische
verwendet werden, die die Anhydride bilden. An Stelle von Essigsäureanhydrid können
auch de homologen Anhydride oder die entsprechenden anhydridbildenden Gemische verwendet
werden.