-
Verfahren zur Darstellung von Fettsäuren und Aldehyden. Aus den Untersuchungen
von H a r r i e s geht hervor, daß sich die Ozonide, welche man durch Anlagerung
von Ozon an aliphatische und aromatische Doppelbindungen erhält, mit chemischen
Agentien zu Oxydationsprodukten aufspalten lassen. Die bisher beobachteten Spaltstücke
sind von außerordentlich verschiedener Natur, es wurden Säuren, Aldehyde, Peroxyde,
Aldehydosäuren, Ketosäuren u. a. dargestellt. In zahlreichen Fällen wurde durch
derartige Spaltungen die Konstitution organischer Verbindungen aufgeklärt.
-
Die Untersuchungen von H a r r i e s erstreckten sich jedoch nicht
auf das Erdöl oder die Produkte des Braunkohlenteers. Von letzteren wurden noch
keine Ozonide oder Ozonidspaltungen bekannt. Über Erdölozonide ist von anderer Seite,
aber ohne klare oder befriedigende Ergebnisse, gearbeitet worden. Es sollen sich
nämlich nach 1VI o 1 i n a r i und F e n a r o 1 i aus Erdöl nur ganz unbeständige
Ozonide bilden, welche bereits bei Zimmertemperatur verharzen (vgl. Berichte 41,
Seite 3704 ff.: Petroleum, 4 (19o8), Seite 27 i). Diese Ergebnisse von M o 1 i n
a r i und F e n a r o 1 i sind angezweifelt und in ihren Folgerungen als unwahrscheinlich
bezeichnet worden (vgl. G u r w i t s c 1i, Wissenschaftliche Grundlagen der Erdölbearbeitung,
Berlin 1913, Seite 34 bis 35). Normale Bildungen und Spaltungen ohne Verharzungen
würden sich danach nicht erzielen lassen, und es scheinen zu tiefgreifende Oxydationen
zu erfolgen. Vielleicht sind bei den Molinarischen Versuchen Polynaplitensäuren
entstanden oder es haben sich.-Alkoholgruppen, aber keine Aldehyde gebildet (vgl.
C h a r i t s c h -k o f f , Chem. Ztg. Rep. 19o9, Seite 209). Fette Aldehyde und
Säuren wurde bei diesen Ozonidspaltungen nicht erhalten.
-
Nach diesen sich widersprechenden Ergebnissen war es nicht vorauszusehen,
daß man aus Erdölen oder aus Braunkohlenteerprodukten harzfreie Ozonide bereiten
und diese ebenfalls zu harzfreien fetten Aldehyden und Säuren aufspalten kann. Da
die Braunkohlenteerdestillate sogar noch weit höhere Jodzahlen haben. als Erdöle
und infolgedessen mit konzentrierter Schwefelsäure äußerst heftig reagieren und-auch
viel Schwefel enthalten (v gl. Zeitschrift f. angew. Chemie 1896, Seite 139; 1897,
Seite 8), war nach den Molinarischen Erfahrungen zu erwarten, daß die Ozonide noch
leichter verharzen würden. Ebenso war anzunehmen, daß sich aus wasserstoffärmeren
Zersetzungsdestillaten des Erdöls oder Braunkohlenteers wegen der Anreicherung der
Carbüre nur -harzige Produkte durch Ozonidspaltung bilden würden.
-
Es wurde jedoch die überraschende Beobachtung gemacht, daß man dennoch
die
Ozonide der aliphatiscben, eine höhere Jodzahl besitzenden Kohlenwasserstofföle
zu harzfreien Spaltstücken, nämlich fetten Aldehyden und Säuren, quantitativ aufspalten
kann, und zwar insbesondere die Ozonide von carbürreichen aliphatischen Erdölkohlenwasserstoffen
sowie von den Teerprodukten aus Braunkohle, Schiefer, Torf und bituminösem Asphalt.
Die Spaltung erfolgt mit chemischen Agentien, nämlich Wasserdampf' Lauge oder Säure.
Es können auch solche Agentien angewandt -werden, welche nicht Aldehyde oder Säuren,
sondern Derivate davon. liefern, beispielsweise Alkohol, welcher Acetale und Ester
bildet.
-
Es ist zwar schön bekannt, ein Ozonid aus Erdöl durch Alkalien zu
zersetzen (vgl. Berichte 4.1 (igo8), Seite 3;o5, Zeile i5). Die dort beschriebene
Zersetzung verlief jedoch komplizierter und in anderer Richtung als die einfache
Zersetzung nach dem vorliegenden Verfahren. Es wird nämlich a. a. O. gesagt, daß
sich das schon bei Zimmertemperatur unbeständige Ozonid, welches nur aus einer engen
Fraktion einer besonderen Petroleumsorte stammte, teilweise in Alkalien löst, unter
Braunfärbung und allmählicher Verharzung sowie Entwicklung von Terpengeruch. Die
genannte Arbeit versucht nur die Konstitution einiger Spezialpetroleumsorten aufzuklären,
ohne Berücksichtigung allgemeiner technischer Wirkung. Die dabei erhaltenen unklaren
Ergebnisse der Auflösung in Alkalien erwiesen sich als nicht übereinstimmend mit
der glatt und ohne Verharzung verlaufenden Spaltung der beständigen Ozonide und
Peroxyde von carbürreichen Kohlenwasserstoffen, welche das vorliegende Verfahren
in technisch ausführbarer Form ermöglicht.
-
Es wurde weiterhin die merkwürdige Beobachtung gemacht, daß man bei
der Spaltung der Ozonide zuweilen auftretende Peroxyde ebenfalls zu Aldehyden oder
Säuren umlagern kann, wenn man auf die Peroxyde ebenfalls die zur Ozonidspaltung
geeigneten Agentien einwirken läßt. Ferner wurde beobachtet, daß auch Ozon selbst
den Peroxyden gegenüber als Spaltmittel angewandt werden kann, um fette Aldehyde
und Säuren zu erhalten.
-
Sodann wurde gefunden,.daß man, um die zuweilen explosiven Ozonide
und Peroxyde nicht unnötig zu isolieren, die Spaltung der Ozonide und Peroxyde imEntstehungszustand
erfolgen läßt, beispielsweise, indem man Erdöldestillate oder Braunkohlenteerdestillate
oder Krakdestillate in Gegenwart von .chemischen Agentien, beispielsweise Kalilauge,
unter gleichzeitiger guter Durchmischung mit Ozon behandelt.
-
Es ist zwar schon bekannt, durch Luft oder Sauerstoff eine Oxydation
von Erdölkohlenwasserstoffen herbeizuführen (vgl. Chemiker-Zeitung 1892,
Seite 590 ff.). Bei .den betreffenden Versuchen wurden jedoch keine befriedigenden
Ergebnisse erzielt, denn die in nur geringer Ausbeute erhaltenen Produkte waren
teAnisch minderwertige asphaltähnliche Stoffe (vgl. z. B. G u r w i t s c h , a.
a. O. Seite 29). Eine Oxydation aliphatischer Kohlenwasserstoffe zu .technisch brauchbaren
Produkten, besonders zu Fettsäuren, ließ sich bisher überhaupt nicht verwirklichen
(vgl. Engler-Singer, »DasErdöl« III.Band; Seite 807, Zeile 9 von- unten). Es handelte
sich bei den bekannten Versuchen auch nur um gesättigte Kohlenwasserstoffe,meist
nur um ringförmige, sogenannte -1%Taphtene.
-
Hierbei wurde auch unter anderen Versuchsbedingungen gearbeitet, als
bei dem vorliegenden Verfahren. Zunächst wurde Ozon nicht verwendet, und sodann
konnte eine Oxy-. dation nur bei sehr hohen Temperaturen, nämlich den teilweise
über 2oo° liegenden Siedetemperaturen der Kohlenwasserstoffe erzielt werden. Dagegen
verläuft die Spaltung der Ozonide in deren Entstehungszustand mittels Alkali bereits
bei Zimmertemperatur und führt glatt in quantitativer Ausbeute zu hellen und reinen
Salzen von Fettsäuren. Die erhaltenen Seifen sind verschieden 'von den früher erhaltenen
dunklen, asphaltartigen Stoffen. Außerdem besitzen die mittels Ozon erhältlichen
Seifen infolge eines geringen Formaldehydgehaltes desinfizierende Eigenschaften,
was den technischen Wert des Verfahrens noch erhöht. Es ist auch überraschend, daß
das Ozon selbst bei Gegenwart von chemischen Agentien, welche als ozonzerstörend
erkannt werden, doch noch bei niedriger Temperatur sofort die wertvolle Spaltung
der ungesättigten Kohlenwasserstoffe bewirkt.
-
Weiterhin zeigte es sich, daß man bei der Spaltung der Ozonide nach
diesen Methoden auch in Gegenwart indifferenter Lösungsmittel, wie Tetrachlorkohlenstoff,
arbeiten kann. Die überraschende Eindeutigkeit der Reaktion, welche nur fette Aldehyde
und Säuren als Endprodukte liefert, erlaubt es sogar, Gemische von Ozoniden aus
den verschiedensten ungesättigten, aliphatischen Kohlenwasserstoffölen aufzuspalten
bzw. Gemische dieser Kohlenwasserstoffe bei Gegenwart von chemischen Agentien in
Ozonide und Peroxyde überzuführen, die im Entstehungszustand zersetzt werden. Unter
aliphatischen Erdölen sind Erdölfraktionen zu verstehen, welche keine Naphtene enthalten.
-
Man kann nach dem vorliegenden Verfahren fette Aldehyde und Säuren,
und zwar vorwiegend Homologe der Reihe C7 bis C12 gewinnen. Außerdem entsteht auch
Formaldehyd, der als TrioxymethyIen leicht aufgefangen
werden kann,
und Ameisensäure. Die Säuren bilden gute Seifen.
-
Beispiel i.
-
Hallenser Gasöl aus Braunkohlenteer wird bis zur Sättigung mit Ozon
behandelt, was meist nach einer Gewichtszunahme von etwa 2o Prozent erreicht wird.
Nach dem Abheben: des unangegriffenen Gasöles bewirkt man-die Spaltung des Ozonids
durch Einleiten von Wasserdampf, wozu nur kurze Zeit nötig ist. Darauf .wird mit
Alkalilauge übersättigt und wiederum Wasserdampf durchgeblasen, wobei die Peroxyde
in Säuren umgewandelt werden.
-
Die Laugenlösung wird entweder direkt zur Gewinnung fester Seifen
eingedampft oder mit Kochsalz ausgesalzen. - Man kann auch die Säuren durch Ansäuern
der L augenlösung' mit anderen Säuren in Freiheit setzen und mit gespanntem Wasserdampf
abtreiben. Die flüssigen Säuren können fraktioniert werden; man erhält z. B. aus
Gasöl freie flüssige Säuren innerhalb .der Siedegrenzen 8o bis 22o° bei io bis 12
mm Drück. Aus der. oberen Fraktion läßt sich feste Fettsäure gewinnen, und zwar
bei i8o bis Zoo' bei io bis 12 mm Druck.
-
Die fetten Aldehyde kann - man aus dem Wasserdampfdestillat mit Bisulfit
abscheiden. Das nach der aufeinanderfolgenden Behandlung des Gasöles mit Ozon bz-,v.
Kalilauge und Bisulfit zurückbleibende unangegriffene Ö1 siedet. bei 26o bis
330' unter gewöhnlichem Druck und ist ein sehr wertvolles Schmieröl oder
auch Transformatorenöl.
-
Die Spaltung des Ozonides.lä15t sich auch mittels Schwefelsäure erzielen.
Man zersetzt auch in diesem Falle zuerst kurze Zeit mit Wasserdampf und fügt dann
unter Umrühren verdünnte Schwefelsäure. zu der Masse, worauf man die Aldehyde mit
Wasserdampf abbläst. Aus dem sauren Rückstand lassen sich die Fettsäuren durch.Abheben
und gegebenenfalls durch Extraktion gewinnen. Beispiel 2. Man unterschichtet das.
über die Ozonide und Peroxyde zu spaltende-Hallenser Gasöl mit Alkalilauge und leitet
unter Schütteln oder Luftmischung Ozbn ein, das aus Luft oder Sauerstoff bereitet
wird. Die intermediär gebildeten Ozonide werden sogleich zu Säuren gespalten, auch
(lie -Aldehyde werden nämlich sofort über die Peroxyde in Säuren umgesetzt. Man
erhält eine helle Seifenlösung, von der man das unangegriffene Gasöl durch Abheben
trennen kann,. Die Ausbeute ist quantitativ. Es bleiben z. B: bei Anwendung von
ioo kg Gasöl 40 kg unangegriffen. Der Rest, etwa 8o kg, besteht aus technisch wertvollen
Fettsäuren, vorwiegend Hepthylsäuren bis Laurinsäuren, sowie aus etwas Trioxymethylen,
das durch Ausblasen abgetrieben werden kann.
-
Beisp-ie1.3. Man kann in Beispiel r und 2 das Hallenser Gasöl durch
andere Braunkohlenteerdestillate sowie durch die Teerprodukte aus Schiefer, Torf
und bituminösem Asphalt ersetzen. Ebenso können insbesondere nach dem Verfahren
in Beispiel e .aliphatische Erdölprodukte verwendet werden, welche höhere Jodzahlen
besitzen, z. B. pennsylvanische oder galizische Gasöle. Man erhält die gleichen
Homologen wie aus Hallenser Gasöl. Beispiel Man kann die Ausbeute an fetten Säuren
und Aldehyden noch erhöhen,' indem man Ozonide wasserstoffärmerer Zersetzungsdestillate,
sogenannte Krakdestillate, verwendet, welche aus den in Beispiel i bis 3 genannten
aliphatischen Kohlenwasserstoffölen erhältlich sind.
-
Ebenso kann man wasserstoffärmere, sogenannte Carbüre,. verwenden,
welche aus den in Beispiel i bis 3 genannten Kohlenwasserstoffölen auf chemischem
Wege erhältlich sind, beispielsweise aus chloriertem; amerikanischem Petroleum durch
Salzsäureabspaltung.
-
Auch die Ozonide aus den carbürhaltigen »Extrakten« von aliphatischen
Kohlenwasserstoffölen mit höheren Jodzahlen, wie die mit flüssiger schwefliger Säure
aus Erdöl herausgelösten Carbüre, können, wie in Beispiel i und 2 angegeben, zu
fetten .Säuren und Aldehyden aufgespalten werden. . B-eispiiel-5. Es wird in Gegenwart
von indifferenten Lösungsmitteln gearbeitet. Dies ist vorteilhaft, wenn man die
Ozonide stark ungesättigter Kohlenwasserstofföle spalten will, da dann die zuweilen
beobachtete Explosionsgefahr vermindert wird.
-
a) ioo kg amerikanisches Krakpetroleum werden mit Ozon behandelt,
wobei harzfreie und ölige Ozonide ausfallen. Das Unange= griffene wird abgegossen
und das Ozonid in Tetrachlorkohlenstoff im Verhältnis i : i gelöst. Diese Lösung
unterwirft man der Spaltung nach Beispiel i. -b) ioo kg Hallenser Gasölkrakdestillat,
dessen Jodzahl (nach Hübl) durch den Krakprozeß von -63 auf etwa i@o gebracht wurde,
wird in Chloroform gelöst und nach Beispiel 2 über die -Ozonide aufgespalten. Man
erhält etwa 95 kg Säuren.
Beispiel 6.
-
Die Ozonide der Krakdestillate von-vorwiegend naphtenhaltigen Erdölen,
wie dem russischen, können ebenfalls, wie in den vorstehenden Beispielen beschrieben,
mit chemischen Agentien ohne Verharzung gespalten werden. Man erhält in guter Ausbeute
fette Aldehyde und Säuren, da vermutlich die Kohlenwasserstoffringe durch den Krakprözeß
gesprengt werden.