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Die Erfindung betrifft ein Mittel zur Entschwefelung von flüssigem
Eisen auf der Basis von technischem Kalkstickstoff, dem Calciumcarbonat zugemischt
ist, sowie ein Verfahren zur Entschwefelung von Eisenschmelzen mit diesem Kalkstickstoff
enthaltenden Entschwefelungsmittel.
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Die Verwendung von Kalkstickstoff als Entschwefelungsmittel, das insbesondere
in Form von Briketts oder ähnlichen Formlingen in die Schmelze eingetaucht wird,
ist aus der deutschen Patentschrift 837 705 bekannt. Dem Kalkstickstoff können zur
Erniedrigung des Schmelzpunktes zur Verwendung in Metallschmelzen mit niedrigem
Schmelzpunkt Flußmittel, wie Calciumcarbonat, zugegeben werden.
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Bei der Temperatur der Gußeisen- und Roheisenentschwefelung schmilzt
jedoch der Kalkstickstoff, so daß die Verwendung von Flußmitteln sich erübrigt.
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J. N. Hornach und E. J. Whittenberger (Journal of Metals [1956], Seiten
425 bis 429) haben mehrere feinteilige Entschwefelungsmittel, darunter auch Kalkstickstoff,
die durch eine Lanze in die Metallschmelze eingeblasen wurden, miteinander verglichen.
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Infolge der immer höheren Anforderungen, welche an viele Konstruktionsmaterialien
gestellt werden, ergibt sich die Notwendigkeit, den als zulässig erachteten Schwefelgehalt
in Eisen und Stahl weiter abzusenken, da der Bedarf für Eisen und Stahl mit niedrigen
Schwefelgehalten zunimmt. Deshalb ist die Entschwefelung von Eisen in zunehmendem
Maße erforderlich. Die Entschwefelung wird außerhalb des Hochofens durchgeführt,
da im Hinblick auf die manchmal vorkommenden Schwankungen des Schwefelgehaltes des
im Hochofen gewonnenen Eisens deren Regelung erwünscht ist.
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Der technische handelsübliche Kalkstickstoff kann ohne vorangehende
Reinigung für die Entschwefelung verwendet werden. Kalkstickstoff enthält im allgemeinen
mindestens 60 % Caleiumcyanamid (CaNCN), etwa 12 % Kohlenstoff sowie Calciumoxyd
in Mengen von 15 bis über 20 % und Calciumearbonat in Mengen von unter 1 bis über
6 % sowie Spuren anderer Verunreinigungen. Im Vergleich zu anderen bekannten Entschwefelungsmitteln
hat Kalkstickstoff sich als besonders vorteilhaft erwiesen.
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Calciumoxyd ist zwar ein billiges Entschwefelungsmittel; die Ausbeute
bei der Entschwefelung ist aber so schlecht, daß große Mengen Calciumoxyd erforderlich
sind, die Anlaß zu einer starken Schlackebildung geben.
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Bei der Entschwefelung in den torpedoförmigen fahrbaren Behältern,
wie diese heute immer mehr verwendet werden, kann nicht oder nur sehr schwierig
abgeschlackt werden. Eine starke Schlackebildung ist dort besonders nachteilig.
Weiterhin ist die Staubbelastung bei der Entschwefelung mit Calciumoxyd erheblich,
wodurch auch infolge der immer höheren Anforderungen hinsichtlich der zulässigen
Luftverunreinigung besonders kostspielige Entstaubungsanlagen erforderlich werden.
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Bei der Verwendung von Soda als Entschwefelungsmittel genügen kleinere
Mengen als bei Calciumoxyd. Bei der Verwendung von Soda zeigen sich jedoch ebenfalls
große Mängel. Die Staubbelastung ist noch erheblich größer als bei der Verwendung
von Calciumoxyd, und außerdem ist die Schlacke sehr dünn, weshalb sie schwierig
zu entfernen und sehr aggressiv ist,- namentlich angesichts-_-der- üblichen feuerfesten
Auskleidung des Behälters.
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Calciumcarbid gilt als zufriedenstellendes Entschwefelungsmittel.
Dessen Lagerung und Förderung bereiten aber erhebliche Schwierigkeiten, die viele
Vorsichts- und Sicherheitsmaßnahmen erfordern.
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Bei der Verwendung von Kalkstickstoff als Entschwefelungsmittel ist
die Ausbeute wesentlich günstiger als bei Calciumoxyd, und außerdem ist auch die
Staubbelastung viel geringer.
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Für die Lagerung und die Förderung sind bei Kalkstickstoff weiterhin
keine besonderen Maßnahmen wie bei Calciumcarbid notwendig. Die Gasentwicklung bei
der Zersetzung des Kalkstickstoffs in der Eisenschmelze ruft eine sehr vorteilhafte
Radbewegung hervor, die eine innige Vermischung der Schmelze und des Entschwefelungsmittels
ergibt. Kalkstickstoff ist aber besonders im Vergleich zu Calciumoxyd und Soda wesentlich
teurer. Der höhere Preis wird jedoch nicht durch bessere Ausbeute, d. h. geringere
zu verwendende Mengen, kompensiert.
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Erfindungsgegenstand ist demgegenüber ein Mittel zur Entschwefelung
von flüssigem Eisen auf der Basis von technischem Kalkstickstoff, dem Calciumcarbonat
zugemischt ist, wobei das zugemischte Calciumcarbonat ein mit 10 % Kohlenstoff verunreinigtes
Calciumcarbonat in Form von Diamidkalk ist.
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Im erfindungsgemäßen Entschwefelungsmittel ist also Diamidkalk neben
technischem Kalkstickstoff enthalten. Bei der Verarbeitung des Kalkstickstoffs auf
Melamin wird in einem wäßrigen Milieu aus Calciumeyanamid unter Durchleiten von
Kohlendioxyd in einer ersten Stufe Cyanamid gebildet, wobei das entstehende Calciumhydroxyd
mit dem Kohlendioxyd zu feinteiligem Calciumcarbonat reagiert, das ausfällt. Bei
diesem Abfallprodukt handelt es sich um den sogenannten Diamidkalk, der aus feinteiligem
Calciumcarbonat und zu etwa 10 % aus dem vom Kalkstickstoff herstammenden Kohlenstoff
besteht. Es ist bemerkenswert, daß weder Calciumcarbonat noch Diamidkalk als solche
als Entschwefelungsmittel wirksam sind. Für eine wirksame Entschwefelung sind reduzierende
Bedingungen erforderlich. Calciumcarbonat oder Diamidkalk werden bei den Temperaturen
der Eisenschmelzen in Calciumoxyd und Kohlendioxyd zersetzt, wobei das Kohlendioxyd
wenigstens zum Teil mit dem im Eisen und/oder Diamidkalk enthaltenen Kohlenstoff
zu Kohlenoxyd reagiert. Einerseits wird dadurch zwar das Gasvolumen wesentlich gesteigert,
jedoch sind andererseits die Bedingungen nicht wesentlich reduzierend. Das dürfte
auch der Grund dafür sein, daß mit Calciumcarbonat oder Diamidkalk allein nicht
entschwefelt werden kann, obwohl das sich bildende Calciumoxyd an sich eine Entschwefelungswirkung
besitzt. Es ist deshalb um so überraschender, daß man bei der Entschwefelung mit
einem Gemisch aus Kalkstickstoff und Diamidkalk zur Erzielung einer bestimmten Erniedrigung
des Schwefelgehaltes eine deutlich geringere Menge des Gemisches im Vergleich zu
der sonst zu verwendenden Menge an Kalkstickstoff als solchem oder im Vergleich
zu der Menge eines Gemisches an Kalkstickstoff und Calciumcarbonat gemäß der deutschen
Patentschrift 837 705 braucht. Offensichtlich ergibt sich im Rahmen der Erfindung
ein synergistischer Effekt.
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Ein weiterer Vorteil der erfindungsgemäßen Entschwefelungsmittel
ist
darin zu sehen, daß die an sich schon günstige geringe Staubbelastung bei Kalkstickstoff
bei der Verwendung der Gemische noch verbessert wird, obwohl durch den Zusatz des
Calciumcarbonats im Diamidkalk zu dem Kalkstickstoff eher das Gegenteil zu erwarten
wäre.
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Die Verringerung der erforderlichen Menge des Entschwefelungsmittels
hat außerdem eine sehr erwünschte weitere Erniedrigung der Schlackebildung zur Folge.
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Die erfindungsgemäßen Entschwefelungsmittel für flüssiges Eisen enthalten
günstigerweise 40 bis 90 Gewichtsprozent, vorzugsweise 70 Gewichtsprozent technischen
Kalkstickstoff und entsprechend 60 bis 10 Gewichtsprozent, vorzugsweise 30 Gewichtsprozent
Diamidkalk. Die Prozentsätze beziehen sich auf das Gesamtgewicht des Gemisches.
Es ist weiterhin besonders vorteilhaft, daß man mit den erfindungsgemäßen Entschwefelungsmitteln
sehr gründlich entschwefeln, sogar durchentschwefeln kann, d. h., ein sehr niedriger
Schwefelgehalt von z. B. einigen tausendstel Prozent ist leicht und gut reproduzierbar
zu erzielen.
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Bei der Stahlherstellung braucht man flüssiges Eisen mit einem Schwefelgehalt,
der wenig schwankt und beispielsweise nicht mehr als 0,030 % beträgt. Durch Verwendung
der erfindungsgemäßen Entschwefelungsmittel können derartige niedrige Gehalte sehr
leicht und besonders gut reproduzierbar erreicht werden.
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Die Entschwefelung von flüssigem Eisen mit den erfindungsgemäßen,
Diamidkalk und technischen Kalkstickstoff enthaltenden Entschwefelungsmitteln wird
vorzugsweise derart durchgeführt, daß man das Entschwefelungsmittel durch eine Lanze
in das zu entschwefelnde geschmolzene Eisen bläst, wodurch ein inniger und längerer
Kontakt des Entschwefelungsmittels mit dem geschmolzenen Eisen bewirkt wird und
ein hohes Ausmaß der Entschwefelung begünstigt wird. Es können auch sonstige geeignete
Maßnahmen zum gründlichen Vermischen von Eisen und Entschwefelungsmitteln angewandt
werden.
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Die Erfindung wird durch die nachfolgenden Beispiele erläutert.
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Beispiel 1 Vergleich A Roheisen mit einem Schwefelgehalt von 0,094
% wurde mit Kalkstickstoff in an sich bekannter Weise entschwefelt. Bei Verwendung
von 13,5 kg Kalkstickstoff pro Tonne flüssiges Roheisen konnte der Schwefelgehalt
auf 0,027 % erniedrigt werden.
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Erfindungsgemäß Ein ähnliches Roheisen mit einem Schwefelgehalt von
0,098 % wurde erfindungsgemäß mit einem Gemisch von 70 % Kalkstickstoff und 30 %
Diamidkalk entschwefelt. Zur Entschwefelung bis zum gleichen Schwefelgehalt wie
bei Vergleich A waren nur 11 kg des Gemisches pro Tonne Roheisen erforderlich.
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Beispiel 2 Vergleich B Roheisen mit einem Schwefelgehalt von 0,085
0/0 wurde mit Kalkstickstoff entschwefelt. Bei Verwendung von 14,2 kg Kalkstickstoff
pro Tonne flüssiges Roheisen konnte der Schwefelgehalt auf 0,035 % erniedrigt werden.
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Erfindungsgemäß Ein ähnliches Roheisen mit einem Schwefelgehalt von
0,086 % wurde erfindungsgemäß mit einem Gemisch von 70 % Kalkstickstoff und 30 %
Diamidkalk entschwefelt. Von diesem Gemisch wurde eine der Menge des Vergleiches
B möglichst gleiche Menge pro Tonne flüssiges Roheisen verwendet. Tatsächlich betrug
die Menge hier 1.3,8 kg/Tonne. Hiermit wurde jedoch bis zu einem Schwefelgehalt
von 0,017 % entschwefelt.