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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Entschwefeln von Eisenschmelzen
bei kurzen Behandlungszeiten und hohen Entschwefelungsgraden.
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Unter Eisenschmelzen sind in diesem Zusammenhang zu verstehen: schmelzflüssiges
Roheisen einschließlich Gießereiroheisen, schmelzflüssige Ferrolegierung und schmelzflüssiger
Stahl.
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Alle nach den normalen metallurgischen Verfahren hergestellten Eisenwerkstoffe
weisen einen mehr oder weniger hohen Schwefelgehalt auf, der vom Erz herrühren kann,
im wesentlichen aber und unvermeidbar durch den für die Erschmelzung des Roheisens
erforderlichen Brennstoff, insbesondere den Koks, aber auch durch das in immer größerem
Umfange sowohl im Hochofen beim Erschmelzen von Roheisen als auch im SM-Ofen beim
Frischen von Stahl eingesetzte Öl, eingebracht wird. Ganz wenige Anwendungsfälle
ausgenommen sind nennenswerte Schwefelgehalte in Eisenwerkstoffen unerwünscht, da
sie insbesondere die mechanischen Werte der Eisenwerkstoffe beeinträchtigen. Die
eisen- und stahlerzeugende Industrie befaßt sich deshalb seit eh und je mit dem
Problem der Minderung des Schwefelgehaltes in den Eisenwerkstoffen.
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Abgesehen davon, daß man versucht, durch Auswahl der Einsatzstoffe
den Schwefelgehalt der daraus erschmolzenen Eisenwerkstoffe zu mindern, was nur
begrenzt möglich ist, werden deshalb die Eisenschmelzen in aller Regel einer Entschwefelungsbehandlung
unterworfen. Die herkömmlichen und nach wie vor verbreitetsten Entschwefelungsverfahren
basieren auf dem Zusatz von festen Entschwefelungsmitteln, insbesondere von Verbindungen
der Alkalien und der Erdalkalien, zu den Eisenschmelzen (Durrer, »Die Metallurgie
des Eisens«, 1943). So wird beispielsweise zur Entschwefelung von Roheisen gebrannter
Kalk während des Abstiches in die Roheisenpfanne zugesetzt. Damit werden jedoch
die gewünschten niedrigen Schwefelgehalte bei weitem noch nicht erzielt, auch dann
nicht, wenn zusätzliche Maßnahmen getroffen werden, etwa eine mechanische Bewegung
der Schmelze oder das Einblasen von pulverförmigem, in einem Trägergas suspendiertem
Entschwefelungsmittel in die Schmelze (französische Patentschrift 1168 646). Die
Folge ist, daß man etwa im SM-Ofen, aber auch im Konverter, mit hohen Kalksätzen
frischen muß, um den Schwefelgehalt weiter zu drücken. Daraus resultieren hohe Schlackenmengen,
erhöhte Eisenverluste und erhöhter Energieverbrauch. Die Verwendung von anderen
Calciumverbindungen, etwa Calciumcarbid und Caleiumcyanamid, erbringt zwar eine
bessere Entschwefelung, diese Entschwefelungsmittel sind jedoch zu aufwendig. Vorgeschlagen
und praktiziert worden ist auch die Verwendung von schmelzflüssigen Entschwefelungsmitteln.
Auch damit werden aber letztlich keine anderen Ergebnisse erzielt als mit festen
Entschwefelungsmitteln.
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Vorgeschlagen worden ist auch schon, über eine reine Spülgasbehandlung
mit den verschiedensten Gasen, unter anderem auch mit Wasserstoff und Propan (»Gießerei«,
1961, S. 639 ff.) hinausgehend, Wasserstoff als Entschwefelungsn-ittel einzusetzen
(»Stahl und Eisen«, 1931, S. 1024 ff., und »Metallwirtschaft«, 1936, S. 1693 ff.).
Entsprechende Versuche haben jedoch ergeben, daß eine solche Entschwefelungsbehandlung
zwar grundsätzlich möglich ist, daß aber zur Entfernung nur geringer Schwefelmengen
große Gasmengen erforderlich sind, so daß diese Verfahrensweise allein schon aus
diesem Grunde für die großtechnische Entschwefelung zu aufwendig wird. Hinzu kommt,
daß die Behandlungsdauer zur Erzielung technisch interessanter Entschwefelgungsgrade
hierbei 5 bis 6 Stunden beträgt.
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Im Zusammenhang mit der Vakuumbehandlung von kohlenstoffgesättigten
Eisenschmelzen hat sich ergeben, daß auch hierbei eine Entschwefelung erfolgt, wobei
der Schwefel in Form von flüchtigen Schwefelverbindungen aus der Schmelze entfernt
wird. Diese Art der Entschwefelung ist stark temperatur- und druckabhängig und verläuft
mit hinreichender Geschwindigkeit nur bei Temperaturen von mindestens 1450 bis 1500°
C und bei hohen Vakua. Die Vakuumbehandlung ist relativ aufwendig und lediglich
für die Entschwefelung von Roheisenschmelzen wirtschaftlich nicht vertretbar.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, von dem aufgezeigten Stand
der Technik ausgehend ein verbessertes Verfahren zur Entschwefelung von Eisenschmelzen
zu entwickeln.
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Der Erfindung gemäß wird deshalb nunmehr ein Verfahren zum Entschwefeln
von Eisenschmelzen bei kurzen Behandlungszeiten und hohen Entschwefelungsgraden
vorgeschlagen, das durch die Kombination folgender an sich bekannter Maßnahmen,
nämlich das Zugeben von feinkörnigem Kalk zu der in einem Behandlungsgefäß befindlichen
Eisenschmelze und das gleichzeitige Durchleiten gasförmiger Kohlenwasserstoffe durch
die Schmelze, gekennzeichnet ist. Als Kohlenwasserstoff wird insbesondere Erdgas
vorgeschlagen.
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Diese Verfahrensweise führt bei Eisenschmelzen zu bislang nicht erreichten
Entschwefelungsgraden bei wesentlich kürzeren Behandlungszeiten und wesentlich geringerem
Kalkverbrauch. Vorteilhaft wird die Eisenschmelze mit pulverförmigem Kalk abgedeckt.
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Das erfindungsgemäße Verfahren erfolgt zweckmäßigerweise in der Form,
daß der Kohlenwasserstoff mit dem pulverförmigen Kalk beladen wird. Es ist auch
möglich, die Kohlenwasserstoffe von unten durch die Schmelze zu leiten, etwa durch
einen im Boden des Behandlungsgefäßes vorgesehenen Porenstein.
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Ein Gasdurchsatz in der Größenordnung von 0,3 bis 2,0 Nm3ft Einsatz
hat sich als erfahrungsgemäß hinreichend erwiesen, wobei die erforderlichen Gasmengen
für die Entschwefelung von Roheisen an der unteren Grenze liegen und die für die
Entschwefelung von Stahl an der oberen Grenze. Als Behandlungsgefäß kommen vorzugsweise
in Frage Roheisenpfannen, Roheisenmischer und Gießpfannen. Die erfindungsgemäße
Entschwefelung von Stahl kann auch im metallurgischen Ofen, nämlich im SM-Ofen bzw.
im Elektroofen, vorgenommen werden. In Roheisenmischern wird man gegebenenfalls
eine kontinuierliche Entschwefelung vorsehen.
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Da sich herausgestellt hat, daß die Entschwefelung durch die Gegenwart
von Sauerstoff beeinträchtigt wird, wird in weiterer Ausgestaltung der Erfindung
vorgeschlagen, die Entschwefelung unter Luftabschluß vorzunehmen. Das kann in der
Weise erfolgen, daß das die zu entschwefelnde Eisenschmelze enthaltende Gefäß mit
Beginn der Entschwefelungsbehandlung durch eine Abzugshaube abgeschirmt wird (»Gießerei«,
1961, S. 642). Andere bewährte,
den Zutritt des Sauerstoffs zu der
zu behandelnden Schmelze verhindernde Maßnahmen sind das Aufblasen eines inerten
Gases auf die Oberfläche der Eisenschmelze (»Stahl und Eisen«, 1956, S. 1721 ff.).
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Der Abdeckung dient auch der auf die Eisenschmelze aufgegebene pulverförmige
Kalk, der beim Durchblasen des gasförmigen Kohlenwasserstoffes von oben zumindest
teilweise in die Eisenschmelze gerissen wird und so zur Entschwefelung beiträgt.
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Bei der erfindungsgemäßen Verfahrensweise kann es zu einer Anreicherung
der Schmelze mit Wasserstoff kommen. Das ist dann unzuträglich, wenn schmelzflüssiger,
insbesondere für Schmiedestücke od. dgl. vorgesehener Stahl gemäß der Erfindung
entschwefelt wird. Der erhöhte Wasserstoffgehalt in der Schmelze läßt sich jedoch
durch eine sich an die Entschwefelung anschließende Spülung mit einem inerten Gas,
beispielsweise Stickstoff, oder durch eine anschließende Vakuumbehandlung wieder
abbauen. Bei der Entschwefelung einer Ferrolegierung bzw. von Stahl im metallurgischen
Ofen stellen sich normale Wasserstoffgehalte, jedenfalls dann ohnehin wieder ein,
wenn die Entschwefelung zu Beginn des Frischprozesses vorgenommen wird, da der Wasserstoff
in dem Falle allein schon durch das Kochen der Schmelze wieder herausgespült wird.
Die Reinigung von Eisenschmelzen durch eine Spülgasbehand-Jung ist an sich bekannt
(»Gießerei«, 1961, S. 639 ff.), ebenso die Reinigung bzw. Entgasung durch
eine Vakuumbehandlung (»Stahl und Eisen«, 1956, S. 1721 ff.).
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Bei der erfindungsgemäßen Entschwefelung von Stahl ist des weiteren
zu berücksichtigen, daß mit dieser Entschwefelung eine Aufkohlung des Stahles verbunden
ist. Dem kann jedoch, soweit erforderlich, ohne weiteres Rechnung getragen werden
durch dementsprechendes Herunterfrischen des Kohlenstoffgehaltes im Stahl vor oder
nach der Entschwefelung.
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In der nachgebrachten Tabelle sind die Daten von verschiedenen unter
im wesentlichen gleichen Bedingungen durchgeführten Entschwefelungen aufgeführt.
Die Entschwefelungen wurden in vorgewärmten Behandlungsgefäßen, nämlich Pfannen,
mittels durch eine in die Schmelze eintauchende wassergekühlte Lanze zugeführter
Entschwefelungsmittel durchgeführt.
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Wie aus der Gegenüberstellung ersichtlich ist, erbringt die Entschwefelung
mit gasförmigem Kohlenwasserstoff und Kalk (HI) wesentlich bessere Ergebnisse als
die Entschwefelung mit Kalk allein (I) bzw. mit Kohlenwasserstoff allein (II) bei
einem geringeren Bedarf an Kalk und einer kürzeren Behandlungszeit.
Nachgebrachte Beispiele |
I I u |
1. Einsatzmaterial ..................................... RE
RE RE |
2. Menge von 1,t ..................................... 70 70
70 |
3. Temperatur von 1, °C . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . 1400 1400 1400 |
4. S-Gehalt von 1, o/o . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . 0,044 0,030 0,065 |
5. Zugeführtes Gas .................................... Luft
Erdgas Erdgas |
6. Behandlungsart ..................................... Tauchlanze
Tauchlanze Tauchlanze |
7. Menge von 5, Nm3/t RE . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . 0,3 0,8 0,3 |
B. Festes Entschwefelungsmittel . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . CaO - CaO |
9. Menge von 8, kg/t RE . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . 20 - 9 |
10. Behandlungszeit, Minuten . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . 20 60 10 |
11. S-Endgehalt, o/o . . . . . . . . . . . . . . . . . .. .
. . . . . . . . . . . . . . . . . 0,020 0,010 0,004 |
12. Entschwefelungsgrad, % . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . 55 65 94 |