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In den deutschen Patentschriften 636 358, 694 965, 1058 174,
1126 541 und 1126 549 sind Verfahren zur Herstellung von substantiven
Farbstoffen beschrieben, die darin bestehen, daß man 2 Mol Nitrazofarbstoff, im
allgemeinen Nitromonoazofarbstoffe, in ätzalkalischem Medium reduktiv verknüpft,
wobei in den Ausführungsbeispielen überwiegend Traubenzucker als Reduktionsmittel
eingesetzt wird. Bei Verknüpfung von zwei Nitrogruppen bilden sich in erster Linie
Azo- und/oder Azoxygruppierungen. Die Verwendung von Traubenzucker als bedeutendstes
Reduktionsmittel für diese Reaktion hat seinen Grund darin, daß die Mehrzahl der
im alkalischen Bereich reduzierend wirkenden Verbindungen nicht brauchbar ist, weil
diese entweder überwiegend die Nitrogruppen zu Aminogruppen reduzieren und daher
keine Verknüpfung zweier nitrogruppenhaltiger Moleküle bewirken oder den Nitroazofarbstoff
reduktiv spalten und damit zerstören.
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In den deutschen Patentschriften 636 358 und 694 965 sind neben Traubenzucker
auch arsenige Säure, Formaldehyd und Zinnchlorür als Reduktionsmittel angeführt
worden. Die Anwendungsbreite von Zinnchlorür ist nur gering, so daß es sich in die
Praxis nicht eingeführt hat. Der Nachteil der Verwendung von arseniger Säure liegt
in Anbetracht ihrer Giftigkeit bei der Handhabung und in den Ablaufbrühen auf der
Hand. Formaldehyd erweist sich wegen störender Nebenreaktionen als ungeeignet.
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Es wurde nun überraschenderweise gefunden, daß sich Hydrazin als vorzügliches
und allgemein verwendbares Reduktionsmittel im alkalischen Bereich zur Verknüpfung
von Nitrazoverbindungen unter Ausbildung von Azo- bzw. Azoxygruppen eignet und Traubenzucker
voll ersetzen kann. Die Erfindung betrifft daher ein Verfahren zur Herstellung von
Azofarbstoffen, bei dem 2 Mol gleicher oder verschiedener Nitrazoverbindungen mit
Hydrazin oder dessen Monoacyl- oder Monoarylderivaten in alkalischem Medium unter
Ausbildung einer Azo- bzw. Azoxygruppierung miteinander verknüpft werden. Das Verfahren
eignet sich insbesondere für die Verknüpfung metallhaltiger oder metaflisierbarer
Nitromonoazoverbindungen oder Nitrodisazoverbindungen, wobei im Fall der Verwendung
metallisierbarer Nitromonoazoverhindungen oder Nitrodisazoverbindungen diese gegebenenfalls
anschließend in Substanz oder auf der Faser metallisiert werden. Der Vorteil gegenüber
der Anwendung von Traubenzucker liegt darin, daß man bei reduktiver Verknüpfung
mittels Hydrazin die Ablaufbrühen von zusätzlichen Verunremigungen freihalten kann,
da sich aus Hydrazin im Verfaul' des Reduktionsvorganges Stickstoff bildet, der
als Gas entweicht.
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Neben dem bevorzugt anzuwendenden Hydrazin bzw. Hydrazinhydrat können
mit :gleich guten oder ähnlichem Ergebnis auch dessen Monoacyl- bzw. Monoarylderivate;
wie Semicarbazid, Thiossemicarbazid, Benzoylhydrazin oder die mit wasserlöslichmachenden
Gruppen versehenen Sulfo- oder Carboxyphenylhydrazine eingesetzt werden. Der Vorteil
der Anwendung der Hydrazinderivate gegenüber Traubenzucker liegt in der Unabhängigkeit
von Naturprodukten.
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Für die Durchführung der Reduktion geht man im allgemeinen derart
vor, daß man eine wäßrige Lösung oder Anschlämmung der Nitrazoverbindung(en) auf
erhöhte Temperaturen; vorzugsweise zwischen .50 bis 100°C erwärmt, Alkali zugibt
und die geeignete Menge wäßriger Hydrazinlösung z. B. innerhalb von 10 bis 30 Minuten
zutropft. Sollte bei der Zugabe von Alkali vor Beginn der Reduktion keine Lösung
des Farbstoffes eintreten, so gelingt die Reduktion auch mit der nicht gelösten
alkalischen Farbstoffsuspension.
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Die Reduktion selbst ist nach Beendigung des Zutropfens der Hydrazinlösung
im allgemeinen in 10 bis 30 Minuten beendet. Ihr Fortschreiten und ihre Beendigung
lassen sich entweder papierchromatographisch oder empirisch ermitteln.
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Die Wahl der optimalen Reduktionsbedingungen wird auf die Art der
einzusetzenden Nitrazoverbindungen abgestellt und ist durch Vorversuche leicht zu
ermitteln. Liegt der zu reduzierende Nitroazofarbstoff als Kupferkomplex vor, so
ist zweckmäßigerweise ein Uberschuß an Reduktionsmitteln zu vermeiden, um unerwünschte
Reduktionen des zweiwertigen Kupfers zu vermeiden.
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Daß sich Hydrazin und dessen Derivate in Abwesenheit von Katalysatoren
an Stelle von Traubenzucker hervorragend für die Verknüpfung nitrogruppenhaltiger
Azofarbstoffe unter Ausbildung von Azo-bzw. Azoxygruppen einsetzen lassen würden,
war nicht vorauszusehen und ist besonders überraschend auch im Hinblick auf die
Ausführungen von A. F u r s t et a1. in »Hydrazine as Reducing Agent for Organic
Compounds«, Chem. Rev. 65 [1965], S. 52, rechts unten.
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In den folgenden Beispielen sind die Temperaturangaben Celsiusgrade.
Beispiel 1 63 Gewichtsteile des gekupferten Monoazofarbstoffes aus dianotiertem
5-Nitro-2-amino-l-oxybenzol und 2-(3'-Sulfophenylamino)-8-oxynaphthalin-6-sulfonsäure
in Form des Dinatriumsalzes werden in 700 Gewichtsteilen Wasser von 90° mit 75 Gewichtsteilen
Natronlauge (38°B6) versetzt. Nun läßt man innerhalb von 30 Minuten 200 Gewichtsteile
einer 4%igen Hydrazinhydratlösung einlaufen. Nach weiteren 15 Minuten wird ausgesalzen
und im schwach alkalischen Medium isoliert. Der erhaltene Farbstoff entspricht als
freie Säure der Formel
er färbt Baumwolle in lichtechten :grauen bis blaugrauen Tönen.
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Beispiel 2 58 Gewichtsteile des Farbstoffes aus dianotiertem 5-Nitro-2-amino-l-methoxybenzol
und 2-(3'-Sulfophenylamino) - 8 - oxynaphthalin -,6 - sulfonsäure (Dinatriumsalz)
werden in 1600 Gewichtsteilen Wasser bei 90° mit 75 Gewichtsteilen Natronlauge
(38°$e) versetzt. Nun läßt man 55 g 2-Sulfophenyl-hydrazin,
das
in 200 Gewichtsteilen Wasser gelöst wurde, innerhalb von 20 Minuten zulaufen. Nach
weiteren 15 Minuten wird ausgesalzen und bei etwa 70° isoliert. Der in bekannter
Weise in der Siedehitze in wäßriger, ammoniakalischer Lösung gekupferte Farbstoff
entspricht als freie Säure -er Formel
er färbt Baumwolle in lichtechten grauen bis blaugrauen Tönen.
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Beispiel 3 44 Gewichtsteile des Azofarbstoffes aus 1-Oxy-2-diazo-6-nitronaphthalin-4-sulfonsäure
und ß-Naphthol (Natriumsalz) werden in 2000 Gewichtsteilen Wasser bei 50° mit 90
Gewichtsteilen Natronlauge (38°B6) versetzt. Dann läßt man innerhalb von etwa 30
Minuten. 220 Gewichtsteile einer 4%igen Hydrazinhydratlösung zulaufen, salzt nach
weiteren 45 Minuten aus und isoliert bei schwach alkalischer Reaktion. Der erhaltene
Farbstoff entspricht als freie Säure der Formel
er färbt Baumwolle in vollen blauen Tönen, deren Echtheiten beim Nachbehandeln mit
Kupfersalzen verbessert werden.
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Beispiel 4 54 Gewichtsteile des Azofarbstoffes aus diazotiertem 5-Nitro-2-amino-l-methoxybenzol
und 2-(4'-Carboxyphenylamino) - 8 - oxynaphthalin - 6 - sulfonsäure (Dinatriumsalz)
werden in 1700 Gewichtsteilen Wasser bei 90° mit 75 Gewichtsteilen Natronlauge (38°B6)
versetzt. Danach läßt man innerhalb von etwa 30 Minuten 200 Gewichtsteile einer
4%igen Hydrazinhydratlösung zulaufen, salzt nach weiteren 10 Minuten aus und isoliert
bei etwa 80°. Der in bekannter Weise in wäßriger, ammoniakalischer Lösung in der
Siedehitze gekupferte Farbstoff entspricht in Form der freien Säure der Formel
er färbt Baumwolle in lichtechten blaugrauen Tönen. Beispiel 5 57 Gewichtsteile
des Disazofarbstoffes, der durch saure Kupplung von 2-Carboxy-l-disazo-benzol auf
2 - Amino - 5 - oxynaphthalin - 7 - sulfonsäure und anschließender alkalischer Kupplung
von 5-Nitro-2-diazo-l-methoxybenzol auf diesen Monoazofarbstoff (binatriumsalz)
erhalten wurde, werden in 4000 Gewichtsteilen Wasser bei 50° mit 75 Gewichtsteilen
Natronlauge (38°B6) versetzt. Danach läßt man innerhalb von 30 Minuten 220 Gewichtsteile
einer
4%igen Hydrazinhydratlösung zulaufen, salzt nach weiteren
15 Minuten aus und isoliert in schwach alkalischem Medium. Der erhaltene Farbstoff
entspricht als freie Säure der Formel
er färbt Baumwolle in blauen Tönen und gibt auf der Faser nachgekupfert waschechte
Färbungen.
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Beispiel 6 58 Gewichtsteile des Azofarbstoffes aus dianotiertem 5-Nitro-2-amino-l-methoxybenzol
und 2-(3'-Sulfophenylamino) - 8 - oxynaphthalin - 6 - sulfonsäure (Dinatriumsalze)
werden in 1600 Gewichtsteilen Wasser bei 90° mit 75 Gewichtsteilen Natronlauge (38°B8)
versetzt. Danach läßt man eine Lösung von 22 Gewichtsteilen Semicarbazid, die in
100 Gewichtsteilen Wasser gelöst wurden, innerhalb von 20 Minuten zutropfen, salzt
nach weiteren 10 Minuten aus und isoliert bei etwa 70°. -Der in bekannter Weise
in der Siedehitze in wäßriger, ammoniakalischer Lösung gekupferte Farbstoff färbt
Baumwolle in lichtechten blaugrauen Tönen.
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Beispiel 7 74 Gewichtsteile des aus dianotierter 2-Amino-6-nitronaphthalin-4,8-disulfonsäure
und 2-Oxynaphthalin-3,6-disulfonsäure hergestellten und nachträglich mit Kupfersulfat
und Wasserstoffperoxyd in schwach saurem Medium gekupferten Farbstoffes (Tetranatriumsalz)
werden in 1000 Gewichtsteilen Wasser bei 60° mit 90 Gewichtsteilen Natronlauge (38°B8)
versetzt. Nun läßt man innerhalb von etwa 30 Minuten 220 Gewichtsteile einer 4%igen
Hydrazinhydratlösung zulaufen, salzt nach weiteren 15 Minuten . aus und isoliert.
Der erhaltene Farbstoff entspricht als freie Säure der Formel
er färbt Baumwolle in grünstichigblauen, lichtechten Tönen.
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Beispiel 8 23 Gewichtsteile des Azofarbstoffes aus dianotiertem 5-Nitro-2-amino-1-methoxybenzol
und 2-Acetylamino-8-oxynaphthalin-6-sulfonsäure (Na-Salz) und 50 Gewichtsteile des
Azofarbstoffes aus dianotiertem 5-Nitro-2-amino-l-methoxybenzol und 2-Amino-8 -
oxynaphthalin - 3,6 - disulfonsäure (Dinatriumsalz) werden in 1600 Gewichtsteilen
Wasser miteinander vermischt und bei 90° mit 75 Gewichtsteilen Natronlauge (38°B8)
versetzt. Danach läßt man innerhalb von etwa 30 Minuten 200 Gewichtsteile einer
4%igen Hydrazinhydratlösung zulaufen, salzt nach weiteren 15 Minuten aus und isoliert
bei schwach alkalischer Reaktion. Der in bekannter Weise in wäßriger, ammoniakalischer
Lösung in der Siedehitze gekupferte Farbstoff färbt Baumwolle in lichtechten blaugrauen
Tönen.