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Die Erfindung betrifft eine durch Zutritt von Feuchtigkeit in den
gehärteten, festen und elastischen Zustand überführbare Formmasse, die in Abwesenheit
von Feuchtigkeit lagerfähig ist, auf der Basis von silanolendblockiertem Polydiorganosiloxan
und Silanen, sowie gegebenenfalls Füllstoffen und/oder Beschleunigern, die dadurch
gekennzeichnet ist, daß sie aus einer Silanmischung von 0,1 bis 100 Teilen, bestehend
aus (a) 100 Teilen eines difunktionellen Acyloxysilans der Formel RHSi(OCOR')B (a)
sowie 0,1 bis 50 Teilen eines polyfunktionellen Acyloxysilans der Formel RbSi(OCOR'),b
(b) pro 100 Teile Polydiorganosiloxan, besteht, wobei R einen einwertigen Kohlenwasserstoffrest
oder einen halogenierten einwertigen Kohlenwasserstoffrest, R' einen Alkylrest und
b 0 oder 1 bedeutet.
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Bei gewöhnlicher Temperatur härtbare Organopolysiloxane lassen sich
zur Herstellung von Formteilen verwenden. Der Vorteil, der durch die Verwendung
eines solchen Materials bei der Herstellung von Formteilen erreicht wird, besteht
darin, daß ein elastisches Formteil einfach dadurch hergestellt werden kann, daß
man die härtbare Organopolysiloxanformmasse in eine Matrize bzw. eine Vorlage gießt
und sodann aushärten läßt. Wenn auch bereits bei gewöhnlicher Temperatur härtbare
Organopolysiloxanformmassen mit Erfolg gewissen Verformungsanwendungsweisen zugeführt
wurden, so hat doch die Praxis gezeigt, daß dann, wenn eine Vorlage aus Organopolysiloxan
des Standes der Technik einige Male zum Gießen von Modellen verwendet worden war,
die Schwierigkeit entstand, das gegossene Modell aus der Form zu entfernen, ohne
diese zu beschädigen. Ein weiterer Nachteil des Standes der Technik besteht darin,
daß in den Formteilen aus einer konventionellen bei gewöhnlicher Temperatur härtbaren
Organopolysiloxanformmasse hergestellt worden waren, Poren vorhanden sind, die auf
Lufteinschlüsse zurückgehen.
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Einer der hauptsächlichen Gründe, warum die Entfernung des gegossenen
Stückes aus der Vorlage die aus bekanntem bei gewöhnlicher Temperatur gehärteten
Organopolysiloxanen besteht, mit einer Beschädigung der Form einhergehen kann, nachdem
diese nur einige Male benutzt worden war, besteht darin, daß die Vorlage nicht den
RrforderIichen Grad an Festigkeit besitzt. Der Ausdruck »Festigkeit« bedeutet hier
die Fähigkeit eines Organopolysiloxanelastomeren, einer Beschädigung infolge von
Abrieb zu widerstehen.
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Im folgenden wird der Ausdruck »Festigkeit« dazu benutzt, das Produkt
aus größter Zugfestigkeit (gemessen in kg/cm2) und Dehnbarkeit (gemessen in °/O)
zu symbolisieren.
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Die Praxis hat gezeigt, daß Vorlagen, die aus bei gewöhnlicher Temperatur
gehärteten Organopolysiloxanen des Standes der Technik hergestellt wurden, zwar
im allgemeinen eine befriedigende Zugfestigkeit, jedoch keine befriedigende Dehnbarkeit
aufweisen.
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Um in befriedigender Weise einer Beschädigung zu widerstehen, müssen
Organopolysiloxanformen eine maximale Dehnbarkeit von zumindest 3000/o besitzen.
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Organopolysiloxanelastomere, die eine verbesserte Dehnbarkeit aufweisen,
können dadurch erhalten werden, daß die Kettenlänge des Polymeren erhöht wird und
die Vernetzung in geeigneter Weise durchge-
führt wird. Um jedoch die Entstehung
einer exzessiven Viskosität der bei gewöhnlicher Temperatur härtbaren Organopolysiloxanformmasse
minimal zu halten, wird vor der Härtung, insbesondere bei gefüllten Systemen, ein
Polymeres mit relativ niedriger Viskosität verwendet. Eine genügende Fließfähigkeit
ist bei der härtbaren Mischung notwendig, um Lufteinschlüsse möglichst gering zu
halten und um bei komplizierter gebauten Vorlagen Einbuchtungen und Nischen vollständig
ausfüllen zu können.
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Es hat sich gezeigt, daß Formen; die aus bei gewöhnlicher Temperatur
gehärteten Organopolysiloxanen des Standes der Technik hergestellt wurden, keinen
genügenden Festigkeitsgrad besitzen; die Viskositätsbegrenzungen der härtbaren Mischung
erlaubt jedoch nicht, ein Ausgangspolymeres mit genügender Kettenlänge zu verwenden.
Infolgedessen weisen die entstandenen Elastomeren des Standes der Technik keinen
befriedigenden Dehnbarkeitsgrad auf.
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Zum nächstkommenden Stand der Technik gehören bei Zutritt von Luftfeuchtigkeit
bei Raumtemperatur härtende Formmassen auf der Basis von hydroxylendblockierten
Diorganopolysiloxan, Vernetzungsmitteln und Füllstoffen, die geringe Mengen an mehrfunktionellen
Aminosilanen der allgemeinen Formel - - Si(NR'R")m oder an Aminosilazanen der allgemeinen
Formel
(R'R"N)pSi(R) - [NH - Si(R)NR'R"]n |
NH - Si(R)(NR'R")2 |
(R = Alkyl, Aryl, Aralkyl, NH2 oder NR'R", R'= H, Alkyl, Aryl oder Aralkyl, R"=
= H, Alkyl, Aryl oder Aralkyl). enthalten.
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Vergleichsversuche zwischen diesen bekannten Formmassen und den erfindungsgemäßen
haben folgendes ergeben: Härtbare Mischungen, die nach dem eben genannten Stand
der Technik unter Verwendung von Tris-(isopropylamino)-methylsilan hergestellt wurden,
führten zu schwachen Produkten, die einen unbefriedigenden Dehnbarkeitsgrad besitzen,
wenn silanolendblockierte Polydimethylsiloxane eingesetzt werden, die weniger als
50 chemisch miteinander verknüpfte Einheiten besitzen. Diese Feststellung befindet
sich auch in Übereinstimmung mit der entsprechenden Literatur des genannten Standes
der Technik; es heißt dort, daß Kautschuke mit guten physikalischen Eigenschaften
nicht erhalten werden, wenn die Bolymeren-weniger als 50 Einheiten pro Molekül enthalten.
Ferner wurde durch Tests festgestellt, daß die genannten Formmassen des Standes
der Technik, bei denen man von silanolendblockierten Polydimethylsiloxan mit niedrigem
Molekulargewicht ausgeht, auch deshalb unbefriedigend sind, weil sie entweder klebrig
oder krümelig sind und ihre Dehnbarkeit nur etwa 150/o beträgt.
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Demgegenüber zeichnen sich die Produkte gemäß der Erfindung durch
eine hervorragende Aushärtung in den elastomeren Zustand mit sprunghaft erhöhter
Dehnbarkeit aus.
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Die Acyloxysilane und die Verfahren zu ihrer Herstellung sind dem
Stand der Technik gut bekannt. Wie beispielsweise in der Literaturstelle C. E a
b o r n, Organosilicon Compounds, Butterworth Scientitic
Publications,
London (1960) S. 312, beschrieben ist, können Halogensilane mit Säureanhydriden
umgesetzt werden.
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Einige der unter die Formel (a) fallenden difunktionellen Acyloxysilane
sind: Methyldiacetoxysilan, Vinyldiacetoxysilan, Phenyldiacetoxysilan, Methyldipropionoxysilan
oder Phenyldibutyroxysilan. Polyfunktionelle Acyloxysilane, die unter die Formel
(b) fallen, sind beispielsweise Methyltriacetoxysilan, Äthyltriacetoxysilan oder
Phenyltriacetoxysilan.
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Das silanolendblockierte Polydiorganosiloxan kann eine Viskosität
im Größenordnungsbereich von 100 bis 50 000 cP bei 25"C besitzen, vorzugsweise liegt
die Viskosität bei 500 bis 25 000 cP.
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Diese Verbindungen können dadurch hergestellt werden, daß man cyclische
Diorganosiloxane, beispielsweise Octamethylcyclotetrasiloxan, Mischungen von Octamethylcyclotetrasiloxan
und Octamethylcyclotetrasiloxan in bekannter Weise polymerisiert.
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Die Äquilibrierung solcher cyclischer Verbindungen kann unter Verwendung
eines Siloxanumlagerungskatalysators, wie beispielsweise Kaliumhydroxyd oder Tetrabutylphosphonat,
bei einer Temperatur im Bereich von etwa 125 bis etwa 150"C bewirkt werden; man
kann zu den entstandenen Polymeren mit hohem Molekulargewicht kleine Wasseranteile,
beispielsweise in Form von unter Druck stehendem Dampf, hinzufügen, bis ein Produkt
der gewünschten Viskosität entstanden ist.
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Außer der Anwendung zur Herstellung von Formteilen bzw. von Formkörpern
lassen sich die bei gewöhnlicher Temperatur härtbaren Formmassen der Erfindung mit
Vorteil auch als Dichtungsmassen, als Dachversiegelungsmittel und als Einkapselungsmittel
verwenden.
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Um die Festigkeit der Organopolysiloxanelastomeren gegebenenfalls
noch zu erhöhen, können Füllstoffe in Kombination mit dem silanolendblockierten
Polydiorganosiloxan zur Anwendung gelangen. Vorzugsweise werden in Kombination mit
den Acyloxysilanen Füllstoffe, wie Titandioxyd, Albacar oder Eisen(III)-Oxyd, eingesetzt.
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Die Acyloxysilane werden vorzugsweise in Kombination mit Siliciumdioxydfüllstoffen,
wie Rauchsilika (= aus der Gasphase gewonnenes Siliciumdioxyd), ausgefälltes Siliciumdioxyd
oder Diatomeenerde, verwendet. Es kann eine Menge von 10 bis 300 Teilen Füllstoff
pro 100 Teile silanolendblockiertem Polydiorganosiloxan eingesetzt werden. Ferner
können Härtebeschleuniger, wie Zinnoctoat oder Dibutylzinndilaurat, enthalten sein.
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Bei der praktischen Durchführung können die bei gewöhnlicher Temperatur
härtbaren Organopolysiloxanformmassen dadurch hergestellt werden, daß man das silanolendblockierte
Polydiorganosiloxan, welches im folgenden hier als Silanolpolymeres bezeichnet wird,
und die Acyloxysilane, die hydrolysierfähige Reste aufweisen, die an Silicium gebunden
sind, welche im folgenden hier als >hydrolysierfähiges Silan« bezeichnet werden,
d. h. die Acyloxysilane in vorher bestimmten Gewichtsanteilen vermischt. Beispielsweise
kann man 0,5 bis 25 Teile polyfunktionelles Silan pro 100 Teile difunktionelles
Silan einsetzen.
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Optimale Ergebnisse werden dann erhalten, wenn die Komponenten der
Formmasse, d. h. das Silanolpolymere, die Acyloxysilanmischung, der Füllstoff usw.
beim Zusammenmischen nicht zu sehr der Feuchtigkeit ausgesetzt werden, da das hydrolysierfähige
Silan
leicht zu Silanol und Hydrolyseprodukt hydrolysiert.
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Es wurde gefunden, daß dann, wenn man Feuchtigkeit von den entstandenen
bei gewöhnlicher Temperatur härtbaren Organopolysiloxanformmassen fernhält, d. h.
dafür sorgt, daß nicht mehr als 100 Teile Wasser pro 1 Million Teile Formmasse vorhanden
sind, die Formmasse ausgedehnte Zeiträume, wie beispielsweise 6 Monate und länger
bei einer Temperatur zwischen 0 und 100"C stabil bleibt.
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Die Härtung der Formmasse wird dann dadurch bewirkt, daß man sie
der Feuchtigkeit, vorzugsweise der in der Atmosphäre vorhandenen Feuchtigkeit, aussetzt,
um die Hydrolyse der endständigen hydrolysierfähigen Acyloxyreste zu bewirken, wobei
dann die Interkondensation mit den Silanolgruppen stattfindet.
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Je nach der Art der Anwendungsweise, der die bei gewöhnlicher Temperatur
härtbare Organopolysiloxanformmasse zugeführt werden soll, kann die Viskosität des
Silanolpolymeren und die Reihenfolge der Zugabe der verschiedenen Komponenten beim
Mischprozeß variiert werden. Das Acyloxysilan kann als Mischung zum Silanolpolymeren
hinzugegeben werden; das difunktionelle und das polyfunktionelle Acyloxysilan können
auch getrennt mit dem Silanolpolymeren vermischt werden.
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Optimale Ergebnisse werden dann erhalten, wenn man genügend Acyloxysilangemisch
in Kombination mit dem Silanolpolymeren einsetzt, um zumindest eine Acyloxygruppe
pro Silanolrest des Silanolpolymeren zur Verfügung zu stellen. Überschüssige Mengen
an Acyloxysilan, beispielsweise eine Menge, die ausreicht, um bis zu 10 oder mehr
dieser Reste pro Silanolrest in der Mischung zur Verfügung zu stellen, erfordern,
wie gefunden wurde, längere Härtezeiten als auch längere Verweilzeiten im Reaktionsgefäß.
Unter solchen Umständen kann, um die Härtungszeit oder die Verweilzeit im Reaktionsgefäß
zu verkürzen, die bei gewöhnlicher Temperatur härtbare Formmasse durch Abdampfen
vom überschüssigen Acyloxysilan befreit werden; es kann auch ein Härtungsbeschleuniger
eingesetzt werden.
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Härtungszeiten von 1 Stunde bis zu weniger oder auch mehr als 24
Stunden sind daher nicht ungewöhnlich, was jeweils von der Menge und der Natur des
eingesetzten Acyloxysilangemisches, ferner von der Viskosität des Silanolpolymeren
und von der Dicke des gewünschten Formkörpers abhängt.
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Das Wesen der Erfindung wird nun an Hand eines Ausführungsbeispiels
weiterhin erläutert.
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Ausführungsbeispiel Es wurden 0,7 Teile Methyldiacetoxysilan zu 40
Teilen Silanolendblockiertem Polydimethylsiloxan mit einer Viskosität von 15 000
cP bei 25"C hinzugegeben.
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Die Zugabe des hydrolysierfähigen Silans zum Silanolpolymeren wurde
rasch und unter praktisch wasserfreien Bedingungen durchgeführt. Nach etwa 20stündigem
Stehenlassen bei gewöhnlicher Temperatur hatte die Mischung eine konstante Viskosität
angenommen, wodurch angezeigt wird, daß das Polydimethylsiloxan vollständig mit
Methylacetoxysiloxyeinheiten endblockiert war. Zur entstandenen Mischung wurden
0,5 Teile Methyltriacetoxysilan hinzugefügt. Die entstandene Formmasse wurde sodann
auf eine glatte
Metalloberfläche gegossen und unter atmosphärischen
Bedingungen härten gelassen. Nach 48 Stunden wurde ein Teststreifen aus der entstandenen
gehärteten Lage geschnitten. Dieser Teststreifen zeigte eine befriedigende Zugfestigkeit
und eine prozentuale Dehnung vor dem Bruch von etwa 5000/o.
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Es stehen also gemäß der Erfindung bei gewöhnlicher Temperatur härtbare
Organopolysiloxanformmassen zur Verfügung, welche Organopolysiloxanelastomere bilden,
die gute Zugfestigkeitseigenschaften und sprunghaft verbesserte Dehnungsfähigkeiten
besitzen, wenn man sie der Feuchtigkeit aussetzt. Diese bei gewöhnlicher Temperatur
härtbaren Formmassen können über lange Zeiträume hinweg, beispielsweise 6 Monate
und beträchtlich länger, bei Temperaturen im Bereich von 0 bis 100"C gelagert werden.
Ferner sind diese bei Zimmertemperatur härtbaren Formmassen bezüglich einer Vielfalt
von Anwendungsweisen hervorragend brauchbar, beispielsweise zur Herstellung von
Organopolysiloxanformteilen, von Versiegelungsmitteln oder Abdichtungen.