-
Verfahren zur Herstellung von Impfstoff gegen die Newcastle-Krankheit
Die Erfindung betrifft Verbesserungen bei der Herstellung eines Impfstoffes aus
einem lebenden, geschwächten Virus und eines Impfstoffes aus einem abgetöteten Virus
zur Bekämpfung der Newcastle-Krankheit bei Geflügel, der bei oraler Verabreichung
wirksam wird.
-
Der diese äußerst ansteckende Krankheit hervorrufende Organismus
ist der Virus der Newcastle-Krankheit. Geflügel jeder Altersstufe ist anfällig für
diese Krankheit, und es ist festgestellt worden, daß jede Vogelart angesteckt wird,
wenn eine Epidemie dieser Krankheit ausbricht. Wie berichtet wird, sind z. B. Hühner,
Truthühner, Perlhühner, Enten, Gänse, Tauben, Fasanen, Rebhühner, Krähen, Sperlinge,
Mayas und Schwalben sowie andere, nicht näher gekennzeichnete Arten frei lebender
Vögel beim Auftreten dieser Krankheit befallen worden. Die Krankheit beginnt im
allgemeinen mit Symptomen der Atmungsorgane, die je nach Alter der befallenen Tiere
verschieden sind. Die höchste Sterblichkeitsziffer ergibt sich bei jungen Tieren;
sie liegt zwischen 5 und 900/0; die Sterblichkeitsziffer bei ausgewachsenen Tieren
hingegen ist im allgemeinen nicht so hoch. Bei Legetieren ist das charakteristischste
Merkmal dieser Krankheit die plötzlich sinkende Eierproduktion, die innerhalb einer
Woche nach Auftreten der Krankheit ganz aufhören kann. gegen dieser ständigen Gefahr
für die Geflügelzucht ist es beinahe eine Notwendigkeit, die Tiere gegen diese Krankheit
zu impfen.
-
Die bislang bekannten Impfstoffe, mit welchen Geflügel gegen diese
Krankheit immun gemacht wurde, stellte man normalerweise dadurch her, daß man einen
avirulenten Stamm entwickelte, der die Fähigkeit besaß, sich in Hühnerembryos oder
Vogel-Gewebekulturen auszubreiten. Diese Impfstoffe werden hergestellt, indem lebende
Hühnerembryos oder Vogel-Gewebekulturen mit dem besagten avirulenten Stamm geimpft
werden. Nach einer Inkubationszeit von mehreren Tagen wird das infizierte Embryo-oder
Gewebekulturgut gewonnen. Diese bereits bekannten Impfstoffe gegen die Newcastle-Krankheit
sind immunisierend wirksam. Ein Nachteil besteht darin, daß sie das Gewebe des Embryos
enthalten.
-
Dadurch kommt es leicht zu einer Ubertragung von Vogelviren, die
nicht mit dem Newcastle-Virus verwandt sind und in latenter Form in embryonalen
Vogelgeweben vorhanden sein können, auf die geimpften Vögel. Ein weiterer Nachteil
dieser bekannten Impfstoffe besteht darin, daß sie nur immunisierend wirksam sind,
wenn sie auf parenteralem Wege verabreicht werden.
-
Nach der Erfindung wird der Impfstoff, der lebende, doch geschwächte
Newcastle-Viren enthält, hergestellt, indem die geschwächten Virenkeime in einem
lebenden Eiembryo gehalten und danach in nicht von Vögeln stammenden Gewebekulturen
gezüchtet werden; von diesen gewinnt man dann den Impfstoffi Der tote Viren enthaltende
Impfstoff wird ebenfalls auf diesem Wege hergestellt, doch erhält bei der Produktion
von aus toten Viren bestehendem Impfstoff ein velogener oder virulenter Viren stamm
vor mesogenen oder lentogenen Stämmen den Vorzug. Bei der Herstellung des aus toten
Viren bestehenden Impfstoffes wird der gewonnene Virus entaktiviert, beispielsweise
durch ultraviolette Strahlen, Wärme oder chemische Mittel.
-
Die nach der Erfindung zur Verwendung kommenden, vogelfremden Gewebekulturen
werden aus den Nieren von Affen, Kälbern oder Schweinen verschiedenen Alters erhalten.
Es kann aber auch jede beliebige Zellreihe oder ein diploider Zellstamm zur Herstellung
des erfindungsgemäßen Impfstoffes verwendet werden.
-
Ein weiteres Ziel der Erfindung ist die Entwicklung einer verbesserten
Methode zur Konzentrierung der für die Newcastle-Krankheit antigenen Teilchen durch
Ausfällung mit Protaminsulfat oder Clupeinsulfat bei etwa neutralem pH-Wert. Das
Konzentrierungsverfahren besteht darin, daß eine neutrale
Gewebekulturflüssigkeit
von Newcastle-Viren mit einer geringeren Volumenmenge, vorzugsweise etwa 30mio,
Rinderserum oder abgerahmter Milch oder einem Gemisch von beiden vermischt wird.
Diesem Gemisch wird Protaminsulfat oder Clupeinsulfat in einer Menge von etwa 1
bis etwa 10 mg/cm3 zugegeben, und die Ausfällung der antigenen Teilchen findet in
einem Zeitraum von etwa 112 bis 24 Stunden statt. Die Zugabe des Protaminsulfats
oder Clupeinsulfats zu einem die antigenen Teilchen enthaltenden wäßrigen Medium
und die Abtrennung des Niederschlags erfolgt in bekannter Weise. Es wurde festgestellt,
daß es am günstigsten ist, wenn man nur das Protamin oder Clupeinsulfat dem Medium
zuführt und das Gemisch bei etwa 5°C stehenläßt, bis die Ausfällung abgeschlossen
ist. Dann wird die überstehende Flüssigkeit abgehebert, und das Sediment kann mit
jedem geeigneten Verdünnungsmittel, beispielsweise einer physiologischen gepufferten
Salzlösung, wieder auf die gewünschte Konzentration gebraucht werden. Dieses Verfahren
kann bei der Herstellung von Impfstoffen gegen die Neweastle Krankheit aus jedem
beliebigen Stamm von Newcastle-Viren zu jeden geeigneten Zeitpunkt des Herstellungsverfahrens
vor der Stabilisierung angewandt werden.
-
Die Impfstoffe sind erfindungsgemäß leicht herzustellen und zeigen
eine gute Antigenwirkung. Sie sind beständig und bewirken bei oraler oder parenteraler
Verabreichung gute Immunität. Die Impfstoffe nach der Erfindung sind im wesentlichen
frei von den Nachteilen der üblichen Newcastle-Virus-Impfstoffe, die in lebenden
Embryos oder Vogel-Gewebekulturen gebildet werden, d. h., bei den erfindungsgemäßen
Impfstoffen besteht nicht die Möglichkeit, daß auf geimpfte Vögel Vogelviren übertragen
werden, die nicht mit Newcastle-Viren verwandt sind und in latenter Form in Embryogeweben
vorhanden sein können, die zur Herstellung bekannter Impfstoffe verwendet werden.
Die bekannten Gewebekultur-Impfstoffe verlieren oft ihre Antigenwirkung, wenn sie
reihenweise in Gewebekulturen gezüchtet werden.
-
Ein weiterer erfindungsgemäßer Vorteil besteht darin, daß ein bei
den bereits bekannten Impfstoffen beobachtetes Nachlassen der Antigenwirkung nicht
auftritt, wenn die geschwächten Viruskeime im Eiembryo gehalten und der Gewebekultur-Impfstoff
gewonnen wird, nachdem der Virus in vogelfremdem Gewebe gezüchtet wurde. Ein weiterer
Vorteil der Erfindung besteht darin, daß Impfstoffe mit einem Titer von 107 ELDso
(ELD = egg lethal dose) je Kubikzentimeter infizierter Gewebekulturflüssigkeit in
hoher Ausbeute gewonnen werden kann, ehe die durch den Virus hervorgerufene cytopathische
Wirkung auftritt. Die Gewebekulturzellen bleiben somit praktisch unverändert, und
damit ist die anschließende Verwendung zur weiteren Impfstofferzeugung möglich.
-
Die Wirksamkeit der Impfstoffe nach der Erfindung ist in vitro ermittelt
worden durch Viren-Neutralisations- und Blutkörperchenagglutination-Hemmungsversuche
unter Verwendung von virulenten Newcastle-Viren und Seren von immunisierten Vögeln.
Die In-vivo-Aktivität dieser Impfstoffe wurde demonstriert, indem sie 7 bis 14 Tage
alten Küken peroral verabreicht wurden. 3 Wochen später wurden diese - immunisierten
Küken mit einer ansteckungsfähigen Dosis virulenter Newcastle-Viren infiziert.
-
Diejenigen Küken, die mit dem aus geschwächten lebenden Viren bestehenden
Impfstoff oder dem tote Viren enthaltenden Impfstoff behandelt worden waren, wurden
nicht befallen, während eine zum Vergleich dienende Gruppe von Küken der gleichen
Art, die jedoch nicht immunisiert waren, die Krankheit bekam.
-
Beispiel I Impfgut, das I 103 5 geschwächte Newcastle-Viren in Allantoisflüssigkeit
enthält, wird bei 37"C 1 Stunde lang mit Monozellschichten von Affennieren in Berührung
gehalten. Sodann werden die Keime des Newcastle-Virus abgesaugt und die Monozellschichten
mit Salzlösung, die mit Phosphat gepuffert ist, gewaschen, um jegliche Reste von
Viren zu entfernen. Die Monozellschichten von Affennieren werden dann mit Medium
Nr. S 199 versehen, das von M o r g a n, M o r t o n und Parks entwickelt wurde
und beschrieben wird von P a u 1, J o h n, »Cell and Tissue Culture«, 2. Auflage,
Williams & Wilkens Co., Baltimore, 1960. Nach einer Inkubationszeit von 24 Stunden,
Temperatur 37"C, wird das Medium »abgeerntet« und die Menge des ansteckenden Virus
in 10 Tage alten Eiembryos festgestellt. Dieses Verfahren wird viermal wiederholt,
ehe sich cytopathische Wirkungen zeigen. Der auf diesem Wege hergestellte Impfstoff
aus geschwächten lebenden Newcastle-Viren wird durch Gefriertrocknung konserviert.
-
Das im vorangehenden beschriebene Verfahren wird wiederholt, wobei
an Stelle von Monozellschichten von Affennieren Nierenzellkulturen von Shaker- und
Spinner-Affen verwendet werden. Der einzige Unterschied besteht darin, daß die Virus-Adsorption
und die »Aberntung« des Mediums durchgeführt wird, nachdem sich die in Suspension
befindlichen Zellen durch 30 Minuten langes Zentrifugieren bei 60"C abgesetzt haben.
-
Beispiel II Noch nicht der Gefriertrocknung unterworfener, geschwächte
lebende Viren enthaltender Newcastle-Impfstoff nach Beispiel I wird mit einer im
Verhältnis 1: 4000 verdünnten Formaldehydlösung in Berührung gebracht. Auf diese
Weise wird ein tote Viren enthaltender Newcastle-Impfstoff hergestellt.
-
Beispiel III Impfgut, das 1 103-5 velogene Newcastle-Viren in Allantoisflüssigkeit
enthält, läßt man 1 Stunde lang bei 37"C von Monozellschichten von Affennieren absorbieren.
Anschließend werden die Keime des Newcastle-Virus abgesaugt, und die MonozelF schichten
werden mit Salzlösung, die mit Phosphat gepuffert ist, gewaschen, um alle Virenreste
zu entfernen. Dann werden die Monozellschichten von Affennieren mit Medium Nur.
5 199 versehen, das von M o r g a n, M o r t o n und Parks entwickelt wurde und
beschrieben ist von P a u l, J o h n, »Cell and Tissue Culture«, 2. Auflage, Williams
a!k Wilkens Co., Baltimore, 1960. Nach einer Inkubationszeit von 24 Stunden bei
37"C wird das Medium »abgeerntet« und die Menge des ansteckenden Virus in 10 Tage
alten Eiembryos festgestellt.
-
Dieses Verfahren wird viermal wiederholt, ehe sich cytopathische Wirkungen
zeigen. Der lebende, velogene Newcastle-Virus wird durch Zugabe von Formaldehyd
in
einer Verdünnung von 1 : 4000 abgetötet, und der entstandene Impfstoff wird durch
Gefriertrocknung konserviert.
-
Das im vorangehenden beschriebene Verfahren wird wiederholt, wobei
an Stelle von Monozellschichten von Affennieren Nierenzellkulturen von Shaker- und
Spinner-Affen verwendet werden.
-
Beispiel IV Das im Beispiel I beschriebene Verfahren wird wiederholt,
doch werden Monozellschichten von Kalbs- und Schweinenieren benutzt. Der auf diesem
Wege hergestellte Impfstoff hat den Antikörpertiter entsprechend demjenigen, den
man bei Verwendung von Affennieren-Zellkulturen erhält.
-
Beispiel V Fünfzig Hühner werden durch perorale Verabreichung eines
geschwächte lebende Newcastle-Viren enthaltenden Impfstoffes immunisiert, der nach
dem im Beispiel I beschriebenen Verfahren hergestellt worden ist. Jener Impfstoff
h at einen ELDso-Titer von 106,8 je Kubikzentimeter Impfstoff. Die immunisierten
Hühner werden 3 Wochen später auf ihre Anfälligkeit geprüft, indem ihnen in einer
Menge von 102 LD5o bei Hühnern virulente Newcastle-Viren intramuskulär injiziert
werden. Von den immun sierten Hühnern zeigen 980/0 keine Symptome der Newcastle-Krankheit
und bleiben am Leben. Von einer Gruppe nicht immunisierter Hühner der gleichen Art
sterben alle, nachdem ihnen eine gleiche Dosis virulenter Newcastle-Viren intramuskulär
injiziert worden ist.
-
Beispiel VI Das im Beispiel V beschriebene Verfahren wird mit 14
Tagen alten Küken wiederholt, die durch orale Verabreichung dieser Impfstoffe in
den in' Spalte 3 der Tabelle I angegebenen Konzentrationen immun siert worden sind.
Die durch den aus lebenden bzw. toten Newcastle-Viren bestehenden Impfstoffimmunisierten
Küken sowie eine zum Vergleich dienende Gruppe von Küken werden 3 Wochen danach
durch intramuskuläre Injektion von 102 LD5o bei Hühnern virulenter Newcastle-Viren
auf ihre Anfälligkeit untersucht. Die Ergebnisse dieser Versuche sind in Tabelle
I aufgeführt.
-
Tabelle I
Durch- Anzahl der Hühner |
Nr. } Impfstoff schnittliche auf |
ELDsolVOgel Anflalligkeit immun immun |
untersucht 4/n |
1 lebend -6,0 40 - 40 100 |
1 7,0 37 37 100 |
8,0 19 19 100 |
7 37 37 100 |
8 19 19 100 |
2 abgetötet 7,8 90 88 98 |
3 Vergleich 0 58 0 0 |
0 36 0 0 |
Aus Tabelle list zu ersehen, daß diejenigen Hühner, die durch orale Verabreichung
entweder des lebenden, geschwächten oder des abgetöteten Newcastle-Impfstoffes immunisiert
worden waren, gegenüber der Newcastle-Krankheit nicht anfällig waren, wenn sie einer
tödlichen Dosis an Newcastle-Viren ausgesetzt wurden.
-
Beispiel VII 1000 cm3 der virenhaltigen Gewebekulturflüssigkeit des
Verfahrens des Beispiels 1 werden mit 300 cm3 eines sterilen Gemisches aus 250 cm3
entrahmter Milch und 50 cm3 inaktiviertem Rinderserum gemischt. Diesem Gemisch gibt
man unter Rühren 1,3 g Protaminsulfat zu und läßt es 30 Minuten bei 50"C stehen.
Dann wird die überstehende Flüssigkeit abdekantiert und der Rückstand erneut in
Salzlösung suspendiert, bis die zehnfache Konzentration der ursprünglichen, ausgangs
verwendeten Virenflüssigkeit vorliegt.
-
Der Virustiter (logo ELDso) der obigen, wiederkonzentrierten Suspension
und der ausgangs verwendeten, virenhaltigen Gewebekulturflüssigkeit wird in Embryonen
enthaltenden Hühnereiern ermittelt.
-
Er betrug bei der Suspension 8,5, bei der Flüssigkeit 7,5. Beispiel
VIII Das Verfahren des Beispiels VII wurde unter Verwendung von Clupeinsulfat an
Stelle von Protaminsulfat wiederholt. Der Virustiter des so erhaltenen Impfstoffes
entsprach dem mit Protaminsulfat hergestellten Impfstoffes.
-
Beispiel IX 2000 cm3 der virenhaltigen Gewebekulturflüssigkeit des
Beispiels I wurden mit 600 cm3 sterilem, inaktiviertem Rinderserum gemischt. Zu
diesem Gemisch gab man 5,2 g Protaminsulfat und ließ es 30 Minuten bei 5"C stehen.
Anschließend wurde die überstehende Flüssigkeit abgehebert und der Rückstand in
physiologischer, gepufferter Salzlösung erneut suspendiert, bis die 100fache Konzentration
der ursprünglichen, ausgangs verwendeten Virenflüssigkeit vorlag.
-
Der Virustiter (logo ELDSO) dieses konzentrierten Newcastle-Virus
wurde in Embryonen enthaltenden Hühnereiern ermittelt. Er betrug 9,6.
-
Beispiel X Der mit Protaminsulfat hergestellte, konzentrierte Impfstoff
des Beispiels VII wurde oral 3 Tage alten Küken verabreicht. Nach 3 Wochen wurden
sie auf ihre Anfälligkeit durch intramuskuläre Injektion von virulenten Newcastle-Viren
mit einer Konzentration von 105 LDso bei Hühnern untersucht. Die Ergebnisse sind
in der Tabelle II zusammengestellt.
-
Tabelle II
Anzahl der Vögel |
Gruppe Dberlebende/auf P»zentualer |
Anfalligkeit untersucht Schutz |
Geirupft.... 16kl78 92 |
Kontrolltiere 0/20 0 |
Aus der Tabelle II ist zu ersehen, daß Küken, die durch orale Verabreichung von
mit Protaminsulfat hergestelltem, konzentriertem Newcastle-Impfstoff immunisiert
worden sind, gegenüber der Newcastle-Krankheit nicht anfällig sind.