-
Verfahren zur drucklosen Herstellung von Polyamiden Die drucklose
Herstellung von Polyamiden aus äquimolekularen Mischungen von polyamidbildenden
Diaminen und Dicarbonsäuren bzw. deren Salzen oder deren Lösungen scheiterte bisher
daran, daß beim Erhitzen und dem Abdestillieren des Wassers stets mehr oder weniger
große Anteile der polyamidbildenden Amine mit übergehen, deren Menge von der Bauart
der Apparatur und der Durchführung des Verfahrens abhängig ist. Sie ist aber so
hoch, daß dadurch nur ein Kondensat erhalten wird, das ein für technische Brauchbarkeit
zu niedriges Molekulargewicht hat, weil die Dicarbonsäure gegenüber dem molekularen
Verhältnis zum Diamin in einem zu großen Überschuß vorhanden war. Außerdem tritt
im allgemeinen nach dem Abdampfen des Lösungswassers bei Verwendung wäßriger Lösungen
der Diamine und Dicarbonsäuren, z.B. von adipinsaurem oder sebacinsaurem Hexametbylendiamin,
eine feste Phase auf, so daß erst wieder aufgeschmolzen werden muß, was bei der
technischen Durchführung erhebliche Schwierigkeiten verursacht.
-
Es ist auch bekannt, den Aminverlust bei der drucklosen Polymerisation
zu verringern, indem man Ameisensäureverbindungen organischer Diamine oder Aminnalkohole
mit Dicarbonsäuren mit mindestens 4 Kohlenstoffatomen zwischen den Carboxylgruppen
oder funktionellen Derivaten davon, wie Ester oder Amide, gegebenenfalls in Gegenwart
von Wasser oder flüchtigen Hydroxylverbindungen, in der Hitze polykondensiert. Diese
Verfahrensweise ist technisch aufwendig und teuer, da man in jedem Fall die Ameisensäure
in gebundener Form, z. B. als Diammoniumformiat oder difonnylierte Diamine verwenden
muß.
-
Man ist daher bei der technischen Herstellung von solchen Kondensaten
dazu übergegangen, die Kondensation unter anfänglichem Druck durchzuführen.
-
Es wurde nun gefunden, daß man Polyamide aus (A) polyamidbildenden
Salzen von Diaminen und Dicarbonsäuren oder (B) etwa äquimolekularen Mischungen
dieser Polyamidbildner (A) oder wäßrigen Lösungen von (A) oder (B), gegebenenfalls
in Anwesenheit polyamidbildender Aminocarbonsäuren oder deren polyamidbildenden
Derivaten, durch Kondensation in der Wärme in einem Inertgasstrom vorteilhaft drucklos
herstellen und dabei ein unerwünschtes Abdestillieren des Diamins vermeiden kann,
indem man die Kondensation in Gegenwart von 3 bis 2001o (bezogen auf das Gewicht
der polyamidbildenden Stoffe) Ameisensäure oder Oxalsäure oder deren Mischungen
durchführt.
-
Diese Säuren verhindern bei der drucklosen Kondensation während des
Verdampfens des Wassers und zu Beginn der Kondensation ein Abdestillieren des Diamins
und zersetzen sich dann bei weiterem Aufheizen bei einer Temperatur, bei der das
Diamin bereits durch die Kondensation gebunden ist, und zwar in Gase bzw. Dämpfe
(CO2, CO, H2O), die aus dem Kondensat herausgehen und daher die Kondensation nicht
stören.
-
Die Säure wird vor der Kondensation der Mischung oder besser der
wäßrigen Lösung der Polyamidkomponenten zugesetzt. Es können auch Dämpfe, z. B.
der Ameisensäure, gegebenenfalls in Mischung mit indifferenten Gasen oder Kohlensäure
über oder in den oberen Teil der Kondensationsmischung geleitet werden.
-
Außer der Wirkung, das Diamin im Kondensat zurückzuhalten, hat die
Säure den Vorteil, daß durch ihre Zersetzungsprodukte eine Einwirkung von Luftsauerstoff
auf das Kondensat, der schädlich ist, vermieden wird. Außerdem tritt fast allgemein
bei der Kondensation von wäßrigen Lösungen von Diaminen und Dicarbonsäuren, z. B.
von adipinsaurem oder sebacinsaurem Hexamethylendiamin, schon bei etwas größeren
Zusätzen an Ameisensäure und Oxalsäure nach Abdestillieren des Lösungswassers keine
feste Phase auf.
-
Die Menge der zuzusetzenden Ameisensäure bzw. der Oxalsäure hängt
ab von dem Grad der Wirkung, den man erzielen will, und ist durch die Bauart der
Apparatur und die Art der Durchführung der Kondensation mitbedingt. Sie ist höher,
wenn das Wasser rasch und mit kurzem Abgang verdampft wird. Sie kann vielfach verringert
werden, wenn man Kohlendioxyd vom Anfang an und wenigstens im ersten Teil der Kondensation
über das Kondensat streichen läßt oder in das Kondensat einleitet, wobei geringer
ueber druck angewandt werden kann. Sie kann ferner
häufig verringert
werden, wenn man den Wasserdampf über eine Kolonne abführt, die das Diamin zurückhält
und vornehmlich nur den Wasserdampf durchläßt.
-
Die nachfolgende Tabelle gibt hierüber Aufschluß.
-
Die Ansätze wurden in der Weise durchgeführt, daß eine 66 0/0ige wäßrige
Lösung von 50 Teilen adipinsaurem Hexamethylendiamin in einem Metallbad innerhalb
1 Stunde auf 284 bis 287 C aufgeheizt und dann 4 Stunden auf dieser Temperatur gehalten
wurde. Um besonders günstige Bedingungen für ein
Abdestillieren des Diamins zu haben,
wurde der Wasserdampf durch ein kurzes, nach abwärts gebogenes Glasrohr aus dem
kurzen Hals des Kolbens abgeführt. Um die Wirkung der Kohlensäure zu zeigen, wurde
bei einem Teil der Ansätze Kohlensäure in den Kolben eingeleitet. Um die Wirkung
einer Dephlegmation des abgehenden Wasserdampfes zu zeigen, wurde der Wasserdampf
zum Teil durch ein senkrechtes, 40 cm langes. als Rückflußkühler wirkendes Steigrohr
abgeführt.
-
Die Ergebnisse sind folgende:
" °le des Hexamethylen- k-Wertsrelative Bemerkungen |
Oxalsäure diamins abdestilliert des Kondensats |
des Kondensats |
5,98 40,8/1,441 N, direkt abdestilliert |
2 2,62 56,5/1,89 N2 direkt abdestilliert |
5 1,60 62,3/2,135 N2 direkt abdestilliert |
5 1,67 62,4/2,14 N2 direkt abdestilliert, gerührt |
10 0,28 65,4/2,275 N2 direkt abdestilliert |
14 - 68,4/2,42 N2 direkt abdestilliert |
20 ~ 68,0/2,40 N2 direkt abdestilliert |
5 0,42 63,9/2,205 CO2 übergeleitet, über Steigrohr abdestilliert |
10 - 68,3/2,415 CO2 übergeleitet, direkt abdestilliert |
10 - 68,4/2,42 CO2 über Steigrohr abdestilliert, übergeleitet |
Mit steigenden Mengen Oxalsäure wird also ein Abdestillieren des Hexamethylendiamins
immer weitgehender verhindert, und dadurch steigt die Viskosität des Kondensates
an. Man kommt, wie ersichtlich, drucklos ohne diesen Zusatz zu keinen Viskositäten
für technisch verwendbare Produkte. Man sieht ferner den Einfluß des Kohlen-
dioxyds
und einer Dephlegmation des abgehenden Wasserdampfes.
-
Mit Ameisensäure statt Oxalsäure werden analoge Ergebnisse erhalten,
wie die nachfolgende Tabelle zeigt.
-
Bei größeren Zusatzen an Ameisensäure (10 bis 20 0/,) geht auch ein
Teil derselben unzersetzt mit dem Wasserdampf über.
o/O °,5O 0/, des Hexamethylen- k-Wertjrelative Bemerkungen |
Ameisensäure diamins abdestilliert Viskosität |
5,98 40,8/1,441 N2 direkt abdestilliert |
5 0,39 67,0/2,350 N2 direkt abdestilliert |
10 - 67,5/2,370 N2 direkt abdestilliert |
10 - 66,5/2,326 N2 über Steigrohr abdestilliert |
10 - 72,4/2,646 CO2 direkt abdestilliert |
10 j - 66,4/2,324 CO2 über Steigrohr abdestilliert |
Man sieht hier die Wirkung der Ameisensäure.
-
Während ohne Ameisensäurezusatz technisch völlig unbrauchbare, spröde,
nicht bis kaum fadenziehende Kondensate erhalten werden, werden mit Ameisensäurezusatz
Kondensate erhalten, die alle eine Viskosität besitzen, wie man sie für die bekannten
technischen Verwendungszwecke wünscht. Sie kann ferner durch die Menge der Ameisensäure
und die Arbeitsweise dem jeweiligen Verwendungszweck angepaßt werden.
-
Bei einem 10 obigen Zusatz an Ameisensäure ist bei den vorliegenden
Versuchsbedingungen der k-Wert bzw. die relative Viskosität beim Arbeiten ohne Steigrohr
höher als mit Steigrohr, da das Steigrohr anscheinend ein Abdestillieren des überschüssigen,
unzersetzt übergehenden Anteils der Ameisensäure verlangsamt.
-
Man kann das Verfahren diskontinuierlich, z. B. durch Erhitzen der
mit Ameisensäure bzw. Oxalsäure bzw. mit Mischungen der Säuren versetzten wäßrigen
Lösung
der Polyamidkomponenten in einem Kessel ausführen.
-
Zweckmäßiger ist eine kontinuierliche Arbeitsweise Für diese Durchführung
gibt es die verschiedensten Möglichkeiten. Man kann die wäßrige Lösung der polyamidbildenden
Komponenten, die auch die Oxalsäure enthält, in einen Rührkessel fließen lassen,
der auf die Kondensationstemperatur geheizt ist; dabei verdampft das Wasser. Der
Rührkessel kann zur Erhöhung der Wirkung bzw. um mit einer geringeren Menge Ameisensäure
oder Oxalsäure auszukommen, mit Kohlensäure gespült und der Wasserdampf durch einen
Dephlegmator abgeführt werden, der das Diamin vom Wasserdampf abtrennt und zurückhält.
-
Aus dem Rührgefäß fließt die Schmelze unter Einhaltung eines bestimmten
Niveaus kontinuierlich in ein zweites Rührgefäß ode in eine oder mehrere geheizte
Schnecken oder Rohrschlangen mit Entlüftungseinrichtung, wo die Kondensation zu
Ende geführt wird. Die letzte Schnecke kann in hier nicht
beanspruchter
Ausführung in ihren Endgängen so ausgebildet sein, daß die Polyamidschmelze unter
Druck durch eine Düse ausgedrückt wird. Man kann die Kondensation auch in einer
oder mehreren hintereinandergeschalteten Schnecken ohne vorgeschaltetes Rührgefäß
durchführen.
-
Eine besonders geeignete, hier nicht beanspruchte Ausführungsform
ist ein 5 bis 8 m langes senkrecht stehendes, auf die Kondensationstemperatur geheiztes
Rohr. Das Rohr kann auch unterteilt sein und die Strömungsrichtung geändert werden,
z. B. so, daß die Schnecke im ersten Teil des Rohres von oben nach unten und in
weiteren Teilen von unten nach oben bzw. abwechselnd geführt wird. In den oberen
Teilen des Rohres, die erweitert sein können, wird die Lösung der polyamidbildenden
Komponenten, die auch erfindungsgemäß die nötige Menge Ameisensäure bzw.
-
Oxalsäure enthält, zugeführt. Damit die Lösung nicht zu tief in die
Schmelze eindringt, ist ein mit der Spitze in die Polyamidschmelze hineinragender
Trichter aus Drahtgewebe eingebaut, in dem die zugeführte Lösung mit der bereits
im Rohr befindlichen Schmelze verrührt wird. Die Abführung des Wasserdampfes erfolgt
wieder durch einen das Diamin abtrennenden Dephlegmator, wobei mit und ohne Kohlensäurespülung
gearbeitet werden kann. In dem Rohr selbst können Prallbleche, Siebe oder Rührer
eingebaut sein, um ein gleichmäßiges Fließen und dadurch für alle Teile der Schmelze
eine möglichst gleich lange Verweilzeit im Rohr, die wichtig ist, zu erreichen.
Am unteren Ende des Rohres wird die Polyamidschmelze durch ein Förderorgan, z. B.
durch eine Spinnpumpe oder Förderschnecke, kontinuierlich in Faden- oder Bandform
ausgedrückt, in Wasser abgekühlt und zerkleinert Die Kondensation verläuft verhältnismäßig
rasch.
-
Die Kondensationsdauer beträgt je nach der Temperaturführung, den
verwendeten Wassermengen der Lösung, der Schnelligkeit des Verdampfens des Wassers
2 bis 30 Stunden. Bei richtiger Führung kann sie in 2 bis 8 Stunden beendet sein.
-
Bei der Kondensation ist die Einwirkung von Luftsauerstoff auszuschließen.
Es können die üblichen Stabilisatoren, Pigmente, Alterungsschutzmittel in bekannter
Weise zugesetzt werden.
-
Das Verfahren eignet sich für alle polyamidbildenden äquimolekularen
Mischungen oder Salze von Diaminen und Dicarbonsäuren, gleichgültig ob es sich um
zwei oder mehrere Komponenten handelt.
-
Da die Schwierigkeit einer drucklosen Kondensation nur bei diesen
Komponenten liegt, ist es selbstverständlich, daß nach dem geschilderten Verfahren
auch Mischungen von polyamidbildenden Diaminen und Dicarbonsäuren mit Aminocarbonsäuren
bzw. ihren polyamidbildenden Derivaten, z. B. Mischungen von adipinsaurem-, sebacinsaurem
Hexamethylendiamin oder adipinsaurem 4,4'-Diaminodicyclohexylmethan mit e-Caprolactam,
u-Capryllactam, Aminoundecansäure verarbeitet werden können.
-
Die nach dem vorliegenden Verfahren erhältlichen Kondensate können
für alle für das Polyamidgebiet bekannten Zwecke verwendet werden, z. B. für die
Herstellung von Fäden, Fasern, Spritzgußartikeln oder Folien.
-
Beispiel In ein senkrecht stehendes Rohr von 7 m Länge und 100 mm
Durchmesser, das auf 284 bis 287"C aufgeheizt ist, läßt man kontinuierlich eine
660/0ige wäßrige Lösung aus adipinsaurem Hexamethylendiamin, die außerdem erfindungsgemäß
100/o Oxalsäure (berechnet auf die Menge des adipinsauren Hexamethylendiamins) enthält,
zufließen. Sie fließt in einen Siebkorb. Ihre Menge wird so geregelt, daß der Siebkorb
stets mit Polyamidschmelze angefüllt ist, die durch einen von oben her eingeführten
Rührer dauernd gemischt werden kann. Am Kopf des Rohres wird ferner Kohlendioxyd
eingeleitet. Der entstehende Wasserdampf wird am Kopf des Rohres über eine Kolonne
abgeführt, deren Dephlegmatorwirkung so eingestellt wird, daß der Wasserdampf entweichen
kann und sich nicht zurückfließendes Wasser im Kopf des Rohres ansammelt. Es ist
dafür Sorge zu tragen, daß in allen Teilen des Rohres die Durchflußgeschwindigkeit
der Masse annähernd gleich ist.
-
Am unteren konischen Teil des Rohres sitzt eine ebenfalls auf 284
bis 287"C geheizte Spinnpumpe, die das fertige Kondensat in Form eines Drahtes in
ein Wasserbad ausdrückt. Der Draht gelangt dann in eine Abzugs- und Abschlagmaschine,
die ihn in Körner zerschlägt. Diese werden anschließend nachgetrocknet.
-
Die Menge der abgeführten Polyamidschmelze wird so eingestellt, daß
die Verweilzeit im Rohr etwa 5 Stunden beträgt.
-
Auch bei der Kondensation einer Lösung von sebacinsaurem Hexamethylendiamin
oder einer Lösung von 60 Teilen adipinsaurem Hexamethylendiamin und 40 Teilen e-Caprolactam
erhält man durch den erfindungsgemäßen Zusatz von 100/, Oxalsäure (berechnet auf
die Menge des Diamins und der Dicarbonsäure) gleich gute Ergebnisse.