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Verfahren zur Herstellung von 6ß,19-Oxydosteroiden Die Erfindung bezieht
sich auf ein Verfahren zur Herstellung von 6ß,19-Oxydosteroiden durch Behandlung
eines 6ß-Hydroxy-10-methylsteroids mit einem oxydierenden Metallacylat.
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Die bisher zur Herstellung von 19-Norsteroiden angewandte Methode
besteht darin, daß man die beim oxydativen Abbau von Sapogeninen oder Sterolen erhaltene
Androstanverbindungen in j,1,4-3-Ketoandrostadiene überführt, die durch Erhitzen
bei einer sehr hohen Temperatur zu d1.3.5(10)-3-Hydroxyöstratrien-Verbindungen aromatisiert
werden, die in d4-3-Keto-19-norsteroide nach der Birch-Reduktion, modifiziert durch
W i 1 d s und N e 1 s o n , übergeführt werden. Diese Synthese enthält viele Reaktionsstufen
und ist sehr kostspielig.
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Da die Gruppe der 19-Norsteroide Substanzen aufweist, die therapeutisch
sehr wertvoll sind, ist es von großer Wichtigkeit, billigere und wirksamere Synthesen
zu entwickeln.
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Gemäß einem älteren Vorschlag kann man zur Herstellung der gesuchten
19-Norsteroide die 6ß,19-Oxydosteroide verwenden, indem man sie mit Hilfe von beispielsweise
Zink und Essigsäure oder Kupfer/Zink und Methanol in 19-Hydroxysteroide überführt,
aus denen anschließend durch Oxydation und Behandlung mit einer starken Base die
19-Norsteroide erhalten werden.
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Die gemäß diesem älteren Vorschlag als Ausgangsprodukt zu verwendenden
6ß,19-Oxydosteroide können hergestellt werden, indem man 6ß-Hydroxy-10-methylsteroide
mit einem Metallacylat, beispielsweise Bleitetraacetat (wie von A. B o w e r s et
a1. in Chemistry and Industry, S. 1299, 1960, beschrieben) behandelt. Nach
dieser bekannten Methode muß das betreffende 6ß-Hydroxysteroid 18 Stunden mit Bleitetraacetat
in Benzol am Rückfluß gehalten werden, um die gewünschte 6ß,19-Oxydo-Verbindung
in einer Ausbeute von 68% zu erhalten. Durch das erfindungsgemäße Verfahren wird
die Herstellung der, wie oben dargelegt, für die Norsteroidsynthese wichtigen Ausgangsstoffe
wesentlich verbessert.
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Überraschenderweise wurde nämlich festgestellt, daß die Reaktionszeit
bei der Herstellung der Oxydoverbindung wesentlich vermindert und die Ausbeute des
gewünschten 6,19-Oxydosteroids beachtlich erhöht wird, wenn die Reaktion in Gegenwart
von Jod und unter Einfluß eines Radikalstarters bzw. Radikalbildners und gegebenenfalls
in Gegenwart einer schwachen Base durchgeführt wird.
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Als Radikalstarter wird vorzugsweise eine Azoverbindung oder ein Peroxyd
verwendet. Zu der erstgenannten Klasse gehören Verbindungen mit folgender Gruppierung:
Eine wichtige aktive Gruppe der Azoverbindungen ist eine mit einer Cyangruppe, gekuppelt
an jedes der 2 Kohlenstoffatome, benachbart zu den Stickstoffatomen. Diese Verbindungen
besitzen die allgemeine Formel
wobei R1 und R2 Wasserstoffatome oder R1, R2, R3 und R4 gleiche oder verschiedene
Alkyl- oder Aralkylgruppen oder R1 und R2 und/oder R3 und R4 zusammen eine Cycloalkylgruppe
darstellen.
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Als Beispiele für diese Verbindungen seien a,ä -Azodibenzylpropionitril,
a,a' - Azodicyclohexannitril, a,a' - Azodiisobutyronitril und a,ä - Azodimethylbutyronitril
erwähnt. Vorzugsweise wird das a,ä -Azodiisobutyronitril verwendet.
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Als Radikalstarter kann auch ein Peroxyd, z. B. Diacetylperoxyd, Benzoylperoxyd,
Dibenzoylperoxyd oder Di-p-brombenzoylperoxyd verwendet werden.
Der
Radikalstarter braucht zu der Reaktionslösung nur in kleinen Mengen zugegeben zu
werden. Üblicherweise werden 0,001 bis 0,2 Mol Starter pro Mol Steroid zugesetzt.
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Die zu der Reaktionsmischung zuzusetzende Jodmenge beläuft sich im
allgemeinen auf 1/2 bis 5 Mol pro Mol Steroid. Sehr gute Ergebnisse werden schon
mit nur 1/2 Mol J2 auf 1 Mol Steroid erhalten.
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Die Reaktionsdauer hängt von der Reaktionstemperatur ab, die wiederum
von dem verwendeten Lösungsmittel abhängt. Wird die Reaktion beim Siedepunkt des
Lösungsmittels durchgeführt, so beträgt die Reaktionszeit gewöhnlich 1 bis 4 Stunden.
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Als oxydierende Metallacylate seien Bleitetraacylate, wie Bleitetraacetat
und Bleitetrapropionat, Silberacylate und Quecksilberacylate erwähnt. Vorzugsweise
wird Bleitetraacetat verwendet.
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Als organisches Lösungsmittel wird vorzugsweise ein cyclischer Kohlenwasserstoff,
wie Cyclohexan und Dimethylcyclohexan, ein aromatischer Kohlenwasserstoff, wie Benzol
und Toluol oder Petroläther, verwendet. Weiterhin können halogenierte Kohlenwasserstoffe,
wie Chloroform und Tetrachlorkohlenstoff verwendet werden.
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Es wurde nachgewiesen, daß es auch günstig ist, eine schwache Base,
wie Calciumcarbonat zu der Reaktionsmischung zuzugeben, um die während der Reaktion
gebildeten Säuren zu neutralisieren.
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Im allgemeinen können 6ß-Hydroxysteroide, wie diejenigen der Androstan-,
Pregnan-, Cholan-, Cholestan- oder Spirostanreihe in dem vorliegenden Verfahren
als Ausgangsstoffe verwendet werden.
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Wichtige Ausgangsprodukte sind die im Ring A gesättigten 6ß-Hydroxysteroide
der allo- oder normalen Reihen, die gegebenenfalls am Kohlenstoff atom 5 durch ein
Halogenatom substituiert sind.
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Die Ausbeute des erfindungsgemäßen Verfahrens beläuft sich mindestens
auf 90%.
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Die folgenden Beispiele erläutern das erfindungsgemäße Verfahren.
Beispiel I Eine Suspension von 1,6 g Calciumcarbonat und 4,2 g Bleitetraacetat in
300 ml Cyclohexan wird auf 80°C erhitzt, wonach 0,5 g Jod zugegeben werden. Anschließend
wird die Mischung im Dunkeln 30 Minuten unter Rühren am Rückfluß gehalten.
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Danach werden 2,5 g 3ß,6ß,17ß-Trihydroxy-5a-bromandrostan-3-acetat-17-benzoat
und 0,125 g a,a'-Azodiisobutyronitril zugegeben. Anschließend wird die Reaktionsmischung
3 Stunden unter Rühren am Rückfluß gehalten, wonach die Mischung filtriert, der
Rückstand mit Äther gewaschen und das Filtrat nacheinander mit einer 10%igen Natriumbisulfitlösung,
einer verdünnten Natriumbicarbonatlösung und schließlich mit Wasser gewaschen wird.
Das gewaschene Filtrat wird über Natriumsulfat getrocknet und dann im Vakuum zur
Trockne eingedampft. Der Rückstand (2,85 g) wird mit Aktivkohle in Methylenchlorid
behandelt und danach aus einer Mischung von Methylenchlorid und Methanol kristallisiert.
Man erhält 2,28 g 3ß-Aceton-17ß-benzoxy - Da - Brom - 6ß,19 - oxydoandrostan mit
einem Schmelzpunkt von 247 bis 251°C und [a]o = +32°.
Beispiel 1I Eine Suspension
von 104 g Bleitetraacetat, 12,6 g Jod und 40g Calciumcarbonat in 7500m1 Cyclohexan
wird 30 Minuten am Rückfluß gehalten, wonach 75g 3ß - Acetoxy - 5a - brom - 6ß -
hydroxy-17 - ketoandrostan und 3,5g a,a' - Azodibenzylpropionitril zugegeben werden.
Anschließend wird die Mischung 31/2 Stunden erhitzt und in der im Beispiel I beschriebenen
Weise zu 67,3 g 3ß-Acetoxy-5a-brom-6ß,19-oxydo-17-ketoandrostan mit einem Schmelzpunkt
von 175 bis 177°C und [a]o = -±-40,5° (Chloroform) aufgearbeitet. Beispiel
III Nach dem im Beispiel 1 beschriebenen Verfahren ist eine Mischung von 3ß-Acetoxy-5a-brom-6ß-hydroxy-20-ketopregnan
in Petroläther in das entsprechende 3ß - Acetoxy - 5a - brom - 6ß,19 - oxydo-20-ketopregnan
mit Hilfe von Bleitetraacetat in Gegenwart von Jod und Benzoylperoxyd übergeführt
worden; F. = 152 bis 154°C.
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In der gleichen Weise ist das 3ß,17ß-Diacetoxy-5a - brom
- 6ß - hydroxyandrostan in das 3ß,17ß - Diacetoxy-5a-brom-6ß,l9-oxydoandrostan
mit Hilfe von Bleitetraacetat in Benzol als Lösungsmittel und a,a'-Azodicyclohexannitril
als Radikalstarter übergeführt worden. Der Schmelzpunkt beträgt 174 bis 175'C und
die Ausbeute 91010. Beispiel IV Eine Suspension von 2 g Bleitetraacetat und 0,9g
Calciumcarbonat in 160m1 Benzol wird auf 80°C erhitzt, wonach 0,35 g Jod zugegeben
werden. Danach wird die Mischung im Dunkeln 30 Minuten unter Rühren am Rückfluß
gehalten. Es werden dann 1,15 g 3ß,6ß,17ß-Trihydroxyandrostan-3,17-diacetat und
0,085 g a,ä -Azodiisobutyronitril zugegeben. Die Mischung wird 31/2 Stunden am Rückfluß
gehalten und anschließend wie im Beispiel I in einer Ausbeute von 92% zu 3ß,17ß-Diacetoxy-6ß,19-oxydoandrostan
aufgearbeitet; F = 136 bis 137°C; [a]o = 14° (CHC13). Beispiel V Entsprechend dem
im Beispiel I beschriebenen Verfahreh wird eine Mischung von 3ß,6ß-Dihydroxy-5a
- chlor - 17 - ketoandrostan in Petroläther (60 bis 80°C) in das 3ß-Hydroxy-5a-chlor-6ß,19-oxydo-17-ketoandrostan-Schmelzpunkt
228 bis 230°C-mit Hilfe von Bleitetraacetat in Gegenwart von Diacylperoxyd und Jod
übergeführt.