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Verfahren zur Behandlung von Cordfäden od. dgl. aus Polyamid, Polyäthylenterephthalat
oder Polyacrylnitril In der Wärme schrumpfende Textilerzeugnisse wie insbesondere
zur Verwendung in Luftreifen bestimmte Cordfäden bzw. daraus hergestellte fortlaufende
Gewebestreifen aus Polyamid od. dgl. sind in hohem Maße hinsichtlich ihrer Abmessungen
instabil, was in ihren Schrumpf- und Dehnungscharakteristiken zum Ausdruck kommt;
diese werden offenbar, wenn solche Fäden oder Gewebe unter wechselnden Feuchtigkeits-,
Wärme- oder Spannungsbedingungen einer Dauerbehandlung unterworfen und danach unter
Anwendung von Wärme und Druck zu Fertigerzeugnissen, z. B. vulkanisierten Reifen,
verarbeitet werden. Die Neuausrichtung der Gewebefäden durch Dehnung oder Schrumpfung
in einem solchen Fertigerzeugnis während und nach der Wärmebehandlung führt zu Qualitätseinbußen
und mangelhafter Beschaffenheit solcher Erzeugnisse. Alle bisherigen Versuche, diese
unerwünschten Eigenschaften von Cordfäden oder Gewebestreifen aus Polyamid od. dgl.
zu beseitigen, sind bisher ohne Erfolg geblieben.
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Gemäß der Erfindung ist es möglich, gleichzeitig die Schrumpf- und
die Dehnungsfähigkeit solcher endloser Cordfäden bzw. Gewebestreifen zu verringern,
indem sie in neuartiger Weise einer Spannung, einer kontrollierten Dehnung sowie
kontrollierten Entspannung bei bestimmten Temperaturen in aufeinanderfolgenden Behandlungszonen
unterworfen werden.
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Gemäß der Erfindung werden die Fäden oder Streifen nach zweimaligem
Recken bei niederer und erhöhter Temperatur bei einer Temperatur zwischen 66 und
82° C so weit freigegeben, daß eine Schrumpfung zwischen 2 bis 6 % der gereckten
Länge eintritt. Zweckmäßig werden die Fäden oder Streifen bei dem ersten Reckvorgang
bei einer Temperatur zwischen 16 und 38° C um 4 bis 8%, bei dem folgenden zweiten
Reckvorgang bei einer Temperatur zwischen 177 und 232° C um 4 bis 8% der vorher
erreichten Länge gereckt.
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Bei der Herstellung bzw. beim Imprägnieren von Garnen ist es bekannt,
diese zur Erhöhung ihrer Zugfestigkeit und zur Erleichterung des Eindringens der
Imprägnierflüssigkeit einer Reckspannung in zwei aufeinanderfolgenden Stufen auszusetzen,
und zwar bis nahe an die Zerreißgrenze des Materials. Dieses Verfahren betrifft
jedoch nicht die Behandlung von Fäden oder Gewebestreifen aus Polyamid od. dgl.
zum Zwecke der Herabsetzung ihrer Schrumpf- und Dehnungsfähigkeit und sieht auch
nicht eine Behandlungsstufe vor, bei der die gereckten Fäden so weit freigegeben
werden, daß eine beträchtliche Schrumpfung eintritt. Bei einem anderen bekannten
Verfahren, das unter anderem zur Behandlung synthetischen Fasermaterials dient,
ist gleichfalls ein Recken des Garns in aufeinanderfolgenden Stufen, jedoch kein
Schrumpfungsvorgang vorgesehen. Auch ihm liegt nicht das Problem zugrunde, Fäden
u. dgl. aus Polyamid oder dergleichen synthetischem Material durch unterschiedliche
Behandlung in mehreren Stufen bei sehr verschiedenen Temperaturen so zu beeinflussen,
daß ihre Schrumpf- und Dehnungsfähigkeit verringert wird.
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Die Erfindung wird nachstehend an Hand eines Verfahrens zur Behandlung
eines Polyamidgewebes beschrieben, das bei einem Luftreifen zur Anwendung kommen
soll.
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Fig. 1 der Zeichnung zeigt schematisch eine Einrichtung zur Durchführung
des neuen Verfahrens; Fig. 2 zeigt in einem Diagramm die Schrumpfungs-und Dehnungseigenschaften
eines nach dem neuen Verfahren behandelten Polyamiderzeugnisses.
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Wie Fig. 1 zeigt, wird durch die Behandlungseinrichtungen 1, 1I und
111 ein von einer Vorratsrolle @4 abgewickelter Polyamidgewebestreifen 5
hindurchgeführt; in diesen Einrichtungen wird der Streifen in bestimmter Weise einer
Spannung unterworfen, wieder freigegeben und bestimmten Temperaturen ausgesetzt,
bis er von der Aufwickelwalze 8 wieder aufgenommen wird.
In der
ersten Behandlungseinrichtung ist ein tankartiger Behälter 6 vorgesehen, der ein
die Kautschuk-Polyamid-Bindung bewirkendes Bad enthält, in das das Gewebe 5 eingetaucht
wird. Die Temperatur in der ersten Behandlungseinrichtungkann so eingestellt werden,
daß das aus dem Bad auftauchende Gewebe wieder getrocknet wird; dieser Trocknungsvorgang
kann aber auch erst in der zweiten Behandlungseinrichtung durchgeführt werden.
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Alle drei Behandlungseinrichtungen sind mit üblichen Förderrollen,
-walzen 7 od. dgl. vorgesehen, die mit bestimmten Geschwindigkeiten angetrieben
werden. Auf das durchlaufende Gewebe 5 kann so eine im voraus festgelegte Spannung
ausgeübt werden, so daß das Gewebe entweder gereckt oder freigegeben wird und sich
entspannen kann. Jede Behandlungseinrichtung ist mit einer Wärmequelle versehen,
die dazu dient, das Gewebe auf einer vorher bestimmten Temperatur zu halten.. Die
einzelnen Behandlungseinrichtungen sind gegeneinander isoliert angeordnet, so daß
eine genaue Temperaturkontrolle möglich ist.
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Ganz allgemein besteht also das Verfahren nach der Erfindung in der
Wärmebehandlung der Polyamiderzeugnisse mit kontrollierter Freigabe, nachdem die
Erzeugnisse mit hoher Spannung heißgereckt worden sind, zu dem Zweck, ihre Schrumpffähigkeit
herabzusetzen, ohne daß die Drehung hierbei zunimmt. Es ist festgestellt worden,
daß eine Behandlung bei Temperaturen über 232° C, und zwar länger als 20 Sekunden
hindurch in irgendeiner der Behandlungseinrichtungen zu einer erheblichen Beeinträchtigung
der Festigkeit des behandelten Cordfadens bzw. -gewebes führt. Die Temperatur in
der zweiten Behandlungseinrichtung' kann zwischen 177 und 221° C liegen, beträgt
aber zweckmäßig etwa 204° C. Die Temperatur in der dritten Behandlungseinrichtung
liegt tiefer als in der zweiten Behandlungseinrichtung, und zwar zwischen 66 und
82° C, wobei eine Temperatur von etwa 76° C zu bevorzugen ist.
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Bei einer Abänderungsform der Erfindung wird das Corderzeugnis in
der ersten Behandlungseinrichtung dem Tauchvorgang unterworfen, worauf anschließend
eine teilweise Trocknung erfolgt; dies zur Vorbereitung des Heißreckens und der
Freigabe des Corderzeugnisses in den Behandlungseinrichtungen 1I und III. In der
Behandlungseinrichtung I wird eine Temperatur zwischen 16 und 38° C, und zwar zweckmäßig
eine Temperatur von etwa 27° C aufrechterhalten. Das Hindurchwandern des Fadens
bzw. der Gewebebahn durch die Behandlungseinrichtung 1 dauert etwa 30 Sekunden.
Eine 6o/oige Reckung in der ersten Behandlungseinrichtung läßt zufriedenstellende
Ergebnisse erzielen; aber es kann auch mit gutem Erfolg eine Reckung von 4 bis 8
% erfolgen. Da der Faden bzw, das Gewebe in der ersten Behandlungseinrichtung nicht
vollständig getrocknet wird, sondern in die zweite Behandlungszone in einem halbfeuchten
Zustand gelangt, findet in dem ersten Teil der zweiten Behandlungseinrichtung ein
Recken in feuchtem Zustand bei Temperaturen von 177 bis 221° C statt. Dieser Behandlung
folgt dann in der dritten Einrichtung eine kontrollierte Freigabe aus dem gereckten
Zustand, und zwar bei einer Temperatur, die etwa zwischen 66 und 82° C liegt; auf
diese Weise wird ein Textilerzeugnis mit besonders guten .Eigenschaften gewonnen.
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Die Dehnung oder Streckung des Cordgewebes in einer Behandlungseinrichtung
kann als die Längenzunahme in Prozent während des Durchganges des Corderzeugnisses
durch die betreffende Einrichtung definiert werden. Die Freigabe bzw. Entspannung
des Cordgewebes in einer Behandlungseinrichtung ist die Verringerung seiner Länge
in Prozent während des Durchganges durch die betreffende Behandlungseinrichtung.
Das Corderzeugnis gelangt in eine Behandlungseinrichtung jeweils mit der Länge,
die es in der vorhergehenden Behandlungszone erlangt hat. Versuche Bei der Prüfung
des gemäß der Erfindung behandelten Polyamidfadens bzw. -gewebes wurden zwei Werte
ermittelt: die »Gesamtdehnung in Prozent« und die »Schrumpfung in Prozent«.
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Die »Gesamtdehnung in Prozent« wurde folgendermaßen ermittelt: Zunächst
wurde eine bestimmte Faden- bzw. Gewebelänge in senkrechter Richtung in einem kalten
Ofen an beiden Enden eingespannt. Der Ofen wurde dann in 30 Minuten auf 140° C aufgeheizt;
anschließend wurde an das untere Ende des Fadens bzw. Gewebes ein Gewicht von 1,5
kg angehängt. Nach 12 Sekunden wurde die Länge des Fadens bzw. des Gewebes gemessen
und die Längendehnung in Prozent der ursprünglichen Länge ausgerechnet. Nach 1300
Minuten wurde die Länge erneut gemessen und die Längendehnung wiederum in Prozent
der ursprünglichen Länge ermittelt. Die Summe der beiden Werte in Prozent wurde
als »Gesamtdehnung in Prozent« eingesetzt.
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Zur Ermittlung der »Schrumpfung in Prozent« wurde ein spannungsloser
Polyamidfaden bestimmter Länge 30 Minuten lang in einen Ofen gelegt, der eine Temperatur
von 160° C hatte; anschließend wurde die Länge des Fadens gemessen und die Längenabnahme
in Prozent ermittelt; sie ergab dann die »Schrumpfung in Prozent«.
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Beispiel 1 Ein Streifen Polyamidgewebe aus 840/2-Cord mit 35 Cordfäden
je Zoll wurde durch die drei Behandlungseinrichtungen hindurchgeführt, und zwar
unter folgenden Bedingungen:
Einrichtung |
I ' Ir 1 TII |
Temperatur, ° C . . . . . . . . . . 27 204 74 |
Reckung während des Durch- |
, gangs durch die Einrich- |
tungen, 1/o ..... .. .. .. .. . 6 6 j -4 |
Behandlungszeit je Einrich- |
tung, Sekunden ......... 30 20 20 |
Die Eigenschaften des so behandelten Cordgewebes waren besser als diejenigen des
unbehandelten Gewebes, wie aus nachstehender Zusammenstellung hervorgeht:
Gewebe nach Unbehandeltes |
Beispiel r Gewebe |
Gesamtdehnung |
in Prozent ......... 4,49 9,55 |
Schrumpfung in Prozent 7,3 8,70 |
Beispiel 1I Ein Polyamidgewebestreifen aus 840/2-Cord mit 25 Cordfäden je Zoll wurde
unter gleichen Bedingungen
wie beim Beispiel I behandelt. Es wurden
wiederum die Dehnungs- und Schrumpfungseigenschaften des behandelten Cordgewebes
ermittelt; sie übertrafen die Eigenschaften des unbehandelten Kontrollgewebes, wie
aus folgender übersicht zu erkennen ist:
Cordgewebe Unbehandeltes |
nach Cordgewebe |
Beispiel 1I |
Gesamtdehnung |
in Prozent ......... 4,49 9,55 |
Schrumpfung in Prozent 6,40 8,70 |
In der nachstehenden Zusammenstellung sind die Ergebnisse der Behandlung anderer
Gewebebahnen mit verschiedener Anzahl Cordfäden aufgezeichnet, wobei die Gewebebahnen
unter den gleichen Bedingungen wie beim Beispiel I behandelt wurden.
Zahl der Gesamt- Schrump- |
Cord- dehnung fung |
Fäden in in |
je Zoll Prozent Prozent |
Beispiel III .......... 35 4,96 7,5 |
Beispiel IV .......... 35 4,94 6,9 |
Beispiel V . . . . . . . . . . . 25 5,80 7,1 |
Beispiel VI . . . . . . . . . . 18 4,94 6,9 |
Beispiel VII . . . . . . . . . 18 4,87 6,0 |
Unbehandelte Gewebe- |
bahn ............. 9,55 8,7 |
Bei allen Beispielen führte die neuartige Behandlungsweise zu Geweben mit besseren
Dehnungs- und Schrumpfungseigenschaften.
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In dem Diagramm nach Fig. 2 ist die »Gesamtdehnung in Prozent« als
Ordinate und die »Schrumpfung in Prozent« als Abszisse aufgetragen. Aus Fig. 2 ist
zu erkennen, daß das unbehandelte Gewebe, dessen Werte in Fig. 2 bei A eingetragen
sind, eine sehr hohe Schrumpfung und sehr starke Dehnung aufweist. Wird ein Gewebe
gemäß dem Verfahren nach der Erfindung behandelt, dergestalt, daß nach Ausübung
einer hohen Spannung bei hoher Temperatur das Gewebe in der dritten Behandlungseinrichtung
von dieser Spannung wieder entlastet wird, so hat es eine erheblich geringere Schrumpffähigkeit
und eine geringere Dehnung; dies zeigen die in Fig.2 bei B hierfür eingetragenen
Dehnungs- und Schrumpfwerte.
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In den vorstehend erörterten Beispielen ist die Behandlung eines Polyamidgewebes
beschrieben worden; das Verfahren nach der Erfindung ist aber nicht nur für die
Behandlung von Polyamidfäden und -streifen, sondern auch von Streifen und Fäden
aus Polyäthylenterephthalat und Polyacrylnitril geeignet.
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Bei Verarbeitung von Polyäthylenterephthalat-Textilien ist es notwendig,
in der zweiten Behandlungseinrichtung mit etwas höheren Temperaturen zu arbeiten,
nämlich zwischen 177 und 232° C.
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Um Gewebebahnen von 155 cm Breite und mehr sowie mit bis zu 1926 Cordfäden
je Streifen, wie sie allgemein bei der Herstellung von Luftreifen verarbeitet werden,
zu behandeln, d. h., um diese Gewebestreifen unter Spannung zu setzen, können handelsübliche
Einrichtungen zur Anwendung gebracht werden.