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Verfahren zur Herstellung komplexer Tricorticoidphosphate Die Erfindung
betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Tricorticoidphosphaten, welche bisher
unbekannte Verbindungen sind, die - wie es sich erwiesen hat - komplexe, unter gewissen
Umständen salzbildende Stoffe sind.
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Es ist bekannt, daß man durch Veresterung von Hydrocortison und gewissen
anderen Corticoiden, die eine Hydroxylgruppe in der 21-Stellung haben, mit einer
mehrbasischen Säure Ester mit einer freien Säuregruppe herstellen kann. Diese Ester
bilden mit Alkali- oder Ammoniumhydroxyd wasserlösliche Salze, die mit Erfolg zur
Bekämpfung einer Reihe von Krankheiten oder krankhaften Zuständen angewandt werden
können, insbesondere bei Allergien und Schockzuständen. In diesen Fällen wird es
oft von entscheidender Bedeutung sein, daß die Wirkung sehr schnell nach der intravenösen
oder intramusculären Eingabe des Heilmittels eintritt. Zu diesem Zweck sind z. B.
die Monoester der Bernsteinsäure bekanntgeworden. Es wurde auch vorgeschlagen, den
partiellen Ester mit Phosphorsäure zu bilden, welcher 2 Mol eines solchen Corticoids
je Phosphorsäuremolekül enthält. Die Wasserlöslichkeit der so hergestellten Diester
aus Phosphorsäure ist befriedigend, und die so angewandte Äquivalentmenge der Phosphorsäure
ist geringer als bei den Monoestern. Gleichzeitig erreicht man, daß die Wirkung
des Corticoids schneller eintritt, als dies z. B. bei der Eingabe von Monoestern
der Bernsteinsäure der Fall war.
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Indessen ist es wünschenswert, eine Wirkung von längerer Dauer erreichen
zu können, selbst bei Anwendung von solchen wasserlöslichen Präparaten unter Beibehaltung
der sofortigen Wirkung, und die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung
von Tricorticoidphosphaten mit dieser Eigenschaft, d. h. diese sind dadurch gekennzeichnet,
daß man mit ihrer Hilfe eine verhältnismäßig sehr hohe Corticoidkonzentration im
Blute schnell erreichen kann, welche Konzentration sich verhältnismäßig lange erhält.
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Diese Verbindungen haben die allgemeine Formel:
worin Y Wasserstoff, H, O H oder Sauerstoff, Z Methyl oder Wasserstoff
und X Wasserstoff oder Halogen bedeutet, und die Herstellung erfolgt erfindungsgemäß
dadurch, daß eine Corticoidverbindung der allgemeinen Formel:
worin Y, Z und X die obige Bedeutung haben, bei niederer Temperatur über dem Gefrierpunkt
mit 1/3 Mol Phosphorylierungsmittel je Mol Corticoid umgesetzt wird, wonach die
Tricorticoidphosphate isoliert und gegebenenfalls in ein Alkalisalz umgewandelt
werden. Insbesondere betrifft die Erfindung ein Verfahren zur Herstellung einer
Hydrocortisonphosphorsäureverbindung der Formel:
aus Hydrocortison, da die obigen bei der Umwandlung des Corticoids in Tricorticoidphosphat
erzielten Eigenschaften bei den ausgeprägten Glucocorticoiden, für welche Hydrocortison
heute der wichtigste Vertreter ist, von besonderer Bedeutung sind.
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Es ist überraschend, daß Phosphorsäureverbindungen mit drei Corticoidgruppen
je Mol Phosphorsäure Salze - zumal wasserlösliche Alkalisalze -bilden, da die Salzbildung
bei den bisher bekannten Verbindungen analoger Art, welche partielle Ester sind,
bei einer oder mehreren freien Säuregruppen in der mehrbasischen Säure erfolgt,
während keine freien Säuregruppen hierfür zur Verfügung sind, wenn die Phosphorsäure
mit drei Corticoidgruppen je Säuremolekül verestert wird. Es hat sich aber erwiesen,
daß die gebildete Phosphorsäureverbindung kein Ester, sondern eine komplexe Verbindung
ist, welche ohne Austritt von Wasser oder Freimachung von Wasserstoff gebildet ist.
Die Verknüpfung der Säuregruppen der Phosphorsäure mit den Hydroxylgruppen des Corticoids
ist vermutlich entstanden durch eine Wasserstoffbindung an die Ketogruppe in der
20-Stellung, wodurch der Hydroxylwasserstoff in der 17-Stellung betätigt wird und
die Verbindung sauren Charakter erhält.
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Die neuen Verbindungen haben in der Form ihrer Natrium- oder Kaliumsalze
eine genügende Löslichkeit im Wasser, um zu ermöglichen, daß therapeutische
Dosen
von geeigneten Corticoiden in einem oder wenigen Kubikzentimeter wäßriger Injektionsflüssigkeit
bei neutraler oder schwach basischer Reaktion injiziert werden können. Der Komplex
ist aber äußerst empfindlich gegenüber Säure, und er wird selbst von einer so schwachen
Säure wie Kohlensäure zersetzt. Dagegen kann man den Komplex stundenlang ohne Zersetzung
mit Natriumhydroxydlösung mit und ohne Alkohol kochen, während ein Ester bei einer
solchen Behandlung verseift werden würde.
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Die neuen Verbindungen werden aus Corticoiden hergestellt, in welchen
sich in der 17-Stellung eine Hydroxylgruppe, in der 20-Stellung eine Ketogruppe
und in der 21-Stellung eine Hydroxylgruppe befinden. Es ist somit ohne Bedeutung,
ob in der 11-Stellung eine Hydroxyl- oder eine Oxogruppe oder Wasserstoff ist und
ob eine Doppelbindung allein in 4 (5)-Stellung (z. B. Hydrocortison) oder zugleich
in der 1 (2)-Stellung (Prednisolon und Prednison) ist, sowie auch, ob die Steroidgruppe
Halogensubstituenten, z. B. in der 6-Stellung, oder Methyl in der 16-Stellung enthält
oder nicht.
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Bei der Ausführung des Verfahrens muß das Phosphorylierungsmittel
im allgemeinen im Überschuß angewandt werden, aber entweder muß der Überschuß so
gering sein, z. B. 3 bis 50010, daß die Menge nicht die Entstehung vom Diphosphat
bewirkt, oder man muß die Reaktion unterbrechen, ehe eine zu große Menge des Phosphorylierungsmittels
reagiert hat. Als Phosphorylierungsmittel läßt sich in der Regel mit größtem Vorteil
Phosphoroxychlorid verwenden. Bei einem solchen Phosphorylierungsmittel, das keinen
Wasserstoff enthält, ist anzunehmen, daß die Bildung des Komplexes über ein vorläufiges
Phosphorylierungsprodukt erfolgt, das erst bei der Herstellung der Wasserstoffbindung,
z. B. durch Hydrolyse, in den endgültigen Komplex übergeht. Die Reaktionsmischung
enthält neben der gewünschten Verbindung auch andere Phosphorsäureverbindungen,
wie z. B. Phosphorsäurediester, die sich auch aus der Reaktionsmischung - nach dem
die Komplexverbindung mehr oder weniger abgetrennt wurde - isolieren lassen.
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Als Phosphorylierungsmittel läßt sich anstatt Phosphoroxychlorid auch
Phosphorpentachlorid in Verbindung mit z. B. Aluminiumhexachlorid verwenden, oder
man kann z. B. Silberdibenzylphosphat verwenden.
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Gemäß der Erfindung wird man das Verfahren zweckmäßig als eine Zweiphasenreaktion
ausführen, wobei das Corticoid in einem Medium aufgeschlämmt vorliegt, das von dem
Phosphorylierungsmittel nicht beeinflußt wird, und dem ein Lösungsmittel für das
Phosphorylierungsmittel hinzugesetzt ist. Es ist zweckmäßig, das Rühren während
des ganzen Reaktionsverlaufes fortzusetzen. Als Aufschlämmungsmittel für das Corticoid
läßt sich Benzol und als Lösungsmittel f ür das Phosphorylierungsmittel Pyridin
verwenden. Der Vorteil der Zweiphasenreaktion ist, daß sich ein Überschuß vom Phosphorylierungsmittel
anwenden läßt, da die Reaktion unterbrochen wird, wenn die gewünschte Menge vom
Phosphorylierungsmittel reagiert hat.
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Das erfindungsgemäße Verfahren wird durch die nachstehenden Beispiele
erläutert.
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Beispiel 1 10g Hydrocortison werden in 3,7m1 Pyridin und 180 ml Benzol
aufgeschlämmt. Man hält die Temperatur auf 18°C und setzt 1,32 m1 Phosphoroxychlorid
hinzu. Das Reaktionsgemisch bleibt unter Rühren und in Stickstoffatmosphäre während
48 Stunden stehen. Hiernach wird die harte Reaktionsmasse vom Benzol getrennt und
im Vakuum getrocknet. Der getrocknete Stoff wird zweimal mit 100 ml 50°/oigem Äthanol
ausgezogen. Aus dem wäßrigen Äthanol kristallisieren beim Eindampfen etwa 2 g nicht
umgesetztes Hydrocortison aus. Der gebliebene Rest, der ölig ist, wird mit Äther
gewaschen und dann getrocknet, wodurch ein Rohprodukt gewonnen wird, dessen Schmelzpunkt
bei 200 bis 205'C liegt.
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Das Rohprodukt wird in 15 ml warmem Äthanol aufgelöst. 15 ml Wasser
werden hinzugesetzt, und nach Stehenlassen durch einige Zeit kristallisiert hierdurch
ein Stoff aus, wlecher nach einmaliger Umkristallisation aus absolutem Alkohol bei
212 bis 214° C schmilzt. Nach nochmaliger Umkristallisation gewinnt man etwa 3 g
einer Verbindung mit dem Schmelzpunkt 215 bis 217'C. Diese Verbindung verhält
sich -wie unten näher nachgewiesen werden soll - als ein Komplex von Hydrocortison
mit Phosphorsäure, worin 3 Mol Hydrocortison je Mol Phosphorsäure enthalten sind.
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Diese komplexe Verbindung bildet ein farbloses Natriumsalz, das durch
Auflösung der Komplexverbindung in Äthanol und Titrieren mit Natriumhydroxyd bis
auf den Neutralpunkt hergestellt wird mit nachfolgender Eindampfung der neutralisierten
Lösung durch Gefriertrocknen.
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Aus dem Filtrat des kristallinen Komplexstoffes gewinnt man durch
Trocknen mit Benzol etwa 4 g Stoff. Durch Auflösung in Äthanol und Fällung mit Wasser
erhält man diesen Stoff halbkristallin; er hat nach dem Trocknen den Schmelzpunkt
180 bis 190°C. Der Phosphorsäureprozentsatz (als P gerechnet) beträgt 3,9, was einem
Diester von 1 Mol Phosphorsäure und 2 Mol Steroidrest entspricht.
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Der Komplex, der 3 Mol Hydrocortison je Mol Phosphorsäure enthält,
weist eine tetragonale Kristallform auf, und der Schmelzpunkt läßt sich durch eine
weitere Umkristallisation auf 220 bis 225°C bringen. Der Phosphorprozentsatz der
Komplexverbindung ist durch Versuche auf 2,55 bis 2,68"/, ermittelt worden, während
ein hypothetischer Triester einen Phosphorinhalt von 2,740/, aufgewiesen hätte.
Wenn man dagegen den Phosphorgehalt einer Komplexverbindung, die aus 1 Mol Phosphorsäure
und 3 Mol Hydrocortison ohne Austritt von Wasser oder Wasserstoff gebildet ist,
berechnet, wird der Phosphorgehalt derselben 2,62 °/o betragen.
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Die Komplexverbindung verhält sich in gewissen Beziehungen wie eine
Säure, aber ihre Säureeigenschaften unterscheiden sich sehr von den Eigenschaften
eines partiellen Phosphorsäureesters. Wie oben erwähnt, kann die Verbindung mit
Natrium und Kalium eine salzartige, sehr wasserlösliche Verbindung bilden, aber
dieselbe wird selbst von sehr schwachen Säuren, wie z. B. Kohlensäure, zersetzt.
Die Verbindung verhält sich in dieser Beziehung als Saccharat, da sie eine sekundäre
Hydroxylgruppe in Nachbarstellung zu einer Ketogruppe hat, die die Fähigkeit besitzt,
leichtlösliche Calciumsalze zu bilden, die mit Kohlensäure zersetzt werden. Hydrocortison
und Steroidverbindungen von entsprechendem Aufbau in der 17,21-Stellung enthalten
in 17-Stellung eine tertiäre Hydroxylgruppe, welche vermutlich unter gewissen Umständen
sauer reagieren wird. Die primäre Alkoholgruppe in der 21-Stellung kann auch sauer
reagieren. Der Trikomplex bildet kein Ammoniumsalz.
Die Komplexverbindung
kann mehrere Stunden mit Natriumhydroxydlösung mit oder ohne Äthanol gekocht werden,
ohne sich zu zersetzen, woraus zu folgern ist, daß der Stoff kein Ester der Phosphorsäure
ist.
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Außerdem reagiert die Verbindung mit alkalischer Silberlösung und
gibt Farbreaktionen mit Triphenyltetrazoliumchlorid und anderen Ketonreagenzien,
aber die Reaktion ist langsamer als bei dem freien Hydrocortison. Dies läßt vermuten,
daß die 21-Hydroxylgruppe zwar intakt ist, daß aber entweder die 21-Hydroxylgruppe
oder die Ketogruppe blockiert ist.
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Mit 2,4-Dinitrophenylhydrazin bildet die Komplexverbindung ein Hydrazon,
was dem entspricht, daß die Ketogruppe in der 3-Stellung intakt ist. Mit Isoniazid
reagiert die Komplexverbindung bei Zimmertemperatur, und das gewonnene Hydrazon
hat einen Phosphorgehalt, der einem Molekülgewicht von 1500 entspricht, was in befriedigender
Übereinstimmung mit der Annahme ist, daß die Komplexverbindung mit 3 Mol Isoniazid
reagiert hat.
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Infrarote Spektographie bestätigt bei quantitativen Messungen, daß
die Komplexverbindung neun Hydroxylgruppen enthält, was mit dieser Annahme in Übereinstimmung
ist, und daß sie die Gruppe P O und die 3-Ketogruppe enthält. Die Spektogramme lassen
sich also so auslegen, daß die Verbindung eine Wasserstoffbindung enthält.
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In der vorliegenden Komplexverbindung ist vermutlich eine Wasserstoffbindung
zwischen dem Sauerstoffatom in der 20-Ketogruppe jedes der 3 Hydrocortisonmoleküle
und jedem Säurewasserstoffatom eines Phosphorsäuremoleküls eingetreten. Es ist anzunehmen,
daß die Wasserstoffatome der 17-Hydroxylgruppen wesentlich betätigt worden sind,
und auch das Wasserstoffatom der 21-Hydroxylgruppe kann nach dieser Auffassung betätigt
worden sein.
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Dieses wird bestätigt durch Titrierungsversuche mit Natriumhydroxyd
in Äthanol - Wasser. Die Titrierkurve entspricht einer zweibasischen Säure mit Äquivalenzgewicht
1166, was mit dem angegebenen Verhältnis gut übereinstimmt, das ein Äquivalenzgewicht
von 1181 ergeben würde. Beispiel 2 3 g Phosphorpentachlorid und 200 m1 Benzol werden
in einen 1-1-Reaktionskolben gebracht, der mit Quecksilberverschluß, Rührer, Kühler,
Stickstoffzuleitung und Ablaßrohr für Stickstoff sowie einem 200-ml-Scheidetrichter
versehen ist. Nach Sättigung mit Stickstoff wird eine Lösung von 5 g Hydrocortison
in 250 ml Benzol in den Reaktionskolben geleitet. Die Reaktion erfolgt somit in
diesem Fall in einer homogenen Phase. Die Reaktionsmischung wird während 1 Stunde
auf 60°C und danach auf 80°C erhitzt, bis die gebildete Chlorwasserstoffmenge zeigt,
daß 1 Atom Chlor in dem Phosphorpentachlorid reagiert hat. Das geschieht im Laufe
von weiteren etwa 30 Minuten.
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Die Reaktion wird unterbrochen, und der Inhalt des Reaktionskolbens
wird filtriert, wonach die Lösung 24 Stunden stehenbleibt. Hierdurch entsteht noch
ein Bodensatz. Es zeigt sich, daß die Bodensätze nach Auflösung in Alkohol und Fällung
mit Wasser bei Chromatographieren den gleichen Trikomplex enthalten, wie er im Beispiel
1 gewonnen wurde. Beispiel 3 88 ml Pyridin, 120 ml Benzol und 5 g Prednisolon werden
in ein Reaktionsgefäß gebracht, und Stickstoff wird durchgeleitet. Nach Austreiben
der Luft wird im Laufe von 10 Minuten 0,7 ml Phosphoroxychlorid tropfenweise zugesetzt,
wobei man die Temperatur auf 7'C hält. Die Reaktionsmischung steht dann unter weiterer
Stickstoffeinleitung noch während etwa 90 Minuten bei 5'C, wonach die Temperatur
auf Zimmertemperatur gehoben wird, und die Reaktionsmischung bleibt etwa 30 Minuten
bei dieser Temperatur stehen. Während der Reaktion bildet sich ein Bodensatz. Die
überstehende Flüssigkeit wird in 100 ml konzentrierte Salzsäure und 350 ml Eiswasser
abdekantiert und bleibt unter Rühren und* Stickstoffeinleitung bei 7'C stehen.
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Der hierdurch erhaltene Bodensatz wird auf einen Büchnertrichter abfiltriert
und einmal mit Wasser und zweimal mit Äther gewaschen. Darauf wird der Bodensatz
mit 100 ml 50 °/oigen wäßrigem Äthanol ausgezogen, abfiltriert und mit Äther gewaschen.
Der Bodensatz wird im Hochvakuum getrocknet. Ausbeute 4,5 g. Schmelzpunkt 190 bis
220° C unter Zersetzung. P205 Gehalt: 2,4°/0. Das Natriumsalz ist in Wasser löslich.