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Verfahren zur Herstellung von schlagfesten Polystyrolen Es ist bekannt,
daß man schlagfestes Polystyrol erhalten kann, wenn man eine Lösung von synthetischem
oder natürlichem Kautschuk in Styrol im Block, in Emulsion oder in Suspension, gegebenenfalls
nach Zusatz von Weichmachern, Alterungsschutzmitteln, Füllstoffen usw., polymerisiert.
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Verwendet man keine Alterungsschutzmittel, so kann man die Pfropfpolymerisation
bei verhältnismäßig tiefen Temperaturen durchführen und beenden, z. B. bei Temperaturen,
die 1300 C nicht überschreiten. Man erhält so Produkte mit hoher Schlagzähigkeit
und guter Verarbeitungsstabilität, aber sehr schlechter Alterungsstabilität.
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Zur Erzielung einer guten Alterungsstabilität ist die Verwendung
eines Alterungsschutzmittels für Kautschuk erforderlich. Diese Alterungsschutzmittel
verhindern oder verzögern die Pfropfreaktion beträchtlich, so daß man bislang gezwungen
war, die Pfropfpolymerisation des Styrols auf Kautschuk in Gegenwart von Alterungsschutzmitteln
bei höherer Temperatur zu beenden; es war z. B. erforderlich, nach einer mehrere
Tage andauernden Polymerisation bei 50 bis 1300 C jeweils 10 bis 24 Stunden zusätzlich
auf 180 bis 2000 C zu erhitzen. Nur so erhielt man bisher Produkte, die die in den
Beispielen angegebene Verarbeitungsstabilität besitzen.
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Es wurde gefunden, daß man schlagfeste Polystyrole durch Polymerisation
einer Lösung von stabilisiertem; synthetischem oder natürlichem Kautschuk in Styrolen
vorteilhafter erhalten kann, wenn man die Polymerisation in Gegenwart von 0,1 bis
5 Gewichtsprozent an Estern der Acrylsäuren, bezogen auf das Gewicht von Styrol,
Kautschuk und Acrylsäureestern, durchführt.
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Als Ester der Acrylsäuren sind die Methyl-, Äthyl-, Propyl- und Butylester
der Acrylsäure besonders geeignet. Die entsprechenden Ester der Methacrylsäure sind
im gleichen Maße wirksam. Styrole im Sinne des vorliegenden Verfahrens sind neben
Styrol selbst auch Styrolderivate, wie a-Methylstyrol, und kernmethylierte Styrole,
wie Vinyltoluol, sowie andere Alkylstyrole allein oder im Gemisch miteinander. Als
Kautschuk kann man sowohl synthetischen als auch natürlichen Kautschuk verwenden.
Wesentlich ist jedoch, daß der verwendete Kautschuk in den monomeren Styrolen löslich
oder zumindest ausreichend quellbar ist. So eignen sich vorzugsweise Synthesekautschuktypen,
die durch Emulsionspolymerisation von 50 bis 90 Gewichtsprozent Butadien und 50
bis 10 Gewichtsprozent Styrol in an sich bekannter Weise erhalten worden sind und
die eine »Defo«-Härte von 300 bis 1500, vorzugsweise etwa 1000,
besitzen. Je nach
den gewünschten Eigenschaften des Endproduktes wird der Kautschuk in Mengen zwischen
etwa 1 und 10 °/e, vorzugsweise 2 und 5 °/o, bezogen auf die Summe aus Styrol und
Kautschuk, eingesetzt.
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Der Kautschuk wird zweckmäßig in den Styrolen gelöst und die Lösung
homogenisiert. Dann fügt man zu der homogenisierten Lösung die Ester der Acrylsäuren,
gegebenenfalls auch Weichmacher, Alterungsschutzmittel, Füllstoffe, Pigmente, Farbstoffe
usw. sowie Polymerisationshilfsstoffe, wie Polymerisationsaktivatoren, Emulgatoren
Dispergiermittel usw., zu und polymerisiert.
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Die Polymerisation der Lösung des Kautschuks in den Styrolen erfolgt
in an sich bekannter Weise im Block, in Emulsion oder vorzugsweise in Suspension.
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Vor, während oder nach der Polymerisation kann man Weichmacher, Alterungsschutzmittel,
Füllstoffe, Pigmente, Farbstoffe usw. zusetzen. Der Einfluß von Weichmachern auf
Kerbschlagzähigkeit und Schlagfestigkeit ist verhältnismäßig gering; mit steigendem
Weichmachergehalt sinken Biegefestigkeit und Erweichungspunkt, die Verarbeitbarkeit
wird jedoch erleichtert. Der Zusatz von Alterungsschutzmitteln stört die Polymerisation
praktisch nicht.
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Bei der Suspensionspolymerisation verwendet man die bekannten Polymerisationsaktivatoren,
beispielsweise tert. Butylperoxyd, tert. Butylperbenzoat, auch Benzoylperoxyd oder
Azodiisobuttersäurenitril. Die optimalen Polymerisationsaktivatoren sind abhängig
von der gewählten Polymerisationstemperatur, die im allgemeinen zwischen 50 und
1400 C, vorzugsweise zwischen 100 und 1400 C liegt, aber auch höher liegen kann.
Als Dispergiermittel sind die bekannten
wasserlöslichen organischen
Schutzkolloide, wie Poly.-vinylalkohol, polyacrylsaure Salze usw., zu empfehlen.
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Polymerisiert man in wäßriger Emulsion, so verwendet man als Polymerisationsaktivatoren.
wasserlösliche Peroxyde, wie Kaliumperoxydisulfat, und als Emulgatoren solche von
der Art des Natriumalkylsulfats bei Temperaturen zwischen 80 und 1400 C. Bei der
Blockpolymerisation kann man auf Polymerisationsaktivatoren und andere Polymerisationshilfsstoffe
verzichten; man muß dann aber bei Temperaturen zwischen etwa 60 und 1800 C arbeiten,
wodurch die Eigenschaften der schlagfesten Polystyrole schon nachteilig beeinflußt
werden können. Anschließend wird in bekannter Weise aufgearbeitet.
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Der Zusatz von geringen Mengen an Estern der Acrylsäuren ermöglicht
es, Polystyrole mit überlegener Schlagfestigkeit schon mit Hilfe so geringer Mengen
an Kautschuk zu erhalten, daß die anderen mechanischen Eigenschaften, insbesondere
die Kerbschlagwerte, kaum verringert werden. Die Polymerisation verläuft in Gegenwart
der Ester der Acrylsäuren außerdem besonders glatt. Zur Erzielung einer dauerhaften
Pfropfung ist es erforderlich, gegen Ende oder nach der Polymerisation, die an sich
bei niederer Temperatur ablaufen kann, 8 bis 15 Stunden auf 130 bis 1400 C zu erhitzen.
Diese relativ niedrige Endtemperatur ist ein nicht übersehbarer technischer Vorteil
und liefert darüber hinaus ein schlagfestes Polystyrol mit sehr heller Eigenfarbe.
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Das erfindungsgemäße Verfahren beschränkt sich nicht nur auf die
Pfropfpolymerisation von stabilisiertem Kautschuk; der Zusatz dieser geringen Mengen
an Acrylsäureestern bringt den weiteren Vorteil, daß auch butadienärmere Polymerisate
noch ausreichende Kerbschlagzähigkeit besitzen. Diese butadienarmen schlagfesten
Polystyrole sind erwartungsgemäß besser alterungsstabil und transparent.
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Beispiel 1 a) Eine Lösung aus 6,8 Gewichtsteilen eines Mischpolymerisates
aus 740/0 Butadien und 26 O/o Styrol mit einer Defo-Härte und -Elastizität von 775/43,
Mooney ML 4 von 51, stabilisiert mit 1,2 0/o styrolisiertem Phenol (Wirgstay S),
bekannt unter dem Handelsnamen Plioflex 1006 der Firma Goodyear Tire and Rubber
Comp., in einem Gemisch aus 5 Gewichtsteilen Methacrylsäuremethylester und 88,2
Gewichtsteilen Styrol wird vermischt mit 0,16 Gewichtsteilen des Aktivators Di-tert.-butylperoxyd,
1 Gewichtsteil Stearinsäurebutylester und 1 Gewichtsteil Knochenöl. Diese homogene
Lösung wird mit Hilfe von 0,5 Gewichtsteilen Polyvinylalkohol (Type W 25 - 140 der
Firma Wacker) und 0,05 Gewichtsteilen eines C1.- bis Cl6-Alkylsulfonates in 200
Gewichtsteilen Wasser suspendiert und unter ständigem Rühren bei 1300 C während
etwa 6 Stunden auspolymerisiert; anschließend erhitzt man 6 Stunden auf 1403 C,
um den restlichen Aktivator zu ersetzen und um das Produkt weitgehend - praktisch
unter 0,1 °/o Styrol - monomerfrei zu erhalten. Das Polymerisat wird mit warmem
Wasser gewaschen, getrocknet und zum Teil direkt zu Normprüfstäben verspritzt. b)
Ein weiterer Teil des Polymerisates wird während 10 Minuten auf dem 1350 C warmen
Walzwerk verdichtet und anschließend zu Normprüfstäben verarbeitet. c) Unter den
Bedingungen des Beispiels 1, a) wird mit Methacrylsäurebutylester an Stelle des
Methacryl-
säuremethylesters ein schlagfestes Polystyrol hergestellt und zum Teil
direkt zu Normprüfstäben verspritzt. d) Ein anderer Teil des nach Beispiel 1, c)
erhaltenen schlagfesten Polystyrols wird während 10 Minuten auf dem 1350 C warmen
Walzwerk verdichtet und anschließend zu Normprüfstäben verarbeitet.
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Die an den Normprüfstäben ermittelten Eigenschaften sind in der nachstehenden
Tabelle zusammengestellt:
Schlag- Kerbschlag- Biege- Softening |
Beispiel zähigkeit zähigkeit festigkeit Point |
cm kg/cm2 cm kg/cm2 kg/cm2 |
1, a) 87,6 7,2 672 85 C |
1, b) 75,9 7,3 855 88c C |
1, c) 70,3 7,4 620 830 C |
1, d) 75,6 7,5 722 840 C |
Beispiel 2 Lösungen aus 5 Gewichtsteilen des im Beispiel 1 verwendeten synthetischen
Kautschuks in 95 Gewichtsteilen eines Gemisches aus Styrol und Acrylsäureäthylester
mit wechselndem Acrylsäureäthylestergehalt werden vermischt mit 0,16 Gewichtsteilen
Di-tert.-butylperoxyd, 2 Gewichtsteilen Stearinsäurebutylester und 1 Gewichtsteil
Knochenöl. Die Ansätze werden in 200 Gewichtsteilen Wasser mit Hilfe von 0,5 Gewichtsteilen
des im Beispiel 1 verwendeten Polyvinylalkohols und 0,05 Gewichtsteilen eines C12-
bis C16-Alkylsulfonates suspendiert und unter ständigem Rühren bei 1300 C während
etwa 6 Stunden auspolymerisiert; anschließend wird 6 Stunden auf 1400 C erhitzt,
um den restlichen Aktivator zu ersetzen und um das Produkt weitgehend - praktisch
unter 0,10/0 - monomerfrei zu erhalten. Das Polymerisat wird mit Wasser gewaschen,
getrocknet, gegebenenfalls wie im Beispiel 1 auf dem Walzwerk verdichtet, und zu
Normprüfstäben verspritzt. Die Prüfergebnisse sind graphisch in den Kurven A bis
D wiedergegeben; dabei bedeutet die durchgezogene Linie jeweils das Prüfergebnis
aus dem direkt verspritzten Rohmaterial, während die gestrichelte Linie die Ergebnisse
des durch Verwalzen bei 1400 C während 10 Minuten vpr dem Verarbeiten zum Prüfkörper
thermisch und mechanisch stark beanspruchten Materials wiedergibt. Man ersieht aus
den Kurven A, B und C, daß die mechanische Festigkeit bei 0,1 bis 5 O/o Acrylsäureester
im Polymerisat sowohl vor als auch nach dem Verwalzen praktisch gleich ist; aus
dem Kurvenzug D ist ersichtlich, daß eine Erhöhung des Acrylsäureestergehaltes über
1O/o die Wärmebeständigkeit, gemessen nach British Standards, vermindert. Aus den
Kurven A und B ist weiterhin ersichtlich, daß die Ansätze ohne oder mit sehr geringen
Mengen an Acrylsäureester nicht walzfest sind: Die auf der warmen Walze vorbehandelten
Proben weisen eine beträchtlich geringere Schlagzähigkeit und Kerbschlagzähigkeit
auf.
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Beispiel 3 98 Gewichtsteile einer Lösung des im Beispiel 1 verwendeten
synthetischen Kautschuks in Styrol mit wechselndem Gehalt an synthetischem Kautschuk
werden mit 2 Gewichtsteilen Acrylsäureäthylester, 016 Gewichtsteilen Di-tert.-butylperoxyd,
l Gewichtsteil
Stearinsäurebutylester und 1 Gewichtsteil Knochenöl
vermischt. Diese homogene Lösung wird wie im Beispiel 1 suspendiert, polymerisiert,
aufgearbeitet und geprüft. Das Ergebnis ist aus den Kurven zügen E, F, G und H zu
entnehmen und besagt, daß mit fallenden Mengen Kautschuk, ausgedrückt durch den
Gehalt an eingebautem Butadien - berechnet aus dem Einsatz -, die Schlagzähigkeit
sinkt (Kurve E); die Kerbschlagzähigkeit fällt kaum im Bereich von 4 bis 1 O/o Butadien
(Kurve F); die Biegefestigkeit (Kurve G) sinkt stark mit steigendem Butadiengehalt;
der Softening Point (nach British Standards) bleibt über dem gesamten Bereich innerhalb
der Fehlergrenze konstant (Kurve H).