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Verfahren zur Extraktion proazulenhaltiger Drogen Es ist bekannt,
daß galenische Zubereitungen aus Blütendrogen verschiedener Compositen, wie der
Matricaria-, Achillea-, Artemisia-Arten usw., entzündungswidrige und teilweise auch
krampflösende Wirkungen entfalten.
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Als Wirkstoffe werden einerseits Bestandteile des ätherischen Öles
angesehen, so z. B. Chamazulen, 1-a-Bisabolol und Farnesen im ätherischen 01 der
Kamille.
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Besonders die Azulene besitzen eine ausgeprägte antiphlogistische
Wirksamkeit. Sie liegen in der Droge als Proazulene (Guajanolide) vor, die verhältnismäßig
leicht in die entsprechenden Azulene umgewandelt werden.
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An der Gesamtwirkung einer proazulenhaltigen Droge sind jedoch in
jedem Fall auch andere Inhaltsstoffe beteiligt. So wurden z. B. aus der Kamille
Apigeninderivate isoliert, deren spasmolytische Wirkung stärker als die des Papaverins
ist.
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Es ist deshalb bereits dargelegt worden, daß ein dem Wirkungsbild
der Droge weitgehend entsprechender Extrakt einen optimalen Gehalt an Proazulenen,
ätherischem dl und nichtflüchtigen Bestandteilen aufweisen muß.
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Proazulene und ätherisches 01 werden nach bekannten analytischen
Verfahren durch Wasserdampfdestillation erfaßt. Die Proazulene wandeln sich dabei
in Azulene um und werden als solche bestimmt. Der Gehalt an nichtflüchtigen Substanzen
ergibt sich aus dem Trockenrückstand.
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Proazulenhaltige Extrakte mit optimalem Gehalt an ätherischem dl
und Feststoffen lassen sich bei Verwendung von 40-bis 600/, igem Athanol oder einem
anderen geeigneten Menstruum gewinnen. Die Schwierigkeit liegt im Fehlen eines geeigneten
Verfahrens, welches gleichzeitig auch die optimale Erfassung der Proazulene ermöglicht.
Eine Untersuchung der besonderen Verhältnisse bei der Herstellung von Extrakten
aus proazulenhaltigen Drogen hat ergeben, daß sich die Ausbeute an ätherischem 01
und an nichtflüchtigen Extraktivstoffen proportional der Extraktionsdauer verhält,
dagegen der Gehalt an Proazulenen zu Beginn der Extraktion seinen Höchststand erreicht
und im weiteren Verlauf der Extraktion, vermutlich infolge noch nicht geklärter
fermentativer oder oxydativer Vorgänge, beträchtlich absinkt. Bei dem vom Drogenrückstand
abgetrennten Extrakt ist jedoch erst nach einem längeren Zeitraum ein deutliches
Absinken des Proazulengehaltes zu erkennen.
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Es ist bisher kein Verfahren bekanntgeworden, welches die rationelle
Gewinnung eines proazulenhaltigen Extraktes mit einem optimalen Gehalt aller Wirkstoffe
ermöglicht.
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Von allen Extraktionsmethoden hat sich in der Technik für die Herstellung
proazulenhaltiger Extrakte nur die vom DAB 6 für die Herstellung von Tinkturen vorgeschriebene
Mazeration, d. h. das Stehenlassen der Droge mit dem Menstruum in einem geschlossenen
Gefäß während einer bestimmten Zeit, als zweckmäßig erwiesen.
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Hierbei sind vor allem keine zeitraubenden Manipulationen zur Vorbereitung
der Droge und keine Überwachung des Auszugsvorganges erforderlich. Bekanntlich spielen
sich bei der Extraktion zwei Vorgänge ab, nämlich ein Lösungs-und ein Diffusionsprozeß,
wobei sich der Lösungsvorgang schneller und quantitativer vollzieht.
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Die Diffusion hingegen verläuft je nach den besonderen osmotischen
Verhältnissen und den Inhaltsstoffen der Zellen wesentlich langsamer und führt bei
der Mazeration erst nach 5 bis 10 Tagen zu einem Gleichgewichtszustand.
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In dieser Zeit ist aber bereits ein beträchtlicher Teil der Proazulene
über die Azulene zu unwirksamen Postazulenen abgebaut. Eine Abkürzung der Mazerationsdauer
führt wiederum zu einem verminderten Gehalt an anderen Wirkstoffen.
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Zwar ist im Zusammenhang mit anderen Drogen bekannt, daß eine Einstellung
des Gleichgewichtes innerhalb kurzer Zeit durch intensives Mischen von Droge und
Menstruum durch ein schnell laufendes Rührwerk bei etwa 1200 U/min (Turboextraktion)
möglich ist, doch ist
die benötigte Menge Menstruum so groß, daß
zur Erzielung gehaltreicherer Extrakte ein zusätzliches Eindampfen erforderlich
ist. Bei proazulenhaltigen Extrakten würde dies starke Verluste an Azulen und ätherischem
01 nach sich ziehen. Die Droge wird ferner in so feine Teilchen zerschnitten, daß
ein Abpressen nur noch unter großen Schwierigkeiten möglich ist.
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Es wurde bereits vorgeschlagen, die Mazeration durch ständiges mechanisches
Schütteln zu beschleunigen. Dies bedingt jedoch ebenfalls einen größeren Aufwand
an Extraktionsflüssigkeit, die besonders bei dem voluminösen und faserigen Material,
wie es in den proazulenhaltigen Blütendrogen vorliegt, sehr beachtlich ist.
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Die Erfindung betrifft nun ein einfach durchführbares Verfahren,
welches innerhalb kurzer Zeit mit relativ wenig Extraktionsflüssigkeit die Herstellung
proazulenhaltiger Extrakte mit einem hohen Gehalt sowohl an Proazulenen als auch
an ätherischem 01 und nichtflüchtigen Substanzen gestattet.
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Überraschenderweise wurde gefunden, daß sich die Lösung der Inhaltsstoffe
aus zerstörten Zellen und die Diffusion der Zellsaftbestandteile aus intakten Zellen
wesentlich beschleunigen lassen, wenn die Droge kontinuierlich im Gegenstrom von
Extraktionsflüssigkeit durchströmt und gleichzeitig auf schonende Weise ständig
wiederholend zusammengepreßt und wieder gelockert wird.
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Zur Durchführung des erfindungsgemaßen Verfahrens können z. B. sogenannte
Muldenmischmaschinen verwendet werden, die nach dem Gegenstromprinzip arbeiten,
d. h. bei dem das Drogengut in feststehenden oder beweglichen Trommeln durch ein
Mischwerk horizontal und vertikal bewegt wird.
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Bei der erfindungsgemäßen Arbeitsweise ist es wesentlich, daß die
Droge in Intervallen gelinde zusammengepreßt wird. Hierbei werden gehaltsreichere
Extraktanteile ausgedrückt, und die Droge belädt sich anschließend beim Lockern
wieder mit frischem Menstruum.
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Auch Mischer ohne Mischwerkeinsätze, z. B. Kubusmischer, sind zur
Anwendung des Verfahrens geeignet, wenn die Umdrehungsgeschwindigkeit so gewählt
wird, daß die ständig wiederholte Auspressung des Mazerates während der Extraktion
durch das niederfallende Drogengut selbst bewirkt wird.
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Zur Extraktion proazulenhaltiger Drogen wird die Umdrehungsgeschwindigkeit
des Mischwerkes bei feststehender Trommel bzw. der Trommel bei feststehendem Mischwerk
bzw. der Mischer ohne Mischwerkeinsätze erfindungsgemäß nicht höher als 100 U/min
festgelegt, um eine Erhitzung zu vermeiden. Als zweckmäßig hat sich eine Umdrehungsgeschwindigkeit
von etwa 20 U/min erwiesen.
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Die Extraktionsdauer richtet sich in jedem Fall nach der Art der
verwendeten proazulenhaltigen Droge. Die Extraktion sollte zweckmäßig innerhalb
von etwa 5 Stunden beendet sein, um einem Abbau der Proazulene vorzubeugen.
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Überraschenderweise hat sich nun gezeigt, daß erfindungsgemäß hergestellte
Extrakte nicht nur innerhalb einer sehr kurzen Zeit gewonnen werden können, sondern
daß auch die Ausbeute aller Wirkstoffe wesentlich gesteigert wurde. Aus einer Reihe
von Einzelversuchen ergeben sich beispielsweise durchschnittlich folgende Steigerungen
der Wirkstoffausbeuten : Innerhalb von 4 Stunden hergestellte Kamillenfluidextrakte
enthalten 13 °/0 mehr Feststoffe, 36°/,, mehr ätherisches 01 und 42 °/0 mehr Proazulene
(bestimmt und berechnet als Chamazulen) als aus Drogen gleicher Provenienz durch
5tägige Mazeration hergestellte Extrakte (Tabelle 1).
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Durch bewegte Mazeration innerhalb von 4 Stunden hergestellte Schafgarbenfluidextrakte
enthalten 21°/0 mehr Feststone, 14 °lO mehr ätherisches 01 und 84 °/0 mehr Azulen
als ein normales Mazerat nach 5 Tagen (Tabelle2).
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Tabelle 1 Ausnutzung der Droge bei der Herstellung von Kamillenfluidextrakt
in Prozenten*)
Einfache Verfahren gemä3 |
Mazeration der Erfindung |
3 1 5 1 10 1 1 2 1 3 1 4 1 5 |
Tage Stunden |
Azulen......... 60 57 42 71 82 1 86 81 74 |
Ätherisches Öl 45 52 60 53 57 60 70 75 |
Rückstand..... 73 1 75 80 70 1 78 83 85 88 |
Tabelle 2 Ausnutzung der Droge bei der Herstellung von Schafgarbenfluidextrakt in
Prozenten*)
Einfache Verfahren gemäß |
Mazeration der Erfindung |
3 1 5 1 1012 34) 5 |
Tage Stunden |
Azulen 62 40 29 54 73 ? |
Ätherisches 01... 53 59 65 52 61 63 66 71 |
Rückstand..... 65 67 83 72 77 80 81 82 |
*) Der analytisch ermittelte Wirkstoffgehalt der Droge wurde gleich100°/o gesetzt,
Beispiel 1 22,4 kg Flores Chamomillae vulgaris und 105 1 Athanol (40 Gewichtsprozent)
oder ein anderes geeignetes Extraktionsmittel werden in einem Gegenstrommischer
mit feststehender Trommel 4 Stunden lang mechanisch durchgearbeitet, wobei die Tourenzahl
des Mischwerkeinsatzes 20 U/min beträgt. Das Drogengut wird anschließend sofort
abgepreßt und der Extrakt filtriert.
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Beispiel 2 22, 4 kg Flores Millefolii und 105 1 Äthanol (40 Gewichtsprozent)
oder ein anderes geeignetes Extraktionsmittel werden in einem Gegenstrommischer
mit feststehender Trommel 4 Stunden lang mechanisch durchgearbeitet, wobei die Tourenzahl
des Mischwerkeinsatzes 20 U/min beträgt. Das Drogengut wird anschließend sofort
abgepreßt und der Extrakt filtriert.
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Beispiel 3 22, 4 kg Flores Chamomillae vulgaris wurden in einem Gegenstrommischer
mit feststehender Trommel mit 1051 Isopropanol (40 Gewichtsprozent) 5 Stunden lang
extrahiert, wobei die Tourenzahl des Mischwerkeinsatzes 30 U/min betrug. Während
der Extraktion wurden in Abständen von je einer Stunde Proben entnommen, die nach
Abpressung des Drogenrückstandes und Filtration der Schwebstoffe auf ihren Gehalt
an Azulen und ätherischem 01 untersucht wurden.
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Zum Vergleich wurden 22, 4 kg Flores Chamomillae vulgaris der gleichen
Drogenpartie mit 1051 Isopropanol (40 Gewichtsprozent) in der bekannten Weise 12
Tage lang einfach mazeriert. Der analytisch durch Wasserdampfdestillation der Droge
ermittelte Wirkstoffgehalt wurde gleich 100 gesetzt (Tabelle 3).
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Tabelle 3 Ausnutzung der Droge bei der Herstellung von Kamillenfluidextrakt
mit Isopropanol (40 Gewichtsprozent)
Einfache Verfahren gemäß |
Mazeration der Erfindung |
12 1 1 2 1 3 1 4 1 5 |
Tage Stunden |
Azulen......... 58 71 71 66 61 58 |
Ätherisches Ö1 99 79 81 87 95 103 |
Beispiel 4 22, 4 kg Flores Chamomillae vulgaris wurden in einem Gegenstrommischer
mit feststehender Trommel mit 1051 2-Dimethyl-4-oxymethyl-1, 3-dioxalan (40 Gewichtsprozent)
4 Stunden lang extrahiert, wobei die Tourenzahl des Mischwerkeinsatzes 30 U/min
betrug. Während der Extraktion wurden in Abständen von je einer Stunde Proben entnommen,
die nach Abpressung des Drogenrückstandes und Filtration der Schwebstoffe auf ihren
Gehalt an Azulen und atherischem 01 untersucht wurden.
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Zum Vergleich wurden 22,4 kg Flores Chamomillae vulgaris der gleichen
Drogenpartie mit 1051 2-Dimethyl-4-oxymethyl-1, 3-dioxalan (40 Gewichtsprozent)
in der bekannten Weise 12 Tage lang einfach mazeriert.
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Der analytisch durch Wasserdampfdestillation der Droge ermittelte
Wirkstoffgehalt wurde gleich 100 gesetzt (Tabelle 4).
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Tabelle 4 Ausnutzung der Droge bei der Herstellung von Kamillenfluidextrakt
mit 2-Dimethyl-4-oxymethyl-1, 3-dioxalan (40 Gewichtsprozent)
Einfache Verfahren gemäß |
Mazeration der Erfindung |
12 1 1 2 1 3 1 4 |
Tage Stunden |
Azulen......... 59 59 61 67 59 |
Ätherisches vol 6559 62 75 77 |