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Verfahren zum Avivieren von Viskosereyon für Kordzwecke Das für den
Aufbau der Karkasse in Autoreifen sowie der Einlagegewebe in Treibriemen verwendete
Kordgarn besteht in zunehmendem Maße aus Viskosereyon, da dieses gegenüber der früher
verwendeten Baumwolle in mehrfacher Hinsicht in seinem Verhalten im Reifen sowie
im Treibriemen Vorteile aufweist.
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Unter einem Kordgarn versteht man in bestimmter Weise zusammengesetzte
Zwirne, im allgemeinen von einem Gesamttiter von über 500 den.
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An ein für Kordzwirne bestimmtes Viskosereyon wird eine Vielzahl von
Ansprüchen gestellt, von denen die wesentlichsten die folgenden sind: Die Reyongarne
dürfen beim Zwirnen keinen großen Festigkeitsverlust erleiden; der erhaltene Zwirn
muß sehr gleichmäßig sein und darf keinen »sandigen« Charakter haben; der Zwirn
muß die normalerweise aus einer Latexemulsion bestehende Imprägnierung im sogenannten
Dipping-Bad gut aufnehmen; die Beschaffenheit des Zwirnes muß eine möglichst hohe
Haftung des vulkanisierten Gummis gewährleisten; der Zwirn darf keine oder nur eine
ganz geringe Schädigung seiner physikalisch-technischen Daten bei der Beanspruchung
im Reifen erleiden. Es handelt sich hierbei im wesentlichen um Zug- und Stauchungsbeanspruchungen
(»Walkbeanspruchungen«), die bei hohen Temperaturen auf den Zwirn zur Einwirkung
kommen. Üblicherweise werden die Folgen derartiger Beanspruchungen im Laboratorium
durch eine Reihe verschiedenartiger Prüfungsmethoden, die unter der Bezeichnung
»Fatigue-Teste« zusammengefaßt werden, gemessen.
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Die notwendigen Eigenschaften, die ein Reyon besitzen muß, um diese
Ansprüche zu erfüllen, werden ihm durch das Aufbringen einer sogenannten Avivage
erteilt.
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Für diesen Zweck in der Praxis angewandte Avivagemittel bestehen z.
B. aus Mineralölen bestimmter Typen, die durch Einbau von anionaktiven oder nichtionogenen
Emulgatoren emulgierbar gemacht sind.
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Derartigen Avivagemitteln haftet jedoch der Nachteil an, daß sie verhältnismäßig
hohe Festigkeitsminderungen beim Zwirnprozeß (»Zwirnverluste«) und leicht ungleichmäßige,
sandige Zwirne ergeben. Es ist dies eine Folge der hohen und ruckweisen Reibung
zwischen den Einzelfäden des Zwirnes, die für mineralölhaltige Avivagen kennzeichnend
ist. Hohe Zwirnverluste machen aber einen Teil der für die Erzeugung eines Ausgangsmaterials
von möglichst hoher Festigkeit aufgewandten Mühe und Kosten illusorisch und sind
daher zu vermeiden. Hinsichtlich der Fatigue-Teste verhalten sich mineralölhaltige
Avivagemittel demgegenüber im. allgemeinen günstig.
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Es ist bekannt, daß die Zwirnverluste erheblich verringert werden,
z. B. von 25 auf 12%, wenn man Avivagemittel verwendet, die nicht auf der Grundlage
von Mineralöl, sondern auf der Grundlage von fetten Ölen, sogenannten Neutralölen,
aufgebaut sind. Derartige Avivagemittel, die auch für Textilreyon im Handel sind,
sind meistens die Natriumsalze der durch Sulfatieren emulgierbar gemachten Öle;
sie besitzen üblicherweise- einen Sulfatierungsgrad von etwa 18 bis 20.
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Stellen derartige Avivagemittel in -bezug auf den Zwirnverlust einen
bemerkenswerten Fortschritt dar, so hat sich doch auf der anderen Seite gezeigt,
daß ein Teil dieses Fortschrittes dadurch wieder aufgehoben wird, daß bei Kordzwirnen
aus Reyon, das mit derartigen Avivagemitteln aviviert wurde, die Fatigue-Teste im
allgemeinen nicht so günstig ausfallen wie bei Avivagemitteln auf der Grundlage
von Mineralöl. Dies zeigt sich besonders bei lang ausgedehnten Prüfungen bei hohen
Temperaturen.
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Dieses Verhalten ist eine Folge der thermischen Instabilität der sulfatierten
Anteile in den Produkten. Es ist bekannt, daß die in den sulfatierten Produkten
vorliegenden Schwefelsäurehalbester bei hohen Temperaturen gespalten werden, wobei
Schwefelsäure frei wird, die dann hydrolysierend auf die Cellulosefaser einwirkt
und zu einer Faserschwächung führt. Dies gibt sich dadurch zu erkennen, daß die
pH-Werte der Produkte bei einer Erhitzung stark absinken.
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Der Gedanke liegt daher nahe, die Neutralöle nicht durch Sulfatieren,
sondern durch Zumischen von Emulgatoren emulgierbar zu machen. Übliche Emulgatoren
für diesen Zweck sind oxäthylierte Fettsäuren oder oxäthylierte Fettalkohole, die
erfahrungsgemäß auch thermostabil sind.
Derart emulgierbar gemachte
Neutralöle sind wohl noch nicht zum Av ivieren von Kordreyon eingesetzt worden,
sie sind aber für die Behandlung von Reyonkord auch nicht geeignet. Oxäthylierte
Fettsäuren und oxäthylierte Fettalkohole verleihen nämlich der Faser keine Glätte,
sondern sie verursachen- eine hohe und ruckweise Reibung. Das Verhalten von Mischungen
von Neutralölen mit derartigen Emulgatoren kommt dann auf der Faser dem Verhalten
von emulgierbar gemachten Mineralölen gleich.
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Diese 'L\Tachteile kann man aber, wie gefunden wurde, dadurch vermeiden,
daß man solche oxäthylierte Fettkörper als emulgierende Komponente heranzieht, die
die Faser glätten und demnach keine hohe und ruckweise Reibung ergeben. Ein Körper
mit diesen Eigenschaften ist oxäthyliertes Ricinusöl in Form des Ricinusölpolyglykoläthers.
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Zur Erzielung klarer Endprodukte kann es hierbei erforderlich sein,
Lösungsvermittler mit zu verwenden. Als solche sind Fettalkohole und bzw. oder oxäthylierte
Fettalkohole geeignet. Die hiervon benötigten Mengen sind aber, auf das Endprodukt
berechnet, so gering, daß sie sich. auf der Faser hinsichtlich ihrer Reibungsverhältnisse
nicht ungünstig auswirken.
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Als Neutralöl kann man z. B. Olivenöl verwenden. Noch bessere Avivageprodukte
erhält man, wenn man als Ausgangsmaterial keine natürlichen Neutralöle verwendet,
die bekanntermaßen stets Nebenprodukte verschiedener Art und Menge enthalten, unter
denen sich auch thermisch instabile befinden können, sondern wenn man als Ausgangsmaterial
einen chemisch einwandfrei definierbaren Körper verwendet, wie er in dem technisch
hergestellten Fettsäuretriglycerid vorliegt.
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Derartige Avivagemittel können wie folgt zusammengesetzt sein:
I. 56,5'0% Ölsäuretriglycerid |
14 0% oxäthyliertes Ricinusöl mit 40 Mol |
Äthylenoxyd |
12 % oxäthylierter Cocosfettalkohol mit 5 Mol |
Äthylenoxyd |
6 °% Xylenylglycol |
8 % Cocosfettalkohol |
3,50/a Wasser |
100,00% |
oder |
II. 56,5% Olivenöl |
14 % oxäthyliertes Ricinusöl mit 40 Mol |
Äthylenoxyd |
12 0l0 oxäthylierter Cocosfettalkohol mit 5 Mol |
Äthylenoxyd |
6 % Xylenylglycol |
8 % Cocosfettalkohol |
3,5% Wasser |
100,0% |
Die Prüfung dieser Avivagemittel hinsichtlich ihrer thermischen Stabilität hat folgendes
ergeben: Das unter I aufgeführte Avivagemittel besitzt einen pÄ Wert von 6,3. Nach
einer Erhitzung während 8 Stunden auf 170° C wird der gleiche pH-Wert gemessen,
d. h., es haben sich keine sauer reagierenden Spaltprodukte gebildet, die die Faser
schädigen können.
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Das unter II beschriebene Avivagemittel hat vor dem Erhitzen einen
pH-Wert von 6,7 und nach der Erhitzung von 6,2, d. h. daß sich hierbei nur in ganz
untergeordnetem Maße saure Spaltprodukte gebildet haben und daß dementsprechend
auch nur eine ganz unbedeutende Faserschädigung eintreten kann.
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Das zum Vergleich herangezogene Natriumsalz des sulfatierten Olivenöls
mit einem Sulfonierungsgrad von 18 hat vor der Erhitzung einen pH-Wert von 6,8 und
nach .der Erhitzung einen p$ Wert von 2,5. Dies besagt, daß hierbei große Mengen
sauer reagierender Spaltprodukte entstanden sind, die die Faser schädigen.