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Verwendung von Messingschleifstäuben als Mikronährstoffdüngemittel
In den letzten 20 Jahren sind zahlreiche Vorschläge für die Herstellung wirkungsvoller
Mikronährstoffdüngemittel (Spurenelementdüngemittel) bekanntgeworden. Während man
anfänglich in den »Spurenelementen« ein Allheilmittel für die verschiedenartigsten
Boden- und Pflanzenerkrankungen gefunden zu haben glaubte, hat man inzwischen erkannt,
daß für bestimmte Mangelböden auch nur bestimmte Schwermetalle Verwendung finden
können, während eine große Anzahl anderer, auch als Spurenelemente bezeichneter
Metalle für die Heilung von Mangelböden entweder vollständig indifferent oder sogar
schädlich ist. Darüber hinaus hat der Sammelbegriff »Spurenelemente« auch insofern
zu irrigen Auffassungen geführt, als man bisher vielfach angenommen hat, daß bereits
geringste Mengen, eben »Spuren« solcher im Boden fehlender Schwermetalle ausreichen
würden, um den angestrebten Gesundungsprozeß im Boden und bei den Kulturpflanzen
herbeizuführen. Die Erfahrung hat aber gelehrt, daß man in den meisten Fällen mit
bloß spurenweise erfolgender Zugabe der fehlenden Metalle praktisch so gut wie nichts
erreicht, sondern daß man diese Schwermetalle unbedingt auch in größerer, ausreichender
Menge dem Boden zuführen muß. So ist es beispielsweise bekannt. daß Kupfermangelböden
je nach der Schwere ihrer Erkrankung bis zu 200 kg Kupfersulfat je ha, also bis
zu 50 kg Beinkupfer je ha, benötigen.
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Die vorerwähnten, vergleichsweise großen Kupfermengen können aber
unter sonst gleichen Bedingungen beträchtlich verringert werden, sofern das Kupfer
in Form von Metallegierungsdüngemitteln zugegeben wird, die bisher hauptsächlich
aus entsprechenden Fabrikationsrückständen der kupferverarbeitenden Industrien gewonnen
werden. So ist es bekannt, kupferarme Fabrikationsrückstände, wie solche in Messing-,
Rotguß-, Neusilbergießereien, in Metallgießereien, Metälldrehereien und Schleifereien
anfallen, als Mikronährstoffdüngemittel bzw. für die Herstellung von Mikronährstoffen
zu verwenden. Weiter ist es nicht mehr neu, ein ballastfreies Spurenelementdüngemittel
aus Metallabfällen, insbesondere aus Metallschrott und ähnlichen Materialien, zu
erschmelzen, wobei von der Annahme ausgegangen wird, daß in solchen Schrottmetallen
neben dem Kupfer auch noch eine große Anzahl anderer Schlvermetalle enthalten sind,
um auf diese Weise eine möglichst durchgreifende Gesundung der damit zu düngenden
Mangelböden zu erreichen. Ein derart hergestelltes, ballastfreies Spurenelementdüngemittel
soll beispielsweise die folgenden Metallkomponenten enthalten: 78% Cu, 15% Zn, 219/o
Mg, 1,3% si, 1% Fe, 0,819/o-Sn, 0,5% Ni, 0,18% Al, 0,1% Co, 0,450% Mn, 0;02% Cr,
wobei der Rest aus P, Mo, W, V, Ti bestehen kann. Dabei ist auch bereits darauf
hingewiesen worden, daß sich für die Herstellung solcher Metallegierungsdüngemittel
insbesondere solche zu erschmelzenden Schrottmassen eignen, die unter anderem verbrauchte
Armaturenteile aus Rotguß-,Neusilber- und anderen Kupferlegierungen enthalten, und
zwar solche, die, wie beispielsweise gebrauchte Leuchter, Heizkessel, Türbeschläge
u. dgl., in metallurgischer Hinsicht ein Konglomerat von heterogenen Legierungsbestandteilen
darstellen. Hierzu- gehören auch Lokomotiv- und Dampfkesselarmaturen, die also für
Heißdampfzwecke Verwendung finden und aus einer als Rotguß bezeichneten Kupferlegierung
bestehen, welche neben Kupfer und Zink noch einen beträchtlichen Anteil an Zinn
enthalten muß.
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Schließlich ist es bei der Herstellung von Mikronährstoffdüngemitteln
auch bekannt, dafür Messingschleifstäube zu verwenden, die in Bandschleifereien
anfallen. Solche Messingschleifstäube weisen neben anderen Metallgehalten einen
Kupfergehalt von 551/o und mehr auf. Sie sollen vorzugsweise mit anderen Kupfer
enthaltenden, großoberflächigen Rückständen, insbesondere mit Kupferhammerschlag,
vermischt werden. Das so erhaltene Gemisch enthält außer Kupfer und Zink noch entsprechende
Mengen an Kobalt, Mangan, Molybdän, Bor und Eisen.
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Wenngleich mit den vorerwähnten, bekannten Metall-, insbesondere Kupferlegierungsdüngemitteln
auch bereits beachtliche Erfolge auf dem Gebiet der Mikronährstoffdüngung erzielt
werden und man dabei speziell auch mit geringeren Kupferzugaben als im Falle des
früher fast ausschließlich für diese Zwecke verwendeten Kupfersulfats auskommt,
so hat es sich doch als nachteilig herausgestellt, daß die bekannten Legierungsdüngemittel
außer Kupfer auch noch zahlreiche andere, in nicht unerheblichem Umfang vorhandene
Legierungsmetalle enthalten, die sich hinsichtlich der angestrebten Düngewirkung
nicht nur als neutral, sondern sogar als hemmend erwiesen haben. Dabei
muß
man sich vor Augen halten, daß je mehr Metallkomponenten in einem solchen Metallegierungsdüngemittel
vorhanden sind, es um so eher zu einem Antagonismus der betreffenden Spurenelementmetalle
kommen kann. So hat sich auch auf dem -Gebiet der Metallegierungsdüngemittel die
Notwendigkeit schärferem Differenzierung herausgestellt, da nicht alle dieser Legierungen
für die Mikronährstoffdüngung gleich gut geeignet sind, vielmehr häufig hinter den
Erwartungen zurückbleiben.
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Auf Grund längerer Untersuchungen konnte nun gefunden werden, daß
sich für die Verwendung als Mikronährstoffdüngemittel ganz besonders solche großoberflächigen
Messingschleifstäube eignen, die bei der Bearbeitung von Kaltwasserarmaturen anfallen
und welche in der Legierungsform die bestimmte Zusammensetzung von etwa 65 % Cu,
etwa 33 % Zn, etwa 0,4% Sn, etwa 0,85"/o Pb, etwa 0,15% Fe und etwa 0,10% Ni aufweisen.
Solche Kaltwasserarmaturen, wie sie hauptsächlich in Haushaltungen usw. verwendet
werden, stellen kein Konglomerat verschiedenartigster Kupferlegierungen dar. Sie
müssen vielmehr ihrem Verwendungszweck entsprechend eine ganz bestimmte Legierungszusammensetzung
besitzen. Das ist deswegen der Fall, weil Kaltwasserarmaturen ganz bestimmten Beanspruchungen
ausgesetzt sind, beispielsweise einer ständig hohen Wasserdruckbelastung standhalten,
also unbedingt dicht sein müssen, was man bei der Herstellung solcher Kaltwasserarmaturen,
sei es im Sand- oder Kokillenguß, dadurch erreicht, daß man dafür praktisch reines
Messing der obigen Zusammensetzung verwendet. Sofern die Metallgehalte von der vorerwähnten
Zusammensetzung nennenswert abweichen, würde der Kaltwasserarmaturenguß entweder
zu porös oder aber zu spröde werden. Demzufolge müssen die Hersteller solcher Kaltwasserarmaturen
auf eine möglichst gleichbleibende, genaue Zusammensetzung der Legierung achten,
da sonst der Anteil an Fehlguß zu hoch würde. Das ist auch der Grund, welshalb in
vielen Wasserarmaturen erzeugenden Betrieben die Legierungen dafür überhaupt erst
hergestellt werden, und zwar zumeist durch Zusammenschmelzen von reinem Kupfer (Kathodenkupfer)
und Fein- oder Hüttenreinzink. Wird ein anderes Einsatzmaterial für die Herstellung
solcher Kaltwasserarmaturen gebraucht, so kann es im besten Fall nur ein sogenanntes
gutes Blockmessing sein. Auch letzteres hat in etwa die obenerwähnte analytische
Zusammensetzung. Es versteht sich, daß auch die in solchen Spezialbetrieben anfallenden
Abfallmaterialien, sofern sie in ihrer Zusammensetzung den vorerwähnten reinen Vormaterialien
entsprechen, für die vorliegenden Zwecke geeignet sind.
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Von Bedeutung ist ferner, daß solche Kupferlegierungsdüngemittel eine
möglichst große Oberfläche besitzen müssen, damit sie die angestrebten Ernteertragssteigerungen
auch wirklich ergeben. Diese Bedingung ist aber bei den meisten Kaltwasserarmaturen
herstellenden Betrieben schon von vornherein erfüllt. In solchen Betrieben findet
nämlich zum Oberflächenschleifen kaum noch die Korund- oder Lederscheibe Anwendung.
Da man heutzutage überwiegend im Kokillenguß arbeitet, weist der gegossene Gegenstand
eine verhältnismäßig glatte Oberfläche auf, so daß es nur noch notwendig ist, die
Oberfläche der gegossenen Kaltwasserarmaturen im Wege des sogenannten »Bandschleifens«
nachzubearbeiten bzw. zu glätten. Beim Bandschleifen solcher Kaltwasserarmaturen
fallen somit feinste Messingschmirgelschleifstäube an, die neben ihrer gewünschten
Legierungszusammensetzung zugleich auch eine günstige Oberfläche im Verwendungssinne
besitzen. Diese Messingschleifstäube gemäß der Erfindung werden unmittelbar in der
anfallenden großoberflächigen Form als Mikronährstoffdüngemittei" verwendet, so
daß die sonst vielfach übliche Herstellung der Düngemittel über das Schmelzbad oder
sonstige Aufarbeitungs-, Konzentrations- und Reinigungsverfahren entfallen.
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Die bei der Bearbeitung von Kaltwasserarmaturen anfallenden Messingschleifstäube
haben nun - wie die Praxis und wissenschaftliche Untersuchungen gezeigt haben -
außergewöhnlich hohe Ernteergebnisse gebracht. Bei Jungpflanzen, wie z. B. bei Sommergerste
und Hafer, die erst eine Hahlmhöhe von etwa 11 bis 12 cm erreicht hatten, war -
im Gegensatz zur äquivalenten Kupfersulfatzugabe - eine Kupferanreicherung in den
Ernteprodukten in fast doppelter Höhe festzustellen. Wenn man bedenkt, daß gerade
die Jungflanzen sehr kupferhungrig sind und letztere daher bei ihrem Start das wichtige
Spurenelement Kupfer, wie es die vorbeschriebene Messinglegierung zur Verfügung
stellt, in ausreichendem Maße aufnehmen können, so versteht es sich, daß damit für
den vegetativen und generativen Aufbau der Pflanzen die denkbar günstigsten Bedingungen
vorhanden sind.
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Am Agrikulturchemischen Institut der Justus-Liebig-Universität in
Gießen wurden im Jahre 1958 mit einem aus Messingschleifstäuben von Kaltwasserarmaturen
gewonnenen, im folgenden als »Excello« bezeichneten Metallegierungsdüngemittel der
obenerwähnten Zusammensetzung äquivalente Kupferdüngungsversuche durchgeführt. Als
Versuchspflanze diente Sommergerste. Die Ernte erbrachte folgendes Ergebnis
Korngewicht |
g |
Grunddüngung mit N P K ............. 0 |
1mal Kupfer als »Excello« aus Messing- |
legierung .......................... 34 |
1mal äquivalent Kupfersulfat . .. .. . . . . . 0,5 |
2mal Kupfer als »Excello« aus Messing- |
legierung ........................... 42 |
2mal äquivalent Kupfersulfat . . . . . . . .. . 29 |
(1mal Kupfer = 4 kg Reinkupfer je ha, |
2mal Kupfer = 8 kg Reinkupfer je ha) |
Um den in obiger Aufstellung zum Ausdruck kommenden ungewöhnlichen Fortschritt richtig
zu verstehen, muß darauf hingewiesen werden, daß es sich hier um einen echten Kupfermangelboden
handelte, der also einen großen Bedarf an Kupfer hatte. Trotzdem genügten die vergleichsweise
geringen Zugabemengen des Kupferlegierungsdüngemittels nach der Erfindung, um die
im Vergleich zur Kupfersulfatzugabe beträchtlich gesteigerten Ernteergebnisse hervorzurufen.
Die Mengen der erfindungsgemäß zu verwendenden, großoberflächigen Messingschleifstäube,
die bei der Bearbeitung von Kaltwasserarmaturen anfallen, sind j e nach Bodenart,
Mikronährstoffbedürftigkeit und anzubauenden Pflanzenkulturen verschieden. Im allgemeinen
werden die etwa 2 bis 50 kg Reinkupfer je ha entsprechenden Mengen der Schleifstäube
verabreicht. Die erfindungsgemäßen ballastfreien, großoberflächigen Messingschleifstäube
sind wegen ihres hohen Gehaltes an Mikronährstoffen in besonderem Maße geeignet,
mit den üblichen Makronährstoffen, besonders Ammonsalzen, Kalisalzen, Phosphaten
und Misch- oder Volldüngemitteln, vermischt
und auf die Ackerböden
ausgestreut zu werden, wobei neben der günstigen Einwirkung der Düngesalze auf die
Metalle in den Schleifstäuben auch noch Ersparnisse an Arbeits- und Streukosten
erzielt werden.
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Durch die erfindungsgemäße Verwendung der bestimmten, bei der Bearbeitung
von Kaltwasserarmaturen anfallenden großoberflächigen Messingschleifstäuben der
angegebenen, ganz bestimmten chemischen Zusammensetzung wird gegenüber der großen
Zahl der bekannten Mikronährstoffdüngemittel in Metall-, Metalloxyd-, Metallsalz-,
Metallschlacken-, Legierungs- oder Metallkonzentratforin der Landwirtschaft und
dem Gartenbau ein neues Mikronährstoffdüngemittel zur Verfügung gestellt, das für
die Heilung und Gesunderhaltung von Kupfermangelböden od. dgl. ganz hervorragend
geeignet ist und bei den damit gedüngten Pflanzenkulturen zu überraschend hohen
Ertragssteigerungen und Qualitätsverbesserungen führt. Außerdem werden mit den gemäß
der Erfindung verwendeten großoberflächigen Kaltwasserarmatur-Messingschleifstäuben,
die sonst bei der Verwendung der bekannten Mikronährstoffdüngemittel in Metall-oder
Legierungsform häufig eintretenden antagonistischen Wirkungen der zahlreichen Nebenbestandteile
dieser Düngemittel vermieden. Die besonders günstige Wirkung der erfindungsgemäß
verwendeten großoberflächigen Messingschleifstäube, die bei der Bearbeitung von
Kaltwasserarmaturen anfallen und die den erwähnten bestimmten Gehalt an Mikronährstoffen
aufweisen, ist auf die synergistische Wirkung der in diesen Schleifstäuben enthaltenen
Metalle zurückzuführen. Durch die gegenseitige günstige Beeinflussung der gerade
in diesen Messingschleifstäuben in den angeführten bestimmten Mengenverhältnissen
enthaltenen Metallkomponenten wird daher ein erheblicher technischer Fortschritt
bei der Düngung mit Mikronährstoffen in der Landwirtschaft und im Gartenbau erreicht,
der nicht vorauszusehen war. Durch die Erfindung wird außerdem ein in der metallverarbeitenden
Industrie in größeren Mengen anfallendes Abfallprodukt unmittelbar einer nutzbringenden
Verwertung in der Landwirtschaft zugeführt.