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Verfahren zur Stabilisierung von technischem Athylendichlorid Es
ist seit langem bekannt, daß die niedrigeren Chlorkohlenwasserstoffe im Stadium
hoher Reinheit verhältnismäßig wenig unter der Einwirkung von Luft, Licht, Wärme,
Feuchtigkeit und Metallen leiden, mit denen sie bei der Lagerung, Verteilung usw.
in Berührung kommen. Die Erzeugung eines so hohen Reinheitsgrades bei Kohlenwasserstoffen
ist jedoch bei der normalen Herstellung nicht immer durchführbar, und es zeigte
sich, daß das in der Praxis im allgemeinen anfallende unreine Material sich unten
den obenerwähnten Einflüssen zersetzt. Äthylendichlorid ist in dieser Beziehung
keine Ausnahme, sondern im Gegenteil unter gewissen Bedingungen gegenüber solchen
Schädigungen empfindlicher als die anderen Stoffe aus der gleichen allgemeinen Gruppe.
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Eine der Hauptschwierigkeiten bei der Verwendung von Äthylendichlorid
scheint die durch Metall katalysierte Zersetzung zu sein, bei der Chlprwasserstoff
frei - wird. Der Vorgang wird offenbar durch die Anwesenheit von Feuchtigkeit, Wärme
und Licht beschleunigt.
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Hat die Zersetzung einmal begonnen, so treten außer Chlorwasserstoff
aud Grund der Spaltung der ungesättigten Stoffe, die bei der Zersetzung zunächst
entstehen, die verschiedensten unerwünschten Verunreinigungen auf. Die ungesättigten
Stoffe werden vor allem an der Doppelbindung oxydiert, was unter anderem zur Bildung
von Chloressigsäure führt. Außerdem wird offenbar die Zersetzung durch die Oxydationsprodukte
katalysiert, wodurch die einmal eingeleitete oxydative Zersetzung unter Selbstkatalyse
immer rascher fortschreitet. Eine der Hauptschwierigkeiten, mit denen sich die Erfindung
beschäftigt, ist dabei die durch Metall katalysierte Zersetzung unter gleichzeitiger
Korrosion des Metalls.
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Wie bereits bemerkt, liegen die niederen aliphatischen Chlorwasserstoffe
selten im reinen Zustand von So enthält beispielsweise Äthylendichlori.d kleine
Mengen anderer chlorierter Kohlenwasserstoffe gesättigter oder ungesättigter Art
einschließlich Dichlorätbylen, Trichloräthylen u. dgl. Diese niedrigen Chlorkohlenwasserstoffe
sind für die verschiedenen Anwendungszwecke des Äthylendichlorids verhältnismäßig
bedeutungslos, jedoch korrodieren die Oxydations- und Zersctzongsprodukte des Äthylendichlorids
und seiner Verunreinigungen Metalloberflächen, mit denen sie in Berührung kommen.
Selbstverständlich ist der Korrnsionsgrad der Einwirkungszeit unmittelbar proportional,
so daß das Problem besonders akut wird, wenn Äthylendichlorid längere Zeit gelagert
werden soll und dazu, wie üblich, Metallbehälter benutzt werden. Lagerung und Versand
des Materials erfolgt häufig in Stahlbehältern, die oft jahrelang in dauernder Benutzung
bleiben, so daß sich die Auswirkungen fortlaufend verstärken. Da die
Korrosionswirkung
rasch eintritt, kann bereits in wenigen Monaten schwerer Schaden angerichtet werden.
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Soweit das Lösungsmittel mit Oberflächen in Berührung kommt, die
blank bleiben und nicht angegriffen werden sollen, führt die Verwendung von Athylendichlorid
mit wesentlichen Anteilen an Zersetzungsprodukten zu rascher Verfärbung der Oberflächen.
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Das Problem besteht daher darin, die Zersetzung des Äthylendichlorids
zu Chlorwasserstoff und ungesättigten Verbindungen von Anfang an zu verhindern und
dafür zu sorgen, daß keine Oxydation der letzteren und der anderen, im allgemeinen
im Äthylendichlorid vorhandenen Chlorkohlenwassterstoffe eintritt.
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Bekanntlich stellte es sich bei der Beschäftigung mit diesen Fragen
als immer wahrscheinlicher heraus, daß es absolut nicht angezeigt ist, die bei der
Stabilisiebung des einen Chlorkohlenwasserstoffes gewonrlenen Erkenntnisse auf einen
anderen, ähnlichen anzuwenden.
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Die Stabilisierung von Äthylendichlorid wurde bereits mehrfach untersucht,
wobei allerdings die Hauptaufmerksamkeit auf die jeweils anwesenden ungesättigten
Stoffe gerichtet war. Soweit bekannt, wurde jedoch der hier vorgeschlagene Stabilisator
bisher noch nicht erprobt, wobei zu beachten ist, daß im Gegen satz zu vielen bekannten
stabilisierten Systemen erfindungsgemäß
eine bemerkenswerte geringe
Menge an Stabilisationsmittel verwendet wird, ohne daß die Ergebnisse darunter leiden.
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Die Stabilisierung von halogenierten organischen Verbindungen, insbesondere
von Benzylchlorid, gegen Autokondensation ist ein verwandtes Problem, das sich jedoch
nicht mit dem vorliegenden, wo es sich um die Verhinderung der Zersetzung einer
bestimmten organischen Halogenverbindung, nämlich des Äthylendichlorids, handelt,
überschneidet. Das obige Problem scheint durch ein früheres Verfahren, nach welchem
dem Benzylchlorid bzw. anderen, zur Autokondensation neigenden Organohalogenverbindungen
Di - n -propylamin als Stabilisator zugesetzt wird gelöst. EinRückschluß auf die
Fähigkeit derartiger Amine zu der erfiudungsgemäß beabsichtigten zersetzungsverhindernden
Wirkung läßt sich aus den Literaturstellen, die das frühere Verfahren beschreiben,
nicht ziehen.
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Es wurde nun gefunden, daß man das technische Äthylendichlorid auf
lange Dauer gegen die zersetzenden Einflüsse von Licht, Luft, Wärme, Feuchtigkeit
und vor allem gegen die katalytische Zersetzung durch Metalle stabilisieren kann,
wenn man dem rohen, alkalisch vorbehandelten und destillierten oder nur destillierten
Äthylendichlorid Diisopropylamin zusetzt.
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Erfindungsgemäß sind überraschend geringe Anteilsmengen an Diisopropylamin
notwendig. Diese Mengen hängen natürlich ab von den beim Gebrauch auftretenden Bedingungen
und von der Dauer, während der das stabilisierte Material den insbesondere durch
Metall hervorgebrachten katalytischen Wirkungen ausgesetzt ist, wie sie beispielsweise
beim Lagern in Stahlbehältern auftreten. Ausgesprochene Stabilisierungswirl:ungen
treten jedoch schon bei so geringen Zusätzen, wie 0,005 Gewichtsprozent Diisopropylamin,
in Erscheinung. Selbst bei besonders strengen und langen Lagerungsbedingungen wurde
festgestellt, daß ein ausgezeichneter Schutz gegen Zersetzung schon durch 0,050/0
des Äthylendichloridgewichtes an Diisopropylamin erreichbar war. Erfindungsgemäß
werden daher etwa 0,005 bis etwa0,050/6 oder mehr an Stabilisator verwendet.
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Zur Vorbehandlung des rohen Äthylendichlorids kann man ihm eine organische
Base des Amintypes, deren Siedepunkt höher als derjenige des Äthylendichlorids liegt,
z. B. Anilin oder Morpholin, in Mengen von etwa 0,2 bis 2,0 0/o des Gewichtes des
Rohproduktes zufügen und das Gemisch destillieren, wobei man das Äthylendi chlorid
im wesentlichen vollständig als Zwischenfralrtion wiedergewinnt. Zusätzlich kann
man die Äthylendichloridfraktion mit der Lösung einer anorganischen Base, wie eines
All;ali- oder Erdallçalihydroxydes, waschen und das gewaschene und getrocknete Produkt
nochmals destillieren, wobei man eine höherraffinierte Äthylendichloridfraktion
gewinnt.
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Man verwendet ein Amin, z. B. Anilin, damit dieses mit den im Rohprodukt
anwesenden sauren Chlorprodukten reagiert, wobei während der Destillation ein Anilid
od. dgl. gebildet wird und die unerwünschte
Verunreinigung im Destillationsrückstand
zurückbleibt. Durch das Waschen des ersten Destillationsproduktes mit einer anorganischen
Base werden die flüchtigeren unter den anwesenden sauren Chloridprodukten, wie Chlorwasserstoff,
Phosgen usw., die nicht mit dem Amin reagiert haben, entfernt.
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Ist die Menge an Chlorwasserstoff, Phosgen, Chlorsäure u. dgl. im
Rohprodukt besonders niedrig, so kann dieses nach der Behandlung mit einem Am in,
wie Anilin, und nachfolgender fraktiohnierter Destillation gleichstabilisiert werden,
ohne daß eine Nachbehandlung mit einer anorganischen Base notwendig ist. Das vorherige
Waschen mit verdünntem Alkali kann auch dann weggelassen werden, wenn die chlor-und
sauerstoffhaltigen Verbindungen in größeren Mengen im Rohprodukt anwesend sind,
es zeigte sich jedoch, daß dann die Mengen an verbrauchtem organischem Amin und
das Volumen des Destill-ationsrückstandes außerordentlich anstiegen.
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Nach einer der oben angegebenen Vorbehandlungen wird das gewonnene
Äthylendichlorid mit Diisopropylamin in einer zur Stabilisation ausreichenden Menge,
beispielsweise 0,005 bis 0,10 oder mehr Gewichtsprozent des Athylendichlorids, versetzt.
Man verwendet vorzugsweise 0,011 bis 0,050/0, falls die oben beschriebenen Vorbehandlungen
durchgeführt wurden.
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Zur Herstellung der stabilisierten Gemische nach der Erfindung ist
kein besonderes Verfahren notwendig. Man mischt einfach die gewünschte Menge Diisopropylamin,
dem zu stabilisierenden Produkt zu.
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Aus den folgenden Beispielen geht der Stabilisationsgrad hervor,
der durch die Stabilisatoren nach der Erfindung erreicht wurde und mehrere Monate
anhielt, wobei die Korrosion eines mit dem Gemisch in Bei rührung stehenden Metalls
als Maß für die stabilisierende Wirkung des Zusatzes dient.
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Die Versuchsanordnung bestand jeweils darin, daß eine entsprechende
Menge stabilisiertes Material in ein Glasgefäß gefüllt wurde, worauf ein frisch
polierter Stablstreifen von etwa 2,5 cm Breite und 15 cm Länge bis etwa zur Hälfte
in die Flüssigkeit eingetaucht wurde. Die obere Hälfte des Streifens, die aus der
Flüssigkeit herausragte, wurde von den daraus entwickelten Dämpfen bestrichen. Das
Ganze wurde längere Zeit dem Tageslicht ausgesetzt.
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Beispiel 1 Aus einem Vorrat an rohem Athylendichlorid, der, wie beschrieben,
neutralisiert und getrocknet worden war, wurden die folgenden vier Proben entnommen:
Probe ist als Kontrolllversuch gedacht und enthält keine wesentlichen korrodierenden
Verunreinigungen und keinen Stabilisator.
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Probe 2 wurde mit 0,005 Gewichtsprozent Diisopropylamin stabilisiert.
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Probe 3 wunde durch einen Zusatz von 0,010/o Diisopropylamin stabilisiert.
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Probe 4 enthält 0,05 O/o Diisopropylamin.
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Dauerversuche führten zu folgenden Ergebnissen:
Probe Aussehen des Streifens |
Nr. I Nadi 20 Tagen I Nadi 46 Tagen Nach 84 Tagen ß Nach 207Tagen |
1 leicht angerostet in stärker angerostet stärker angerostet
stärker angerostet |
Flüssigkeit und |
Dampf |
2 rein leicht augerostet leicht angierostet mit in der Flüssigkeit |
Rostflecken im dunkel, überall Rost- |
Dampfabschnitt flecken |
Probe Aussehen des Streifens |
Nr. Nach 20 Tagen Nach 46 Tagen I Nach 84 Tagen Nach 207 Tagen |
3 rein rein, leicht getrübt leichter Rostrand am in der Flüssigkeit |
Übergang dunkel, überall Rost- |
flecken |
4 rein rein und blank in rein und glänzend in rein und glänzend,
an |
Dampf und Flüssig- Dampf und Flüssig- der Übergangsfläche |
keit keit leicht nachgedunkelt |
Aus der Tabelle ergibt sich die besonders große Wirksamkeit des Diisopropylamins,
wobei unter normalen Bedingungen kaum eine Stabilisation für 207 Tage verlangt werden
wird. Bemerkenswert ist, daß bei der Probe 2, die nur 0,005 % Diisopropylamin enthielt,
selbst nach 84 Tagen nur ein leichter Rostbefall auftritt. Schon diese Zeit ist
verhältnismäßig lang und wird beim Lagern kaum erreicht.
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Beispiel 2 Es wurde ein rohes Äthylendichlorid verwendet, das der
Abstreifdestillation zur Entfernung der leichten Bestandteile und des Chlorwasserstoffs
unterworfen worden war. Bei dieser oben näher beschriebenen Be handlung fällt ein
nicht neutralisiertes Produkt an.
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Das Rohprodukt wurde in zwei Teile geteilt, die wie folgt behandelt
wurden: Probe 1 blieb ohne Stabilisator, zum Vergleich.
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Probe 2 erhielt einen Zusatz von 0,05 Gewichtsprozent Diisopropylamin.
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Bei der Beobachtung über 126 Tage wurde ein rasches Rosten der Vergleichsprobe
und ein Ansteigen der Acidität auf etwa 0,003 am Ende der Beobachtungszeit festgestellt.
Der Stahlstreifen wurde sowohl in dem Dampf- wie in dem Flüssigkeitsteil des Versuchsgefäßes
völlig rostig, wobei im Flüssigkeitsteil Aufblähungen (Rostblasen) auftraten.
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Die Probe 2 blieb lange blank, ohne zu rosten. Gegen Ende der Versuchsperiode
begann allerdings in der Flüssigkeit das Auftreten von Rost, der sich auch an dem
den Dämpfen ausgesetzten Teil in geringerem
Maß zeigte. Zum Schluß betrug die Acidität
0,00045, was etwa dem siebenten Teil der Acidität von Probe 1 entspricht.
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Das Beispiel beweist die Wirksamkeit des Diisopropylamins zum Stabilisieren
von rohem, zwar destilliertem, jedoch nicht neutralisierten Äthylendichlorid.
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Obwohl die Wirksamkeit des Stabilisators aus diesem Beispiel nicht
so klar hervorgeht als aus Beispiel 1, zeigte sich doch, daß erfindungsgemäß ein
derartiges, nicht neutralisiertes Rohprodukt etwa 60 Tage lang mit sehr gutem Erfolg
stabilisiert werden kann, ein Zeitabschnitt, der normalerweise beim Lagern nicht
erreicht wird.
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Zu Beispiel 2 sei noch bemerkt, daß in Fällen, wo die Lagerungs-
oder Verwendungsbedingungen besonders ungünstig sind, ein höherer Zusatz an Diisopropylamin
gegeben werden sollte.