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Wegabhängig arbeitende Sicherheitsfahrschaltung für Schienenfahrzeuge
Es sind bei der Deutschen Bundesbahn zwei Arten von Sicherheitsfahrschaltungen (Sifa)
im Gebrauch. Erstens die geschwindigkeits- bzw. zeitabhängige und zweitens die wegabhängige
Sicherheitsfahrschaltung. Beide sollen dazu dienen, den Zug bei Dienstunfähigkeit
des Lokomotivführers selbsttätig anzuhalten. Die erstgenannte hat den Nachteil,
daß der Lokomotivführer durch Auflegen eines Gewichts auf die Sicherheitstaste die
Sicherheitsfahrschaltung dauernd ausschalten und dadurch die ganze Überwachung unwirksam
machen kann. Die zweitgenannte, bei der dieser Mangel vermieden ist, hat den Nachteil,
daß sie durch irgendein mechanisches Glied mit der Fahrzeugachse gekuppelt ist und
meist über Kegelräder oder Kreuzgetriebe angetrieben wird. Sie ist den Witterungseinflüssen
und hochfliegenden Schottersteinen ausgesetzt und muß deshalb sehr klobig und grob
ausgeführt werden. Die zurÜbertragung dienendenDruckluftleitungen und Umstellhähne
sind außen anzubringen, wo sie leicht beschädigt werden. Vor allem aber der mechanische
Antrieb führt immer wieder zu Störungen, weil die verwendete biegsame Welle leicht
abreißt oder durch im Weg liegende Hindernisse abgeschlagen wird.
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Von diesen Nachteilen ist das neue System frei. Es führt lediglich
eine elektrische Leitung zum Achslager, und alle mechanischen Übertragungsmittel
werden vermieden. Nach der Erfindung ist die Einrichtung so getroffen, daß bei Unaufmerksamkeit
des Lokomotivführers die Auslösung einer Anzeige, eines Signals bzw. einer Zwangsbremsung
dadurch erfolgt, daß durch einen auf der Radachse sitzenden, vorzugsweise untersetzenden
Impulsgeber elektrische Impulse gegeben werden, die auf der Überwachungsstelle,
z. B. in einem Fortschaltwerk od, dgl., summiert werden und nach einer gewissen
Wegstrecke die Auslösung einer Anzeige bzw. Zwangsbremsung wie bei der bisher gebräuchlichen
Sicherheitsfahrschaltung hervorrufen.
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Es sind verschiedene Impulsgeber möglich. So kann entweder von einem
Exzenter ein Kontaktsatz gesteuert werden, oder es sitzt exzentrisch auf der Achse
ein kleiner Magnet, der über einen Vakuumschalter Impulse gibt. Auch kann statt
dessen ein Kohledruckregler od. dgl. mit einem Exzenter periodisch betätigt werden.
Die Impulse rufen so lange keine Aufzeichnung hervor, wie die Sicherheitsfahrschaltungskontakte
vom Lokomotivführer richtig bedient werden. Hat aber der Lokomotivführer vergessen,
je nach dem verwendeten System den Sicherheitsfahrschaltungskontakt entweder von
Zeit zu Zeit oder dauernd zu drücken, so spricht, nachdem die Impulse über eine
bestimmte Wegstrecke in einem Fortschaltwerk summiert worden sind, nach Ablauf der
Wegstrecke z. B. zunächst eine Lampe an. Nach einer weiteren Wegstrecke kann ein
Hupensignal ertönen, und nach einer dritten Wegstrecke kann eine Zwangsbremsung
ausgelöst werden. Wird der Lokomotivführer auf eines dieser Signale aufmerksam,
so drückt er seinen Sicherheitsfahrschaltungskontakt. Dadurch werden die Sperr-
und Schubklinke des Fortschaltwerkes freigegeben, und dieses wird durch eine Rückholfeder
in die Anfangsstellung zurückgeführt. Es summiert von neuem und löst erst wieder
eine Warnanzeige aus, wenn der Lokomotivführer erneut unaufmerksam wird. Etwaige
Aufzeichnungen seiner Unaufmerksamkeit bleiben jedoch zur späteren Nachprüfung erhalten.
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Nach einem weiteren Merkmal der Erfindung kann eine wegabhängige Sicherheitsfahrschaltung
mit einer zeit- oder geschwindigkeitsabhängigen Sicherheitsfahrschaltung, z. B.
in der Weise vereinigt werden, daß in dem unteren Geschwindigkeitsbereich, etwa
für Rangierbetrieb, die Wirkung der Sicherheitsfahrschaltung wegabhängig ist, während
sie bei höheren Geschwindigkeiten entweder zeit- oder geschwindigkeits-oder aber
auch zeit- und geschwindigkeitsabhängig ist.
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Der für die Sicherheitsfahrschaltung nach der Erfindung benötigte
Aufwand ist verhältnismäßig gering. Der auf der Radachse üblicherweise angeordnete
Geschwindigkeitsgeber, der entweder unmittelbar mit der Radachse gekuppelt oder
fliegend gelagert sein kann, braucht z. B. nur mit einem zusätzlichen Impulskontakt
versehen zu werden, über den von der Überwachungsstelle aus Gleichstrom fließen
kann. Oder es wird eine Wicklung des Geschwindigkeitsgebers dazu benutzt, die Sicherheitsfahrschaltungsanlage
zu speisen. Dadurch wird die Anlage geschwindigkeitsabhängig, weil erst bei einer
bestimmten Geschwindigkeit, z. B. bei 20 km/h des Triebfahrzeuges, der Geberstrom
ausreicht, um das Fortschaltwerk zu betätigen. Die neue Sicherheitsfahrschaltung
kann auch dadurch geschwindigkeitsabhängig
gemacht werden, daß
von dem Geschwindigkeitsgeber bei einer gewünschten Geschwindigkeit, z. B. 20 km/h
des Triebfahrzeuges, ein Relaisstromkreis geöffnet oder geschlossen wird. Es kann
sich ferner empfehlen, die Impulsgabe nach dem Ruhestromprinzip arbeiten zu lassen,
so daß die Sicherheitsfahrschaltung auch dann anspricht, wenn der Strom für sie
ausfällt. Eine Geschwindigkeitsabhänffi Cr -gkeit der Sicherheitsfahrschaltung kann
auch da durch erzielt werden, daß auf der Fahrzeugachse ein Geber angeordnet ist,
der an der Überwachungsstelle einen Motor speist, der so ausgelegt ist, daß er erst
bei einer bestimmten Geschwindigkeit, z. B. 20 km/h des Triebfahrzeuges, zu laufen
beginnt und in Tritt fällt.
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Ausführungsbeispiele für Sicherheitsfahrschaltungen nach der Erfindung
sind in den Figuren der Zeichnung dargestellt, wobei die Darstellung auf die wesentlichsten
Teile beschränkt ist. Es zeigt Fig. 1 eine wegabhängige Sicherheitsfahrschaltung
nach der Erfindung mit elektrischer Impulsgabe durch einen Nockenkontakt, Fig. 2
eine Abwandlung der Einrichtung nach F ig. 1 mit Geschwindigkeitsabhängigkeit und
magnetelektrischer Impulsgabe.
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Bei der Einrichtung nach-Fig. 1 ist auf der Radachse bzw. mit ihr
gekuppelt ein Geschwindigkeitsgeber 1 üblicher Ausführung vorgesehen. Auf gleicher
Achse mit diesem und bzw. oder über ein Übersetzungsgetriebe 2 mit ihm verbunden
ist eine Exzenterscheibe 3, die bei jedem Umlauf einen Kontakt 4 betätigt. Durch
diesen wird periodisch auf einer Überwachungsstelle die Spule 5 eines Schrittschaltmagneten
6 eingeschaltet, dessen Anker bzw. Klinke 7 eine Schrittscheibe 8 schrittweise weiterschaltet.
Zur Rücksperrung dient eine Klinke 9. Mit der Schrittscheibe 8 ist in nicht dargestellter
Weise eine Kontaktscheibe od. dgl. verbunden, durch die nach Ablauf eines bestimmten
Schrittweges entweder die Signaleinrichtungen oder eine Zwangsbremsung betätigt
werden. Die Schrittscheibe 8 steht unter der Wirkung einer Feder 10, die beim Fortschalten
gespannt wird und bestrebt ist, die Schrittscheibe 8 in ihre Ruhestellung zurückzuführen.
Die Rückstellung der Schrittscheibe 8 erfolgt dadurch, daß die Fortschaltklinke
7 und die Sperrklinke 9 mit Hilfe je einer Elektromagnetwicklung 11 bzw. 12 außer
Eingriff mit der Schrittscheibe 8 gebracht werden.
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Zur Rückstellung des Schrittschaltwerkes ist ein Sicherheitsfahrschaltungskontakt
13 vorgesehen, der vom Lokomotivführer zu bedienen ist und bei seiner Betätigung
den Stromkreis für die Elektromagnetwicklungen 11 und 12 schließt. Beim Abheben
der Klinken 7 und 9 springt die Schrittscheibe 8 augenblicklich in die Ruhestellung
zurück, so daß ein kurzer Stromimpuls über den Sicherheitsfahrschaltungskontakt
13 genügt. Aus diesem Grund und um zu verhindern, daß der Lokomotivführer z. B.
durch ein Gewicht den Sicherheitsfahrschaltungskontakt 13 dauernd betätigt, ist
dieser so ausgeführt, daß in seinen beiden Endlagen der Stromkreis für die Elektromagnetwicklungen
11 und 12 unterbrochen ist und daß er nur während des Durchgangs des Sicherheitsfahrschaltungskontaktes
13 von der einen in die andere Endlage kurzzeitig geschlossen wird. Natürlich sind
auch andere Möglichkeiten denkbar, um das gleiche Ziel zu erreichen, z. B. die Verwendung
von zwei Schrittschaltwerken, von denen eines in der einen das andere in der anderen
Endlage des Sicherheitsfahrschaltungskontaktes 13 zurückgestellt wird, so daß bei
dessen Stehenbleiben in einer der beiden Endstellungen eines der beiden Schrittschaltwerke
stets wirksam ist und weiterläuft und die Überwachung bzw. bei Nichtbetätigung des
Sicherheitsfahrschaltungskontaktes 13 die Zwangsbremsung durchführt.
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Bei der abgewandelten Ausführung nach Fig. 2 erfolgt die Impulsgabe
über einen Magnetschalter 14, der in einem Vakuumgefäß 15 untergebracht ist. Auf
der mit der Fahrzeugachse gekuppelten bzw. mit ihr synchron umlaufenden Scheibe
16 ist ein Magnet 17 angebracht, der bei jedem Vorbeigang den Magnetschalter 14
je nach der baulichen Ausführung entweder schließt oder öffnet.
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Die dadurch sich ergebenden Stromimpulse werden über eine Leitung
18 auf eine Überwachungsstelle übertragen, wo sie bei geschlossenem Kontakt 23 zur
Erregung der Spule 5 des Schrittschaltmagneten 6 dienen. Die Leitung 18 wird bei
diesem Ausführungsbeispiel noch dazu benutzt, um außer dem für den Schrittschaltmagneten
6 benutzten Gleichstrom auch noch den Wechselstrom des Geschwindigkeitsgebers 1
zu übertragen. Dieser ist gegen den Gleichstrom durch Kondensatoren 19 gesperrt.
Ebenso sind auf der Überwachungsstelle Sperrkondensatoren 20 vorgesehen.
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Auf diese Weise dient die Leitung 18 zugleich zur Überwachung
der Sicherheitsfahrschaltung, da eine Unterbrechung der Leitung 18 durch den Ausfall
der Geschwindigkeitsanzeige kenntlich gemacht wird. Die hinter den Kondensatoren
20 abgenommene Wechselspannung kann über einen Gleichrichter 21 zur Speisung einer
Relaisspule 22 dienen, die den Kontakt 23 im Stromkreis der Schrittschaltmagnetspule
5 steuert. Der Gleichstromkreis der Relaisspule 22 wird zweckmäßig durch ein ihm
parallelgeschaltetes Anzeigegerät 24, das ohnehin zur Geschwindigkeitsanzeige an
der Überwachungsstelle vorgesehen wird, vervollständigt. Mit Hilfe des Relais 22-23
ist es somit möglich, die wegabhängige Wirkung der Sicherheitsfahrschaltung auf
geringe Geschwindigkeiten, z. B. im Rangierbetrieb, zu beschränken, oberhalb einer
gewünschten Mindestgeschwindigkeit aber, z. B. von 20 km/h aufwärts, gegebenenfalls
auf eine andere z. B. unter Benutzung eines Uhrwerkes auf eine entweder zeit- oder
geschwindigkeits- oder aber auch auf eine zeit- und geschwindigkeitsabhängige Sicherheitsfahrschaltung
überzugehen.
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Natürlich ist es umgekehrt auch möglich, bei bestimmten Betriebsverhältnissen
die Einrichtung nach der Erfindung unterhalb einer festgelegten Geschwindigkeit
außer Betrieb zu setzen und nur bei höheren Geschwindigkeiten wirksam werden zu
lassen.
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Zahlreiche Abwandlungen der neuen Sicherheitsfahrschaltung sind somit
im Rahmen der Erfindung denkbar.