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Verwendung von Organosiliciumverbindungen als Härtungsmittel für Epoxyharze
Bekanntlich werden Epoxyharze, wie z. B. die aus Epichlorhydrin und p,p'-Dioxydiphenyldimethylmethan
hergestellten, dadurch zu Lacken oder Kunststoffen verarbeitet, daß man sie mit
Stoffen reagieren läßt, die sich mit den Epoxygruppen und bzw. oder den Hydroxylgruppen
der Harze verbinden. Als solche warm oder kalt wirkende Härter kommen vor allem
mehrwertige Phenole, Amine, Carbonsäuren und Isocyanate in Betracht.
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Es sind auch Modifizierungen reiner oder durch Härterzusatz vernetzbarer
Epoxyharze mit anderen Harzen bekanntgeworden. So ist eine Verarbeitung mit Silikonen
möglich. Hierbei kommt es im allgemeinen nicht zu einer Reaktion mit den aktiven
Gruppen der Epoxyharze. Bei den zugesetzten Silikonen handelt es sich vielmehr um
Silikonöle, die den Verlauf verbessern sollen, ohne einen Einbau in den eigentlichen
Molekülverband zu erfahren, ohne also härtend zu wirken oder die Chemikalien- und
Lösungsmittelbeständigkeit zu beeinflussen.
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Die Verwendung von Silikonen, die endständige Hydroxylgruppen besitzen
und möglicherweise mit den Epoxyharzen unter Vernetzung reagieren, ist technisch
und wirtschaftlich infolge der Herstellungsschwierigkeiten solcher Silikone und
der erforderlichen hohen Einbrenntemperaturen nicht vertretbar. Es wurde nun gefunden,
daß man zu ausgezeichneten Harzen gelangt, wenn man lösliche Epoxyharze mit Härtern
der Strukturformel
verarbeitet, worin R einen Arylenrest, X einen Alkyl-, Cycloalkyl- oder Arylrest
und Y einen Alkyl-, Cycloalkyl-oder Arylrest oder eine RO-Gruppe oder eine HO-R-0-Gruppe
und n eine ganze Zahl > 0 bedeutet, Die organischen Reste können aliphatischer,
aromatischer oder alicyclischer Natur sein, wie z. B. ein Methyl-, Äthyl-, Isoamyl-,
Phenyl-, Benzyl- oder Cyclohexylrest.
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Diese als Härtungsmittel verwendeten Verbindungen, für deren Herstellung
hier kein Schutz beansprucht wird, erhält man, wenn man Halogensilane mit geeigneten
mehrwertigen Phenolen umsetzt. Als Halogensilane lassen sich Verbindungen, wie Dichlordiäthylsilan,
Trichloräthylsilan, Dichlordiphenylsilan u. a., verwenden; es ist nicht erforderlich,
-von den reinen Halogensilanen auszugehen, sondern es lassen sich auch Gemische
einsetzen, wie man sie auf bekannte Weise durch die Reaktion aus Alkyl- oder Arylmagnesiumhalogeniden
mit Siliciumtetrachlorid oder nach den katalytischen Verfahren aus Silicium und
Alkyl- oder Arylhalogeniden erhält, ebenso auch beliebige Fraktionen aus solchen
Gemischen.
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Als mehrwertige Phenole eignen sich die auch für die Herstellung der
Epoxyharze verwendbaren, z. B. p,p'-Dioxydiphenyldimethylmethan, p,p'-Diexydiphenylmethan,
p,p'-Dioxydiphenylsulfon, Resorcin, Hydgochinon,1,5-Dioxynaphthalin u. a., rein
oder in Gemischen. Die zweiwertigen Phenole vom Typ des Hydrochinons .werden vorzugsweise
mit Dihalogensilanen kondensiert; p,p'-Dioxydiphenyldimethylmethan liefert auch
mit Trihalogensilanen leichtlösliche und schmelzbare Kondensate. Offenbar spaltet
der bei der Kondensation entstehende Chlorwasserstoff einen Teil des p,p'-Dioxydiphenyldimethylmethans
auf, wobei andere zweiwertige, mehrkernige Phenole entstehen, die den Produkten
die gewünschten Eigenschaften verleihen. Das gleichzeitig entstehende Phenol scheint
ebenfalls einzukondensieren und eine Vernetzung der Produkte zu verhindern.
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Die Reaktion zwischen den Halogensilanen und dem mehrwertigen Phenol
läßt sich herbeiführen, indem man dem Phenol das Halogensilan zumischt und durch
Erwärmung den gebildeten Chlorwasserstoff entfernt, gewünschtenfalls unter Vakuum.
Man kann den Chlorwasserstoff auch z. B. durch zugefügtes Calciurmcarbonat ganz
oder teilweise binden. In diesen Fall muß man das Reaktionsprodukt in einem geigneten
inerten Lösungsmittel aufnehmen und filtrieren.
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Um größere Mengen zu einem einheitlichen Produkt umzusetzen, empfiehlt
es sich jedoch, das mehrwertige Phenol im gelösten Zustand mit dem eventuell ebenfalls
gelösten
Halogensilan zu vereinigen. Als Lösungsmittel eignen sich Äther, Dioxan, Benzol
und andere inerte organische Lösungsmittel. Auf die Wasserfreiheit des Phenols und
des Lösungsmittels ist zu achten, da in Gegenwart von Feuchtigkeit als Nebenprodukt
unerwünschte Silikonöle entstehen. Auch bei dem Lösungsmittelverfahren ist der Zusatz
eines Chlorwasserstoffacceptors, wie Calciumcarbonat, möglich. Die Gewinnung des
Umsetzungsproduktes ist, gegebenenfalls nach Filtration, leicht durch Eindampfen
der Lösung zu erreichen zur Entfernung des letzten Chlorwasserstoffes zweckmäßig
unter Vakuum und Durchleiten eines Inertgases. Kleine Anteile von Phenol, die durch
Spaltung einer geringen Menge p,p'-Dioxydiphenyldimethylmethan entstanden sein können,
lassen sich hierbei durch Sublimation entfernen, können aber auch im Gesamtprodukt
belassen werden.
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Durch Variation der Molverhältnisse beider Reaktionspartner hat man
es in der Hand, kürzer- oder längerkettige siliziumhaltige Polykondensate mit endständigen
phenolischen Hydroxylgruppen zu erhalten.
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Die als Härtungsmittel verwendeten Reaktionsprodukte sind im allgemeinen
harzartiger Natur, zäh bis hart, thermoplastisch, schmelzbar und in Lösungsmitteln,
wie Aceton, löslich.
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Es ist bekannt, daß sich beispielsweise Siliciumtetrachlorid und Phenol
zu Reaktionsprodukten mit nur beschränkter Beständigkeit gegen Wasser umsetzen.
Auch die erwähnten Härtungsmittel aus den Chlorsilanen und mehrwertigen Phenolen
sind nicht sehr wasserfest. Es war daher in keiner Weise zu erwarten, daß gerade
der Zusatz dieser Produkte auch in beträchtlicher Menge zu Epoxyharzen dem Endprodukt
eine außergewöhnliche wasserabweisende Eigenschaft verleihen würde. Hervorzuheben
ist die meist beträchtliche Erhöhung der Beständigkeit der Epoxyharzlacke gegen
organische Lösungsmittel, die durch Anwendung der neuen Härter, allein oder gemeinsam
mit anderen Härtern, erzielt wird.
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Die erfindungsgemäße Verwendung gestattet also, siliciummodifizierte,
leicht härtbare Epoxyharzmassen herzustellen, ohne daß man dazu die schwer zugänglichen
Silikone mit endständigen Hydroxylgruppen verwenden muß. Ganz im Gegenteil sind
die für die Herstellung der Härter dienenden gemischten oder reinen Halogensilane
ebenso wie die mehrwertigen Phenole leicht erhältlich, wie auch ihre Umsetzung keine
Schwierigkeiten bereitet. Auch die Verarbeitung der Härter mit den Epoxyharzen ist
einfach. Durch Zusammenschmelzen oder gemeinsames Lösen in einem geeigneten Lösungsmittel,
z. B. Aceton oder Dioxan, gelangt man zu Harzmassen oder Lacklösungen, deren Vernetzung
und Härtung durch Erwärmen auf Temperaturen erfolgt, die auch sonst für das Einbrennen
von Epoxyharzmassen üblich sind, etwa 140 bis 180° C. Diese Einbrenntemperaturen,
die im Vergleich mit den bei Silikonharzen üblichen als sehr niedrig gelten können,
reichen infolge der vorteilhaften Struktur der verwendeten Härter im allgemeinen
völlig aus, da die endständigen phenolischen Hydroxylgruppen verhältnismäßig leicht
mit den Epoxygruppen und den Hydroxylgruppen der Epoxyharze reagieren können.
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Ein geringfügiger Zusatz basischer Stoffe, wie Ätznatron, Natriumphenolat,
Chinolin, Triäthanoamin u. ä., wirkt überraschenderweise nicht zersetzend, sondern
vermindert in vielen Fällen die erforderliche Einbrenntemperatur und steigert die
Härtung.
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Die durch Einbrennen erhaltenen Lackfilme sind hell, hart, elastisch,
wasserabweisend und chemikalienfest. In Anbetracht des hohen Gehaltes an Organosiliciumverbindungen
muß ihre Beständigkeit gegen Alkalien als besonders überraschend gelten. Bemerkenswert
ist auch die Steigerung des Oberflächenglanzes der gehärteten Epoxyharze durch die
verwendeten Härtungsmittel.
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Die verwendeten Zusätze eignen sich nicht nur für reine Epoxyharze,
sondern können mit besonderem Vorteil auch für bereits modifizierte Epoxyharze verwendet
werden. Zum Beispiel verleihen sie einem mit gleicher Menge Leinöl verkochten Epoxyharz
ebenfalls nach dem Einbrennen eine höhere Alkali- und Chemikalienfestigkeit. Lufttrocknende
Lacke aus solchen ölmodifizierten Harzen trocknen nach Härterzusatz ebenfalls zu
quellfesteren und widerstandsfähigeren Filmen auf.
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Ebenso lassen sich die neuen Härtungsmittel im Gemisch mit anderen
Härtern einsetzen oder können vor oder nach Zugabe anderer Härter zum Epoxyharz
zugesetzt werden. So verleiht z. B. ein aus gleichen Teilen bestehendes Gemisch
aus siliciumhaltigem Härter und Melaminharz einem Epoxyharz nach dem Einbrennen
eine bedeutend bessere Lösungsmittelbeständigkeit, als bei Zugabe des Melaminharzes
allein erreicht wird.
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Es sind bereits plastische Massen auf ähnlicher Basis bekannt, die
dadurch erhalten werden, daß 2 bis 98 Gewichtsprozent eines toluollöslichen Organopolysiloxans
mit mehr als 1 und weniger als 1,7 organischen Resten je Si-Atom, wobei die Reste
Alkyl- und Alkylenreste mit weniger als 5 C-Atomen und monocyclische Arylreste sind,
und 98 bis 2 Gewichtsprozent des Reaktionsproduktes aus einem Epoxyharz mit einem
Äquivalentgewicht zwischen 90 und 120 und einer Fettsäure mit mindestens 8 C-Atomen,
wobei die Fettsäure in einer Menge von 0,4 bis 0,6 Mol proÄquivalentgewichteinheit
des Epoxyharzes vorhanden ist, umgesetzt werden. Die auf diese Weise gehärteten
Epoxyharze sind jedoch im Gegensatz zu den erfindungsgemäß gehärteten Harzen äußerst
schwankend in ihrer Zusammensetzung, da Aufbau und Polymerisationsgrad der Silikone
bereits von geringfügigen Unterschieden in den Herstellungsbedingungen abhängig
sind, mithin auch die Umsetzungsprodukte sehr unterschiedlich ausfallen. Beispiel
1 Ein weiches Epoxyharz, aus 80 kg p,p'-Dioxydiphenyldimethylmethan und 65 kg Epichlorhydrin
unter langsamer Zugabe von 31 kg Natriumhydroxyd und 200 kg Wasser bei Temperatursteigerung
bis auf 95° C erhalten, wurde sowohl für sich allein als auch nach Zusatz von 80
°/o eines als Härter dienenden Produktes aus 114 kg p,p'-Dioxydiphenyldimethyhnethan
und 33 kg Trichloräthylsilan, ohne Lösungsmittel unter Rühren bei 100 bis 110°C
vorkondensiert, als Lösung in Aceton aufgestrichen und 2 Stunden bei 185° C eingebrannt.
Während der Fiten ohne Härterzusatz spröde und gegen Lösungsmittel äußerst empfindlich
war, zeigte der gehärtete Lack beste Elastizität und hohe Beständigkeit gegen Lösungsmittel.
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Ein auf gleicher Weise erhaltener Einbrennlack aus dem weichen Epoxyharz
und 20 °/o Maleinsäureanhydrid war spröde und weniger quellfest als ein zusätzlich
mit 20 °/o des obenerwähnten Härters versehener elastischer Lack. Ein bei 190° C
2 Stunden eingebrannter Lack aus dem weichen Epoxyhaxz und 20 °/o eines Melaminharzes
zeigte gegen Lösungsmittel, wie Aceton und Dioxan, sehr starke Quellung; ein Zusatz
von 25 % des obigen Härters zur Lacksubstanz gab einen nicht quellenden Einbrennlack.
Beispiel 2 Herstellung der Ausgangsstoffe: Ein aus 5,9 kg Epichlorhydrin. 8,7 kg
p,p'-Dioxydiphenyldimethybnethan und 3,2 kg Natriumhydroxyd in Wasser bei 65° C
erhaltenes Epoxyharz wurde mit einer gleichen Menge Leinöl etwa 11/2 Stunden bei
290° C gerührt, bis eine entnommene Probe klar blieb.
173 kg in
wasserfreiem Äther gelöstes p,p'-Dioxydiphenyldimethylmethan wurden mit 63 kg Dichlordiäthylsilan
versetzt. Nach Abdestillation des Äthers und Entfernen des letzten Chlorwasserstoffes
durch Erwärmung auf 100° C in Vakuum hinterblieb ein zähes Harz.
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Härtungsverfahren: 100 kg des leinölmodifizierten Epoxyharzes wurden
mit 20 kg des erwähnten siliciumhaltigen Härters in Aceton gelöst. Mit 0,3 °/o Kobaltnaphthenat
versetzte Aufstriche trockneten rasch an. Aufstriche ohne Sikkativ ergaben nach
11/Zstündigem Einbrennen bei 140° C harte, hochelastische, glänzende und helle Filme.
Festigkeit, Quellbeständigkeit und Glanz der erfindungsgemäß mit Härterzusatz versehenen
Filme war gegenüber denen aus reinem leinölmodifizierten Epoxyharz verbessert. Beispiel
3 Herstellung des als Ausgangsstoff dienenden Härters Aus 30 kg p,p'-Dioxydiphenyldimethylmethan
in Äther und 10 kg eines rohen Phenylchlorsilandestillates, das etwa gleiche Mengen
Dichlor- und Trichlorprodukte enthielt, wurde durch Destillation und 1/2stündiges
Rühren bei 110° C unter Stickstoffeinleiten, wobei etwa 3 °/o Phenol ausgetrieben
wurden, ein klares Harz erhalten.
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Hiervon wurden erfindungsgemäß 2001, einem langkettigen, hochschmelzenden
Epoxyharz zugesetzt und die Masse 2 Stunden bei 180° C eingebrannt. Es entstanden
sehr harte und quellfeste Filme.
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Beispiel 4 Herstellung des als Ausgangsstoff dienenden Härters: 94
kg Dichlordiäthylsilan und 99 kg in Dioxan gelöstes Resorcin wurden 2 Stunden am
Rückfluß gekocht und dann langsam zu einem zähen Öl eingedampft.
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Ein mittelhartes Epoxyharz gab, erfindungsgemäß mit 35 °/o dieses
Härters 2 Stunden bei 180° C eingebrannt, einen elastischen, beständigen Überzug.
Vorherige Zugabe von zusätzlich 30/, Diäthanolamin lieferte einen sehr harten
Film.