-
Hebelsystem mit selbsttätiger Totpunktüberwindung Auf vielen Gebieten
der Technik gibt es mechanische Steuervorrichtungen mit Hebelsystemen, die zwischen
verschiedenen Betriebslagen eine Totpunktlage haben. In einer solchen Totpunktlage
fällt die Richtung eines Hebelarmes oder die Strecklage zweier gelenkig miteinander
verbundener Glieder mit der Richtung einer an demselben bzw. denselben angreifenden
Stellkraft zusammen, die z. B. von einer Zug-oder Druckfeder ausgeübt wird.
-
Bei fortlaufend bewegten Kurbeltriebwerken werden die Totpunkte im
allgemeinen durch die Trägheitskräfte der umlaufenden Massen und im Falle mehrzylindriger
Kolbenmaschinen auch durch eine entsprechende gegenseitige Versetzung der einzelnen
Kurbeln überwunden. Bei Steuervorrichtungen, deren Hebelsysteme nur gelegentlich,
und zwar noch dazu von Hand bestätigt werden, wie etwa einer Weichenstellvorrichtung,
die in eine Zungensicherung umgewandelt werden kann, besteht dagegen die Möglichkeit,
daß die betreffende Vorrichtung durch unachtsame Handhabung gerade in den Totpunkt
verstellt wird, in welchem die zum Erreichen und Sichern der beiderseitigen Endlagen
vorgesehene Federkraft od. dgl. unwirksam ist.
-
Im letztgenannten Zusammenhang kommt es also grundsätzlich darauf
an, die durch versehentliches Einstellen in den Totpunkt verursachte Betriebsunsicherheit
und die sich daraus allenfalls ergebenden Gefahren zu beseitigen. Man kann an die
Lösung dieser Aufgabe in verschiedener Weise herangehen, wobei allerdings nicht
jede Lösung unter allen Verhältnissen brauchbar ist. Wenn nämlich wie bei einer
bekannten Umstellvorrichtung zwei in begrenztem Ausmaß um verschiedene Achsen schwenkbare,
aber niemals in eine gemeinsame Strecklage kommende Hebel vorhanden sind, genügt
eine einzige Feder, deren Angriffspunkt an dem einen Hebel zwischen zwei beiderseits
seiner Schwenkachse liegenden Endlagen verschiebbar und in jeweils einer derselben
so lange blockiert ist, bis der betreffende Hebel in einem für den sicheren Übergang
zur anderen Endlage ausreichenden Maß verstellt ist.
-
Bei kniegelenkartiger Verbindung von zwei Hebeln kommt man ebenfalls
mit nur einer an der Gelenkstelle angreifenden und in der Strecklage beider Hebel
eine Querkraft ausübenden Feder aus, wenn es sich um ein nur gelegentlich zur Ruhe
kommendes System mit einer hin und her gehenden Antriebskraft oder einem Kurbeltriebwerk
handelt, wobei die Überwindung der Totpunktlage nach der zur Federkraft entgegengesetzten
Richtung durch die Trägheit der bewegten Massen erreicht wird. Eine ähnliche Ausnutzung
der Massenträgheit findet statt bei einer weiteren bekannten Vorrichtung, die als
ein aus Kurbel und schwingender Kulisse bestehender Antriebsmechanismus zum Ein-und
Ausrücken von Schaltern dient und mit zwei in Richtung des geradlinig zu bewegenden
Schalterteiles. gegeneinandergeschalteten Federn versehen ist, in deren mittlerer
Gleichgewichtslage durch Anwendung der Kurbeltriebkinematik bei gleichmäßig fortgesetzter
Antriebsbewegung die größte Geschwindigkeit erreicht wird.
-
Abweichend von allen vorerwähnten mechanischen Vorrichtungen soll
mit der Erfindung eine selbsttätige Totpunktüberwindung für ein System mit den eingangs
angegebenen Merkmalen auch dann unbedingt gesichert sein, wenn in der Totpunktlage
keine Trägheitskr a,ft bewegter Massen vorhanden ist. Unter solchen Voraussetzungen
ist auch die Anordnung von zwei bei jeder Bewegung sich in entgegengesetztem Sinne
verändernden Spannkräften mit Zug- oder/und Druckwirkung, z. B. in Form gegeneinandergeschalteter
Federn, nutzlos, sofern dabei gerade in der Totpunktlage keine resultierende Querkraft
vorhanden ist.
-
Die Erfindung beruht nun auf der Erkenntnis, daß sich ein solches
Querkräftepaar, dessen Beibehaltung mit Rücksicht auf den als Anschlagdämpfung sich
auswirkenden zunehmenden Widerstand,in der Nähe jeder Endlage an sich durchaus zweckmäßig
ist, mit Hilfe eines besonderen Kunstgriffes doch für den betreffenden Zweck gut
verwenden läßt. Demgemäß besteht die Erfindung darin, daß das quer zu einer das
System verstellenden Hauptfederkraft wirksame Hilf sfederpaar sich an einer bestimmten
Stelle zwischen der Totpunktlage und eiiner Endlage des Systems im Gleichgewichtszustand
befindet, während außerhalb dieses Gleichgewichtszustandes jeweils die eine Hilfsfeder
die Stellkraft der Hauptfeder(n) in abnehmendem
Maße unterstützt
und die andere Hilfsfeder derselben in zunehmendem Maße entgegenwirkt.
-
In Weiterverfolgung des Erfindungsgedankens können die beiden gegeneinandergeschalteten
Hilfsfedern eine solche voneinander abweichende Charakteristik haben, daß ihre Spannkräfte
vom Gleichgewichtszustand aus bis zur einen bzw. anderen Endlage des Systems trotz
ungleicher Längenänderung den gleichen Größt- oder Kleinstwert erreichen. Es ist
sogar möglich, daß die Hilfsfedern in beiden Endlagern des Systems wenigstens annähernd
den gleichen Größt-bzw. Kleinstwert erreichen, wenn die eine Hilfsfeder beiderseits
des Gleichgewichtszustandes eine entsprechend verschiedene Charakteristik hat.
-
Ferner lassen sich die Hilfsfedern iin Verhältnis zti der Hauptfederkraft
so bemessen, daß durch ihren der jeweiligen Bewegung in die eine oder andere Endlage
entgegenwirkenden Spannungsunterschied in an sich bekannter Weise eine bestimmte
Anschlagdämpfung erreicht wird.
-
Zur näheren Erläuterung der Erfindung sind in der Zeichnung beispielsweise
dargestellt in Fig. 1 und 2 ein einzelner zwischen zwei beiderseits einer Totpunktlage
vorgesehenen Betriebslagen schwenkbarer Hebel in verschiedenen Ansichten, in Fig.3
ein aus miteinander gelenkig verbundenen Hebeln bestehendes, in entsprechender Weise
schwenkbares Svstem sowie in Fig. 4 ein Federspannungsdiagraniin.
-
Der aus Fig. 1 und 2 ersichtliche Hebel 1 ist an seinem einen Ende
auf einer festen Achse 2 gelenkig gelagert und kann durch die Spannkraft eines syminetrisch
zu ihm angeordneten, mittels einer Verbindungsstange 3 an seinem anderen Ende angreifenden
Zugfederpaares 4, 5 in jeweils eine von zwei durch Anschläge 6 bzw. 7 begrenzten,
bezüglich der Hebelinittelachse strichpunktiert angedeuteten Endlagen gezogen werden.
Ain freien Ende des Hebels greifen außerdem zwei weitere Zugfedern 8, 9 an. die
in seiner Schwenkebene oder einer dazu parallelen Ebene angeordnet sind und in zueinander
entgegengesetztem Sinne auf den Hebel einwirken.
-
Die letztgenannten Federn 8, 9 sind so bemessen, daß in der Mittellage
des Hebels 1, die mit Bezug auf die gleichgerichteten und sich dabei in voller Größe
ergänzenden Spannkräfte des erstgenannten Federpaares 4. 5 eine Totpunktlage ist,
die Zugkraft der Feder 8 oder 9 im Vergleich zu der jeweils anderen Feder etwas
überwiegt. Ein Gleichgewichtszustand zwischen ihnen stellt sich dagegen ein, wenn
der Hebel aus der betreffenden Totpunktlage nach einer Seite etwas ausgeschwenkt
worden ist. Von dieser Hebellage aus nimmt nach jeder Seite hin bis in die eine
oder andere Endlage die Zugkraft der einen Feder 8 bzw. 9 zu und diejenige der jeweils
anderen Feder ab, @o daß ihr Spannungsunterschied entsprechend ansteigt, und zwar
im Sinne eines wachsenden Widerstandes gegen das Ausschwenken des Hebels. Der größte
Spannungsunterschied der Federn 8, 9 ist im Verhältnis zu der Zugkraft der Federn
4, 5 so zu bemessen, daß die gewünschte Anschlagdämpfung erreicht wird.
-
Bei der Ausführung gemäß Fig. 3 handelt es sich um zwei Hebel 10.
11, die über eine Lasche 12 in den Punkten 13, 14 gelenkig miteinander verbunden
sind. Der Hebel 10 ist im Festpunkt 15 und der Kniehebel 11 im Festpunkt 16 schwenkbar
gelagert. Eine Zugfeder 17 ist an ihrem einen Ende gegen ein festes Widerlager 18
einstellbar abgestützt, während ihr anderes Ende an dem Gelenkverbindungspunkt 13
zwischen dem Hebel 10 und der Lasche 12 angreift. Diese Zugfeder hat das Bestreben,
das Hebelsystem jeweils in die dargestellte oder eine strichpunktiert angedeutete
andere Endlage zu verstellen. Die betreffenden Endlagen sind durch zwei Anschläge
19, 20 für den freien Schenkel des Kniehebels 11 festgelegt.
-
Ein solches Hebelsystem entspricht etwa demjenigen einer Weichenstellvorrichtung,
bei der für die Umwandlung in eine Zungensicherung noch zwei weitere, durch Bolzen
wahlweise ein- oder auszurückende Anschläge für den Kniehebel vorgesehen sind. Da
die Längsachse der Zugfeder 17 sowohl durch den Gelenkpunkt 13 als auch durch den
Lagerpunkt 16 verläuft, hat das System einen Totpunkt, wenn der eine Schenkel des
Kniehebels 11 und die Lasche 12 in gleicher Richtung miteinander und mit der Feder
liegen.
-
Um nun auch in diesem Falle bei unachtsamer Betätigung. z. B. mittels
einer in den bei solchen Weichenstellvorrichtungen üblicherweise taschenartig ausgebildeten
freien Arm des Kniehebels 11 eingreifenden Stellstange, ein Hängenbleiben des Hebelsystems
in der Totpunktlage und die sich daraus ergebenden 'Gefahren für den Schienenverkehr
unmöglich zu machen, sind im Sinne der Erfindung und entsprechend der ersten Ausführung
zwei weitere Zugfedern 21, 22 vorgesehen, die an dein Gelenkpunkt 14 nach entgegengesetzten
Richtungen im wesentlichen quer zu der Feder 17 angreifen. Die beiden zusätzlichen
Federn 21, 22 stehen wieder im Gleichgewichtszustand miteinander, wenn das Hebelsystem
sich nach einer Seite etwas außerhalb der Totpunktlage befindet. Dadurch ist auch
hier in der Totpunktlage eine gewisse überschüssige Querkraft vorhanden, welche
das Hebelsystem selbsttätig über diese Lage hinwegbringt. Desgleichen wächst bei
Annäherung an die eine oder andere Endlage des Systems der Widerstand gegen die
Stehkraft der Feder 17, wodurch auch eine Anschlagdämpfung erreicht wird.
-
Da bei derartigen Hebelsystemen der Totpunkt norn-ialerweise symmetrisch
zu. also in gleichen Abständen von den Beiderseitigen End-, d. h. Betriebsstellungen
liegt, der Gleichgewichtszustand zwischen den beiden gegeneinandergeschalteten zusätzlichen
Federn aber etwas außerliall). der Totpunktlage besteht, so sind die Längenänderungen
dieser Federn von der ihrem Gleichgewichtszustand entsprechenden Lage bis zu der
einen bzw. anderen Endlage. verschieden groß. Infolgedessen ist bei proportionaler
Zunahme bzw. Abnahme der Federspannung der Spannungsunterschied der beiden Federn
und damit der die Anschlagdämpfung bildende Widerstand gegen die andere Federkraft
an der von der Gleichgewichtslage weiter entfernten Endlage größer als in der anderen
Endlage des Systems.
-
Diese Zusammenhänge sind in Pig.4 diagrammartig veranschaulicht; die
Abszisse 5 stellt die Verlängerung bzw. Verkürzung der betreffenden zusätzlichen
Federn zwischen den der einen bzw. der anderen Endlage des Hebelsystems entsprechenden
Punkten A und B dar, während die Ordinate p die zugehörige Federspannung angibt.
Der Punkt C in der Mitte zwischen A und B entspricht der Totpunktlage und der etwas
über C hinaus liegende Punkt D der Gleichgewichtslage der beiden gegeneinandergeschalteten
Federn Fi, F2. Wenn diese nicht den gleichen Größtwert, sondern den gleichen Kleinstwert
haben sollen, muß die eine Feder die mit Fi bezeichnete Charakteristik haben. In
beiden Fällen ist der Spannungsunterschied im Punkt A größer als im Punkt B.
Wenn
der Spannungsunterschied, d. h. der Dämpfungswiderstand, in den Punkten
A und B gleich groß sein 'oll, muß die eine Feder eine sich ändernde
Charakteristik haben, also z. B. zwischen A und D die flachere Charakteristik F2,
zwischen D und C dagegen die steilere Charakteristik F.. Das läßt sich in grundsätzlich
bekannter '\% eise etwa durch eine zusammengesetzte Ausführung der betreffenden
Feder aus zwei entsprechend verschiedenen Teilfedern erreichen, die so miteinander
gekoppelt sind, daß in je einem bestimmten Bereich nur die weichere oder nur die
steifere Teilfeder wirksam ist.
-
Der Gegenstand der Erfindung kann in rein baulichen Abwandlungen unter
ähnlichen Verhältnissen auf zahlreichen Gebieten angewendet werden. Gegebenenfalls
kann die zur Überwindung der Totpunktlage dienende Querkraft auch durch entsprechende
Gegeneinanderschaltung von zwei Druckfedern oder einer Zug- und einer Druckfeder
gebildet werden. Letzteres ist z. B. dann zweckmäßig, wenn die räumlichen Verhältnisse
so sind, da,ß beide zusätzlichen Federn vorteilhafter von der gleichen Seite her
an dem betreffenden Punkt des Hebelsystems angreifen. Schließlich lassen sich solche
elastischen Spannkräfte auch durch andere Bauelemente, wie etwa durch ein gasförmiges
Druckmittel in entgegengesetzten Richtungen belastete kleine Kolben, erreichen und
unmittelbar auf das Hebelsystem übertragen. Gegebenenfalls genügt sogar die Anordnung
eines eiinzigen Kolbens, auf dessen beide Stirnseiten verschieden große Druckmittelmengen
einwirken, die den Kolben etwas außerhalb seiner Mittellage im Gleichgewichtszustand
halten.