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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Scharnier für ein schwenkbares Karosserieteil eines Fahrzeugs, aufweisend wenigstens ein Scharnierelement mit einem Befestigungsabschnitt zum Festlegen des Scharnierelements mittels mindestens eines Verbindungselements an dem Karosserieteil oder einem Fahrzeugrohbau und mit einem Gelenkabschnitt zur gelenkigen Verbindung mit einem weiteren Scharnierelement des Scharniers, wobei der Befestigungsabschnitt des Scharnierelements, nach Überschreiten einer Belastungsgrenze, relativ zu dem Karosserieteil und/oder dem Fahrzeugrohbau verschiebbar ist, ohne sich davon zu lösen.
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Derartige Scharniere werden im Fahrzeugbau dazu verwendet, um an Zugangsöffnungen des Fahrzeugrohbaus Karosserieteile schwenkbar anzuordnen. Bei einer unfallbedingten Deformation des Fahrzeugs, insbesondere des Karosserieteils, treten an dem Scharnier sehr hohe Kräfte auf, die zu einem Versagen des Bauteils und somit zu einem Ablösen des Karosserieteils von dem Fahrzeugrohbau führen können. Eine Verstärkung des Scharniers durch erhöhten Materialeinsatz ist aus Gewichtsgründen zu vermeiden, weshalb diverse Scharnieranordnungen entwickelt wurden, die die Belastung der Scharniere begrenzen.
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Die
DE 102 27 706 C1 offenbart eine Scharnieranbindung eines Türscharniers einer Fahrzeugtür eines Kraftfahrzeugs. Das wenigstens eine Türscharnier weist ein karosserieseitiges Scharnierband auf, welches fest mit einer Säule der Karosserie des Kraftfahrzeuges verbindbar ist, und ein türseitiges Scharnierband, welches in einem Seitenrandbereich eines Türkörpers der Fahrzeugtür angeordnet und dort fest verbunden ist. Beide Scharnierbänder sind über Scharnieraugen und wenigstens eine Scharnierachse schwenkbar verbunden. Im Türkörper ist ein Türaufprallträger angeordnet, wobei das scharnierseitige Trägerende des Türaufprallträgers in Höhe des Türscharniers angeordnet ist. Ein Träger/Scharnier-Verbindungsteil weist einen Scharnieranschlussbereich, an dem das türseitige Scharnierband angeschlossen ist, einen Trägeranschlussbereich, an dem das scharnierseitige Trägerende des Türaufprallträgers angeschlossen ist, und einen dazwischenliegenden Übergangsbereich auf. Der Übergangsbereich des Träger/Scharnier-Verbindungsteiles ist zwischen dem Scharnieranschlussbereich und dem Trägeranschlussbereich als Deformationselement ausgebildet. Nachteilig ist, dass der als Deformationselement ausgebildete Übergangsbereich zusätzliches Gewicht in die Türe einbringt und der gesteigerte Materialeinsatz die Kosten erhöht.
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Die
DE 10 2009 058 956 A1 zeigt ein Scharnier für eine Tür oder Klappe eines Kraftfahrzeugs mit zumindest einem Scharnierelement, welches ein Befestigungsteil zum Festlegen des Scharnierelements mittels mindestens eines Verbindungselements an der Tür oder Klappe bzw. an einem Fahrzeugrohbau und ein Gelenkteil zur gelenkigen Verbindung mit einem weiteren Scharnierelement des Scharniers aufweist. Das Gelenkteil ist über wenigstens zwei Verbindungsteile des Scharnierelements mit dem Befestigungsteil verbunden. Wenigstens ein Verbindungsteil ist bei im Crashfall auftretenden Kräften, insbesondere mittels einer Geometrie- oder Materialschwächung, gegenüber wenigstens einem anderen Verbindungsteil gezielt stärker deformierbar. Als Nachteil ist zu nennen, dass durch ein deformierbares Verbindungsteil keine ausreichend großen Deformationswege im Scharnier bereitgestellt werden können, da das Verbindungsteil zur Blockbildung neigen wird.
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Die gattungsbildende
DE 200 23 228 U1 offenbart eine Fronthaubenanordnung, bei der eine Fronthaube eines Fahrzeugs über ein Scharnier mit einem die Schwenkachse der Fronthaube definierenden Gelenk an dem Rahmen des Fahrzeugs angelenkt ist. In einer Ausführungsform ist das Gelenk fest mit einem an dem Längsträger angeordneten plattenförmigen Teil des Scharniers verbunden, das eine Führung aufweist. Eine an dem Längsträger vorgesehene Verschraubung definiert einen festen Reibschluss, wobei der Schaft der Verschraubung die Führung durchsetzt. Als Nachteil ist zu nennen, dass die beschriebene Anordnung vergleichsweise ausladend baut und entsprechend viel Bauraum im Fahrzeug vorgehalten werden muss.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es daher ein Scharnier für ein schwenkbares Karosserieteil eines Fahrzeugs sowie ein Fahrzeug mit mindestens zwei derartigen Scharnieren bereitzustellen, wobei das Scharnier leicht baut, kostengünstig herzustellen ist und einen ausreichenden Deformationsweg bietet.
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Diese Aufgabe wird durch die Merkmale des Patentanspruchs 1 gelöst.
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Ein Fahrzeug mit einem erfindungsgemäßen Scharnier ist in Patentanspruch 8 beansprucht.
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Ein Scharnier für ein schwenkbares Karosserieteil eines Fahrzeugs weist wenigstens ein Scharnierelement mit einem Befestigungsabschnitt zum Festlegen des Scharnierelements mittels mindestens eines Verbindungselements an dem Karosserieteil oder einem Fahrzeugrohbau und mit einem Gelenkabschnitt zur gelenkigen Verbindung mit einem werteren Scharnierelement des Scharniers auf, wobei der Befestigungsabschnitt des Scharnierelements, nach Überschreiten einer Belastungsgrenze, relativ zu dem Karosserieteil und/oder dem Fahrzeugrohbau verschiebbar ist, ohne sich davon zu lösen und wobei wenigstens eines der Verbindungselemente in einer relativ zu dem Karosserieteil oder dem Fahrzeugrohbau axial verschiebbaren Hülse befestigt ist.
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Indem sich der Befestigungsabschnitt eines oder mehrerer Scharnierelemente des Scharniers relativ zu dem Bauteil, an dem es befestigt ist, verschieben kann ohne sich davon zu lösen, ist es möglich auch große Deformationen der genannten Bauteile zu kompensieren. Durch die Verschiebung wird weniger Kraft in das Scharnier eingeleitet, so dass dieses leichter bauen kann und dennoch vor Versagen geschützt ist. Der Verzicht auf schwere zusätzliche Bauteile erlaubt eine leichte und kostengünstige Gestaltung des Scharniers. Als Fahrzeugrohbau können alle dauerhaft fest verbundenen Komponenten der Karosserie verstanden werden. Die Zugangsöffnungen zum Innern der Karosserie sind mit schwenkbaren Karosserieteilen versehen, so dass diese entweder geöffnet oder geschlossen sein können. Eine (unfallbedingte) Krafteinwirkung darf nicht zum Versagen des Scharniers führen, damit die Zugangsöffnung nicht unbeabsichtigt freigegeben wird. Wird die Belastungsgrenze aufgrund zu starker Deformationen an Fahrzeugrohbau und/oder Karosserieteil überschritten, so leitet das Verbindungselement selbsttätig die überschüssige Kraft ab, indem es der Deformation ausreichend Raum gibt und gleichzeitig die Verbindung des Scharniers mit dem Fahrzeugrohbau oder dem Karosserieteil aufrecht erhält. Hierzu ist das Verbindungselement ortsfest in der Hülse festgelegt. Die Hülse wiederum kann sich bei Überschreiten der Belastungsgrenze relativ zu dem Karosserieteil oder dem Fahrzeugrohbau verschieben, ohne sich von diesen gänzlich zu lösen.
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In einer bevorzugten Ausführung ist die Hülse in einer an dem Karosserieteil oder dem Fahrzeugrohbau festgelegten Mutter geführt. Die Mutter verstärkt das Karosserieteil oder den Fahrzeugrohbau im Bereich der Anbindung an das Scharnier, indem die Kraft flächiger abgetragen werden kann.
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In einer bevorzugten Ausführung ist die Hülse mit dem Karosserieteil, dem Fahrzeugrohbau oder der Mutter kraftschlüssig verbunden, wobei der Kraftschluss nach Überschreiten der Belastungsgrenze aufgehoben wird. Als kraftschlüssige Verbindung eignet sich insbesondere eine Presspassung, die sich bei Überschreiten der Belastungsgrenze löst. Alternativ kann auch ein Sicherungsbolzen oder ähnliches abscheren.
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In einer bevorzugten Ausführung kann ein Endanschlag der Hülse nach einem maximalen Verschiebeweg an dem Karosserieteil, dem Fahrzeugrohbau oder der Mutter zur Anlage kommen. Der Endanschlag verhindert auch nach Durchlaufen des maximalen Verschiebewegs ein Ablösen des Scharniers von dem Karosserieteil oder Fahrzeugrohbau.
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In einer bevorzugten Ausführung liegt der Befestigungsabschnitt an dem Karosserieteil oder dem Fahrzeugrohbau an, wobei sich die Hülse vom Scharnier weg in das Karosserieteil oder den Fahrzeugrohbau hinein erstreckt. Die Hülse und die Mutter liegen somit auf der dem Scharnier abgewandten Seite des Karosserieteils oder Fahrzeugrohbaus, während das Verbindungselement seitens des Scharniers angeordnet ist.
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In einer bevorzugten Ausführung stehen der Gelenkabschnitt und der Befestigungsabschnitt winkelig zueinander.
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In einer bevorzugten Ausführung ist das Karosserieteil als eine Klappe oder Tür ausgebildet. Als Klappe kommen insbesondere eine Front- und eine Heckklappe in Frage. Unter Türen sind seitlich am Fahrzeug angeordnete Türen zu verstehen.
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Ein Fahrzeug hat wenigstens ein Karosserieteil, das mit mindestens zwei erfindungsgemäßen Scharnieren schwenkbar an einem Fahrzeugrohbau befestigt ist. Zwei parallele Scharniere erhöhen die Stabilität und Sicherheit des Karosserieteils. Ist das Karosserieteil als Tür ausgebildet, so wird diese vorzugsweise an einer Karosseriesäule des Fahrzeugrohbaus befestigt.
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Weitere Einzelheiten und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus der nachstehenden Beschreibung eines bevorzugten Ausführungsbeispiels unter Bezugnahme auf die Zeichnungen.
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Darin zeigen:
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1 eine Schnittansicht eines ersten Ausführungsbeispiels des Scharniers vor dem Überschreiten der Belastungsgrenze;
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2 eine Schnittansicht eines ersten Ausführungsbeispiels des Scharniers nach dem Überschreiten der Belastungsgrenze;
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3 eine Schnittansicht eines zweiten Ausführungsbeispiels des Scharniers vor und nach dem Überschreiten der Belastungsgrenze;
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4 eine Ansicht eines zweiten Ausführungsbeispiels des Scharniers vor dem Überschreiten der Belastungsgrenze.
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Die 1 und 2 zeigen jeweils ein erstes Ausführungsbeispiel eines Scharniers 1 für ein schwenkbares Karosserieteil 4 eines Fahrzeugs. In der 1 ist der Normalzustand dargestellt, bei dem die Belastungsgrenze noch nicht überschritten wurde. Die 2 zeigt dasselbe Scharnier 1, nachdem die Belastungsgrenze aufgrund einer auf das Karosserieteil 4 einwirkenden Kraft F und der daraus resultierenden Verformung des Karosserieteils 4 überschritten wurde. Das Scharnier 1 besteht aus zwei gelenkig miteinander verbundenen Scharnierelementen 2 und 3. Beide Scharnierelemente 2 und 3 besitzen jeweils einen Befestigungsabschnitt 2a bzw. 3a und einen winkelig dazu angeordneten Gelenkabschnitt 2b bzw. 3b. Die Gelenkabschnitte 2b und 3b sind über einen gemeinsamen Scharnierbolzen 11 derart miteinander verbunden, dass die beiden Scharnierelemente 2 und 3 um eine Schwenkachse A gegeneinander verschwenkbar sind. Der Befestigungsabschnitt 2a des Scharnierelements 2 ist mittels eines ersten Verbindungselements 6 an dem Karosserieteil 4, vorliegend einem Türinnenblech, festgelegt. Dazu ist auf der dem Scharnier 1 gegenüberliegenden Seite des Karosserieteils 4 eine Mutter 10 angeordnet, in der eine Hülse 9 axial verschiebbar gelagert ist. In die Hülse 9 ist seitens des Scharniers 1 das als Schraube ausgebildete erste Verbindungselement 6 eingeschraubt. In der 1 liegt der Befestigungsabschnitt 2a des Scharnierelements 2 an dem Karosserieteil 4 an. Die Hülse 9 ist mit der Mutter 10 so verpresst, dass diese sich bei normaler Benutzung des Karosserieteils 4 nicht gegeneinander verschieben können. Wirkt, wie in 2 dargestellt, eine Kraft F von außen auf das Karosserieteil 4 ein, wodurch eine Deformation des Karosserieteils 4 hervorgerufen wird, so löst sich die Pressverbindung zwischen Hülse 9 und Mutter 10 nach Überschreiten der Belastungsgrenze. Die Hülse 9 bewegt sich nun mit der Schraube relativ zur Mutter 10, bis nach einem maximalem Verschiebeweg B ein Endanschlag 9a der Hülse 9 auf die Mutter 10 trifft. Das weitere Scharnierteil 3 ist indes über zwei als Schrauben ausgebildete Verbindungselemente 7 und 8 dauerhaft fest an einen Fahrzeugrohbau 5 angeschraubt.
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Die 3 und 4 zeigen jeweils ein zweites Ausführungsbeispiel eines Scharniers 1 für ein schwenkbares Karosserieteil 4 eines Fahrzeugs. In der 1 ist mit Volllinien der Normalzustand dargestellt, bei dem die Belastungsgrenze noch nicht überschritten wurde. Die strichlinierte Darstellung zeigt das Scharnier 1, nachdem die Belastungsgrenze aufgrund einer auf das Karosserieteil 4 einwirkenden Kraft F und der daraus resultierenden Verformung des Karosserieteils 4 überschritten wurde. Das Scharnier 1 besteht aus zwei gelenkig miteinander verbundenen Scharnierelementen 2 und 3. Beide Scharnierelemente 2 und 3 besitzen jeweils einen Befestigungsabschnitt 2a bzw. 3a und einen winkelig dazu angeordneten Gelenkabschnitt 2b bzw. 3b. Die Gelenkabschnitte 2b und 3b sind über einen gemeinsamen Scharnierbolzen 11 derart miteinander verbunden, dass die beiden Scharnierelemente 2 und 3 um eine Schwenkachse A gegeneinander verschwenkt werden können. Der Befestigungsabschnitt 2a des Scharnierelements 2 ist mittels eines ersten Verbindungselements 6 und eines zweiten Verbindungselements 7 an einem Fahrzeugrohbau 5 festgelegt. Dabei ist das erste Verbindungselement 6 weiter entfernt von der Scharnierachse A als das zweite Verbindungselement 7. Auf der dem Scharnier 1 gegenüberliegenden Seite des Fahrzeugrohbaus 5 ist eine Mutter 10 angeordnet, in der eine Hülse 9 axial verschiebbar gelagert ist. In die Hülse 9 ist seitens des Scharniers 1 das als Schraube ausgebildete erste Verbindungselement 6 eingeschraubt. Das ebenfalls als Schraube ausgebildete zweite Verbindungselement 7 ist aus der entgegengesetzten Richtung direkt in den Befestigungsabschnitt 2a eingeschraubt. In der volllinierten Darstellung liegt der Befestigungsabschnitt 2a des Scharnierelements 2 an dem Fahrzeugrohbau 5 an. Die Hülse 9 ist mit der Mutter 10 so verpresst, dass diese sich bei normaler Benutzung des Karosserieteils 4 nicht gegeneinander verschieben können. Wirkt, wie strichliniert dargestellt, eine Kraft F von außen auf das Karosserieteil 4 ein, wodurch eine Deformation des Karosserieteils 4 hervorgerufen wird, so löst sich die Pressverbindung zwischen Hülse 9 und Mutter 10 nach Überschreiten der Belastungsgrenze. Die Hülse 9 bewegt sich nun mit der Schraube relativ zur Mutter 10, bis nach einem maximalem Verschiebeweg B ein Endanschlag 9a der Hülse 9 auf die Mutter 10 trifft. Da das zweite Verbindungselement 7 den Befestigungsabschnitt 2a weiterhin gegen den Fahrzeugrohbau presst, löst sich der Befestigungsabschnitt 2a nur im Bereich des ersten Verbindungselements 6 vom Fahrzeugrohbau 5 ab. Dadurch kommt es zu unkritischen Verformungen der Hülse 9 und des Fahrzeugrohbaus 5 bei weiterhin intaktem Scharnier 1. Das weitere Scharnierteil 3 ist indes über ein als Schraube ausgebildetes drittes Verbindungselement 8 dauerhaft fest mit dem Karosserieteil 4 verschraubt.
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Bezugszeichenliste
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- A
- Scharnierachse
- B
- maximaler Verschiebeweg
- F
- Kraft
- 1
- Scharnier
- 2
- Scharnierelement
- 2a
- Befestigungsabschnitt
- 2b
- Gelenkabschnitt
- 3
- weiteres Scharnierelement
- 3a
- Befestigungsabschnitt
- 3b
- Gelenkabschnitt
- 4
- Karosserieteil
- 5
- Fahrzeugrohbau
- 6
- erstes Verbindungselement
- 7
- zweites Verbindungselement
- 8
- drittes Verbindungselement
- 9
- Hülse
- 9a
- Endanschlag
- 10
- Mutter
- 11
- Scharnierbolzen